Das Monster fing an, Witterung aufzunehmen. Es schnüffelte wie ein Schwein, das versucht, einen Apfelkern in kaltem Schlamm aufzuspüren. Greg verkrampfte sich und überlegte, ob es ihn womöglich gar nicht bemerkte. Er nahm seine Umgebung als erstickende Mischung aus Öl, brennenden Kiefernadeln und Rauch wahr, aber vielleicht war dieses Ding trotzdem in der Lage, seinen Geruch herauszufiltern.
Es ging in die Hocke und stakste vorwärts wie ein Affe. Eine chaotische Ansammlung von Zehen und Knöcheln. Es schnupperte weiter, bis es schließlich den Kopf in die Kabine steckte und an Curtis’ Leiche schnüffelte.
»Nein«, protestierte Greg. Er hatte kein Geräusch von sich geben wollen, doch seine Stimme klang hart wie Stahl, als sie seinen Mund verließ. Alles in ihm ballte sich in wilder Entschlossenheit, sein Mund straffte sich in unbändiger Wut. Dieser beschissene Freak würde auf keinen Fall seinen Freund mitnehmen!
Die Kreatur bellte und ihre Stimme überschlug sich fast, als sie durch die Kabine gellte. Greg zuckte zurück. Der Ton drohte, seinen Kopf zum Platzen zu bringen und das abrupte Reißen in seinem Arm ließ ihn aufschreien. Er zuckte, während sich der Schmerz wie ein Lauffeuer in ihm ausbreitete. Dann ging er in pulsierende Qualen über und brachte ihn dazu, mit den Füßen zu treten und aufzustampfen. Es verlangte ihm alles an Selbstbeherrschung ab, den eingeklemmten Arm nicht zu bewegen.
Tränen liefen ihm über das Gesicht und seine Schreie ließen ihn fast ersticken. Durch einen Dunst aus Schmerz registrierte er das Glühen in den Augen der Bestie und den Speichel, der von ihren Lippen sabberte. Ihre Schultern donnerten an die Außenseite des Wracks, als sie einen Anlauf unternahm, in die Kabine zu kriechen und ihn zu holen. Jeder neuerliche Aufprall erschütterte den Flieger und schickte Pfeile aus glühendem Schmerz durch seinen Arm bis in sein Nervenzentrum. Die Tortur setzte sein Hirn in Flammen und verbrannte alles bis auf das Gefühl tiefer Qual. Atmen und Kreischen waren alles, wozu er sich noch imstande fühlte.
Der Rumpf des Flugzeugs wackelte in einer Tour. Greg rechnete damit, dass seine knirschenden Zähne jeden Moment zersplitterten. Er bemerkte zuerst nicht, dass das Brüllen des Monstrums verstummt war, doch dann nahm er die reißenden Geräusche wahr. Zuerst konnte er sie nicht einordnen und traute sich nicht, die Augen zu öffnen. Doch als sie zu laut wurden, um sie zu ignorieren, ging er der Ursache auf den Grund. Was er sah, brachte ihn erneut zum Schreien.
Die Kreatur hielt den Körper von Curtis mit beiden Händen umklammert. Der Winkel war jedoch ungünstig, weshalb das Monster sich strecken musste, um ihn zu fassen zu bekommen. Deshalb konnte es den Schlagzeuger nicht einfach von dem gezackten Metallspeer heben, der ihn festnagelte. Stattdessen versuchte es, ihn mit einer Reihe ruckartiger Bewegungen loszubekommen. Jede Bewegung ließ Curtis etwas weiter an das Ende des Stabs rutschen und verursachte eines dieser unerträglichen Reißgeräusche. Während Greg geschockt zusah, zappelte und zuckte Curtis’ Leiche, als ob sie jemand an eine Starkstromleitung angeschlossen hätte. Mit jedem brutalen Ruck schoss frisches Blut in einer Fontäne aus dem zerfetzten Rücken, klatschte zu Boden und färbte den Teppich tiefrot.
Greg versuchte, noch einmal zu schreien, doch seine Stimme knisterte lediglich wie brennendes Papier. Beim Atmen fühlte sich seine Kehle wie aufgerissen und versengt an. Er probierte es weiter, wollte jedes Mal kreischen, wenn Blut aus der Leiche seines besten Freundes schoss. Noch schlimmer war, dass er die Fleischfetzen und Knorpel erkennen konnte, die zurückblieben, als handele es sich um Schätze, die das Flugzeugwrack nicht preisgeben wollte.
Er wusste selbst nicht genau, wie es ihm gelang, durch den Schleier seiner Tränen diese Einzelheiten wahrzunehmen. Tatsächlich kam ihm seine Umgebung deutlicher denn je vor, schien eine hyperrealistische Qualität angenommen zu haben. Er speicherte alles bis ins kleinste Detail ab, nahm jeden Laut mit einer Klarheit wahr, die er zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Als er anfing, zu schluchzen, fühlte es sich jedes Mal wie ein Tritt gegen den Brustkorb an. Als die Schmerzpfeile erbarmungslos und in kürzerer Folge durch seinen Arm schossen, schluchzte er noch lauter. Er musste in einer Art Vorhof zur Hölle gelandet sein. Nichts, was so furchtbar war, konnte in der Realität, wie er sie kannte, angesiedelt sein.
»Nicht!«, brüllte er, doch als das Wort herauskam, war es kaum mehr als ein gebrochenes Flüstern. Feuer raste durch seine Kehle, als er es noch einmal versuchte. Die Stimme der Bestie toste wie zur Antwort und Greg fühlte ihren Atem heiß und stinkend durch sein Gesicht peitschen – ein widerwärtiger Gestank von Schmutz und Alter, der ähnlich penetrant war wie der von Curtis’ vergossenem Blut.
Das Wesen hatte Curtis fast vollständig befreit. Noch eine brutale Bewegung, vielleicht zwei, und es würde ihm seinen Freund endgültig entreißen. Verzweifelt streckte Greg sich nach vorne, um Curtis zu fassen zu bekommen und das Unausweichliche zu verhindern. Metall schnitt tief in seinen gefangenen Arm und der Schmerz flammte auf wie ein Heizstrahler, verwandelte ihn in ein gequältes Bündel aus Haut, Knochen und Fleisch. Er war zu nichts anderem mehr in der Lage, als seine eigenen Knie anzuflennen. Er kniff die Augen zusammen, um die unsägliche Folter zu überstehen, und sein hämmernder Herzschlag übertönte beinahe das gewalttätige Schmatzen, mit dem die Leiche seines besten Freundes aus dem Flugzeug herausgerissen wurde.
Er kapselte sich ab. Als sein geflüstertes Kreischen erstarb, tat er nichts weiter, als auf dem Kabinenboden liegen zu bleiben, während sein eingeklemmter Arm anklagend pochte und Schmerz in flüssiger Form sich ungehindert den Weg aus seinen zugekniffenen Augen bahnte. Sein Atem ging feucht und blubbernd, war mehr ein Winseln als ein Luftholen. Der letzte reißende Laut, auf den nichts als Schweigen und Stille folgte entpuppte sich als schlimmste Folter von allen. Lange tat er nichts anderes, als mit gekrümmtem Rücken und an den Teppich gedrücktem Gesicht hemmungslos zu schluchzen. Die Kreatur hatte gewonnen. Sie hatte Curtis zu sich geholt und es war ihm nicht gelungen, das zu verhindern. Scheiße, er hatte sie lediglich für ein paar Sekunden ablenken können. Er war nichts als ein nutzloser Bassist, dessen Arm in einer Wand aus verzogenem Metall feststeckte.
Wie durch einen Schleier, irgendwo hinter seinem Schluchzen und Zischen, gewahrte er trampelnde Schritte, die sich in Richtung Wald entfernten. Er fragte sich, was das für ein Wesen sein mochte, wo es herkam und was es vorhatte. Unerträgliche Bilder drängten durch seinen geplagten Geist, während er darüber nachdachte, was das Monstrum mit Curtis’ Körper anstellen mochte. Er schob die unerfreulichen Eindrücke zur Seite und wischte sich die Augen. Neue Tränen quollen hervor und sickerten über seine Wangen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie bis an sein Lebensende fließen würden.
Shannon wusste nicht, was sie noch tun sollte. Während des Angriffs – zumindest hörte es sich verdammt danach an, obwohl sie nicht ganz sicher war – hatte sie ihre Arme um Danis verletzten Mann geschlungen und ihn festgehalten. Er erwiderte ihre panische Umarmung und sie flüsterten miteinander, zu panisch, um laut zu sprechen.
»Was ist das?«, wisperte er.
»Ich weiß es nicht.«
»Es hört sich groß an. Wer schreit da?«
»Greg. Er ist eingeklemmt.«
»Sollen wir …?«
»Ich weiß nicht. Ich … ich weiß es einfach nicht.«
Er lehnte sich gegen ihre Schulter und sie tätschelte seinen Hinterkopf. Noch während sie es tat, wurde ihr bewusst, dass es eine lächerliche, nutzlose Geste war. Der verwundete Mann in ihren Armen war kein Baby, das zahnte, und auch kein Junge mit aufgeschürftem Knie. Sie hatte es mit einem berufstätigen Ehemann zu tun, doch er würde nie wieder laufen können. Außerdem musste er mit anhören, wie etwas, das sie nicht sehen konnten, einen Freund von ihm in Stücke riss. Ein Kopftätscheln tröstete ihn darüber sicher nicht hinweg, aber sie konnte nicht anders, als ihrem mütterlichen Instinkt zu folgen. Das Bedürfnis, ihn zu trösten, überlagerte ihre rationalen Gedanken.
Die Geräusche klangen jetzt lauter, eindringlicher und intensiver. Shannon schloss ihre Arme fester um Kevin, als eine Reihe nasser, fast
schmatzender Laute über die Absturzstelle hallte. Lieber Gott, das Vieh riss Greg in Stücke! Nichts anderes konnte es bedeuten. Etwas in ihr spannte sich an, wurde hart und tapfer. Es drängte danach, den verwundeten Gitarrentechniker zurückzulassen, sich ein wuchtiges Wrackteil zu schnappen und einen Anlauf zur Rettung des Bassisten zu unternehmen. Doch ihr vernünftiges Ich protestierte, weil sie damit letztlich nur ihr eigenes Leben aufs Spiel setzte. Sie biss die Zähne zusammen und hasste sich dafür, nicht zu wissen, ob sie furchtbar clever oder unglaublich feige war.
Als die Geräusche endlich verstummten, lockerte sie ihren Griff ein wenig. Kevin atmete tief ein und sie fragte sich, ob sie ihm als Folge der extremen Emotionen die Luft abgedrückt hatte.
»Sind Sie in Ordnung?«
»Kommt ganz darauf an, was Sie darunter verstehen.«
»Ich …«
»Ich lebe noch. Denken Sie, dass das Biest hier reinkommt?«
»Ich weiß nicht einmal, womit wir es zu tun haben.« Ein spontaner Einfall brachte sie auf die Beine. So leise, wie sie konnte, eilte sie zur nächsten Luke und spähte hindurch. Die Dunkelheit verbarg fast alle Details vor ihr, aber sie konnte mit knapper Not eine gebückte Gestalt ausmachen, die trotz der gedrungenen Haltung ungemein imposant wirkte. Sie schleppte einen leblosen Körper mit sich herum. Wahrscheinlich Greg. Spärliches Licht spielte auf einem muskulösen Rücken, der von Haarbüscheln bedeckt war. Angst kroch ihr durch den Bauch, etwas, das ihr Herz finden und zerquetschen wollte. Was immer Greg angegriffen hatte, war kein Bär oder ein anderes Raubtier. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Also starrte sie wortlos auf die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte, und konzentrierte sich darauf, das Wegsacken ihrer Knie zu verhindern.
»Was ist das für ein Viech?«, erkundigte sich Kevin, aber sie konnte sich nicht dazu aufraffen, ihm zu antworten. Stattdessen schüttelte sie stumm den Kopf und wurde Zeugin, wie das Monstrum in den Schatten des Waldes abtauchte. Als sie merkte, wie sich das Entsetzen mit zunehmendem Druck um ihr Herz klammerte, beschloss sie zu sprechen, um die Kontrolle über ihren Körper zurückzugewinnen.
»Ich glaube, wir sitzen ganz schön in der Scheiße.« Sie wollte mehr sagen, doch ihr restlicher Wortschatz hatte sich in die hintersten Winkel ihres Verstands verkrochen – einen dunklen Ort, an dem sie sich große, gebeugte Gestalten vorstellte, die ausgewachsene Männer wie Lumpensäcke davontragen konnten. Mit benommenem Schweigen machte sie kehrt und hockte sich auf den nächsten Sitz, der nicht aus dem Kabinenboden herausgebrochen war. Kevin plapperte unentwegt weiter, aber sie konnte nichts erwidern. Sie saß da, starrte ins Leere und fragte sich, ob sie überhaupt eine Chance hatten, lebend aus diesem Schlamassel herauszukommen. Wenn sich da draußen etwas herumtrieb, das aus roher Kraft und Gebrüll bestand, durften sie sich nicht allzu große Hoffnungen machen.
»Rolling Stone …«
Sie hatte mitbekommen, wie der andere Teil des Fliegers beim Angriff gewackelt hatte. Wie stark mochte ihr Gegner sein? Wozu war er fähig, wenn er einen von ihnen zwischen die Finger bekam?
»Hey! Rolling Stone!«
Besaß er überhaupt Hände oder waren es nicht vielmehr Klauen? Schwarze, fiese Werkzeuge, die Haut durchbohren und Blut abzapfen konnten.
»Hey, verdammt noch mal!«
Der Ruf riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in die Kabine. Sie sah Kevin an, der sich auf den Ellenbogen aufstützte. »Hmm?«
»Lauschen Sie mal.«
Sie tat es, neigte ihren Kopf in Richtung Sichtluke und versuchte, noch irgendetwas außer den Geräuschen wahrzunehmen, wie sie für einen nächtlichen Wald typisch waren. Es dauerte eine Sekunde und sie dachte erst, sie würde es sich nur einbilden, doch dann war sie ganz sicher. Schluchzen. Irgendwo da draußen weinte jemand mit einer Hemmungslosigkeit, die sofort einen Beschützerinstinkt in ihr weckte. Sie hörte noch eine Sekunde lang zu und versuchte dann, festzustellen, aus welcher Richtung das Schluchzen kam. Als sie erkannte, dass es vom vorderen Teil des Rumpfes ausging, sprang sie von ihrem Sitz und raste durch die Kabine. Heilige Scheiße, Greg war noch am Leben!
Auf halbem Weg zwischen den zwei Trümmerhaufen stolperte eine Gestalt zwischen den Bäumen hervor. Sie hätte beinahe laut aufgeschrien, doch dann sah sie, dass nicht der riesenhafte Angreifer aus dem Wald zurückkehrte, sondern Potter, der Tourmanager. Er bewegte sich zielstrebig, aber mit deutlicher Vorsicht. Sein Humpeln schien ihn kaum zu behindern und er musterte sie mit ängstlichem Blick.
»Was ist passiert?«, fragte er.
Sie legte einen Finger an die Lippen und winkte ihn näher heran. Potters Augen scannten den Waldrand ab, während er auf sie zulief. »Es ist dort langgegangen«, sagte sie und zeigte auf die Stelle, wo sie die Kreatur zuletzt gesehen hatte.
»Haben Sie erkannt, womit wir es zu tun haben?«
Sie schüttelte den Kopf. Später blieb noch genug Zeit für Erklärungen. Stattdessen zog sie ihn am Arm und führte ihn dahin, wo sie Greg und Curtis entdeckt hatte. Von dort ging das Schluchzen aus, da war sie ganz sicher, und sie murmelte ein kurzes Stoßgebet, dass Greg nach wie vor bloß schwer verletzt war und nicht bereits im Sterben lag. Allerdings wäre es ein mittleres Wunder, wenn er bei dem Angriff keine tödliche Verletzung davongetragen hätte.
Als sie die vordere Sektion des Flugzeugs erreichte und hineinspähte, empfing sie der Anblick eines Mannes, der unbändige Schmerzen litt. Ein zusammengerollter Ball aus menschlichen Gliedmaßen, dessen einer Arm noch immer in der zertrümmerten Kabinenwand steckte, inzwischen aber bis weit unterhalb des Ellenbogens rot verschmiert war. Er zitterte und weinte und als sie in die Kabine trat, verstand sie, woran das lag. Jeder Schritt auf dem vollgesaugten Teppich verursachte ein schmatzendes Geräusch.
Zunächst bemerkte sie gar nicht, dass der Körper des Schlagzeugers fehlte, obwohl sie wusste, dass das riesige Monster jemanden weggeschleppt hatte. An der Stelle, wo die Leiche zuletzt gelegen hatte, fand sie stattdessen einen von Blut glitschigen Metallstab vor. Als sie den tropfenden Stahl beäugte, erinnerte sie sich daran, wie die zwei Freunde vor dem Konzert Dungeons & Dragons gespielt hatten und wie gut sie miteinander ausgekommen waren. Eine Verbindung, wie man sie nur mit Menschen teilte, mit denen man schon sein halbes Leben befreundet war, daran bestand kein Zweifel. Jetzt war einer von ihnen tot und eine gottverdammte Bestie hatte sich mit seinen Überresten davongestohlen. Als sie das Häufchen Elend musterte, das kaum noch als Greg zu erkennen war, stand sie kurz vor dem Zusammenbruch. Wie unfair! Am liebsten hätte sie die Welt für diesen brutalen Schicksalsschlag in Stücke gehauen.
»Mein Gott«, murmelte Potter direkt hinter ihr.
Sie schenkte ihm keine Beachtung und kroch weiter in die Kabine hinein. Als sie Greg erreichte, ging sie neben ihm in die Hocke und tippte ihm sanft auf den Rücken. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Es tut mir so verdammt leid.«
Er nickte, während er mit einer Hand sein Gesicht verdeckte und in die Handfläche schluchzte. Seine Rückenmuskeln spannten sich unter ihrer Berührung an und sie streichelte ihm den Rücken, versuchte, beruhigend zu wirken, und hatte Angst, es zu vermasseln. Langsam wurde sein Schluchzen schwächer.
»Ach Scheiße! Shannon?«
Potters Stimme. Sie blickte auf und sah, wie er sich mit beiden Händen an der Bruchkante des Flugzeugs festklammerte. Schmerz und Sorge meißelten tiefe Furchen in sein Gesicht. Sie schüttelte den Kopf in seine Richtung und schaute zurück zu Greg.
»Shannon, wir brauchen …«
»Muss das jetzt sein, verdammt? Was immer es ist, kann es nicht noch einen Moment warten?«
»Nein.« Er legte so viel Gewicht in das Wort, dass es sich anfühlte, als stürze ein Komet vom Himmel herab.
Sie atmete tief durch und schloss die Augen. Er brauchte ihre Unterstützung offenbar dringend. Das bedeutete, dass niemand außer ihr dazu in der Lage war, zu helfen. Sie kannte ihn zwar erst seit Kurzem, wusste aber, dass Potter sich immer auf das konzentrierte, was gerade unbedingt notwendig war. Mist. Gottverdammter Mist. Konnte es n
och schlimmer kommen? Jedes Mal, wenn sie glaubte, die Lage wäre am Tiefpunkt angelangt, versetzte ihr das Schicksal den nächsten Arschtritt.
»Schon gut, ich komme gleich«, erwiderte sie. Als sie hörte, wie er sich schlurfend vom Flugzeugrumpf entfernte, öffnete sie die Augen. Greg zitterte kaum noch, sein Weinen war wenig mehr als ein Seufzen. Ohne darüber nachzudenken, beugte sie sich runter und küsste ihn auf den Rücken. Dann stand sie auf und folgte Potter.
Fünf
Sie hätte gerne darauf verzichtet, aber Potter drängte sie, die Kreatur, die Greg und Curtis angegriffen hatte, so exakt wie möglich zu beschreiben. Ihre Schilderung war alles andere als detailliert, aber sie reichte aus, um ihm eine Gänsehaut über Arme und Rücken zu jagen. Als sie erzählte, dass das fremde Wesen Curtis’ Leiche wie einem Getreidesack geschultert hatte, starrte er unwillkürlich zum Waldrand hinüber und hielt begleitet von Shannons gedämpften Ausführungen nach Anzeichen Ausschau, dass die Bestie zurückkehrte. Gott, warum hatte es nicht einfach ein Bär sein können?
»Also, womit haben wir es wirklich zu tun?«, erkundigte sich Shannon. »Wir sind vom Regen in die Traufe gekommen, oder?«
Er nickte, während er etwas auf seiner Liste abhakte. Sie hatte sich ein wenig verschoben, Zeilen waren durchgestrichen oder ausradiert worden, neue Einträge hinzugekommen. »Wir müssen Jen ins Flugzeug schaffen. Sie ist verletzt und kann sich nicht bewegen.«
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