Silver Crown - Forbidden Royals (German Edition)

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Silver Crown - Forbidden Royals (German Edition) Page 9

by Johnson, Julie


  »Es interessiert mich nicht.«

  »Tut es doch!«

  »Du bist wirklich verblendeter, als ich dachte.«

  Schwer atmend, funkeln wir einander an. Ich bin mir nicht ganz sicher, wann die Unterhaltung zu einem Streit ausgeartet ist, aber plötzlich ist mir vor lauter Wut ganz heiß. Und es sieht so aus, als würde es ihm ähnlich ergehen. Die Luft, die den geringen Abstand zwischen unseren Gesichtern ausfüllt, flimmert vor Hitze. Die Moleküle verformen sich wie Sauerstoff um einen kochenden Kessel.

  »Wenn du das wirklich so siehst«, sage ich durch zusammengebissene Zähne, »bin ich schockiert , dass du mich nicht draußen im Regen gelassen hast, damit ich erfriere!«

  »Ich muss diese Woche schon an einer Beerdigung teilnehmen«, ätzt er und ballt die Hände an den Seiten seines Körpers zu Fäusten. »Ich war nicht in der Stimmung, noch eine weitere in meinem Terminkalender unterbringen zu müssen.«

  »Wow.« Ich wringe das Handtuch in meinen Händen, damit ich etwas zu tun habe und nicht in Versuchung gerate, ihm den Hals umzudrehen. »Weißt du, ich dachte, dass wir vielleicht Freunde werden könnten. Aber jetzt wird mir klar, dass das ein schrecklicher Irrtum war.«

  »Und ich dachte, dass du dich vielleicht als jemand herausstellen würdest, der nicht so vorhersehbar und oberflächlich wie der Rest von ihnen ist. Aber ich schätze, dass sogar ich hin und wieder falschliege.«

  »Oh Mann!« Das Handtuch fällt zu Boden, aber ich bemerke es kaum, denn ich mache bereits einen wütenden Schritt in seine Richtung. »Weißt du, von all den schrecklichen Menschen, denen ich während dieses langen, elenden Tages begegnet bin, muss ich schon sagen, dass du der schlimmste bist.« Meine Stimme zittert vor Wut. »Und nur damit das klar ist: Deine Konkurrenz schließt einen Vater mit ein, der mich bei meiner Geburt im Stich ließ, und außerdem die böse Schreckschraube, die er danach heiratete!«

  In Carters Augen flackert Zorn auf, aber sein Tonfall ist sehr kontrolliert, als er schließlich wieder spricht. »Ich denke, dass wir mit diesem fehlgeschlagenen Versuch einer Freundschaft durch sind. Findest du nicht auch, Schwesterherz? «

  »Oh, wir sind mehr als durch«, schnauze ich. »Wir haben ja nicht mal richtig angefangen!«

  »Perfekt.«

  Ich wirbele herum, stapfe zu meiner Tür und betrete das Zimmer. Ich will die Tür hinter mir zuschlagen, mache aber den Fehler, noch einmal in den Flur zu schauen. Meine Hand erstarrt, als ich sehe, wie Carter in der Tür zu seinem Zimmer steht, das meinem direkt gegenüberliegt. Er hat die Hand so fest um die Klinke gelegt, dass die Knöchel weiß hervortreten, und sein Gesicht verfinstert sich vor Wut, als er in meine Richtung schaut.

  Ich weiß, dass ich ihm die Tür vor der Nase zuschlagen und diesen giftigen Blickkontakt abbrechen sollte, bevor die Situation noch weiter eskaliert. Aber mir stecken immer noch all die unausgesprochenen Worte in der Kehle fest. Ich kann erst dann wieder richtig atmen, wenn ich sie losgeworden bin.

  »Du magst nicht in der Lage sein, dich um irgendjemand anders als dich selbst zu scheren, aber für mich gilt das nicht. Mich kümmern andere Menschen. Und ich bin nicht schwach, nur weil ich sie nicht im Stich lassen will.«

  Sein Tonfall ist so kalt, dass ich ihn kaum wiedererkenne. »Sonst noch etwas?«

  »Nein.«

  »Gut.«

  Keiner von uns rührt sich vom Fleck. Und ich habe einfach keine Erklärung dafür.

  »Und ich habe nie gesagt, dass ich einen festen Freund habe!«, keife ich wütend weiter und komme zu dem Schluss, dass ich besser nicht zu genau über den Grund dafür nachdenke.

  »Ich habe auch nie danach gefragt, Prinzessin«, schießt er ebenso feindselig zurück .

  »Schön!«

  »Schön.«

  Meine Tür knallt eine Sekunde vor seiner zu, und zwar so heftig, dass sie im Rahmen rappelt.

  Pitschnass und stinksauer tigere ich in meiner Gefängniszelle hin und her.

  Okay, eigentlich ist es keine Gefängniszelle. Es ist ein Schlafzimmer. Ein schönes Schlafzimmer, das in hellen Blautönen gehalten ist und über ein riesiges Himmelbett, einen antiken Kleiderschrank und einen hübschen Kamin verfügt. Das Holz ist fast komplett heruntergebrannt, weshalb eigentlich nur noch glühende Asche übrig ist, also lege ich ein Holzscheit nach und schüre die Glut, bis Flammen hochschlagen. Ich halte die Hände dicht an den Kaminrost, bis mir endlich wieder warm wird.

  Dann suche ich das Zimmer nach einem Telefon ab, entdecke aber keins. Für eine Minute spiele ich mit dem Gedanken, meine Suche auf die unteren Stockwerke auszudehnen, aber ich bin so erschöpft, dass ich bezweifle, dass ich es noch einmal die riesige Treppe hochschaffen würde. Außerdem ist da noch die winzige Tatsache, dass ich Owen ohnehin nicht anrufen könnte, selbst wenn es mir gelingen würde, ein Telefon ausfindig zu machen. Seine Nummer ist zwar im Telefonbuch meines Handys gespeichert, aber leider nicht in meinem Langzeitgedächtnis.

  Die Technik hat’s gegeben, die Technik hat’s genommen.

  Im angrenzenden Bad schnappe ich nach Luft, als ich einen Blick auf mein Spiegelbild über dem auf einem Sockel angebrachten Waschbecken erhasche. Ich sehe regelrecht furchterregend aus – meine Wimperntusche ist um meine Augen herum so heftig verschmiert, dass ich einem Waschbär ähnele, die Hälfte meines Lippenstifts habe ich weggekaut, und mein Haar ist ein nasses Gewirr aus gewellten lavendelfarbenen Strähnen. Ich ziehe die klobigen schwarzen Absatzschuhe aus, die ich nie wieder anschauen, geschweige denn darin herumlaufen will. Dann pelle ich mich aus dem Rest meines Outfits und lasse es mit einem klatschenden Geräusch auf den gefliesten Fußboden fallen. Zwei Minuten später sinke ich mit einem Stöhnen, das so laut ist, dass ich befürchte, Carter auf der anderen Seite des Flurs könnte es hören, in die warme Badewanne.

  Nicht dass ich etwas darum geben würde, was er denkt.

  Arschloch.

  Ich schließe die Augen, gleite unter die Wasseroberfläche und lasse den Schrei heraus, den ich seit zwei Stunden zurückgehalten habe. Er hat sich wie ein Sturm in mir zusammengebraut, seit die Nachrichtensprecherin in dem gelben Blazer die Worte »Der König ist tot« verkündete. Ein Schwall aus Luftblasen schießt an die Oberfläche und versiegt, als mir die Luft ausgeht. Keuchend tauche ich wieder auf und fühle mich nur leidlich besser.

  Gott, ich wünschte, Owen wäre hier.

  Nicht hier bei mir in dieser Badewanne. Einfach nur … hier. An meiner Seite.

  Er würde genau das Richtige sagen und mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Er würde mich zum Lachen bringen, selbst wenn mir zum Weinen zumute wäre. Er würde mich unterstützen, mich aufmuntern und keine Angst haben, mich in den Arm zu nehmen und mich ganz fest zu drücken. Er würde mir selbst in einer unmöglichen Situation die Nervosität nehmen.

  Im Gegensatz zu gewissen anderen Individuen, denen es ein wenig zu viel Spaß zu machen scheint, mich gegen sich aufzubringen, wann immer sich die Gelegenheit dafür bietet …

  Ich verdränge die Bilder von dunklem Haar und einem schmunzelnden Mund und rufe mir stattdessen blonde Locken und ein unbeschwertes Grinsen vor Augen.

  Ein paar der Mädels in meinem Psychologie Studiengang finden es seltsam, dass mein bester Freund ein ungebundener Heteromann ist – der zugegebenermaßen ziemlich gut aussieht. Wenn sie mich fragen, warum wir nicht zusammen sind, zucke ich für gewöhnlich mit den Schultern und wechsle so schnell wie möglich das Thema.

  Er ist mein bester Freund , erkläre ich ihnen immer und immer wieder. Zwischen uns ist nie irgendwas gelaufen.

  Sie verdrehen die Augen und seufzen, als hätte ich das Zeug dazu, einer unserer Patienten zu sein.

  Klar, Emilia. Was immer du sagst.

  Im Laufe der Jahre habe ich andere flüchtige Freundschaften gehabt – meine Zimmernachbarn im Wohnheim aus meinem ersten Studienjahr, die Mädels in meinen Fortgeschrittenenkursen, ein paar Praktikumskollegen, mit denen ich nach einer Schicht hin und wieder ganz unverbindlich etwas trinken gehe. Aber keine dieser Bindungen ist je über das oberflächliche Small-Talk-Level hinausgegangen. Ehrlich gesagt sind diese Leute eher so was wie Bekannte, wenn ich sie mit Owen
vergleiche, der all meine geheimen Gedanken und peinlichen Momente kennt und schon fast so lange an meiner Seite ist, wie ich mich zurückerinnern kann.

  Er war in der fünften Klasse für mich da, als die Schultyrannin Lana Pillsner kurz vor meiner großen Präsentation mein Diorama zertrümmerte. Er war in unserem letzten Highschooljahr für mich da, als mich Markus Goldstein, mein Partner für den Abschlussball, versetzte. Er war vor zwei Jahren für mich da, als Mom mit einer akuten Lungenentzündung ins Krankenhaus kam … genauso wie er für mich da war, als sie si ebzehn Tage später nicht mehr aus dem Krankenhaus herauskam.

  Tränen steigen mir in die Augen, als ich an Mom denke. Sie würde das hier hassen – die Tatsache, dass ich hier in diesem Haus und bei diesen Leuten bin. Sie verabscheute die Monarchie fast ebenso sehr wie das Patriarchat und verbrachte meine prägenden Jahre damit, mir Vorträge über die vielen Niedergänge von absoluter Macht sowie über konzentriertes Vermögen und eine ganze Schar anderer sozialer Probleme zu halten, die ich mit meinem noch nicht vollständig entwickelten Verstand kaum begreifen konnte.

  Selbst nach all der Zeit kann ich ihre melodische Stimme immer noch glasklar hören.

  »Grenzenlose Macht verdirbt ein reines Herz mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit, als sie ein dunkles heilen wird.«

  Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich das zusammen mit meinen Kinderreimen aufsagen ließ.

  »Überfluss führt zu Egoismus, Emilia. Wenn ein Mensch mit nichts geboren wird, gibt es nichts, was er nicht geben würde, um anderen zum Erfolg zu verhelfen. Wenn ein Mensch hingegen mit allem geboren wird, wird er alles tun, um es für sich selbst zu behalten.«

  Eine Träne rollt über meine Wange und trifft mit einem leisen Platschen auf die Wasseroberfläche.

  »Ich liebe dich, reines Herz.«

  Eine weitere Träne fällt.

  »Bleib tapfer.«

  Während ich in der Wanne vor mich hin döse, lasse ich mich von ihren Worten einlullen, bis ich einen Zustand derartiger Ruhe erreiche, dass ich beinahe einschlafe. Meine Augenlider sind schwer wie Blei, aber ich zwinge mich noch lange genug wach zu bleiben, um mit einem kleinen Stück Rosenseife den Schmutz des Tages von mir abzuschrubben. Der süßlich-blumige Duft ist nicht unbedingt mein Lieblingsgeruch, aber er ist besser als nichts.

  Als ich mir mithilfe einer Spülung endlich die schlimmsten Knoten aus dem Haar gewaschen habe, ist das Wasser bereits kalt geworden, und ich bin so erschöpft, dass ich Gefahr laufe, in der Badewanne das Bewusstsein zu verlieren. Ich lege einen Hebel um und beobachte, wie das Wasser in einem hypnotischen Wirbel in den Abfluss fließt. Ich bewege mich erst wieder, als die letzten Tropfen mit einem leisen Gurgeln verschwunden sind.

  Vielleicht wird sich das alles morgen bei Tageslicht nicht mehr so furchtbar anfühlen.

  Die Lüge lastet schwer auf meiner Brust, während ich mich auf die Füße zwinge. Ich schnappe mir ein flauschiges Badehandtuch von der beheizten Halterung zu meiner Linken und wickele mich darin ein, als wäre ich ein Schmetterling in einem Kokon. Ich bin mir sicher, dass sich in irgendeiner der vielen Badezimmerschubladen ein Haartrockner befindet, aber ich bin viel zu müde, um mir die Mühe zu machen, danach zu suchen – auch wenn ich weiß, dass ich morgen früh nach dem Aufwachen aussehen werde, als hätte ich in eine Steckdose gegriffen.

  Ich lasse das Handtuch auf die Bettkante fallen und sacke mit dem Gesicht voran auf die weich gepolsterte Matratze. Von dort aus winde ich mich unter die Bettdecke, obwohl ich hier und da immer noch ein bisschen nass bin. Kaum dass ich die Augen schließe, schlafe ich ein. Zum Glück bin ich viel zu erschöpft, um im Geiste noch einmal all die schrecklichen Ereignisse durchzugehen, die sich heute zugetragen haben. Ich bin sogar zu erledigt, um von der Zukunft zu träumen – und von der gewaltigen Ungewissheit, die damit einhergeht.

  8. KAPITEL

  »Du bist also der königliche Bastard, was?«

  Die Frage reißt mich aus einem tiefen Schlaf. Schätzungsweise zwei Sekunden später landet das Gewicht eines Körpers auf meiner Matratze und sorgt dafür, dass ich ein Stück weit nach oben geschleudert werde. Mit einem erschrockenen Kreischen reiße ich die Augen auf und entdecke eine mir unbekannte junge Frau mit rotbraunem Haar, die etwa in meinem Alter ist und am Fußende meines Betts sitzt. Sie hat die Beine vor ihrem Körper brezelförmig miteinander verschlungen – die Handflächen auf den Knien, das Kinn auf die Hände gestützt.

  Und ihre Augen sind auf mich gerichtet.

  »Was …?« Ich schüttle den Kopf, um klar zu werden, und hoffe, dass sie vielleicht verschwindet. »Wer …?«

  »Ich bin Chloe Thorne. Schwester von Carter, Brut von Octavia, ganz allgemein der Quälgeist der Lancaster-Familie.« Sie legt den Kopf schief. »Nette Brüste übrigens.«

  Erschrocken lasse ich den Blick zu meiner Brust sinken und spüre, wie meine Wangen heiß werden. Ich habe vollkommen vergessen, dass ich nach meinem Bad nackt eingeschlafen bin. Ich zerre die Bettdecke hoch, um mich mit so viel Anstand, wie ich aufbringen kann, zu bedecken, und beiße die Zähne zusammen, um so etwas wie ein Lächeln auf mein Gesicht zu zwingen .

  »Würdest du mir vielleicht verraten, was du in aller Herrgottsfrühe in meinem Schlafzimmer verloren hast, Chloe Thorne?«

  »Ich sage es dir nur ungern, aber es ist schon fast ein Uhr mittags.«

  »Was?«

  Sie nickt. »Ja. Du hast den Vormittag so ziemlich verschlafen. Nicht dass ich dir das zum Vorwurf mache. Ich kann mir vorstellen, dass der gestrige Tag ein ordentlicher Schock für dich war – da ist ein wenig Erholung vermutlich angebracht.«

  Ich fahre mit einer Hand durch mein wirres Haar. Wie ich vorhergesehen habe, fühlt es sich an, als hätte ich eine Wette verloren, bei der eine Steckdose und eine Gabel eine Rolle gespielt haben. »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«

  »Ich war neugierig auf dich. Das geheime uneheliche Kind und all das. Wer hätte gedacht, dass der alte Linus zu so etwas in der Lage ist?«

  »Neuigkeiten verbreiten sich hier offenbar schnell«, murmle ich.

  »Schneller als Tratsch in einer Highschool-Cafeteria. Außerdem hatte ich einen Informanten.« Ihre Lippen zucken. »Meinen Bruder. Ich glaube, du bist ihm schon begegnet.«

  »Zu meinem Unglück bin ich das.«

  Sie schnaubt. »Ja, er erwähnte, dass ihr zwei nicht unbedingt den besten Start hattet.«

  Verärgerung macht sich schlagartig in meiner Brust breit. »Mmm. Das könnte man so sagen.«

  »Er ist eigentlich gar nicht so übel«, versichert mir Chloe.

  »Schon klar.«

  »Du hast gerade mal zwei Stunden mit deinem sogenannten Bruder verbracht. Ich kenne ihn schon seit vierundzwanzig Jahren. Was ihn betrifft, kannst du dich auf mein Urteil verlassen, okay? Du weißt schon, Hunde die bellen, beißen nicht.« Ihre Miene wird ein wenig ernster. »In dieser Familie aufzuwachsen war nicht leicht.«

  »Damit willst du wohl sagen, dass ich von Glück reden kann, dass ich zwei Jahrzehnte lang verstoßen wurde wie ein ungewolltes Stück Abfall …« Ich nicke, und meine Lippen zucken. »Gut zu wissen.«

  Grinsend greift sie in die Tasche ihres maßgeschneiderten weißen Blazers. Ich sehe zu, wie sie ein silbernes Feuerzeug und einen fest gerollten Joint hervorholt. Sie klemmt sich ein Ende davon zwischen die Lippen und zündet ihn an.

  »Das macht dir doch nichts aus, oder?«, fragt sie und bläst bereits Rauch aus ihrem Mundwinkel.

  »Eigentlich …«

  »Na toll!« Sie zwinkert. »In diesem Haus gibt es schon genug prüde Leute.«

  Ich seufze tief.

  Ich brauche Kaffee. Und etwas zum Anziehen.

  Nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge.

  »Ich meine es ernst.« Chloe nimmt einen weiteren tiefen Zug und schließt die Augen, als die Wirkung des Marihuanas auf ihren Körper übergeht. »Ich bin gerade mal drei Stunden hier. Wenn ich mir noch eine weitere Standpauke darüber anhören muss, dass ich auf all diesen unbezahlbaren Möbeln Asche hinterlasse …«

  »Vielleicht sind sie ein wenig empfindlich, wenn es darum geht, dass ein Feuer ausbrec
hen könnte«, murmle ich, und mein Tonfall ist schärfer als beabsichtigt. »Weil gestern ein ganzer Flügel des Waterford-Palasts abgebrannt ist und all das.«

  Sie blinzelt mich verblüfft an. Dann perlt ein überraschtes Lachen aus ihrem Mund. »Verdammt noch mal. Das war wirklich schaurig . Ich glaube, ich mag dich jetzt schon. «

  »Toll. Und jetzt verschwinde, damit ich mir etwas anziehen kann.«

  Sie lacht erneut, lässt sich von meinem Bett gleiten und ist eindeutig nicht beleidigt, dass ich sie so unsanft verscheuche. Ich dachte, sie würde jetzt gehen, aber sie schlendert stattdessen einfach nur zu dem Lehnstuhl in der Ecke hinüber, neben dem eine große weiße Einkaufstüte steht.

  »Hier.« Sie wirft die Tüte aufs Bett. Ich tue mein Bestes, um sie mit einer Hand aufzufangen, ohne die Bettdecke loszulassen. »Die stand vor deiner Tür, als ich ankam. Mit besten Grüßen von der persönlichen Einkaufsflotte des Palasts. Ich bin mir sicher, dass sie dich mit einer ganzen Reihe an unfassbar langweiligen Outfits ausgestattet haben. Lass auf keinen Fall zu, dass sie dein Kleid für die Beerdigung für dich aussuchen – es sei denn, du bist ein Fan von sackartigen schwarzen Kastenkleidern, die höchstwahrscheinlich auch noch einen züchtigen U-Boot-Ausschnitt haben. Gott bewahre , dass irgendjemand in dieser Familie auch nur mal einen Hauch von Dekolleté zeigt!«

  »Wann ist die Beerdigung?«

  »Am Sonntag.«

  »Morgen?«

  Sie schnaubt. »Natürlich nicht. Morgen in einer Woche. Königliche Veranstaltungen zu planen dauert Ewigkeiten – vor allem Beerdigungen. Und das hier wird nicht einfach irgendeine Beerdigung sein. Wir betrauern den Verlust unseres Königs und unserer Königin. Vor der eigentlichen Zeremonie werden die Leichen eine ganze Woche lang öffentlich aufgebahrt sein.«

  Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen hoch, weil ich irgendwie nicht in der Lage bin, diese Information zu verarbeiten.

  »Sie werden in Wyndsor Abbey aufgebahrt, damit sich jeder von ihnen verabschieden kann«, erklärt sie langsam, als würde sie mit einem Kind reden.

 

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