Wir sind der Sturm

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Wir sind der Sturm Page 33

by Bichon, Sophie


  Louisa auf Zehenspitzen, wie sie sich abwechselnd an mir festhielt und mich mit dieser verfluchten Intensität berührte. Ihre Lippen, die Spuren auf meinem Oberkörper zogen. Ihre Hände am Bund meiner Jeans, Finger, die tiefer wanderten und … ich musste hart schlucken. Heute sollte es um sie gehen, doch wenn Louisa so weitermachte, würde ich die Kontrolle verlieren.

  Schwarze Spitze auf ihrer Haut. Mit einem leisen Rascheln fiel der BH zu Boden. Ihre Brüste, die sich gegen meinen Oberkörper pressten, harte Nippel, die Sekunden später zwischen meinen Fingern waren. Sie stöhnte in meinen Mund hinein. Schnelles Atmen und erhitzte Haut. Mein ganzer Körper stand unter Strom wegen der Art und Weise, mit der sie zu mir hinaufsah. Heilige Scheiße! Ohne sie aus den Augen zu lassen, machte ich ein paar Schritte rückwärts und setzte mich langsam auf das Bett. Louisa stand dort inmitten dieses sanft schimmernden Lichts, fast völlig nackt und dabei wunderschön. Ich ließ meinen Blick über sie gleiten, über helle Haut und weiche Kurven, ihre zerzausten Locken und geschwollenen Lippen. Und Gott, ich genoss es, sie so zu sehen. Das Erregendste aber war das freche Funkeln in ihren meerblauen Augen, als sie mit ihren Händen an den Saum ihres Höschens glitt und die schwarze Spitze unendlich langsam von ihren Beinen strich.

  »Komm her, Louisa!«, raunte ich und konnte das Verlangen in meiner Stimme nicht verbergen.

  Louis a

  Und während Paul das sagte, kräuselten sich seine Lippen zu diesem verführerischen Grinsen, das mir wie schon am allerersten Tag das Denken schwer machte. Mein Herz flatterte, und das Gefühl breitete sich aus, ein warmes, starkes Kribbeln in meinem Bauch. Mit langsamen Schritten ging ich auf ihn zu und war mir dabei jedes einzelnen dunklen, berstenden Blicks auf meiner Haut bewusst. Ein leises Zittern kroch mir über den Körper, als ich vor ihm stand und mit den Beinen seine Knie berührte. Ohne mich aus den Augen zu lassen, ließ Paul sich langsam auf den Rücken sinken. Dieser große schöne Mann mit den breiten Schultern, der auf meinem Bett lag und auf mich wartete. Mit all den Tattoos und Bildern und diesem Löwen, dessen Schattierungen im Bund seiner verwaschenen Jeans verschwanden, genauso wie die feinen Härchen unter seinem Bauchnabel. Ich biss mir auf die Lippen.

  Auf seinen linken Unterarm gestützt, lächelte Paul träge zu mir herauf und streckte die andere Hand nach mir aus. »Komm her«, bat er mich noch einmal, mit einem Tonfall, der so bestimmt wie anziehend klang. Schwindelerregend legte der tiefe Klang sich auf meine Haut.

  Ich verschränkte meine Finger mit seinen und setzte mich auf ihn. Scharf sog ich Luft ein, als da das Gefühl seiner Erektion zwischen meinen Beinen war. Der grobe Stoff seiner Jeans an mir, als er sich ein Stück bewegte. Ich unterdrückte ein Keuchen. Es hatte etwas wahnsinnig Sinnliches an sich, so völlig nackt auf ihm zu sitzen, während er bis auf sein Shirt noch alles trug.

  Meine Hände auf seiner Brust, meine Finger auf warmen, harten Muskeln und der dunklen Tinte seiner Tattoos. Unter meinen Händen sein schnell schlagendes Herz, dieser Mann, dem ich mich näher fühlte als jemals zuvor. Ich wollte ihn, wollte ihn schon so lange! Das Gefühl brannte in mir und stand so kurz davor, sich in einem Feuer zu entladen.

  »Näher, Louisa«, forderte Paul und legte seine Hände langsam an meine Taille. Ich schien die Berührung seiner Finger in jedem Winkel meines Körpers zu spüren und erschauderte, als er sie langsam weiter nach unten gleiten ließ und dabei mit sanftem Druck über meinen Hintern strich, ein Gefühl, das mir mit dieser Mischung aus Selbstverständlichkeit, unterdrückter Kraft und Bedeutsamkeit, mit der er mich anfasste, wahnsinnig anmachte. Dazu dieser Blick, eine Mischung aus Leidenschaft und Zärtlichkeit.

  »Du vertraust mir, oder?«

  Ich nickte. Würde ich das nicht tun, dann wäre Paul nicht hier bei mir. Dann würde ich ihn mich nicht auf diese Art sehen lassen, mit entblößtem Herzen und nackter Haut. Mit einer festen Bewegung hob er mich ein Stück hoch und zog mich höher an sich heran, an seinen Mund.

  Oh Gott.

  Herzstillstand.

  Und im nächsten Moment ein wildes, aufgeregtes Pulsieren, das zwischen meinen Beinen endete.

  »Baby«, raunte er sanft. »Entspann dich.« Seine Finger strichen über mich. »Ich tue nichts, was du nicht willst.«

  Das weiß ich doch, Paul.

  Und dann saß ich auf seinem Gesicht, während seine Hände fest um meinen Hintern lagen und sanft über meine Taille glitten. Sein Bart kitzelte über die Innenseiten meiner Schenkel, als er den Kopf leicht drehte und Küsse auf ihnen zu verteilen begann. Berührungen, die mich erschaudern ließen. Nervenaufreibende, lodernde Linien, die er mit seiner Zunge zog. Quälend langsam bewegte er sich weiter nach oben, und ich hatte schon jetzt das Gefühl, in Flammen zu stehen, konnte nicht mehr denken, nur spüren, nur fühlen: Der Druck seiner Finger, die fordernden und bestimmten Bewegungen seiner Zunge, weil Paul ganz genau wusste, was er da tat, das Vibrieren seiner Lippen an meiner Haut jedes einzelne Mal, wenn er meinen Namen murmelte .

  Und so ungewohnt diese Position auch für mich war, von Sekunde zu Sekunde entspannte ich mich mehr. Weil das Paul war, weil ich beschlossen hatte, ihm wieder zu vertrauen. Weil er der Mann war, der dieses Vertrauen verdient hatte.

  Im nächsten Moment glitt seine Zunge zwischen meine Beine. Und ich schrie auf, krallte mich mit beiden Händen an dem Kopfteil des Bettes fest. Paul begann, sich zu bewegen, erst langsam und leicht, dann immer fester und schneller. Jede einzelne Berührung sandte ein unkontrollierbares Zittern durch meinen Körper. Und als ich zu ihm hinuntersah und unsere Blicke sich trafen, während sein Mund mich langsam, aber stetig in den Wahnsinn trieb, gab mir das endgültig den Rest. In seinen Augen lag diese Dunkelheit, allumfassendes Braun. Ein tiefes Meer, in dem ich nicht nur zu ertrinken drohte, in dem ich ertrinken wollte : in seiner Hitze, seinem brennenden Verlangen nach mir. Und diesem sanften Ausdruck, von dem ich wusste, dass er nur mir allein galt.

  Paul spielte mit mir, drang quälend langsam in mich ein, auskostend und leicht, dann wieder unkontrolliert und fest. Seine Hände dabei überall auf mir. Dass er mich auf diese Art nahm, fühlte sich intimer an als alles, was er bisher mit mir getan hatte. Das hier war Vertrauen, das hier war vielleicht auch ein Versprechen, denn in diesem Moment wusste ich mit absoluter Sicherheit: Diesem Mann, der mich festhielt, würde ich alles versprechen. Ihm würde ich erlauben, mich in all meinen Facetten zu sehen. Weil er alles war, was ich jemals gesucht hatte, die Leere zu meiner Leere, das Ganzsein zu meinem Ganzsein und der Sturm zu meinem Feuer.

  »Louisa«, stöhnte er kehlig, meine zitternden Beine umfassend, mich haltend. »Baby, lass dich fallen!«

  Ich drückte den Rücken durch, drängte mich seinem warmen Mund entgegen. Seine Küsse wurden immer stürmischer, immer verzweifelter. Ein mir den Atem raubender Rhythmus, der mich höher und höher trieb. Und jede einzelne Bewegung war berauschend und elektrisierend, ließ mich auf ihm wimmern und betteln. Nach mehr. Nach ihm. Nach mehr von ihm. Der Griff an meinen Hüften wurde beständig fester. Finger, die sich in meine Haut bohrten, während Paul mich auf diese stürmische Art mit seinem Mund berührte, fester und drängender. Mehr und mehr und mehr.

  »Paul.« Sein Name, der als Stöhnen über meine Lippen kam, als ich mich seinem Mund entgegendrängte. Immer und immer wieder. Unkontrolliert und laut. Lodernd jagten seine Stöße durch meinen Körper. Das Holz kühl unter meinen Fingern, seine Zunge heiß zwischen meinen Beinen. Mein ganzer Körper war bereit alles zu tun und alles zu sein, was dieser Mann unter mir sich wünschte. Da war bloß Paul, der mich wollte. Er war das Einzige, das ich sah: Paul, der mich auf diese Art nahm. Paul, der mich ansah, als würde er absolut alles, was zwischen uns geschehen war, ohne einen Moment des Zögerns noch einmal durchleben, nur um mich haben zu können.

  Und dann ließ ich los, ließ mich fallen, sprang in den Abgrund mitten hinein in die Welle, die mich unaufhaltsam überrollte. Welle um Welle um Welle. Ich fiel nicht, ich fiel auseinander. Eine Explosion, doch Paul hielt mich fest, wie er es immer tat. Meine Finger, die sich schmerzhaft in das Holz meines Bettes bohrten. Ein Beben, ein Zittern und die Hitze seines Mundes. Und P
aul, Paul, Paul.

  Er sagte meinen Namen. Ein animalischer Laut, ein sanfter. Kurz bevor ich auf ihm zusammenbrechen konnte, packte er mich an den Schenkeln und rollte sich in einer Bewegung mit mir herum. Paul zog mich in seine Arme, bis ich halb zwischen seinen Beinen saß, halb auf ihm lag. Hart presste sich seine Erektion gegen meinen Oberschenkel. Schwerer Atem. Mein Herz schlug wie wild, und nur langsam fand ich den Weg zurück in die Welt. Benebelt, entrückt.

  Paul strich mit den Lippen über meine Schläfe, verteilte Küsse auf meinem Gesicht, meinem Hals, meinen Schultern. Ich schloss seufzend die Augen und genoss das Gefühl seiner Wärme. Sein Körper, der meinen umfing. Ich drehte den Kopf ein Stück und sah ihn an, sah einfach nur sein Gesicht und dieses selbstvergessene Lächeln.

  »Ich …«, versuchte ich etwas zu sagen, brach dann aber doch ab. Das Gefühl, mich Paul auf diese Art spüren zu lassen, klang in mir nach. Die Selbstverständlichkeit, mit der er es getan hatte. Momentaufnahmen seiner tiefen Blicke, die mehr sagten, als Worte es gekonnt hätten. Ich fühlte mich so angenehm leer und gleichzeitig voll mit Gefühlen für diesen Mann, dessen Herzschlag ich beständig und fest an meiner Haut spürte.

  Ein Kuss auf meine Schulter. Dann ein Murmeln in meine Locken, dass er gleich wieder da wäre. Er verschwand in der Küche und stand einen Augenblick später grinsend vor meinem Bett, in der einen Hand einen Becher Cookie-Dough-Eis, in der anderen zwei Löffel. Ich setzte mich wieder zwischen seine Beine, lehnte mich mit dem Rücken gegen seine starke Brust und versank noch tiefer in seinen Armen, als er die Decke über uns beiden ausbreitete. Ich sah Pauls großen Händen zu, wie sie die Packung Eis öffneten. Hypnotisierend.

  »Hat das auch zu deinem Plan vom perfekten ersten Date gehört?«, wisperte ich. Meine Stimme war heiser.

  Pauls Lippen strichen begleitet von dem Kratzen seines Bartes über meine Wange. »Was genau?«, raunte er.

  »Mich zu verführen.«

  Ich spürte sein leises Lachen an meiner Haut. »Eigentlich wollte ich nach dem Essen einen Film mit dir ansehen und dabei das Eis essen«, sagte er, und bei seinen nächsten Worten nahm seine Stimme einen dunkleren Farbklang an. »Wobei ich wirklich nichts gegen diese Planänderung einzuwenden habe. Du hast keine Ahnung, wie verdammt heiß es ist, dich so kommen zu sehen, Baby.«

  Pauls letzte Worte krochen mir als angenehmer Schauer die Wirbelsäule hinab. Mit einer Hand strich er über meine Rippen, begann dort träge, Kreise zu zeichnen, und zog mich noch enger an seine Brust, ließ den Arm warm und schwer auf meinem Bauch liegen und drückte mir das Eis und einen Löffel in die Hand. Sein Kinn auf meinen Locken, Paul überall um mich herum, und das Flattern meines Herzens breitete sich immer weiter in meinem Bauch aus.

  »Eigentlich habe ich diese Regel, bei Dates nicht gleich beim ersten Mal im Bett zu landen«, erwiderte ich, tauchte meinen Löffel in das cremige Eis und schloss genießerisch die Augen, als es auf meiner Zunge schmolz.

  »Regeln sind langweilig, Louisa.«

  »Und das sagst ausgerechnet du?«, meinte ich mit einem Grinsen und kuschelte mich enger an Paul. »War es nicht eine deiner Regeln, erst gar keine Dates zu haben?«

  »An deiner Stelle wäre ich nicht so frech, Baby«, erwiderte er dunkel.

  »Sonst was?«, gab ich provokant zurück.

  Paul schnaubte und hatte mir im nächsten Moment blitzschnell das Eis aus der Hand genommen. »Vergiss nicht, dass ich das hier gekauft habe. Du solltest nett zu mir sein, wenn du es wiederhaben willst.«

  Ich drehte mich um und starrte ihn einen Moment lang nur an, bevor ich versuchte, ihm den Becher aus der Hand zu reißen. Und je mehr er sein tiefes, sexy Lachen lachte, weil ich einfach nicht herankam und er viel stärker war als ich, desto mehr funkelte ich ihn an. Schließlich bekam ich das Eis doch zu fassen. Ich schob mir einen weiteren großen Löffel in den Mund und seufzte glücklich auf, als der Geschmack nach Keksteig sich süß und kalt auf meiner Zunge ausbreitete. Immer und immer wieder ließ ich den Löffel in das Eis sinken, völlig versunken, bis ich plötzlich merkte, dass Pauls Lachen verstummt war.

  Ich hob den Kopf, begegnete seinem Blick aus dunklen Augen, der mit einem Schlag komplett ernst auf mir ruhte. Paul sagte nichts, sah mich einfach nur an. Und ich ließ den Becher mit dem Eis sinken. Mein Herz schlug nicht, es über schlug sich .

  »Was ist los?«, flüsterte ich.

  Ein Blitzen in seinen Augen, dann das Lächeln, das seine Lippen zu umspielen begann. »Ich wollte dich die ganze Zeit zurück, Louisa. Ich wollte dich schon in der Sekunde zurück, in der ich dich verloren hatte.«

  Mein Herz machte einen Satz, und ich kletterte auf Pauls Schoß, meine Arme um seinen Hals, meine Hände in seinen Haaren. Meine Haut an seiner. Ein Wort kam mir in den Sinn, das Paul mir innerhalb der letzten Wochen geschrieben hatte: Tausendschön. Es war egal, dass ich den Becher gerade fallen gelassen hatte. Es war egal, dass das eine Sauerei geben würde und ich morgen mein Bett würde frisch überziehen müssen. An seinen Lippen sagte ich das Wahrste, was es in diesem Augenblick zu sagen gab.

  »Du hast mich wieder, Paul. Und ich hab dich.«

  Querencia

  22. KAPITE L

  Louisa

  Eine kribbelige Aufregung schien über den ganzen Campus zu flirren, jetzt, wo die Finals geschrieben und der Term endgültig vorbei war. Gestern Morgen hatten Trish und ich unsere letzte Schicht im Firefly gehabt, bevor das Café, in dem für mich gewissermaßen alles begonnen hatte, über den Sommer schließen würde. Die Wohnheime leerten sich, es wurde ruhiger in den Gängen, und immer mehr Autos fuhren mit lauter Musik und Kisten auf der Rückbank, mit heruntergelassenem Verdeck oder geöffneten Fenstern Richtung Ferien.

  Die Party bei Bowie und Trish heute war nicht nur die Einweihungsparty der beiden, sondern zeitgleich die letzte große Gelegenheit, um zusammen das Ende des Terms zu feiern, bevor nach und nach auch alle anderen nach Hause fahren und erst im September an das RSC zurückkehren würden. Das Gefühl, das sich bei diesem Gedanken in mir ausbreitete, war so groß und weit wie die Ereignisse der letzten acht Monate chaotisch und lebensverändernd gewesen waren. Bittersüß und ein seltsamer Geschmack auf der Zunge.

  Ich freute mich auf den Sommer, den ich bei Mel verbringen würde, und auf die Woche Ende Mai, in der wir alle wie an Thanksgiving zu der Hütte inmitten von Montanas Bergen fahren würden. Doch ich würde es vermissen, diese Menschen jeden Tag um mich zu haben. Ich würde es vermissen, mit Aiden zusammenzuwohnen und Trish spätestens bei der Arbeit zu sehen. Und ich würde Paul vermissen, der schon früher als geplant nach Deutschland fliegen würde. Gestern hatte er mit der Berliner Zeitung , bei der er sich beworben hatte, geskypt und die Zusage für das Praktikum bekommen. Und ich freute mich für ihn. Doch die Vorstellung, ihn ganze drei Monate lang nicht zu sehen, nachdem ich ihn doch gerade erst zurückhatte, trübte meine Stimmung – ob ich wollte oder nicht. Nie hatte ich besser verstanden, wieso man in solchen Momenten von einem lachenden und einem weinenden Auge sprach.

  In den Tagen nach dem Abend, an dem er für mich gekocht hatte, hatte ich begonnen, ihn wieder beim Laufen zu begleiten. Meine Kondition hatte sich dank der vergangenen Monate, in denen ich allein joggen gewesen war, verbessert, und Paul musste viel seltener auf der Stelle laufen und auf mich warten.

  Als ich mich auf der Lichtung zu ihm gedreht und ihn geküsst hatte, hatte er wissen wollen, wieso. Ich hatte sein Lächeln an meinen Lippen gespürt. Und ihm gesagt, dass ich diesen Ort mit neuen, schönen Erinnerungen füllen wollte.

  Er las mir wieder vor, erst aus Die unendliche Geschichte , dann aus Momo . Ich liebte den tiefen Klang seiner Stimme bei jedem einzelnen Wort. Vorgestern hatte er mich zu einem Treffen mit seiner Mom mitgenommen. Er hatte ihr die Wahrheit über uns und den Unfall sagen wollen, ihr erzählen wollen, wer ich war, doch ich hatte ihn gebeten, es nicht zu tun. Dass wir es wussten, war genug. Es reichte, wenn sie wusste, dass ich das Mädchen war, in das ihr Sohn sich verliebt hatte.

  Wir hatten zusammen mit Luca, Katie und ihr in einem Diner in New Forreston gegessen, und zuerst hatte mich diese elegante Frau eingeschüchtert,
doch sie liebte ihre beiden Kinder ganz offensichtlich. Ich hatte es an dem stolzen Lächeln um ihre Lippen gesehen, als Paul von seinem Praktikum erzählte und an der Art und Weise, wie sie Luca angesehen hatte, als er den Arm um Katie legte. Daran, dass sie mich zu integrieren versucht und mir immer wieder interessierte Fragen gestellt hatte, einfach weil ich Paul wichtig war. Und ich war der Meinung, dass das alles war, was zählte .

  Ich lief schon nachmittags zu Trish, um ihr mit den Vorbereitungen für die Party zu helfen und lächelte, als ich das Mobile mit den Fotos, das ich Bowie und ihr zum Zusammenziehen geschenkt hatte, im Flur hängen sah. Mit Aidens Auto fuhren wir zu Target und kauften Essen und Getränke für den Abend, ich half Trish bei der Bowle – eine mit Alkohol und eine ohne – und erstellte mit ihr zusammen eine Playlist, bevor Luke wieder auf die Idee kommen konnte, den DJ zu geben. Danach machten wir uns zusammen mit Bowie fertig. Ich lieh mir ein gepunktetes Top von ihr und ignorierte Trish, als sie mir wieder ihren kurzen schwarzen Rock andrehen wollte.

  »Wisst ihr, was das Geheimnis von guten Partys ist?«, fragte sie, als wir zu dritt in der Küche saßen und die Bowle probierten. Die ersten Leute würden erst in einer halben Stunde kommen.

  »Du wirst es uns bestimmt gleich sagen«, erwiderte ich grinsend.

  »Jede Einzelne von ihnen hat die Macht, euer ganzes Leben zu verändern«, sagte Trish feierlich und führte ihren Becher an die rot geschminkten Lippen. »Das muss natürlich nicht passieren, aber es ist möglich. Und darauf kommt es letztendlich an!«

  Bowie lachte. »Vielleicht wird der heutige Abend ja ein Leben verändern.«

  Und unwillkürlich dachte ich an meine erste Party auf dem Campus, als ich mich auf Zehenspitzen gestellt und Paul geküsst hatte. Ein warmes Gefühl stieg in mir auf, als ich mit meinem Becher erst gegen Trishs, dann Bowies stieß. »Auf das Abenteuer!«, sagte ich.

  »Auf das Abenteuer!«, wiederholten die beiden einstimmig.

 

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