»Eben!« Ich grinste. »Deshalb gehören wir beide zu der Kategorie Mensch, die sich solche Zwischenfilme nicht ansehen, sondern sich lieber selbst quälen!«
»Okay«, stimmte Trish mir schließlich zu, »aber manchmal kann es auch echt toll sein, sich in seinem Leid zu suhlen, zumindest für eine gewisse Zeit. Und die Welt ein bisschen zu hassen. Alternativ kann man natürlich auch mit seinem heißen Mitbewohner rummachen«, ergänzte sie und zwinkerte mir zu.
Ich verdrehte die Augen. »Wieso genau erzähle ich dir eigentlich Dinge aus meinem Leben?«
»Weil das mit uns beiden Liebe auf den ersten Blick war, als ich dir im September deinen Schokoladenkuchen an den Tisch gebracht und dir einen Job angeboten habe!«
»So ein Blödsinn! Aiden hat dich auf mich angesetzt, dieser Moment hatte also absolut nichts Magisches an sich. «
Trish zog die Augenbrauen in die Höhe. »Du willst mir allen Ernstes erzählen, dass dieser Moment im Firefly null magisch war? Ausgerechnet du, die überall ein Stückchen Magie sieht?«
»Okay«, sagte ich gedehnt, »vielleicht war es ein klitzekleines bisschen magisch! Ein winziger Funken Magie! Ganz, ganz klein!«
Trish lachte, dann verfielen wir in Schweigen. Da waren nur die Musik und die Gesprächsfetzen, die leise und gedämpft zu uns nach hinten drangen. Und irgendwann, weil ich ihr sowieso schon so gut wie alles erzählt hatte, zeigte ich ihr die paar Worte, die Paul mir vor wenigen Tagen geschrieben hatte. Bisher hatte Trish ihr Bestes gegeben, sich möglichst rauszuhalten, auch wenn ich natürlich merkte, dass sie Pauls Verhalten mindestens genauso wenig verstand wie ich, und sie das mir gegenüber auch deutlich zum Ausdruck brachte – doch als ich ihr jetzt mein Handy unter die Nase hielt, erlebte ich sie zum ersten Mal tatsächlich … wütend.
»Das kann jetzt echt unmöglich sein Ernst sein. Wieso schreibt er dir sowas?!«
»Ich meine, das ist der allererste Versuch, mit mir zu reden, seit er wieder hier ist. Und ganz ehrlich: Er kann doch nicht mit mir Schluss machen, ohne wirklich Schluss zu machen, wochenlang durch mich hindurchsehen, während er mit was weiß ich wie vielen Frauen etwas am Laufen hat, und dann so dreist sein und mir aus dem Nichts so etwas schreiben«, sagte ich aufgebracht und hielt inne, weil meine Stimme von Wort zu Wort lauter geworden war. »Gerade eben vor dem Firefly, da …« Ich seufzte und gab es auf, eine Erklärung für etwas zu finden, für das es schlicht und einfach keine zu geben schien. Das war nicht meine Aufgabe. Wenn überhaupt, dann war es seine, das wurde mir von Tag zu Tag bewusster.
Im nächsten Moment nahm Trish mir das Handy aus der Hand und fing mit einem unschuldigen Lächeln an, zu tippen, bevor ich überhaupt protestieren konnte. Ich riss ihr das Handy wieder aus der Hand und starrte auf das, was sie geschrieben hatte. Das, was sie auch abgeschickt hatte.
Fick dich, Paul!
Während meiner Schicht war ich nicht nur nicht ganz bei der Sache, sondern völlig unkonzentriert. Bowie und Trish waren noch eine Weile zum Lernen geblieben, nach einer Stunde hatte ich die beiden geistesabwesend verabschiedet. Ich brachte Bestellungen durcheinander, arbeitete zu langsam und musste insgesamt dreimal einen Latte Macciato komplett neu machen, weil ich die hohen Gläser noch hinter der Theke umstieß und sich aus Milch und Espresso innerhalb weniger Sekunden eine große Pfütze bildete. Denn während meine Hände alles automatisch taten, waren meine Gedanken ganz woanders. Bei dem Kuss mit Aiden, den er ganz eindeutig erwidert hatte, der jedoch wirklich nichts bedeutete. Bei der Nachricht, die Paul mir geschrieben hatte. Bei meiner Mom, der ich kurz vor Weihnachten versprochen hatte, mich zu melden, mich bis jetzt aber nicht getraut hatte. Immer wieder hatte ich die wenigen Zeilen gelesen, den aus lediglich zwei Nachrichten bestehenden Chatverlauf aber jedes Mal wieder geschlossen. Sie hatte mich im Stich gelassen an dem Tag, an dem Dad gestorben war, und seitdem nicht mehr damit aufgehört. Inzwischen konnte ich den Gedanken an sie zwar zulassen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich zu einer Konfrontation tatsächlich bereit war. Dann war da die verpatzte Prüfung in Probability Theory und der Redaktionsschluss der Storylines , der eigentlich heute gewesen wäre. Ich hatte einen Text über Romane geschrieben, die aus verschiedenen Gründen verrufen sind, sich meiner Meinung nach aber definitiv lohnen. Doch irgendetwas schien sich jedes Mal falsch anzufühlen, selbst als ich einzelne Passagen überarbeitet und den Artikel im Aufbau geändert hatte. Und schließlich das Gespräch mit Trish.
Sie hatte mir die Wahrheit gesagt, die ich so dringend hatte hören müssen: Paul war dieser eine erste Mensch gewesen, der etwas in mir berührt hatte, und dass ich ihn trotz seines verletzenden Verhaltens vermisste, war völlig in Ordnung. Auch, dass ich bis zum Rand voll war mit Gefühlen, die nicht zusammenpassten, allen voran Sehnsucht und Wut. Sogar mit der Nachricht, die sie an Paul geschickt hatte, hatte sie letztendlich recht gehabt. Doch mit einer Sache lag Trish falsch: Ich hatte keinen Liebeskummer, ich litt vielmehr an Hiraeth . So weich und schnell, wie einem das walisische Wort über die Lippen kam, so hart und schwer und vor allem wahr war dessen Bedeutung. Es ging um Heimweh nach einem Zuhause, zu dem man niemals zurückkehren konnte, ein Zuhause, welches rückblickend vielleicht doch nie eines gewesen war – so wie der Mann mit dem Sturm in den Augen. Hiraeth war eine Mischung aus Nostalgie, Sehnsucht und Trauer für die verlorenen Dinge unserer Vergangenheit. Und weil es das war, was den Empfindungen in mir am nächsten kam, schrieb ich es in einem ruhigen Moment an den Tresen gelehnt in mein Notizbuch. Buchstabe für Buchstabe und im letzten Licht des Tages, das die rot gestrichenen Wände leuchten ließ.
Paul
Nachdem ich mir zwischen zwei Vorlesungen einen Kaffee im Firefly geholt hatte und dabei beinahe in Louisa hineingelaufen war, hatte ich den letzten Kurs des Tages hinter mich gebracht. Ich hatte mich so schnell an ihr vorbeigeschoben, dass ich ihr nicht ins Gesicht hatte sehen müssen, nicht in ihre Ozeanaugen unter dunklen Wimpern. Ich wollte nicht wissen, wie sie mich ansehen würde, nachdem ich ihr in diesem Moment der Schwäche geschrieben hatte, dass ich an sie dachte. Ich wusste, dass das ein Fehler gewesen war. Wusste es nur zu gut.
Ich sperrte die Tür zur WG auf, nickte Taylor zu, der auf dem Sofa saß und zockte, und steuerte dann direkt mein Zimmer an, um mich umzuziehen, in meinem Kopf ein nicht enden wollendes Gedankenkarussell, das sich von Louisa zum Thema der letzten Vorlesung drehte: Die Diskussion im Hörsaal war laut und hitzig geworden, aber immer noch respektvoll – und mir war wieder einmal klar geworden, wieso es die richtige Entscheidung gewesen war, Philosophie zu studieren. Es veränderte meine Art, zu denken, und meine Sicht auf die Welt, es zeigte mir, wie ich die Strukturen, in denen wir lebten, auf die richtige Art und Weise hinterfragen musste. Mit jedem Kurs und jeder Vorlesung, die ich besuchte, mit jedem einzelnen Text, den ich las und dessen Inhalt ich nach und nach auf mehreren Ebenen verstand, hatte ich das Gefühl, mich als Mensch zu verändern und letztendlich sogar über mich hinauszuwachsen. Und war das nach allem, was ich getan hatte, nicht das Wichtigste überhaupt? Ein guter Mensch zu sein und die Welt zu einem besseren Ort zu machen, auch wenn oder gerade weil ich selbst so unglaublich kaputt war?
Gerade hatte ich mir meine Sportsachen angezogen, als mein Handy klingelte. Auf dem Display erschien ein Bild von Trish, das mindestens zehn Jahre alt war. Sie grinsend mit geflochtenen Zöpfen und dem Gesicht voller Eiscreme. Wüsste der blonde Zwerg, dass ausgerechnet diese Aufnahme erschien, wenn sie mich anrief, würde sie mich mit Sicherheit ohne zu zögern umbringen.
»Hey, was …?«, setzte ich an.
Doch ich hatte gar keine Chance weiterzusprechen, da fiel Trish mir schon ins Wort: »Können wir uns kurz treffen?«
Im Hintergrund hörte ich erst leise Musik und Stimmengewirr, dann ein leises Bimmeln und darauffolgende Stille. Ihre Schritte auf Asphalt. Wahrscheinlich hatte Trish gerade das Firefly verlassen. Sie klang atemlos, so, als wäre sie gerannt. »Es ist wichtig!«, schob sie hinterher. Und ihr Tonfall erschien mir seltsam, auch wenn ich nicht so richtig greifen konnte, wieso .
»Ich bin jetzt mit Luke zum Laufen verabredet. Die Sonne geht bald unter, deswegen wollten wir
gleich los«, sagte ich. »Aber du kannst natürlich gerne mitkommen, Summers«, fügte ich mit einem Grinsen, das sie höchstens hören, aber natürlich nicht sehen konnte, hinzu.
»Vergiss es!«, schnaubte Trish am anderen Ende der Leitung. »Das tue ich mir ganz sicher nicht an! Erinnerst du dich an das eine Mal, als Aiden und du mich mitgeschleift habt? Ihr beide wart irgendwann nur noch zwei kleine Punkte, die einfach nicht näher gekommen sind, egal, wie sehr ich hinter euch hergerannt bin!«
Ich lachte. »Okay, du hast recht. Vielleicht solltest du wirklich nicht mitkommen.«
»Aber können wir uns vielleicht danach kurz sehen? Ich muss wirklich dringend mit dir reden«, sagte Trish und verschluckte sich fast an ihren eigenen Worten. »Ich kann später auch bei dir in der WG vorbeikommen, wenn du wieder zurück bist.«
Schon als wir Kinder gewesen waren, hatte Trish angefangen, unaufhaltsam schneller zu sprechen, wenn es irgendetwas gab, mit dem sie nicht so recht mit der Sprache hatte rausrücken wollen, das aber davor war, unaufhaltsam aus ihr hervorzubrechen. So lange, bis die einzelnen ausgesprochenen Worte zu einem einzigen verschmolzen waren und man gar nichts mehr verstanden hatte. Ihre Mom Lilly hatte das immer grinsend Wortbrabbeln genannt und an all den Nachmittagen, die Aiden und ich nach Schulschluss in dem kleinen Haus der Summers’ verbracht hatten, hatten wir ein Spiel daraus gemacht – sogar Matthew, Trishs Dad, hatte jedes Mal mitgespielt. Die Person, die als Erstes erriet, was Trish hatte sagen wollen, durfte sich vor der Playstation im Wohnzimmer nicht nur den besten Platz sichern, sondern sich auch das Spiel aussuchen. Und trotzdem hatte der Zwerg immer vehement darauf bestanden, in der Mitte zu sitzen, weil sie kleiner war als wir und von dort die beste Sicht auf den Bildschirm hatte.
»Mannesistwichtig,Paul! «
»Du wortbrabbelst schon wieder, Summers!«
»Ichwortbrabbelgarnicht,duVollidiot!«
»Trish … was ist los?«
»Wirmüssenreden!WegenLou!«
Seufzend ließ ich mich auf mein ungemachtes Bett sinken. Das inzwischen auf Lautsprecher gestellte Handy legte ich mit dem Display nach oben neben mich, um mir meine Laufschuhe anziehen zu können.
»Okay«, sagte ich ruhig und fuhr mir mit einer Hand durch den Bart. »Jetzt sag mir endlich, was los ist, bevor ich langsam aber sicher anfange, mir wirklich Sorgen um dich zu machen! Ich versteh nur die Hälfte.«
Und dann blieb Trish einen Moment still. Dass ausgerechnet sie plötzlich nichts mehr zu sagen hatte, machte mich jetzt doch nervös. Es war ein mulmiges Gefühl, welches sich in mir breitmachte. »Trish? Sag mir jetzt bitte, was los ist«, hakte ich möglichst ruhig nach, während ich mir erst den linken, dann den rechten Schuh zuband.
»Wieso hast du Lou diese Nachricht geschrieben, verdammt?!«, platzte es plötzlich aus ihr heraus.
Und ich versteifte mich unwillkürlich, spürte, wie die Anspannung nach und nach von meinem ganzen Körper Besitz ergriff. Eigentlich sollte es mich nicht wundern, dass sie davon wusste, und doch traf diese Frage mich völlig unvorbereitet. Mir war selbst klar, dass das egoistisch gewesen, dass es dabei ganz allein um mich gegangen war. Weil mein Kopf wollte, dass Louisa mich vergaß, während mein abgefucktes Herz sich trotz allem wünschte, dass ich möglichst nie aus ihren Gedanken verschwinden würde.
Es war ein dummer, schwacher Moment gewesen, doch wenn ich ehrlich zu mir war, fiel es mir auch abgesehen davon von Tag zu Tag schwerer, diesen ganzen Bullshit durchzuziehen. So allein zu sein mit der Wahrheit und mich niemandem anvertrauen zu können – nicht einmal meinen besten Freunden und schon gar nicht der Frau, die insgeheim immer noch die Welt für mich war .
»Weil …«, setzte ich an, brach dann aber doch wieder ab. »Seit wann geht dich das eigentlich etwas an?«, fuhr ich Trish an und ärgerte mich im nächsten Moment, dass ich offensichtlich wieder den Weg wählte, bei dem ich um mich schlug. »Scheiße, ich weiß selbst, dass das nicht unbedingt eine meiner besten Ideen gewesen ist, okay?«, gab ich schließlich zähneknirschend zu.
»Nicht eine deiner besten Ideen?«, wiederholte Trish meine Worte ungläubig. »Mann, Paul, was ist los mit dir?! Das war einfach nur dämlich! Entscheide dich entweder für oder gegen Lou, aber so geht das einfach nicht. Ich wollte mich da echt nicht einmischen, ihr seid mir beide einfach zu wichtig, und ich möchte keine Stellung beziehen, mich auf eine Seite schlagen oder so einen Blödsinn … aber ich kann das wirklich keinen Tag länger mitansehen: Wie Lou versucht, über dich hinwegzukommen, du eine nach der anderen abschleppst und dann trotzdem solche Aktionen bringst! Du benimmst dich wie ein Riesenarsch, und bevor du dich jetzt wieder aufregst: Als deine beste Freundin habe ich sehr wohl das Recht dazu, dir das zu sagen!« Trish holte tief Luft. »Also triff endlich eine Entscheidung und leb damit!«
»Ich habe schon eine Entscheidung getroffen, Summers«, sagte ich bestimmt und lauter als nötig. Für das Richtige.
Doch der blonde Zwerg lachte nur laut auf. Und das erste Mal, seit ich das mit Louisa beendet hatte, klang sie tatsächlich wütend deswegen. »Wirkt, ehrlich gesagt, aber nicht so!«
»Doch. Das habe ich«, knurrte ich, weil ich definitiv keine Lust mehr auf die Richtung hatte, die dieses Gespräch plötzlich zu nehmen schien.
»Okay, dafür, dass ich dir das jetzt erzählen werde, komme ich definitiv in die Beste-Freundinnen-Hölle! Aber du bist ja scheinbar zu bescheuert, es auf irgendeine andere Art zu kapieren, was du da wegwirfst und in was für eine Scheiße du dich reinmanövrierst!«
Das klang überhaupt nicht gut. Es war zwar typisch für Trish, das jetzt so theatralisch zu formulieren, doch trotzdem verstärkte sich dieses ungute Gefühl in mir unaufhörlich. Als würde gleich etwas passieren, das alles veränderte. Eine kleine Sache mit großen Konsequenzen. Was durfte Trish mir nicht erzählen? Was zur Hölle durfte ich über Louisa nicht wissen?
»Die Sache ist die …« Trish zögerte, schien mit sich zu ringen, ehe sie weitersprach. »Lou hat Aiden geküsst!«
Stille.
»Was?«
Und dann wiederholte sie den Satz.
Louisa hatte Aiden geküsst. Sie hatte meinen besten Freund geküsst. Und es dauerte, bis die Worte wirklich bei mir ankamen. Nein, das konnte unmöglich sein. Louisa würde nicht … nicht ausgerechnet meinen besten Freund. Da war plötzlich diese Leere, ein großes Nichts und tief dahinter ein Pochen, das sich innerhalb weniger Wimpernschläge in Wut verwandelte.
»Wieso sollte sie …«
»Wieso sollte sie nicht?«, erwiderte Trish spitz.
»Fuck«, schrie ich und sprang auf, versetzt dem Bettpfosten einen Tritt. »Einfach. Nur. Fuck!«
Rasende Eifersucht, die ich gar nicht fühlen sollte, da ich selbst doch viel mehr tat, als irgendwelche anderen Frauen zu küssen. Aber bei mir ging es nur ums Vögeln und Vergessen … aber bei Louisa? Ausgerechnet mit Aiden? Erst das Fick dich , dann ein Kuss mit meinem besten Freund, der doch gar nicht Nichts bedeuten konnte – mein scheiß Plan schien aufzugehen. Dass sie mich hasste, dass sie ohne mich weitermachte. Aber doch nicht so, nicht auf diese Art. Die Wut, zu der ich wie zu wahrscheinlich all dem anderen, das ich in Bezug auf Louisa fühlte, keinerlei Recht hatte, trieb immer stärker durch meinen Körper. Da war nur noch Zorn, ein großer Hass auf die Welt und wie das alles gelaufen war.
»Scheint dir ja doch nicht so egal zu sein«, sagte Trish schließlich und klang viel zu selbstzufrieden dabei. Jedes Wort war eine Provokation. Verdammt, sie schien das hier sogar zu genießen.
»Hey, ich bin nur die Überbringerin der schlechten Nachrichten«, fügte sie hinzu, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Also vielleicht denkst du noch einmal darüber nach, ob du wirklich eine Entscheidung getroffen hast. Und wenn du endlich einsiehst, dass du das eben nicht wirklich getan hast, dann hol das endlich nach, bevor dir am Ende alles um die Ohren fliegt!«
Im nächsten Moment hatte Trish schon aufgelegt und mir war einfach nur schlecht bei der Vorstellung, wie Louisa und Aiden miteinander rummachten. Wie dieser Wichser, der behauptete, mein bester Freund zu sein, ihre weichen, vollen Lippen mit seinen berührte. Wie seine Hände über ihre Haut
strichen, sie … Nein, ich durfte nicht darüber nachdenken. Scheiße!
Ich griff nach meinem Handy und schrieb Luke, dass mir etwas dazwischengekommen war und wir unsere Laufrunde auf den nächsten Tag verschieben mussten. Dann schnappte ich mir meine Jacke und stürmte aus der Wohnung, ignorierte dabei Taylor, der mich verwirrt fragte, was zur Hölle denn passiert sei. Es gab gerade nur einen Menschen, den ich jetzt sehen und zur Rede stellen wollte. Und mit der brodelnden Wut in mir konnte ich nicht sagen, ob das eine sonderlich gute Idee war.
8. KAPITE L
Paul
Ich rannte schon fast über den Campus bis zum AMC , dem Art and Music Center , in dem sich Goodbye April einen Raum für die Bandproben gemietet hatte. Auf dem Weg den Hügel hinauf rempelte ich viele Leute an, weil jeder im Weg zu stehen schien, doch das war mir in diesem Moment wirklich total egal. Schwer atmend stieß ich die schwere Glastür auf, lief die Treppen mit den riesigen bunten Gemälden an den Wänden hinauf, den Flur mit noch mehr farbigen Leinwänden entlang. Fetzen von Musik und Gelächter drangen aus einem der Räume, dessen Tür leicht offen stand. Irritiert sah mich der Kerl, der gerade heraustrat, an, als ich an ihm vorbeirauschte.
Ohne anzuklopfen riss ich die Tür zu dem Proberaum auf und stürmte hinein. Aiden war wie vermutet schon vor den anderen da und beugte sich gerade über den Verstärker seiner Gitarre. Überrascht blickte er auf, als er mich auf sich zukommen sah – unaufhaltsam und mit nicht nur unter der Oberfläche brennender Wut.
»Stimmt es?«, herrschte ich ihn an.
»Stimmt was?«, fragte er mich sichtlich verwirrt und richtete sich auf. Meine zu Fäusten geballten Hände bebten, und es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, nicht an Ort und Stelle auf den Kerl loszugehen, der sich als mein bester Freund ausgegeben hatte und sich hinter meinem Rücken an die Frau, die ich liebte, ranmachte. Der offensichtlich nicht einmal die Eier hatte, mir das ins Gesicht zu sagen.
Wir sind der Sturm Page 11