Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment

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Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment Page 6

by Julie Johnson


  Seit meiner Ankunft habe ich jeden Abend im Nightingale gearbeitet. Normalerweise stolpere ich nach meiner Schicht gegen drei Uhr früh nach oben in mein Zimmer, nachdem die Bar wieder aufgefüllt ist und die Böden gewischt sind. Nach meiner ersten Nacht entdeckte ich eine dünne Wolldecke, die zusammen mit einem unförmigen Kissen in einer der Schubladen der Kommode lag, also ist mein Bett nicht mehr vollkommen nackt, wenn ich mich mit dem Gesicht zuerst darauffallen lasse. Nach neun Stunden Arbeit schmerzen meine Füße und fühlen sich stellenweise irgendwie taub an. Außerdem protestiert mein Magen jede Nacht laut, weil ich mich nur von Leitungswasser und Müsliriegeln ernähre, die ich aus dem Pausenraum für die Mitarbeiter abzweige.

  Mittlerweile habe ich genug Bargeld verdient. Ich muss mein Trinkgeld nicht mehr horten wie ein Eichhörnchen, das sich auf den Winter vorbereitet … Aber ich kann mich nicht dazu durchringen, auch nur einen einzigen Penny zu verschwenden. Irgendwann werde ich das Geld ausgeben müssen, um ein paar notwendige Vorräte aufzufüllen – mein Deo und meine Zahnpasta gehen bedrohlich zur Neige. Aber das ständig wachsende Bündel aus Geldscheinen unter dem losen Fußbodenbrett in der Ecke meines Zimmers ist die einzige Sicherheit, die ich auf dieser Welt noch habe. Ganz zu schweigen davon, dass dieses Geld meine einzige Möglichkeit zur Flucht darstellt, falls mich meine Vergangenheit plötzlich einholen sollte.

  Zum Glück bekomme ich an diesem Abend noch mehr Trinkgeld als sonst. Es ist Samstag, und die Schlange vor der Tür ist so lang, dass man meinen könnte, Elvis höchstpersönlich würde jeden Moment die Bühne betreten. Ich serviere einer Gruppe besonders großzügiger Kerle in der Ecke eine Runde Tequila und kehre dann an die Theke zurück, um ein paar weitere Bestellungen aufzugeben.

  »Danke, Jay!«, rufe ich, als er sich daranmacht, die Drinks zu mixen.

  Er schnaubt bestätigend – offenbar wird heute nicht der Abend sein, an dem er mit seiner starken, aber schweigsamen Persönlichkeit bricht.

  »Hey!« Carly taucht wie aus dem Nichts neben mir auf. Sie ist wie ein platinblonder Wirbelwind. »Wie läuft es hier draußen?«

  »Es ist viel los. Wir vergeben so schnell Tische, dass ich kaum mithalten kann.«

  »Wenigstens bekommst du auf diese Weise ein gutes Ausdauertraining.«

  »Ich kann mich immer darauf verlassen, dass du den Lichtblick am Horizont findest, Carly.« Ich grinse sie an. »Wie sieht es mit dem Programm für heute aus?«

  »Bislang ist alles gut. Alle sind pünktlich gewesen … Aber als Nächstes steht Lacey Briggs auf dem Programm, also besteht definitiv die Chance, dass sich das ändern wird.«

  Ich erstarre, und mein Herz schlägt schneller. Wenn Lacey auf dem Programm steht … bedeutet das, dass auch Ryder auftreten wird.

  Ich habe ihn seit jenem ersten Abend auf dem Parkplatz vor ein paar Wochen nicht mehr gesehen. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich nicht an ihn gedacht habe, aber das wäre eine Lüge. Wenn ich mich nachts in dem Versuch, endlich einzuschlafen, in meinem Bett hin und her wälze, rufe ich mir diesen Moment, den wir teilten, manchmal ins Gedächtnis. Dann sehe ich vor mir, wie er und ich in den Schatten standen. Ich sehe die Anspannung in den Sehnen an seinem Hals, als er sich mit geschlossenen Augen schnell atmend gegen die Wand lehnte. Damals wollte ich meine Hand auf seine Haut legen, um ihn irgendwie zu trösten. Ich wollte ihm sagen, dass er nicht allein ist, selbst wenn es nur für einen Moment so gewesen wäre.

  Aber das ist verrückt.

  Ich kenne den Mann kaum. Er ist praktisch ein Fremder. Wir werden vermutlich nie wieder ein Wort miteinander wechseln.

  »Hallo?« Carly schnippt vor meinem Gesicht mit den Fingern. »Wo bist du mit deinen Gedanken?«

  Ich erröte. »Tut mir leid. Ich glaube, ich brauche einen Kaffee. Ich bin beute Abend nicht ganz bei der Sache.«

  »Hol dir eine Tasse aus dem Pausenraum. Ich werde ein paar Minuten für dich einspringen.«

  »Danke. Soll ich dir einen Kaffee mitbringen?«

  Sie schüttelt den Kopf und schiebt mich sanft in Richtung Tür. Nachdem ich im Pausenraum eine Tasse Kaffee in mich hineingekippt habe und in den Hauptraum zurückgekehrt bin, um nach meinen Tischen zu sehen, hat die Folksängerin auf der Bühne ihren Auftritt beendet. Carly tritt ans Mikro, um den nächsten Auftritt anzukündigen.

  »Hey, alle miteinander! Ich hoffe, ihr habt heute Abend Spaß! Unsere nächste Künstlerin ist ein Knaller, der diese Bühne in Brand stecken wird … Ich glaube, ein paar von euch könnten sie bereits kennen …«

  Das Publikum pfeift.

  »Ich bitte um einen tosenden Applaus und ein großes Nashville-Willkommen für …« Carlys Stimme schwillt an. »Miss Lacey Briggs!«

  Die Menge jubelt so laut, dass die Fensterscheiben in ihren Rahmen wackeln. Ich bin nicht in der Lage, mich abzuwenden, als eine kurvige wasserstoffblonde Frau auf die Bühne stolziert. Sie trägt die kürzesten abgeschnittenen Jeansshorts, die ich je gesehen habe, und dazu ein glitzerndes pinkfarbenes Neckholderoberteil, das nicht nur bauchfrei ist, sondern auch ihre ziemlich großen Brüste zur Geltung bringt. Die Nähte ihrer pinkfarbenen Cowboystiefel sind mit Strasssteinen verziert, die bei jedem Schritt, den sie macht, im Licht der Bühnenscheinwerfer funkeln. Sie ist wie eine menschliche Diskokugel. Man kann den Anblick fast nicht ertragen, ohne eine Reizüberflutung zu erleiden. Ich bin so auf ihre Erscheinung fixiert, dass ich beinahe nicht bemerke, wie Ryder mit dem Rest der Band die Bühne betritt.

  Beinahe.

  Es bräuchte schon etwas wirklich Spektakuläres, um mich davon abzuhalten, ihn zu bemerken, selbst wenn er sich in den Schatten auf der linken Seite der Bühne versteckt. Ich nehme den Anblick seines ausgeblichenen blauen Hemds und der eng sitzenden Jeans so gierig in mich auf wie den ersten Schluck Wasser nach einem Zehnkilometerlauf. Er ist sogar noch umwerfender, als ich ihn in Erinnerung habe.

  Ich stelle fest, dass meine Hände zittern, als ich nach dem Getränketablett greife. Vielleicht war diese Tasse Kaffee doch keine so gute Idee. Ich bin auch so schon nervös genug.

  Lacey begrüßt die Menge nicht – sie fängt einfach an zu singen.

  »Met a boy last night said he’d break my heart. I told him no chance honey it’s been broke from the start …« Sie bewegt die Hüften anzüglich im Takt der Musik, während sie die erste Zeile schmettert. Lincoln sitzt am Schlagzeug und gibt ein rasantes Tempo vor. Aiden spielt wie der Teufel. Aber Ryder ist derjenige, von dem ich den Blick nicht losreißen kann. Er bewegt die Finger so schnell über die Saiten, dass sie zu verschwimmen scheinen. Seine volle Baritonstimme füllt den etwas oberflächlichen Klang von Laceys dünner Sopranstimme aus.

  Als ich mich umschaue, stelle ich fest, dass ich anscheinend die Einzige bin, die ihre Darbietung nicht perfekt findet. Das Publikum scheint Lacey zu lieben und rastet förmlich aus. Die Leute schauen mit weit aufgerissenen Augen und wie gebannt auf die Bühne, als wollten sie vor ihrem Altar huldigen. Als sie den Refrain anstimmt, fressen sie ihr bereits aus der Hand.

  »Don’t say I didn’t warn ya, warn ya, warn ya …« Lacey grinst sinnlich und streckt ihr Mikro der ersten Reihe Fans entgegen, die sich zur Musik bewegen. Sie kennen den Text auswendig und singen eifrig mit.

  Don’t say I didn’t warn ya, warn ya, warn ya …

  Es ist nicht meine Art von Musik, aber selbst ich kann nicht leugnen, dass der Text sofort ins Ohr geht. Ich frage mich, ob Lacey das Lied selbst geschrieben hat. Falls es so ist, ist sie talentierter, als ich es ihr zugetraut hätte. Dieses Lied würde sich perfekt im Radio machen.

  Ich schaue mir den Rest des Auftritts mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Missgunst an. Während ich Getränke serviere, habe ich die ganze Zeit über ein Auge auf die Bühne gerichtet. Lacey Briggs mag eine unzuverlässige Kellnerin sein … Aber sie wurde geboren, um berühmt zu sein. Diese Art von Bühnenpräsenz kann man nicht lernen.

  5. KAPITEL

  Ryder

  Lacey ist heute Abend selten gut in Form.

  Sie hat es nicht nur geschafft, pünktlich auf
zutauchen, sondern liefert auch noch einen Auftritt ab, wie ich es in dem Jahr, in dem ich mit ihr zusammen gespielt habe, nur ein paarmal erlebt habe. Wir spielen sechs unserer besten eigenen Lieder, und die Menge reagiert mit stürmischer Begeisterung. Meine Texte und ihre Bühnenpräsenz geben eine unschlagbare Kombination ab – eine Tatsache, die den beiden Plattenproduzenten von Red Machine Records, die an einem Tisch in der hinteren Ecke sitzen, nicht entgeht.

  Dieser Moment jetzt gerade ist alles, worauf ich hingearbeitet habe. Ich versuche, die Beute nicht aus den Augen zu lassen.

  Ein Plattenvertrag.

  Los Angeles.

  Freiheit.

  Aber meine gottverdammten Augen sind nicht auf die Beute gerichtet. Stattdessen wandern sie immer wieder zu der hübschen dunkelhaarigen Kellnerin, die während unseres Auftritts Getränke serviert. Heute trägt sie ihr Haar in einem hohen Pferdeschwanz, der bei jedem Schritt, den sie macht, hin und her schwingt wie ein Metronom, das entwickelt wurde, um mich zu hypnotisieren. Egal wie sehr ich versuche, mich auf die Musik zu konzentrieren, schweifen meine Augen alle paar Minuten wieder zu ihr ab.

  Es ist verdammt noch mal zum Verrücktwerden.

  Eine Hälfte von mir will sie in die Gasse hinter dem Gebäude zerren und ihr sagen, dass sie verschwinden soll – aus dieser Bar, aus meinem Kopf, so weit von mir weg, dass ich nie wieder an sie denken werde. Die andere Hälfte will sie in die nächstbeste dunkle Ecke zerren, diesen Pferdeschwanz um meine Faust wickeln und sie küssen, bis wir vergessen, zwischendurch Luft zu holen.

  Ich beiße mir so fest auf die Lippe, dass ich Blut schmecke. Ich hasse diese ungewohnten Gefühle, die durch meinen Körper wirbeln.

  Vielleicht sollte ich einfach so lange meinen Spaß mit ihr haben, bis ich jegliches Verlangen nach ihr aus meinem Körper getrieben habe. Das hat bislang immer funktioniert.

  Ihr Pferdeschwanz wippt.

  Ich spiele heftiger.

  Ihre Hüften schwingen unter dieser kleinen schwarzen Schürze.

  Ich singe lauter.

  Wir gehen zu dem Lied »Liar« über – unsere letzte Darbietung für heute Abend. Ich habe den Text vor ein paar Monaten um zwei Uhr früh nach einem besonders wilden Besäufnis mit Linc und Aiden auf eine Serviette geschrieben. Das Lied mag nicht emotional bewegend sein, aber es ist definitiv ein Hit.

  Wenn das die Talentsucher nicht davon überzeugt, uns unter Vertrag zu nehmen, dann wird es nichts schaffen.

  Linc gibt den Takt vor, und Aiden ergänzt den Klang mit seinem Bass, während Lacey über die Bühne gleitet und mit ihren Händen über ihren Körper streicht, als wäre er ihr Instrument, das sie stimmen muss. Sie lehnt sich an mich heran, um die erste Zeile zusammen mit mir in mein Mikro zu singen. Ihre braunen Augen schimmern fiebrig im Licht der Bühnenscheinwerfer. Ich spiele die Akkorde, ringe mir ein Grinsen ab und spiele mit. Gemeinsam ziehen wir eine Show für das Publikum ab.

  Der Text kommt aus ihrem kirschroten Mund geschossen wie Gift aus dem Maul einer Viper.

  »Kiss me like you mean it. Come on, make me feel it … They say I’m bad, but I’ll show you a good time.«

  Lacey wendet mir den Rücken zu, presst ihre Schultern an meine und macht kleine Tanzbewegungen. Sie reckt den Hals, um ihr Dekolleté zur Geltung zu bringen, und singt jeden Mann im Publikum direkt an.

  »You say I’m no good, but you’re a bad, bad liar.«

  Ich kann praktisch schmecken, wie das Testosteron in der Luft immer dichter wird, während sie sie beobachten. Ich weiß, was sie sehen – knappe Shorts, große Brüste. Ich weiß, was sie hören – eine hauchige Betthäschenstimme und das Versprechen von Ekstase. Jeder Mann im Publikum will sie. Verdammt, sie können kaum die Augen von ihr lassen.

  Wenn sie nur wüssten, dass sie unter der Oberfläche hohler als eine Porzellanpuppe ist.

  Sie tänzelt zurück zur Bühnenmitte und schnappt sich den Mikrofonständer, um ihn zu umarmen wie einen Liebhaber, den sie unbedingt verführen will.

  »Honey, I’m so good I’ll set your heart on fire.«

  Aus dem Augenwinkel erhasche ich einen Blick auf die Plattenproduzenten, die einander etwas zuflüstern. Und ich weiß instinktiv, dass uns eine Veränderung bevorsteht. Eine große Veränderung.

  Mein Grinsen wird zum ersten Mal an diesem Abend echt, während wir den Song beenden.

  Nach dem Auftritt versammeln wir uns energiegeladen an unserem Lieblingstisch. Dort oben zu stehen und für eine dankbare Menge Musik zu machen ist der beste Rausch, den man erleben kann. Keine Droge, weder natürlich noch synthetisch, kann dem Gefühl, das ich empfinde, wenn ich auf der Bühne stehe, auch nur annähernd nahekommen.

  »Das war verdammt noch mal unglaublich!« Lincoln trommelt mit den Händen auf der Tischplatte herum und erzeugt einen fieberhaften Rhythmus. »Ich könnte jeden Einzelnen von euch küssen!«

  Lacey wendet sich von ihm ab und setzt eine finstere Miene auf. »Bitte nicht. Du bist total verschwitzt.«

  Er schüttelt den Kopf wie ein Hund, woraufhin Schweißtropfen in alle Richtungen spritzen. Sie kreischt unwillig und presst den Kopf auf der Suche nach Schutz an meine Brust.

  »Das ist echt eklig, Mann.« Ich greife über den Tisch und stoße seine Schulter an. »Ich bin nicht gerade erpicht darauf, Körperflüssigkeiten mit dir auszutauschen. Nur der Himmel weiß, wo du gewesen bist.«

  Er wackelt mit den Augenbrauen. »Die eigentliche Frage lautet: Wo bin ich nicht gewesen?«

  Aiden räuspert sich. »Hat außer mir noch jemand diese Plattenfirmatypen in der Menge gesehen?«

  »Ja.« Ich lehne mich gegen die lederne Rückenlehne der Sitzbank. »Sie wirkten ziemlich interessiert.«

  Lacey ist immer noch halb an meine Brust gepresst. Ihr wasserstoffblondes Haar riecht eklig süß wie Haarspray und Shampoo mit Kaugummiduft. Ich würde sie von mir wegschieben, aber ich weiß aus Erfahrung, dass sie einen Anfall bekommen und sich für den Rest des Abends wie eine Zicke aufführen wird, wenn ich das tue. Und damit würde sie uns zweifellos unsere große Chance verderben, falls die Talentsucher von Red Machine vorbeikommen sollten, um mit uns zu reden.

  »Meinst du, wir sollten an sie herantreten?«, fragt Linc. Seine Augen leuchten vor Aufregung. »Ihnen eine Visitenkarte oder eine Demoaufnahme geben …?«

  »Nein.« Aidens Stimme ist fest. »Wir warten darauf, dass sie zu uns kommen. Alles andere wirkt verzweifelt.«

  Linc seufzt. »Alter, wir sind verzweifelt.«

  »Das müssen sie nicht erfahren.«

  »Ryder, was meinst du?« Lacey hebt den Kopf und starrt mir ins Gesicht.

  Ich öffne den Mund, um zu antworten, doch der Klang eines zarten Räusperns links von mir hält mich davon ab.

  »Verzeihung«, höre ich eine melodische Stimme sagen. Ich erkenne sie sofort wieder. »Ich will nicht stören …«

  »Dann tu’s auch nicht«, murmelt Lacey vor sich hin und verdreht angesichts der vermeintlichen Störung die Augen. Ich ignoriere sie, denn ich bin zu sehr auf die Frau konzentriert, die links von mir steht, um mich noch nennenswert um die zu kümmern, die sich nach wie vor an meine rechte Seite schmiegt.

  Ich bereite mich innerlich vor, bevor ich einen Blick nach links werfe, doch sie raubt mir immer noch den Atem. Sie steht da, errötet heftig und weicht meinem Blick aus, indem sie auf ihren Bestellblock starrt. Ihre Hände zittern.

  Sie ist so verdammt schön.

  »Ich habe mich nur gefragt, ob ihr vielleicht eine Runde Getränke bestellen wollt.« Sie tritt unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, als wäre sie lieber woanders. »Aber wenn ihr noch einen Moment braucht, komme ich noch mal wieder.«

  »Nicht so schnell, Süße.« Lincoln rutscht auf der Bank nach außen, damit er ihr näher ist. Seine Augen sind fest auf ihr Gesicht gerichtet. »Du bist neu.«

  Sie nickt. »Ich bin vor ein paar Wochen hergezogen.«

  »Tja, ich weiß nicht, ob dir das bereits bekannt ist, aber ich betrachte mich hier in Nashville gern als inoffizielles
Willkommenskomitee.« Linc hat seinen Charme voll aufgedreht. »Lincoln Travers, zu deinen Diensten.« Er greift nach ihrer Hand und presst einen Kuss auf ihre Haut. »Und du bist …?«

  Ein kleines Lächeln zupft an ihren Mundwinkeln, als sie ihre Hand aus seinem Griff zieht.

  Ich schlucke ein Knurren hinunter. Ich habe die letzten paar Wochen damit verbracht, mich zu fragen, wie wohl ihr Name lauten könnte. Wie sich die Silben auf meiner Zunge anfühlen werden, wenn ich ihn zum ersten Mal laut ausspreche. Ich will verdammt sein, wenn ich zulasse, dass mir Linc diesen Moment stiehlt.

  »Ich bin …«, beginnt sie.

  »Wir nehmen eine Flasche Whiskey«, falle ich ihr ins Wort, bevor sie den Satz beenden kann. Mein Tonfall ist abweisend. »Jack Daniel’s wäre gut.«

  Ist das ein mieser Zug?

  Absolut.

  Aber momentan ist das meine einzige Option.

  Sie richtet den Blick auf mich. Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich Wut in ihren unglaublichen bernsteingoldenen Augen aufblitzen. Doch sie überspielt sie so schnell, dass ich beinahe davon überzeugt bin, sie mir nur eingebildet zu haben.

  »Natürlich«, sagt sie süßlich. »Ich bin sofort wieder da.«

  Sie schaut kurz zu Lacey, die immer noch an mir klebt wie Leim. Dann macht sie auf dem Absatz kehrt. Ich kann nicht anders, als ihren Hintern zu beobachten, während sie zur Theke geht. Ich unterdrücke ein Stöhnen. Ihre Hüften schwingen mit absolut natürlicher Anmut. Ihr Gang ist wie Musik.

  »Verdammt, sie ist umwerfend«, sagt Lincoln, der meine Gedanken zu lesen scheint. »So strahlend und neu …«

  »Sie ist kein Spielzeug«, schnauze ich, ohne darüber nachzudenken.

  Alle am Tisch verstummen für einen Augenblick.

  Mist. Habe ich mir gerade in die Karten schauen lassen? Normalerweise habe ich ein sehr viel besseres Pokerface.

  »Kein Spielzeug, was?« Linc lacht. »Ich weiß nicht, Kumpel … Ich kann mir durchaus ein paar Spiele vorstellen, die ich gerne mit ihr spielen würde …«

 

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