Unschlüssig machte ich einen Schritt in ihr Zimmer hinein, ein fragender Blick. Und als sie nickte, ließ ich mich ebenfalls auf den Boden sinken. Ihr gegenüber in eine Lücke zwischen aufgeschlagenen Büchern und vollgeschriebenen Blättern.
»Bist du mit Aiden verabredet?«
»Ich war. Eigentlich gehe ich gerade.«
Überrascht sah Louisa mich an, und ich musste schmunzeln. Es war so typisch für sie, dass sie so versunken war in das, was sie tat, dass sie alles andere nicht mitzubekommen schien. Dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass ich geklingelt und Aiden mich reingelassen hatte. Louisa, das Mädchen mit dem Kopf in den Wolken .
»Ich hab Aiden etwas zurückgebracht, das ich mir ausgeliehen hatte …«, erklärte ich und brach schließlich ab. Okay, das war dermaßen bescheuert! Das war nicht das, was mir durch den Kopf ging, spätestens seit ich wieder angefangen hatte, Wörter mit ihr zu teilen. Wörter, von denen ich vermutete, dass sie ihr gefallen würden.
»Ich habe nachgedacht«, sagte ich langsam und ließ dabei Louisa nicht aus den Augen.
Sie legte den Kopf schräg und musterte mich, dann nickte sie. Ob sie auch ununterbrochen an mich gedacht hatte? Ob sie sich auch wünschte, dass wir die Vergangenheit hinter uns ließen und neu anfingen?
»Über dich, mich, uns. Das Leben und die Art und Weise, wie das Schicksal uns zusammengeführt hat«, fuhr ich fort. »Ich bin nie ein Mensch gewesen, der das Leben in Schwarz-Weiß gesehen hat, und mir ist klar geworden, dass das bei uns beiden auch nicht geht. Es gibt zu viele Schattierungen und zu viel Was-wäre-wenn.« Nervös rieb ich mir über den Bart.
Durch das Fenster fiel Sonnenlicht, das Louisas Haare hellorange leuchten ließ, Locken aus Feuer. Da war wieder der Drang, sie zu berühren, übermächtiger noch als auf dem Dach. Ihr zum wiederholten Mal zu sagen, dass sie keinen Grund hatte, sich zu fürchten, weil ich sie sah, wie sie war.
Ich schluckte, bevor ich erneut zu sprechen anfing: »Gott, deshalb versuche ich mit dem Denken aufzuhören. Ich habe dir die Wahrheit gesagt, und das ist alles, was ich tun konnte. Ehrlich zu sein, auch wenn ich dabei den richtigen Moment irgendwie verpasst habe. Ich versuche, mir selbst zu vergeben, versuche, um meinetwillen ein guter Mensch zu sein, weil du nicht der Grund dafür sein solltest.« Ich musterte Louisa und versuchte abzuschätzen, was in ihr vorging. »Was ich damit eigentlich sagen möchte, ist, dass ich dich in meinem Leben haben will, Louisa. Ich möchte Teil von deinem sein – wenn du das überhaupt willst. Verdammt, mir ist es einfach wichtig, dass du das weißt. Aber nach allem, was passiert ist, werde ich dich um nichts bitten.«
Aus geweiteten Augen sah Louisa mich an; sie biss sich auf die Unterlippe, wie sie es immer tat, wenn sie nachdachte. Und der Blick aus diesen tiefblauen Seen ihrer Augen machte mich völlig fertig. Meine Worte standen im Raum, eine stille Bitte.
Ich hatte keine Ahnung, was zum Teufel in mich fuhr, aber im nächsten Moment beugte ich mich zu ihr nach vorn, und dann war meine Hand in ihrem Nacken, meine Lippen lagen an ihrer warmen Haut, strichen erst über ihre Schläfe, dann ein Stück ihre Wange entlang. Viel zu langsam, viel zu schnell. Eine einzelne Locke kitzelte mich dabei in meinem Gesicht. Es war nicht einmal ein Kuss, es war nur …
Mein Herz hämmerte wie wild, und ich löste mich langsam von ihr, die eine Hand immer noch in ihrem Nacken. Ich verharrte in meiner Bewegung, meine Lippen nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Und ihr warmer Atem strich über meinen Mund, als wir uns auf dem Boden ihres Zimmers ansahen, nein, anstarrten. Noch immer fühlte es sich an, als wäre da ihre weiche Haut unter meinen Lippen.
Was machte ich hier? Hatte ich nicht gerade erst gesagt, dass ich sie nicht bedrängen wollte? Etwas, das ich nach wie vor so meinte, auch wenn mein Verhalten in diesem Moment so offensichtlich das Gegenteil zu zeigen schien.
Louisas Lippen waren leicht geöffnet, und sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe. Dunkle Wimpern, die feine Schatten unter ihre Augen zeichneten. Und ich dachte an diesen einen Moment im Dezember, als das andere Auto unaufhaltsam auf mich zugerast war. An die letzten, verlangsamten Sekunden vor dem Aufprall, als all meine Gedanken nur ihr gehört hatten. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass meine Lunge beinahe kollabiert wäre, dass ich hätte sterben können. Spannungspneumothorax, lebensbedrohlich. Eine Tatsache, an die mich die kleine Narbe zwischen meinen Rippen immer erinnern würde. Gott, ich wusste, was ich wollte, und das Leben konnte so unfassbar schnell vorbei sein. Ich hatte wirklich keinen Grund mehr, meine Gefühle länger vor ihr zu verstecken.
Als ich schließlich aufstand, um zu gehen, drehte ich mich in der Tür noch einmal nach ihr um. Ja, ich wusste, was ich wollte. Ich wusste es ganz genau.
Louisa
Und dann war er weg. Ich hatte geschwiegen, weil mir bei dem plötzlichen Wüten meiner Gedanken jedes Wort abhanden gekommen war. Mehrere Sekunden lang starrte ich auf meine halb geöffnete Zimmertür, durch die Paul gerade eben verschwunden war. Wie erstarrt und mit den Fingerspitzen an dieser Stelle neben meiner Augenbraue, an der empfindlichen Haut, an der eben noch so unerwartet seine Lippen gewesen waren. Was ich damit eigentlich sagen möchte, ist, dass ich dich in meinem Leben haben will, Louisa. Aber nach allem, was passiert ist, werde ich dich um nichts bitten.
Mein Herz schlug wie verrückt. Mit jedem Satz, den Paul ausgesprochen hatte, hatte sein Pulsieren sich beschleunigt, und mit jeder Sekunde, in der der Sturm in seinen Augen dieser absoluten Ruhe gewichen war, sein Flattern sich verstärkt. Und plötzlich war ich mir einer Sache ganz sicher gewesen: Die Nachrichten der letzten Tage, das waren keine bloßen Wörter – das waren Wörter mit viel mehr Bedeutung.
Ich sprang auf, stieß dabei fast die Tasse mit dem Tee um und riss eilig die Wohnungstür auf. Die Aufzugtüren am Ende des Flurs öffneten sich gerade, doch als Paul hörte, wie ich seinen Namen rief, drehte er sich langsam zu mir um. Überraschung in seinen dunklen Augen, als ich auf ihn zu rannte. Es spielte keine Rolle, dass die Gruppe Mädchen, die mir entgegenkam, mir irritiert hinterher sah. Es spielte keine Rolle, dass ich ihm genauso gut hätte schreiben können. Atemlos und barfuß blieb ich vor ihm stehen. Nach Luft ringend, beschleunigter Herzschlag. Schneller und schneller und schneller, als ich die richtigen Worte zu finden versuchte. Und Paul … Er stand einfach dort mit den Händen in den Hosentaschen und wartete geduldig, bis ich aussprach, was ich ihm so offensichtlich zu sagen hatte. Weshalb ich so plötzlich Hals über Kopf aus der WG gestürmt war, deren Tür hinter mir immer noch weit offen stand.
Ernst ruhten seine bernsteinfarbenen Augen auf meinem Gesicht. Aufmerksam, warm, intensiv. Doch was mich am meisten überraschte: Er sah mich an, wie er es von Anfang an getan hatte. Wie am allerersten Tag. Er sah mich . Nicht das Mädchen, das ich mit vierzehn gewesen war, zumindest nicht nur. Paul schien alle Versionen von mir wahrzunehmen und damit die einzig Richtige, die Wahrste.
Trish hatte mich gefragt, ob ich ohne ihn leben konnte und dass das die einzige Frage wäre, die ich für mich beantworten müsste. Wahrscheinlich konnte ich das, aber ich wollte es nicht, wollte mir meine Welt nicht ohne ihn vorstellen. Das war meine einfache Antwort auf eine schwierige Frage.
Schwer schluckte ich. »Ich … ich möchte auch, dass du Teil meines Lebens bist, Paul.« Ich zögerte und spielte nervös mit einer der Locken, die mir ins Gesicht gefallen waren. »Und ich möchte Teil deines Lebens sein.«
Er sah mich einen Moment an, ganz so, als müsste er erst sichergehen, dass ich meine Worte nicht zurücknehmen würde. Dann war da dieses schöne, raue Lachen. Mit den fächerförmigen Lachfältchen um seine Augen, mit den Grübchen und dem Vibrieren seiner Brust, das ich zu spüren glaubte, jetzt, wo ich so nah vor ihm stand. Da waren seine Fingerspitzen an meinen, eine federleichte Berührung, die für eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper sorgte. Seine Finger, die sich für einen kurzen Moment mit meinen verschränkten, dann stieg er in den Aufzug.
»Louisa Davis«, sagte er grinsend und schüttelte den Kopf. »Du bist mir wirklich hinterhergerannt.«
Ein letzter Blick, sich schließende Türen, und dann war er weg, dieses Mal
wirklich. Vielleicht war das mit uns doch kein unvollendeter Satz, doch keine halb geschriebene Geschichte, fertig erzählt, aber ohne Ende. Vielleicht waren die vergangenen Monate nur ein Kapitel gewesen. Oder eine Peripetie, eine unerwartete Umkehr im Handlungsverlauf.
Und womöglich stand uns jetzt ein neues Kapitel bevor. Ein besseres.
Gezelligheid
20. KAPITE L
Louisa
Die meisten Lichter waren schon aus und die Stühle auf die Tische gestellt, als Trish und ich uns noch eine heiße Schokolade machten.
Vier Tage waren vergangen, seit Paul und ich uns einander gesagt hatten, dass wir uns in unseren Leben haben wollten.
Die letzten Gäste hatten das Firefly vor einer Stunde verlassen, seitdem hatten wir sauber gemacht, uns um die Abrechnung gekümmert und Brian eine Liste mit Dingen geschrieben, die er nachbestellen musste. Mit den warmen Tassen in den Händen setzten wir uns an den Platz direkt an der Fensterfront. Der Blick war frei auf den von Laternen erhellten Campus.
»Denkst du, das vorhin war Brians neuer Freund?«, fragte Trish mit einem frechen Funkeln in den grauen Augen und beugte sich verschwörerisch zu mir rüber.
»Moment«, sagte ich. »Wir wissen nicht einmal, ob er einen neuen Freund hat. Das war nur eine Vermutung.«
Seit der Getränkelieferant mit dem freundlichen Lächeln vorhin da gewesen war, sprach Trish von nichts anderem mehr. Brians Hand hatte vielleicht zu lange auf seinem Unterarm gelegen, und irgendetwas schien in der Luft gewesen zu sein … doch das musste nichts bedeuten.
»Ach komm schon, Lou. Dir muss doch auch aufgefallen sein, wie gut gelaunt er in letzter Zeit ist. Das liegt sicher an einem Kerl. Letzte Woche habe ich ihn in seinem Büro sogar laut singen gehört. Singen, Lou. Brian und Singen.« Trish lehnte sich zurück und nippte zufrieden an ihrer Schokolade. »Muss ich echt noch mehr Beweise anführen? «
»Okay, du hast recht. Irgendetwas ist definitiv anders«, gab ich schließlich lachend zu. Als ich vor ungefähr einem Monat auf dem Campus zurückgekehrt war, hatte Brian sehr verständnisvoll reagiert, dass ich wegen meines Familiennotfalls so kurzfristig ausgefallen war. Doch es war nicht nur das: Brian schien redseliger zu sein, verließ das Büro häufiger, um uns nach unseren Kursen und dem Studium zu fragen und uns von seinen Wochenenden zu erzählen.
»Die beiden wären auf jeden Fall süß zusammen«, stellte Trish fest, und ich legte seufzend die Füße auf ihren Schoß. Es war wahnsinnig viel los gewesen, und mir tat vom Hin- und Herlaufen alles weh.
Im Schein der Kerzen spekulierten wir noch eine Weile herum. Danach spülten wir die Tassen und packten noch einige Reste für den nächsten Tag ein: Sandwiches, Muffins, Brownies und natürlich etwas von dem legendären Schokoladenkuchen. Am Nachmittag würden wir zum ersten Mal in diesem Jahr wieder alle zusammen an den Lake Superior fahren. Der Term wäre bald vorbei, eine leise Ahnung des Sommers lag in der Luft, und auch wenn es abends noch sehr schnell kalt wurde, war es warm genug, um den Tag am See zu verbringen. Das Knistern des Feuers, der Geruch nach Marshmallows, das Gefühl von Freiheit. Der Gedanke an den See legte sich leicht und beschwingt um mein Herz.
»Paul wirkt seit ein paar Tagen irgendwie … ruhiger«, sagte Trish unbestimmt, als sie das letzte Sandwich zu den anderen in die braune Papiertüte gleiten ließ und sie oben zufaltete. Neugierig sah sie mich von der Seite an.
Doch ich konnte ihr nichts sagen. Noch nicht. Es hatte sich eindeutig etwas verändert, seit ich Paul hinterhergerannt war. Eigentlich schon, als wir auf dem Dach seines Wohnheims so offen und ehrlich miteinander gesprochen hatten. Kleine, beständige Schritte, die wir aufeinander zugingen.
Und dann waren da all die kleinen Dinge, in denen sich Pauls Verhalten mir gegenüber gewandelt hatte. Er hatte mir einen Cappuccino mitgebracht, als wir uns mit Bowie, Aiden und Trish getroffen hatten. Bei dem letzten Filmabend in der WG hatte er das Karamellpopcorn dabeigehabt, das ich so liebte. Er schrieb mir fast jeden Tag ein schönes Wort, und da waren diese Momente, in denen alles wie immer war. Sekunden, in denen er mich unbeschwert angrinste und ich seinen Blick erwidern musste. Er hielt mir einen Platz in der Bibliothek frei und schmuggelte einen Kaffee für mich hinein. Und auf der spontanen WG-Party bei ihm, Isaac und Taylor am Wochenende hatte er ewig mit mir am Fenster gestanden, eine Zigarette zwischen den Fingern, und sich mit mir unterhalten. Wir hatten ewig geredet, obwohl Aiden und Luke ihn immer wieder zu überreden versucht hatten, mit ihnen Bier Pong zu spielen. Obwohl ständig jemand anderes seinen Namen gerufen hatte. Wir hatten miteinander geredet, als die Leute nach und nach gegangen waren. Und als auch ich mich auf den Weg nach Hause gemacht hatte, hatte es sich angefühlt, als gäbe es da immer noch Dinge in unserer Welt, über die ich gerne mit ihm gesprochen hätte. Es war, wie Paul gesagt hatte: Er bat mich um nichts. Er überließ es mir, zu entscheiden, wie es weitergehen würde.
Tief in mir spürte ich trotzdem Angst. Ich wollte erst herausfinden, ob Paul und ich wirklich das Gleiche empfanden, bevor ich Trish gegenüber etwas erwähnte. Denn nur weil er mich in seinem Leben wollte und ich ihn, hieß das nicht, dass das mit uns wieder so sein konnte wie vorher. Und doch … Paul hatte mich auf dem Dach seines Wohnheims gefragt, wovor ich mich fürchtete, und der Blick in seinen Augen hatte daraufhin geantwortet, dass ich keinen Grund dazu hatte, es zu tun. Nicht bei ihm.
»Lou?« Trish hatte die Hand gehoben und wedelte mit ihr lachend vor meinem Gesicht herum. »Bist du noch da?«
Ich blinzelte. »Ähm … Ja, sorry!«
Ich überlegte, wie ich meine Gefühle am besten ausdrücken konnte, ohne zu viel zu sagen – als im nächsten Moment eine tiefe Erkenntnis wie eine Welle über mich hereinbrach. Die Einsicht, dass ich trotz meiner Ängste endgültig nicht mehr weglaufen wollte. Dass Paul der Mann war, der mich glücklich machte. Dass die letzten harten Monate, so schwer sie auch gewesen sein mochten, mich ihm letztendlich nur nähergebracht hatten. Wenn die letzten fünf Jahre und dieser Autounfall uns nicht auseinandergebracht hatten, nicht unsere Narben und die Angst vor Nähe, dann gab es nichts mehr, das zwischen uns stand. Paul hatte versprochen, mich um nichts zu bitten, mir Raum zu geben. Und jetzt war es an mir, ihm zu sagen, was ich ihm zu sagen hatte. Es war an mir, mutig zu sein, wenn ich ihn das nächste Mal sah.
Morgen am See.
Das Wasser glitzerte im Schein der Sonne, helles Blau blitzte zwischen den Bäumen hervor. Begierig sog ich den Anblick in mir auf, ließ das Fenster herunter und streckte den Kopf hinaus. Ein Wirbeln meiner Locken und der Wind in meinem Gesicht. Aiden lachte neben mir, trommelte mit den Fingern den Rhythmus der Musik auf dem Lenkrad mit. Und Bowie, Isaac und Taylor taten es mir auf der Rückbank gleich: geöffnete Fenster, kühler Wind und Sonnenwärme auf dem Gesicht.
Ich sprang förmlich aus dem Wagen und rannte zum Wasser, als Aiden sein Auto bei den Tannen direkt neben Luke parkte. Bowie war mir dicht auf den Fersen, ich hörte ihr Lachen und das Klimpern ihrer Armreife in meinem Rücken, als sie versuchte, mich einzuholen.
Am Ufer des Lake Superiors blieb ich stehen und nahm alles in mich auf. Das tiefe Blau des Wassers mit dem Schimmern der Steine darunter, all die Bäume, deren Grünschattierungen von Tag zu Tag zunahmen. Ganz bewusst atmete ich ein und aus und genoss das Gefühl, hier zu stehen und meine Lungen mit frischer Luft füllen zu können. Das Gefühl, lebendig zu sein. Ich drehte mich zur Seite und lächelte Bowie an. Sie grinste mit funkelnden Mandelaugen zurück .
Das Hupen eines Autos. Ein Pick-up kam neben Aidens und Lukes Wagen zum Stehen. Landon, die Jungs von Goodbye April und ein paar Mädchen sprangen von der Ladefläche. Wenige Minuten später war auch Paul auf seinem Motorrad da. Schwarz, das in der Sonne glänzte. Trish hatte darum gebettelt, bei ihm mitfahren zu dürfen, und als sie sich jetzt den Helm über den Kopf zog und in unsere Richtung sah, strahlte sie über das ganze Gesicht. »Oh mein Gott, Leute. Das war einfach so abgefahren!«, schrie sie und rannte auf uns zu.
»Versuch nächstes Mal, mir nichts abzuquetschen, wenn du dich panisch an mir festklammerst, Summers«, rief Paul ihr hinterher. Er lehnte sich gegen das Motorrad und zog
sich den Helm aus. Dunkle zerzauste Haare, die er sich mit einer Hand lässig aus der Stirn strich. Und für die Flüchtigkeit eines Augenblicks trafen sich unsere Blicke. Ich möchte Teil deines Lebens sein , echote es in meinem Kopf.
Paul half den anderen, die Sachen aus den Autos zu holen und zu der Feuerstelle zu tragen, während ich zusammen mit Trish begann, die Lichter aufzuhängen – für später, wenn es dunkel werden und dieser Ort am Wasser sich unter dem Gewicht der Sterne noch magischer anfühlen würde. Es war ein geordnetes Chaos, wir alle arbeiteten Hand in Hand, um alles so schnell wie möglich fertig zu haben und anschließend die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen zu können. Jemand drehte die Musik auf, und Trish summte die Melodie mit.
Eine halbe Stunde später sah ich mich um. Ich war fertig, die Lichter verteilt. Isaac steckte gerade die letzte Fackel an dem Weg zum Wasser fest, als Landon mit dem Bier-Pong-Klapptisch unter dem Arm johlend an ihm vorbeirannte und mit Bowie, Taylor und Luke sofort die erste Runde zu spielen begann. Aiden saß dort, wo das Feuer später brennen würde, und stimmte seine Gitarre, während er sich mit zwei Mädchen unterhielt. Und dann waren da Trishs laute Rufe, während sie Bowie und Landon anfeuerte. Alle schienen beschäftigt zu sein, nur ich stand mit einem Mal ganz still da .
Paul schloss gerade den Kofferraum von Aidens Wagen. Er drehte sich um, zu mir, und sah mir dabei direkt in die Augen. Ein Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Mit einem Mal wurde mein Mund ganz trocken. Ich nickte Richtung Steg, und er verstand – die Geste und den Subtext. Mutig sein, erinnerte ich mich, als er mir folgte. Seine kraftvollen Schritte neben meinen, als wir am Wasser entlangliefen. Mutig sein, erinnerte ich mich, als die Tannen, hinter denen der Holzsteg versteckt lag, immer näher kamen. Mutig sein, als das Gelächter der anderen in immer weitere Ferne rückte und sich mit dem Rauschen des Windes in den Bäumen und dem Geräusch leiser Wellen vermischte. Und dem meines Herzschlags, der sich von Schritt zu Schritt zu beschleunigen schien.
Wir sind der Sturm Page 30