by Kiefer, Lena
Ein Geräusch stoppte meine Gedanken. Ich sah mich um, konnte jedoch nicht entdecken, wo es herkam. Also ging ich zur Tür, aber im Zimmer nebenan war es ruhig. Erst im Ankleideraum wurde das Geräusch lauter. Es waren Stimmen, die sich unterhielten. Zwei Männer, der Tonlage nach zu urteilen. Aber wer konnte das sein? Hier oben lebten doch nur Lucien, Amelie und …
Der König. Das konnte nur er sein. Aber mit wem redete Leopold? Und worüber?
Es musste zwischen den Räumen eine Schallbrücke geben, über die sich die Geräusche übertrugen, einen Schacht oder einen Gang. Ich suchte und wurde schließlich fündig: Am Ende des Ankleidezimmers war eine Tür in der Farbe der Wandvertäfelung. Probehalber drückte ich die schmale Klinke herunter. Sie gab nach. Dahinter lag ein Durchgang – nackte Betonwände, helles Licht und ein roter Streifen Farbe, der sich an der Wand entlangzog. Kalt war es auch. Ich schnappte mir eine von Luciens Kapuzenjacken und schlüpfte auf den Gang hinaus.
Er war nur ein paar Meter lang, mit einer Art mechanischem Aufzug in der Mitte – vielleicht für Dienstboten oder den Notfall. Auf der anderen Seite ging eine weitere Tür ab, die zu Leopolds Räumen gehören musste. Ich sah keine Sicherung, also versuchte ich mein Glück.
»Wow«, machte ich lautlos, als ich den Kopf durch die Öffnung steckte.
Das Ankleidezimmer des Königs war doppelt so groß wie das von Lucien – und im Gegensatz dazu gut gefüllt. Überall hingen Hemden und Hosen, lang und kürzer geschnittene Anzugjacken und Mäntel. Noch interessanter war aber die Tür gegenüber, die einen Spalt aufstand und hinter der das Gespräch nun viel lauter zu hören war. Ich schlich dorthin und drückte mich an die Wand.
»Wer ist es? Du wirst doch irgendeinen Verdacht haben.« Das war die Stimme des Königs, tief und kultiviert. Ich kannte sie von der Prüfung durch die OmnI und aus offiziellen Übertragungen. Sehen konnte ich ihn nicht.
»Wir sind uns nicht sicher.« Den anderen Mann kannte ich nicht, konnte ihn aber sehen. Er saß in aufrechter Haltung auf einem niedrigen Sessel und hielt ein Glas in den Händen. Sein graues Haar war militärisch kurz geschnitten. »Dufort glaubt, dass es jemand von uns ist. Einer der ehemaligen Schakale aus der Zeit deines Vaters.«
»Das ist keine endlose Liste.« Leopold klang angespannt. »Wie lange kann es dauern, den oder die Richtige zu finden, Cohen?«
Das war also Cohen Phoenix. Der Geist, den niemand zu Gesicht bekam, der aber trotzdem alles sah.
»Ich habe diese Leute ausgebildet«, antwortete er, »also ist es schwierig.«
»Es ist aber nicht unmöglich. Jemand tötet nach und nach alle meine Agenten. Du musst doch einen Plan haben!«
Sie redeten über Ferro. Was hatte Julius gesagt? Sie kommen ihm auf die Spur. Ferro war unvorsichtig und hat sich zu ein paar Racheaktionen hinreißen lassen.
»Natürlich habe ich den«, sagte Phoenix. »Wir schicken jemanden los und verbreiten das Gerücht, dass sich in der Gegend ein wichtiger Schakal aufhält. Eine einfache Falle ist manchmal die beste Idee.«
»Wen willst du dafür einsetzen?«, fragte der König. »Dufort?«
»Nein, nicht ihn.«
Es gab eine Pause, dann Schritte. Leopold kam in mein Sichtfeld und blieb neben Phoenix stehen. Es war das erste Mal, dass ich den König leibhaftig sah.
Er war ein bemerkenswerter Mann, aber das hatte ich schon bei meiner Begegnung mit der OmnI festgestellt. Groß und elegant, mit einer beeindruckenden Präsenz trotz seiner schlichten Kleidung, einem Shirt mit Kragen und einer dunklen Hose. Seine Mimik war weniger kontrolliert, als ich erwartet hatte. Es war deutlich zu sehen, dass ihm dieses Gespräch nicht gefiel.
»Du sprichst hoffentlich nicht von Lucien«, sagte er.
»Natürlich spreche ich von Lucien.« Phoenix klang unnachgiebig. »Wie oft habe ich dir gesagt, dass du bei diesen Angelegenheiten vergessen musst, dass er dein Bruder ist?«
»Und wie oft habe ich dir gesagt, dass ich es nicht vergessen kann?« Leopolds Ton war nicht weniger hart.
»Er ist für diesen Auftrag am besten geeignet. Wenn es jemand aus unseren Reihen ist, hat Lucien einen entscheidenden Vorteil: Niemand weiß, dass er ein Schakal ist«
»Erkennen würde man ihn dennoch. Alle früheren Schakale hatten mit meiner Familie zu tun.« Der König hielt die Arme verschränkt.
»Lucien ist schnell«, sagte Phoenix gelassen. »Er wird das erledigen, bevor es zum Problem wird.«
»Cohen –«
»Nein, Leopold. Wir waren uns einig. Ein Gefallen gegen den anderen.« Phoenix stand auf. »Dein Bruder ist der beste Agent, den ich je ausgebildet habe. Für diesen Job brauchen wir ihn und keinen anderen.«
Leopold blieb vor ihm stehen. »Ich mache ihn nicht zu einem Lamm, das man an einen Pfahl bindet, um den Wolf anzulocken.«
Phoenix verdrehte die Augen. »Lucien ist sehr weit davon entfernt, ein Lamm zu sein. Er ist nicht mehr der 15-jährige Liebling der Familie, den du beschützen musst.«
»Nein, dank dir ist er jetzt ein Killer.« Leopolds Stimme war gefährlich leise. »Genau, wie du es wolltest.«
»Womit du einverstanden warst.«
»Ich hatte wohl kaum eine Wahl.«
Meine Gedanken rasten. Leopold wollte gar nicht, dass Lucien ein Schakal war, hatte aber keine Wahl? Was konnte jemand gegen einen König in der Hand haben, um etwas so Schreckliches zu erzwingen? Ob Lucien davon wusste? Oder von seinem Auftrag? Sie wollten ihn schicken, um Ferro zu töten. Das wäre ein vernichtender Schlag für ReVerse. Trotzdem machte ich mir in diesem Moment mehr Sorgen um seinen Gegner.
»Darüber werden wir noch reden«, sagte Leopold gerade.
»Das wird meine Meinung nicht ändern. Jemand plant etwas gegen dich, Leopold. Wenn Lucien das verhindern kann, wird er es mit Freuden tun.« Phoenix drehte den Kopf in meine Richtung und ich machte einen hastigen Schritt nach hinten.
Zeit, zu verschwinden.
Ich ging rückwärts, aber nach wenigen Schritten stieß ich gegen etwas. Es war kein Kleiderständer, sondern eindeutig menschlich. Ich wollte vor Schreck aufschreien, als sich eine Hand fest auf meinen Mund legte. Blitzschnell befreite ich mich, drehte mich um – und erkannte Lucien. Er trug nichts außer Boxershorts und ich war einen Moment abgelenkt. Dann sah ich seinen angepissten Gesichtsausdruck. Uh-oh.
Mit einem Kopfnicken deutete er in die Richtung, aus der ich gekommen war, und legte einen Finger an die Lippen. Wir durchquerten schweigend den Gang und betraten Luciens Ankleidezimmer. Er warf die Tür mit mehr Schwung zu als nötig, dann ging er durch das Bad in sein Schlafzimmer und schaltete das Licht ein. Ich folgte ihm und schloss auch diese Tür. Wenn man Leopold und Phoenix im Bad hören konnte, funktionierte das ebenso in die andere Richtung.
»Hör zu –«, begann ich, ohne zu wissen, was ich sagen sollte.
»Bist du wahnsinnig?!«, platzte er heraus und drehte sich um. »Was sollte das werden, eine kleine Spionage-Übung? Was hast du dir dabei gedacht?«
Gar nichts. »Ich –«
»Das ist der König von Europa, Ophelia! In seinen Privaträumen, mit seinem Geheimdienstchef! Es gibt keine vertraulicheren Gespräche in dieser Stadt – ach was sag ich, in diesem ganzen verdammten Land. Niemand darf dort zuhören!«
»Es tut mir leid«, murmelte ich kleinlaut. »Ich wollte dir keinen Ärger machen.«
»Mir?« Lucien lachte freudlos. »Ich bekomme keinen Ärger, wenn das rauskommt. Du bist diejenige, die dann ein Problem hat! Was glaubst du, was passiert, wenn man eine Anwärterin in Leopolds Ankleidezimmer beim Lauschen erwischt?«
»Man befördert mich direkt, weil ich ziemlich gut bin?«, versuchte ich mich an einem Scherz.
»Mach darüber keine Witze! Dafür bekommst du nicht nur einfach drei Jahre Clearing, ist dir das klar?« Er stieß die Luft aus und mir wurde tatsächlich etwas klar. Lucien machte sich keine Sorgen um die Geheimnisse seines Bruders. Er machte sich Sorgen um mich. Eine wohlige Wärme breitete sich in meinem Magen aus.
»Sie haben mich nicht entdeckt, okay?« Ich ging zu ihm und legte meine Hände auf seine Arme. »Es ist nichts passiert.«
Er entzog sich mir
. »Was wolltest du überhaupt da drüben?«
Ich setzte mich aufs Bett. »Ich habe schlecht geträumt. Also bin ich ins Bad gegangen und habe Stimmen gehört und … keine Ahnung, was ich da wollte. Es tut mir wirklich leid.«
Lucien kam zu mir zurück. »Aber du wolltest nicht verschwinden, oder?«, fragte er in weicherem Tonfall.
»Doch, einen Moment schon.« Ich grinste schief. »Aber dann wurde mir klar, dass ich das nicht schaffe, ohne einen Großalarm auszulösen.«
»Das ist der einzige Grund?« Er machte ein trauriges Gesicht. »Ich fühle mich benutzt.«
»Sei nicht blöd.« Ich stieß ihn leicht in die Seite. »Ich wollte nur morgen früh pünktlich beim Training sein.«
Er winkte ab. »Ich schreibe dir eine Entschuldigung.«
»Jaaah, das kommt sicher gut an. Ophelia Scale ist zu spät, weil sie mit mir im Bett war. Ich bitte das zu entschuldigen. Gezeichnet, Lucien de Marais.«
»Also, für mich klingt das nicht übel.« Er gähnte. »Bleibst du, wenn ich dir verspreche, dass du morgen pünktlich bei den Sadisten auf der Matte stehst?«
»Nein.« Ich lächelte. »Ich bleibe, weil ich nicht gehen will.«
»Noch besser.« Er sah zufrieden aus. Mit einem knappen »Licht aus« ließ er es dunkel werden, dann legte er sich wieder hin. Als wäre es ein vertrautes Ritual, machte ich es mir in seinem ausgebreiteten Arm bequem, den Kopf an seiner Schulter, eine Hand auf seiner Brust. Sein Herz schlug einen langsamen, gleichmäßigen Takt.
»Was ist das für eine Schuld, die Leopold Phoenix gegenüber hat?«, fragte ich in die Stille hinein. Ich spürte, wie Luciens Körper sich anspannte.
»Ein alter Gefallen«, sagte er leichthin, aber der Tonfall konnte mich nicht täuschen.
»Das muss ein gigantischer alter Gefallen sein.«
Lucien seufzte lautlos und zog mich enger in seine Arme.
»Es ging damals um mein Leben, also denke ich – ja, er war ziemlich groß.«
Was? Ich fuhr ruckartig hoch. »Phoenix hat dir das Leben gerettet und verlangt jetzt von dir, es immer wieder zu riskieren? Das ist paradox. Und grausam.«
»Es ist etwas komplizierter als das. Aber paradox ist es tatsächlich. So ist Cohen. Er ist nur glücklich, wenn er seine Marionetten tanzen lassen kann.«
»Ein unheimlicher Typ.« Ich fragte mich, was Phoenix genau für Leopold getan haben mochte. Vielleicht hatte es etwas mit dem Brand zu tun oder mit einem von Luciens halsbrecherischen Ausflügen. Die Frage danach kam mir taktlos vor, aber immerhin verstand ich jetzt, warum Lucien für Leopold arbeitete: Die Schuld seines Bruders war auch seine eigene.
»Gab es sonst noch etwas Interessantes, über das sie geredet haben?« In der Dunkelheit hoben sich Luciens Gesichtszüge wie gemeißelt von dem hellen Kissen ab.
»Ach, jetzt doch neugierig, Monsieur?«
»Absolut nicht«, antwortete er und küsste mich. »Also?«
»Sie haben über jemanden gesprochen, der systematisch Schakale umbringt.« Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich diese Person kannte. »Sie wollen dich auf die Jagd nach ihm schicken.«
Lucien schwieg und die Stille trieb einen Keil zwischen uns. Obwohl ich in seinen Armen lag und unsere Beine miteinander verschränkt waren, erschien er mir plötzlich unendlich weit weg.
»Okay«, sagte er schließlich. »Also ein normaler Exit-Job.«
»Exit-Job? Du meinst, Exit wie …«
»Wie töten, ja.«
Leopold hatte Phoenix vorgeworfen, Lucien zum Killer gemacht zu haben. War er das wirklich? In diesem Moment schien es möglich.
Jeder Muskel in ihm war angespannt, er hielt mich in den Armen, aber ohne jede Gefühlsregung. Ich dagegen hasse es, nicht ich selbst zu sein. Ich ahnte nun, was er damit gemeint hatte.
»Musst du so etwas oft tun?«
»Das ist der Job. Wir werden überall eingesetzt, wo es nötig ist.« Eingesetzt. Als wäre er ein Roboter. »Schakale sind zwar spezialisiert, aber Exit-Jobs muss jeder machen.«
»Worauf bist du spezialisiert?«
»Informationsbeschaffung, genau wie Dufort. Das kann ich am besten.«
»Wenn man denen glauben darf, kannst du alles am besten, Super-Luc.« Ich scherzte, weil ich die Kälte nicht ertrug. »Du bist nicht nur der Retter abstürzender Damen, sondern auch der Held des Geheimdienstes, wie es scheint.«
Es funktionierte. Lucien lachte und seine Anspannung ließ nach. »Das haben sie gesagt?«
»Wieso, stimmt es etwa nicht?«
»Schwer zu sagen.« Er sah mich an und legte den Kopf schief. »Fändest du das eher angeberisch oder heiß?«
Ich atmete erleichtert auf. Er war wieder da.
»Hm. Eher heiß, glaube ich.«
»Dann bin ich das Beste, was dem königlichen Geheimdienst je passiert ist«, sagte er, wie aus der Pistole geschossen.
Ein Lachen entfuhr mir.
»Du Angeber.«
Er lachte mit und holte mich wieder in seine Umarmung, diesmal liebevoll und entspannt. Ich beugte mich vor und küsste ihn sanft. Er erwiderte es.
»Verdammt, Stunt-Girl«, murmelte er leise und sah mich an. »Du könntest mir echt gefährlich werden.«
»Das Gleiche könnte ich über dich sagen, Super-Luc.« Ich wusste, dass ich nichts für ihn fühlen durfte. Aber meinem Herzen war das egal.
Lucien seufzte zufrieden, dann schloss er die Augen und schlang die Arme noch fester um mich. Kurz darauf war er eingeschlafen. Ich dagegen lag noch lange wach und lauschte seinen Atemzügen, während meine Gedanken sich im Kreis drehten.
Konnte man jemanden töten, in dessen Bruder man sich verliebte?
Konnte man sich in jemanden verlieben, dessen Bruder man töten wollte?
Aber egal, wie lange ich grübelte, ich fand keine Antwort.
27
Nach dem heißen Juli kam der August mit wechselhaftem Wetter und kühleren Temperaturen. Trotzdem war ich bester Laune. Das Training lief so gut wie nie – Dufort und Fiore waren voll des Lobes, und sogar Echo schien mit meinen Leistungen zufrieden zu sein. Ich war motiviert, voller Energie und fühlte mich unbesiegbar.
Verantwortlich dafür war vor allem Lucien. Da er in diesen drei Wochen keinen Auftrag bekam, sahen wir uns fast täglich. Wir aßen Dinge, die ich nicht kannte, alberten herum und genossen es, zusammen zu sein. Er erzählte mir von seiner Kindheit und seinen Geschwistern, ich ihm von den anderen Anwärtern und meiner Familie zu Hause. Die meisten Nächte verbrachte ich bei ihm, schaffte es aber trotz des Schlafmangels morgens pünktlich zum Training. Von der Öffentlichkeit hielten wir uns fern. Wir wussten beide, dass es Probleme geben würde, wenn die Ausbilder oder Anwärter das mit uns herausfanden. Also blockte Lucien regelmäßig das Signal meines WrInks, und ich gab bei meinen Kollegen vor, früh schlafen zu gehen. Da wir aber ohnehin so taten, als gäbe es keine Welt außerhalb des Juwels, störte uns die Heimlichtuerei nicht.
Albträume hatte ich keine mehr, stattdessen schlief ich tief und fest durch. Nicht einmal das HeadLock machte mir etwas aus. Ich blühte in Luciens Nähe auf, ich liebte es, mit ihm zu lachen – und zehrte von seinen Küssen und Berührungen. Seit wir uns trafen, fühlte ich immer häufiger etwas, das ich in Maraisville nie erwartet hätte: Glück.
… zumindest, solange ich nicht an ReVerse dachte.
Sie hatten mich nach dem Gespräch mit Julius nicht wieder kontaktiert. Das musste bedeuten, dass ReVerse einen Anschlag bei dem Empfang plante. Einen Anschlag, bei dem ich außen vor gelassen wurde. Das hätte mich erleichtern müssen, aber das Gegenteil war der Fall. Nicht nur wegen meines Traums – oder des Gesprächs mit Phoenix, das ich belauscht hatte. Es war auch Luciens Einfluss: Er sprach so voller Zuneigung von Leopold, dass der König für mich langsam vom Feindbild zum menschlichen Wesen wurde und mein lodernder Hass auf ihn zu einer glimmenden Glut zusammenschrumpfte. Ich wehrte mich dagegen, mahnte mich, daran zu denken, was es bedeuten würde, wenn die Abkehr vorbei wäre – und es half für eine kurze Zeit. Fakt war jedoch, dass ich mich besser fühlte, wenn ich nicht an den Tod des Königs dachte.
An Morgen des 9. Aug
ust saßen wir in Majores Geschichtsunterricht und behandelten die Aufstände von 2060, als es an der Tür klopfte. Dufort kam herein und grüßte uns. Er trug ein blaues Hemd und sah darin ungewohnt förmlich aus.
»Leute, hört kurz zu.« Alle sahen von den Büchern auf. »Ihr wisst, dass der Präsident von Südamerika morgen in der Villa Mare empfangen wird. Die Schakale werden vor Ort sein und mit der Garde für die Sicherheit des Königs sorgen. Wir haben entschieden, dass drei von euch an diesem Einsatz teilnehmen dürfen.«
Sofort rauschte ein Raunen durch den Raum. Auch ich spürte Aufregung, aber keine freudige. Ich wollte nicht zu diesem Empfang. Ich wollte am liebsten so weit wie möglich davon entfernt sein.
»Emile, Troy, Ophelia? Kommt bitte mit.«
Ich erhob mich unter den neidischen Blicken der anderen, lächelte gequält und lief nach vorne. Dufort war bereits auf dem Gang, Troy rempelte mich im Vorbeigehen an. Ich hatte den Fehler gemacht, ihm zu sagen, dass ich von seiner linken Nummer bei dem Fake-Angriff wusste. Seitdem war er noch ätzender als vorher.
Emile lief neben mir. »Glaubst du, sie haben uns ausgewählt, weil sie uns prüfen wollen?«
»Wohl eher, weil wir die Besten sind.« Das glaubte ich nicht nur, ich wusste es vielmehr von Lucien. Wegen der getöteten Agenten wollte Phoenix die Auswahl beschleunigen und drängte auf Entscheidungen. Erst letzte Woche hatte uns Justyna verlassen. Es war traurig, aber immerhin war sie wieder bei ihrer Familie. Die drei Jahre würde sie schnell aufholen.
Vor dem Gebäude stiegen wir in eine der pechschwarzen TransUnits, die für die engsten Vertrauten des Königs vorgesehen waren. Lautlos rauschte sie los und hielt erst vor der Festung wieder an. Während wir durch das unterirdische Labyrinth liefen, gab uns Dufort Anweisungen.
»Wir gehen jetzt zu der abschließenden Besprechung für morgen. Bitte verhaltet euch zurückhaltend, und zwar nicht nur heute. Dieser Einsatz ist keine Aufforderung, den Helden zu spielen.«