Warum ich das hier schreibe? Weil die Zweifel zurückkommen werden und ich nicht wieder so tief sinken will wie jetzt. Ich will nicht wieder in einem Krankenhaus aufwachen und damit all den Menschen wehtun, an denen mir etwas liegt. Und ich will nicht eines Tages gar nicht mehr aufwachen, nachdem ich wieder etwas so Dummes angestellt habe. Außerdem weiß ich nur zu gut, dass ich mir nichts von anderen Leuten sagen lasse – zumindest nichts Positives, denn auf die ganzen negativen Dinge höre ich viel zu oft.
Ich schnaubte leise, was halb wie ein Lachen und halb wie ein Schluchzen klang. Denn mein früheres Ich schien mich besser zu kennen als ich mich selbst. Und es hatte den Weg, der vor mir lag, so viel klarer gesehen … und genau gewusst, was ich tun musste, um in die richtige Richtung zu gehen. Aber irgendwann während der letzten Monate war ich vom Weg abgekommen. Ich wusste nicht mal, wann genau es passiert war. Ich wusste nur, dass ich jetzt hier war, völlig am Ende, mit zitternden Muskeln, knurrendem Magen und einem Kreislauf, der heftig gegen das ganze Programm protestierte. Ein Programm, das mein Leben bestimmte und mir noch nicht mal Spaß machte. Und wozu das Ganze?
Warum eigentlich? Warum lasse ich all die Kritik, die Sprüche und gedankenlosen Kommentare immer wieder an mich heran? Warum versuche ich so sehr, allen zu gefallen, dass es mich innerlich umbringt? Warum lasse ich die Zweifel so stark werden, dass sie mich ins Krankenhaus bringen?
Ich weiß es nicht. Ich hoffe nur, dass ich aus meinen Fehlern gelernt habe, wenn ich das hier eines Tages lese. Ich hoffe, dass ich meinen tiefsten Tiefpunkt hinter mir habe. Ich hoffe, dass ich Entscheidungen treffe, die mich glücklich machen. Mich. Nicht andere. Nicht Mom, nicht Dad, nicht mal Gillian und definitiv nicht irgendwelche Kerle in meinem Leben.
Und wenn nicht, dann hoffe ich, dass ich mich an den schlimmsten Moment in meinem Leben zurückerinnere und alles dafür tue, ihn nie wieder erleben zu müssen.
Ich schüttelte den Kopf, während ich diese Zeilen las. Mein altes Ich hatte unrecht, denn das war nicht der schlimmste Moment in meinem Leben gewesen. Der schlimmste war, diesen Gesichtsausdruck bei Gillian zu sehen, als sie mich gefragt hatte, ob der Unfall vielleicht kein Unfall, sondern Absicht gewesen war … Gott, ich wollte nie wieder diese Furcht in ihren Augen sehen müssen. Weil sie tatsächlich geglaubt hatte, ich hätte mir das Leben nehmen wollen. Das war der wahre Tiefpunkt. Nicht die Schmerzen, nicht dieses Krankenhaus, nicht Moms ewig lange Tirade, die ganzen Anschuldigungen und Bestrafungen, die sie mir androhte, sondern diese Angst im Gesicht meiner Schwester und die unglaubliche Scham, weil ich es so weit hatte kommen lassen. Weil ich zugelassen hatte, dass meine Selbstzweifel mich so weit trieben, dass ich mein eigenes Leben aufs Spiel setze.
Ich wischte mir über die Wangen, die Augenwinkel und zog die Nase hoch. Meine Hände bebten so sehr, dass ich die Schrift kaum entziffern konnte, aber ich erinnerte mich noch so genau daran, wie ich diese Nachricht geschrieben hatte, dass ich die Worte beinahe mitsprechen konnte.
Wenn du das hier liest, wenn die Zweifel wieder so stark werden, dann denk daran, dass du es schon mal geschafft hast. Du warst schon mal an einem schrecklichen Tiefpunkt und hast es da rausgeschafft. Lass nicht zu, dass es wieder so weit kommt. Lass andere Leute nicht dein Leben mit ihren Forderungen und Kommentaren kaputtmachen. Denn wenn du, wann und wo auch immer du das hier lesen wirst, auch nur ein kleines bisschen so bist wie ich, dann willst du nicht dein ganzes Leben damit verbringen, an dir selbst zu zweifeln.
Ich ließ den Brief sinken und kämpfte nicht mehr gegen die Tränen an. Ich weinte um die junge Frau, die diese Zeilen in einem Krankenhausbett geschrieben hatte, allein und verloren, und dennoch den Mut gefunden hatte, etwas zu verändern. Ich weinte um Mom und Dad und um das kleine Mädchen, das sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als von ihnen gesehen, von ihnen akzeptiert und geliebt zu werden. Ich weinte um die Band, die mir mehr ans Herz gewachsen war, als ich es je für möglich gehalten hatte. Und ich weinte um Mason und um die Chance, die ich uns genommen hatte.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als die Tränen langsam versiegten und ich ruhiger wurde. Mein Gesicht fühlte sich aufgedunsen an, und mein Kopf tat weh, aber das Zittern in meinen Muskeln hatte nachgelassen, und das Pochen in meiner Brust war nicht mehr ganz so schmerzhaft wie zuvor. Ich war erschöpft, fertig mit mir und der Welt und wollte nur noch schlafen. Doch wenn ich das tun würde, würde sich morgen nichts ändern. Ich würde immer noch auf die gemeine Stimme in meinem Kopf hören, würde weiterhin alles und jeden anzweifeln und mich hinter Moms Trainings- und Ernährungsplänen verstecken.
Aber das wollte ich nicht mehr. Ich wollte nicht mehr die Person sein, die versuchte, es jedem recht zu machen, außer sich selbst. Also stand ich auf, zog mich an meinem Schrank hoch und schleppte mich in die Dusche. Das Wasser wusch meine Tränen fort und lockerte meine verkrampften Muskeln, aber es weckte mich auch auf und gab mir neue Energie. Auch wenn ich es dafür auf kalt stellen musste.
Bibbernd trocknete ich mich ab und kehrte in mein Zimmer zurück. Vor dem Spiegel blieb ich diesmal jedoch stehen und betrachtete mich. Nicht oberflächlich im Vorbeigehen, nicht kritisch von allen Seiten, um zu prüfen, dass auch ja kein Gramm zu viel an mir dran war und es bloß keine Falten in meinem Outfit gab, sondern richtig. Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit sah ich mich selbst richtig an.
Mein Körper war nicht perfekt, und das würde er auch niemals sein. Weil niemand perfekt war. Absolut niemand. Und ich hatte es satt, ständig zu versuchen, ein Ideal zu erreichen, an das keiner herankommen konnte. Ich wollte mich nicht mehr ständig kritisieren, wollte mir nicht mehr all die belanglosen Kommentare zu Herzen nehmen, sondern einfach nur … ich sein. Grace. Unperfekt und unsicher, aber mutig genug, um für die Menschen und Dinge zu kämpfen, die mir wichtig waren. Und dazu gehörte auch ich selbst. Vor allem ich selbst.
Ich hatte so viel darauf gegeben, was alle anderen über mich dachten, dass ich völlig vergessen hatte, mich zu fragen, was ich eigentlich selbst wollte. Mein Leben lang hatte ich mich angepasst, hatte versucht, die perfekte Tochter, die perfekte Miss, die perfekte Schwester, Freundin und Schülerin zu sein – und hatte mich damit beinahe selbst aufgegeben. Kein Wunder, dass ich in dieser Halloween-Nacht kurz nach meinem Abschluss alle Regeln und Bedenken über Bord geworfen hatte. Der Unfall hätte ein Weckruf für mich sein sollen, und in gewisser Weise war er das auch gewesen. Ich hatte damit aufgehört, Mom und Dad alles recht zu machen, mich dazu entschlossen, auf ein kleines, staatliches College weit weg von zu Hause zu gehen und das zu studieren, wofür ich wirklich brannte. Gillian hatte mich dabei unterstützt, so gut sie konnte, und hatte immer ein offenes Ohr für mich gehabt. Doch jetzt musste ich erkennen, dass nicht einmal zweitausend Meilen ausreichten, um vor sich selbst davonzulaufen. Ja, ich hatte begonnen, meinen eigenen Weg zu gehen, aber trotzdem verharrte ein Teil von mir noch immer in den alten Mustern – voller Angst, sich daraus zu lösen, und damit vielleicht die letzte Verbindung zu kappen, die ich zu meinen Eltern, meinem Zuhause und meinem alten Leben noch hatte. Auch wenn ich einiges davon rational schon vor langer Zeit verstanden hatte – alte Gewohnheiten wurde man nur schwer los. Und auch jetzt war mir klar, dass das nichts war, was ich über Nacht ändern könnte.
Eine ganz bestimmte Gewohnheit wollte ich jedoch gar nicht loswerden. Ich griff nach meinem Handy und rief meine Schwester an. Es klingelte nur zweimal, bis sie ranging.
»Gilly, ich glaube, ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht.«
»Du meinst, abgesehen davon, deine Beziehung zu sabotieren und wieder zu Moms kleinem Liebling zu werden?«, antwortete sie trocken. Früher hätte ich sie für so eine Aussage gehasst, jetzt führten ihre Worte mir nur noch deutlicher vor Augen, was ich getan hatte. »Ich habe deine Mail bekommen«, fuhr sie fort, und ihre Tonlage wurde weicher. »Tut mir leid, dass ich nicht darauf geantwortet habe. Ich war für einen Artikel auf Recherche und, um ehrlich zu sein, habe ich darauf gewartet, dass du dich von selbst meldest.«
Ich lachte auf, aber irgendwie klang es völlig er
stickt. »Weil es nichts ändert, wenn man mir die Meinung sagt …?«
»Richtig. Ich liebe dich, Gracy, aber du bist so auf dich selbst fixiert, dass du andere Meinungen gar nicht akzeptieren willst, weil du sowieso nur auf die ganzen Zweifel in deinem Kopf hörst.«
Sie hatte recht. Gott, sie hatte ja so recht. Ich ließ mit mir reden, ließ mit mir verhandeln, aber letzten Endes war es doch immer meine eigene Unsicherheit, die jede Diskussion gewann. Meine Selbstzweifel. Mein Fluchtinstinkt. Und ich hatte es so satt. Es gab so wenige Momente, in denen ich wirklich mutig gewesen war. Beim Vorsingen für die Band. Bei den Proben und den Auftritten. Vor allem bei den Auftritten. Als ich weitergemacht hatte, obwohl ich alles hatte hinwerfen wollen. Als ich auf mein Herz gehört und mich auf Mason eingelassen hatte …
Ich merkte nicht mal, dass ich schniefte, bis ich Gillians besorgte Stimme hörte.
»Sag mir, dass es dir gut geht«, verlangte sie. »Denn wenn du in einem Krankenhaus liegst, setze ich mich in den nächsten Flieger, um zu dir zu kommen und dir die Hölle heiß zu machen. Und glaub mir, alles, was Mom je zu dir gesagt hat, wird dir wie ein Kindergarten im Vergleich dazu vorkommen.«
Gegen meinen Willen musste ich lächeln und schüttelte den Kopf, auch wenn meine Schwester es nicht sehen konnte. »Nein, es geht mir … Ich bin okay. Ich bin in meinem Zimmer.«
Sie atmete hörbar auf. »Ich wünschte wirklich, ich hätte schon viel früher für dich da sein können. Mom hat uns beide fast kaputtgemacht. Glaub mir, ich weiß, wie schwer es ist, all die Selbstzweifel und Unsicherheit loszuwerden, die sie uns eingeimpft hat. Ich kämpfe bis heute damit. Mit der Zeit wird es leichter, aber sie gehen nie ganz weg. Aber wenn du dich hinter ihnen versteckst, hast du schon verloren. Lass nicht zu, dass sie gewinnt, Gracy. Sie steckt in einer lieblosen Ehe fest und ist in einem goldenen Käfig gefangen, aus dem sie gar nicht ausbrechen will. Weil sie in Wirklichkeit nur will, dass sich alle anderen genauso mies fühlen wie sie. Dass wir uns so mies fühlen.«
»Ich weiß …«, erwiderte ich leise. Mit jeder Nachricht, mit jedem Anruf hatte mir unsere Mom nur zu deutlich vor Augen geführt, dass sie ihre kostbare Zeit eigentlich gar nicht mit mir verschwenden wollte. »Was soll ich jetzt tun?«
»Ach Grace … Ich glaube, du weißt genau, was du tun sollst. Du brauchst nur einen Schubs in die richtige Richtung, den ich dir hiermit gebe. Fühl dich getreten. Fest.«
Ich nickte lächelnd. Es war mir noch immer nicht egal, was andere von mir dachten. Vielleicht würde es das nie sein. Aber ich arbeitete daran. Und vor allem wollte ich daran arbeiten, wieder mehr auf mich selbst zu hören. Auf mein positives Ich. Nicht auf meine Zweifel, sondern auf meine Wünsche, meine Bedürfnisse, meine Hoffnungen, Ziele und Träume – ganz gleich, wie andere das fanden. Das hier war mein Leben. Niemand würde kommen, all meine Probleme für mich lösen und mich retten. Und wenn ich ganz ehrlich mit mir war, dann wollte ich das auch gar nicht. Ich wollte nicht gerettet werden. Ich wollte selbst über mein Leben bestimmen – mit allen guten und schlechten Erfahrungen, die das mit sich brachte.
»Eine Frage habe ich noch.«
Ich hielt den Atem an.
»Hat er dich glücklich gemacht?«
»Ja.« Ich musste nicht darüber nachdenken, die Antwort war sofort da. »Er hat mich unglaublich glücklich gemacht.«
»Dann kämpfe darum. Wenn du ihn wirklich liebst, dann kämpfe um diese Beziehung, Grace. Du hast es verdient, glücklich zu sein. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden.«
Obwohl ich mir sicher gewesen war, all meine Tränen verbraucht zu haben, traten sie mir jetzt wieder in die Augen. »Danke. Ich hab dich lieb, Gilly.«
»Ich hab dich auch lieb, Kleines. Und jetzt geh und bring das wieder in Ordnung!«
Und so begann ich, mein Leben umzukrempeln. Als Erstes schrieb ich meiner Mom und sagte ihr, dass ich nicht in den Ferien zu ihnen nach Hause kommen und auch nicht an der Wahl zur Miss Winternight teilnehmen würde. Ich hatte noch keinen wirklichen Plan, was ich stattdessen an Thanksgiving und Weihnachten tun würde, aber irgendetwas würde sich schon finden. Auf keinen Fall jedoch würde ich zurückgehen und alles kaputt machen, was ich mir jetzt erst wieder so mühsam aufbauen musste. Danach löschte ich alle Mails und Nachrichten, die Mom mir im Laufe der letzten Monate zugeschickt hatte, allen voran die ganzen Fitnesspläne und Ernährungstipps.
Ich ging nicht länger ins Fitnessstudio, sondern schrieb mich für zwei Tanzkurse beim Unisport ein, weil ich Tanzen schon immer geliebt und gar nicht gemerkt hatte, wie sehr es mir in meinem Leben fehlte. Außerdem probierte ich es mit einem Dance-Fitness-Video, das ich mir online anschaute und bei dem ich ganz ohne Zuschauer in meinem Zimmer mitmachen konnte. Es war anstrengend, und ich kam ordentlich ins Schwitzen, aber ich hasste nicht jede einzelne Sekunde davon. Es machte sogar Spaß, weil Musik- und Tanzelemente darin vorkamen – zwei Dinge, die ich liebte und viel zu lange vernachlässigt hatte.
Aber ich wusste auch, dass es damit nicht erledigt war. Ich hatte erst an einem weiteren Tiefpunkt ankommen müssen, um zu erkennen, dass ich dringend Unterstützung von jemandem brauchte, der sich besser mit meinen Problemen auskannte als ich. Insbesondere was meine Selbstzweifel und mein Essverhalten anging. Also machte ich einen Termin beim College-Psychologen. Ich hatte keine traumatische Vergangenheit, nichts, an dem ich meine Probleme festmachen konnte, aber ich brauchte definitiv Hilfe dabei, all das aufzuarbeiten, was zu diesen massiven Selbstzweifeln geführt hatte. Und ich war endlich bereit dazu, diese Hilfe nicht bloß einzufordern, sondern sie auch anzunehmen.
Gegen Ende der Woche fühlte ich mich zwar nicht wie ein neuer Mensch, aber ich wusste, dass ich endlich auf dem richtigen Weg war. Nämlich nicht länger auf dem, den andere Leute mir vorgaben, sondern auf meinem eigenen. Und das war das Wichtigste überhaupt. Denn ganz egal, wie schön und gut mein Leben war, wie sehr mich alle anderen mochten, wie zufrieden ich jeden stellen konnte, nichts davon zählte, wenn ich mich nicht selbst akzeptieren konnte. Mit all meinen Fehlern und Schwächen, aber auch mit all meinen Stärken und positiven Attributen.
Außerdem waren mir zwei weitere Dinge klar geworden:
Die Band war mir wichtig. Ich hätte nie geglaubt, eines Tages ein Teil davon zu sein, ganz zu schweigen davon, wie viel mir das Singen wieder bedeuten könnte. Ich wollte nicht allein Musik machen, sondern mit ihnen allen zusammen. Ich wollte es so sehr, dass es wehtat.
Und ich wollte Mason. Weil er mir wichtiger war als alles andere. Irgendwie hatte er es geschafft, von einem Fremden, der einen schlechten ersten Eindruck bei mir hinterlassen hatte, zum wichtigsten Menschen in meinem Leben zu werden. Und ich hatte ihn verletzt. Mehr noch – ich hatte ihn zurückgestoßen, obwohl ich tief in meinem Inneren doch genau das Gegenteil hatte tun wollen. Ich wollte ihn. Ich wollte uns. Aber meine Angst davor, nur ein kurzweiliges Abenteuer für ihn zu sein, bis er merkte, dass er eigentlich etwas ganz anderes wollte – oder jemand ganz anderen –, war zu groß gewesen. Ich hatte so viel Angst davor gehabt, am Ende doch wieder nur die zweite Wahl zu sein und durch das bessere Modell ersetzt zu werden, dass ich dafür gesorgt hatte, dass es überhaupt nie so weit kommen würde. Aber damit hatte ich nur uns beiden wehgetan. Ohne Masons Gefühle zu beachten, hatte ich einfach beschlossen, was für uns beide das Richtige war. Ich hatte es furchtbar gefunden, wie Jenny sich Mason gegenüber verhielt, aber letzten Endes war ich nicht besser gewesen als sie.
Ich musste es wiedergutmachen. Irgendwie musste ich es wieder in Ordnung bringen, bevor es zu spät war.
Kapitel 29
Mason
Da war er. Der Tag, auf den ich seit mehr als einem halben Jahr gewartet hatte. Der Auftritt, der über unsere Zukunft als Band entscheiden würde. Über meine Zukunft und ob ich es im Musikgeschäft zu etwas bringen konnte oder diese Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen würde.
Seit der Vorrunde vor zwei Wochen hatten wir in jeder freien Minute geprobt, hatten die Setlist umgeschmissen, und ich hatte die Leadstimme übernommen. Es war nicht ideal und Gr
ace’ Fehlen deutlich zu spüren, aber wir waren so bereit für diesen Auftritt, wie wir nur sein konnten.
Die Entscheidungsrunde fand wieder in einem Theater in Charleston statt, diesmal allerdings noch größer und mit noch mehr Zuschauern. Als ich von meinem Platz hinter der Bühne aus in den Saal spähte, musste ich unweigerlich grinsen. Alle meine Freunde waren da. Das überraschte mich nicht, aber sorgte doch für ein warmes Gefühl. Diesmal war jedoch zusätzlich auch meine Familie gekommen. Mom stand ganz vorne, bereits mit Tränen in den Augen, ganz egal, wie oft Dad ihr besänftigend über den Arm strich. Direkt daneben stand meine Großmutter. Als Nonna mich entdeckte, winkte sie mir mit einer Flasche ihres selbst gemachten Eistees zu, der mich durch jede schwierige Situation in meinem Leben gebracht hatte. Und der mir auch heute Abend hoffentlich genügend Energie geben würde, um diesen Auftritt zu bewältigen. Auch ohne unsere Sängerin.
Ich trank einen Schluck aus meiner eigenen Flasche, die ich mir gestern Abend zu Hause abgeholt hatte, und winkte ihr zu. Dann kehrte ich zu den anderen hinter die Bühne zurück. Es verwunderte mich nicht sonderlich, dass Emery, Dylan, Tate und der Rest da waren. Ich war nicht mal erstaunt darüber, dass Mom und Nonna hier waren. Dad hingegen? Das war eine Überraschung, schließlich war er kein Fan meiner musikalischen Ambitionen. Dass er heute trotzdem hergekommen war, bedeutete mir verdammt viel und machte mich nur noch entschlossener, diesen Wettbewerb zu gewinnen.
Der letzte erste Song (Firsts-Reihe 4) (German Edition) Page 38