Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment

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Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment Page 19

by Julie Johnson


  »Das kann ich nicht.«

  »Warum nicht?«

  »L. A. ist nichts für mich.«

  »Bist du schon mal dort gewesen?«

  »Nein.«

  »Woher weißt du dann, dass es dir dort nicht gefallen wird?«

  Die Partys, die Drogen, die Menschenmengen, der geistlose Materialismus …

  Ich schlucke meine Liste aus Beleidigungen für seine zukünftige Heimat hinunter und zucke leicht mit den Schultern. »Ich bin introvertiert.«

  »Na und? Warum sollte das eine Rolle spielen?«

  »So spricht ein echter Extrovertierter.«

  Er schnaubt. »Felicity, jetzt mal im Ernst.«

  »Es ist mir ernst. Ich trinke nicht, ich gehe nie auf Partys. Ich besitze nicht mal ein Handy. Ich lese gern und schreibe im Park. Meine Tagträume drehen sich um Schwimmen im See, einen schönen Sonnenuntergang, eine Gitarre und ein warmes Lagerfeuer, dessen Funken in einen Himmel voller Sterne aufsteigen.« Meine Stimme wird leise. »Denkst du bei irgendwas davon an L. A.?«

  »Nicht wirklich.« Er verzieht die Lippen. »Aber verrate mir eins: In diesem Traum …«

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch.

  »Bist du da allein? Oder sitzt an diesem Lagerfeuer am Seeufer jemand neben dir und spielt auf dieser Gitarre?«

  »Ähm … kann schon sein, dass jemand bei mir ist.«

  Kann schon sein, dass du dieser Jemand bist.

  »Wir könnten neue Träume erschaffen«, murmelt er. In seinen Augen liegt ein beinahe flehender Ausdruck. »Neu anfangen. Wir hätten eine ganze Stadt, die wir gemeinsam erkunden könnten. Stell dir das nur mal vor.«

  »Ryder … Ich kann hier nicht weg. Ich bin gerade erst hergekommen. Ich lebe mich endlich richtig ein und baue mir endlich ein Leben auf.« Er öffnet den Mund, um mir zu widersprechen, doch ich rede weiter. »Und ich weiß, dass du jetzt sagen wirst, dass ich das überall tun könnte … Aber ich will es nicht an einem anderen Ort tun. Ich mag Nashville. Es gefällt mir, in der Lage zu sein, an meinen freien Tagen meine Großmutter zu besuchen. Ich arbeite gerne in dieser Bar. Ich mag es, dass man hier in jedem Laden und jedem Restaurant Musik hört. Ich mag die ungestümen Touristen und die Honkytonk-Bars und die grellen Leuchtreklamen.«

  »Das verstehe ich. Wirklich. Aber …«

  »Nein.« Meine Stimme wird leiser. »Ich fühle mich hier sicher. Und für mich, eine Frau, die fast ihre komplette Kindheit damit verbracht hat, sich nie sicher zu fühlen … ist das etwas sehr Wichtiges. Es ist alles.« Ich lächle, obwohl mir eigentlich nach Weinen zumute ist. »Aber du … du bist dein ganzes Leben lang sicher gewesen. Deswegen willst du so dringend aus dieser Stadt verschwinden. Zum ersten Mal wählst du einen Weg, der nicht sicher ist. Einen Weg, der beängstigend und unbeständig und voller Abenteuer ist. Und ich freue mich so sehr für dich.« Auch wenn es mir das Herz bricht.

  Er seufzt tief in seiner Brust. »Gegensätze ziehen sich an, schätze ich.«

  »So sagt man.«

  »Ich … ich will nicht, dass das hier unser Abschied ist.« Er legt den Mund an mein Haar und atmet meinen Duft ein. »Ich will dich nicht verlassen, wenn die Sonne aufgeht, ohne zu wissen, ob ich dich je wiedersehen werde.«

  »Ich weiß. Das will ich auch nicht.« Ein paar rebellische Tränen rinnen aus meinem Augenwinkel, obwohl ich mein Bestes tue, um sie zurückzuhalten. »Aber du und ich … Wir haben einfach schlechtes Timing.«

  »Schiffe, die sich in der Nacht begegnen?«

  »Eine Liebe, die unter einem schlechten Stern steht.«

  »Skorpion und Orion«, murmelt er düster.

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Wer?«

  »Die Sternbilder.« Er hält inne. »Orion ist nur im Winter zu sehen, der Skorpion nur im Sommer. Sie erscheinen nie zur gleichen Zeit, weil sie sich ständig in unterschiedlichen Hemisphären befinden. Sie sind zwei Gegensätze, die sich unablässig quer durch den Kosmos verfolgen.«

  Nun fließen meine Tränen schneller und landen auf seiner nackten Brust.

  Er legt den Mund an mein Ohr und flüstert mir mit heiserer Stimme etwas zu.

  »Keine Sorge, Felicity. Für dich würde ich die Sterne bewegen.«

  Obwohl ich fest entschlossen bin, nicht einzuschlafen, da ich keine Minute unserer gemeinsamen Zeit verschwenden will, nicke ich irgendwann doch ein. Ich wache mit Ryders Lippen auf meinen auf, als er mich wach küsst. Ich öffne langsam die Augen, um ihn anzuschauen, und spüre, wie das Lächeln von meinen Lippen weicht.

  »Du bist angezogen«, flüstere ich und mustere ihn von oben bis unten. Er ist vollständig bekleidet, sitzt neben mir auf dem Bett und streicht mit den Fingern durch mein Haar. Seine Blutergüsse sehen bei Tageslicht noch schlimmer aus, aber wenigstens sind die Schwellungen ein wenig zurückgegangen.

  »Ich muss los.«

  »Schon?«

  »Mein Flug geht in weniger als zwei Stunden«, sagt er mit einer Stimme, in der großes Bedauern liegt. »Wenn ich jetzt nicht gehe, werde ich ihn verpassen. Wenn ich jetzt nicht gehe …«

  Wird er niemals gehen.

  »Ich kann nicht glauben, dass ich eingeschlafen bin!« Ich setze mich ruckartig auf und suche meine Klamotten zusammen. Ich ziehe mir das Schlaf-T-Shirt über den Kopf und versuche, eine Jeans zu finden. »Gib mir zwei Minuten, damit ich mich anziehen kann. Ich werde dich zum Flughafen begleiten, dann können wir uns an der Sicherheitskontrolle verabschieden …«

  »Felicity.« Er legt die Hände auf meine Schultern, und ich erstarre. »Lass es gut sein, Süße.«

  Ich versuche, tapfer zu sein, aber es nützt nichts. Ich kann spüren, wie sich die Tränen in meinen Augen sammeln, bevor ich den Blick hebe, um ihn anzuschauen. »Du willst nicht, dass ich mitkomme?«

  »Wenn du es tust, werde ich niemals in dieses verdammte Flugzeug steigen.«

  »Aber …«

  Er wartet nicht ab, bis ich die Worte ausgesprochen habe. Er senkt den Mund auf meinen und lässt den Kuss für sich sprechen. Mit seinen Lippen sagt er all die Dinge, zu denen wir nie Gelegenheit hatten, all die Dinge, die wir miteinander hätten teilen können, wenn nur das Timing oder die Umstände besser gewesen wären. Ich schmecke den bittersüßen Abschied auf seiner Zunge. Ich versuche, mir seinen Duft einzuprägen – rauchig und würzig. Die Art, wie sich sein Bart anfühlt, wenn er über meine Haut kratzt. Wie seine unterschiedlich farbigen und faszinierenden Augen im schwachen Morgenlicht aussehen. Als er sich zurückzieht, verliere ich die Kontrolle. Als die Tränen aus meinen Augen fließen, umfasst er meine Wangen und küsst sie fort.

  »Ich wünschte …«, murmelt er und betrachtet mein Gesicht.

  … dass ich bleiben könnte.

  … dass du mitkommen würdest.

  … dass wir mehr Zeit hätten.

  »Ich weiß. Ich auch.« Ich streife mit meinem Mund ein letztes Mal den seinen. »Und jetzt geh. Verschwinde von hier, bevor du noch deinen Flug verpasst.«

  Er tritt einen Schritt von mir zurück und zögert dann kurz, bevor er die Hände an die Seiten fallen lässt. Ich versuche, mich zusammenzureißen, als wir zur Tür gehen. Ich will nicht, dass das letzte Bild, das er von mir im Kopf hat, ein trauriges ist – mit rotem, verheultem Gesicht. Das Lächeln auf meinen Lippen ist zittrig, aber es ist ein Lächeln.

  Ich öffne die Tür, und wir treten auf den Treppenabsatz hinaus. Das blasse Licht der Morgensonne strömt auf uns herunter und ist überall um uns herum. Ich recke den Hals, damit ich ihm in die Augen schauen kann.

  »Du wirst es den Leuten drüben in L. A. so richtig zeigen, Ryder Woods.«

  »Danke, Felicity …« Er zieht die Augenbrauen zusammen. »Weißt du, ich kenne nicht mal deinen Nachnamen.«

  Ich will ihm automatisch den falschen Namen nennen, den ich benutze. Doch ich kann mich nicht dazu durchringen, ihn anzulügen.

  »Er lautet Wilde«, sage ich und strecke ihm meine Hand entgegen, als wären wir zwei Fremde, die sich zum ersten Mal begegnen.

 
»Felicity Wilde?« Er ergreift meine Hand, und auf seinen Lippen breitet sich ein Schmunzeln aus. »Ist das dein Ernst?«

  »Natürlich ist das mein Ernst.«

  »Dir ist schon klar, dass dein Name buchstäblich ›fröhlich-verrückt‹ bedeutet, oder?«

  »Tja, jetzt schon.«

  Er kneift die Augen zusammen. »Bist du sicher, dass du mir nicht einen falschen Namen genannt hast, damit ich dich nicht aufspüren kann?«

  »Ich schwöre es«, sage ich und verkneife mir ein Lachen. Wenn er nur wüsste …

  »Felicity Wilde«, murmelt er und schüttelt den Kopf, als wäre das das Witzigste, was er je gehört hat.

  »Allerdings. Vergiss den Namen nicht, wenn du ein berühmter Rockstar bist.«

  Gott, ich wünschte, meine Stimme würde nicht brechen.

  Die Belustigung weicht aus seinem Blick. »Ich werde dich niemals vergessen.«

  Wieder kommen mir die Tränen, also drehe ich den Kopf schnell in Richtung Treppe. »Geh. Du wirst noch deinen Flug verpassen. Ich meine es ernst.«

  Er seufzt tief. Mit bedauernder Miene steigt er die Treppe hinunter. Unten bleibt er noch einmal stehen und wirft einen letzten Blick zu mir hoch. Es gibt nichts, was er sagen könnte. Keine Versprechen, die er mir geben könnte. Keine Schwüre, die er leisten könnte. Es gibt nur noch eins zu sagen.

  »Leb wohl, Felicity.«

  Meine Kehle schnürt sich zu, als ich zusehe, wie er aus meinem Leben verschwindet. Ich warte, bis er um die Ecke gegangen ist und ich ihn nicht mehr sehen kann. Dann stoße ich den heiseren Schluchzer aus, den ich in meiner Kehle festgehalten habe.

  Leb wohl, Liebster.

  Den Rest des Morgens verbringe ich damit, zusammengekauert auf meinem Bett zu liegen und mir ganz fest ein Kissen, das immer noch nach ihm riecht, an die Brust zu drücken. Auf meiner Armbanduhr beobachte ich, wie die Sekunden in langsamen Kreisen vorbeiticken. Ich zähle die Stunden bis zum Mittag herunter. Bis ich mit absoluter Sicherheit weiß, dass er im Flugzeug sitzt. Dass er aus meinem Leben verschwunden ist.

  Dass er fort ist.

  Drei winzige Blutstropfen auf meinen hellblauen Laken sind der einzige Beweis dafür, dass Ryder Woods für eine einzige Nacht mir gehörte – und ich ihm. Nun ja … abgesehen von dem dumpfen Schmerz zwischen meinen Schenkeln und dem schwachen Knutschfleck an meinem Hals. Mit der Zeit wird das alles verblassen, ohne eine Spur an unsere Begegnung zu hinterlassen.

  Aber nichts, nichts wird je wieder so sein wie früher, nun, da er fort ist.

  Irgendwann zwinge ich mich, mit dem Trübsalblasen aufzuhören – allerdings eher aus Notwendigkeit als aus tatsächlichem Verlangen. Ich dusche und ziehe mich für meine Schicht im Nightingale an. Mit mürrischer Miene schlüpfe ich in das bauchfreie Oberteil und die Hotpants. Egal wie oft ich dieses Outfit trage, es scheint nie besser zu werden.

  In der Bar ist an diesem Abend viel los. Ich bin so sehr damit beschäftigt, Bestellungen aufzunehmen, dass ich kaum Gelegenheit habe, mit Carly zu reden. Sie ist mit der Organisation der Bühne ebenso beschäftigt. Mit einer Unermüdlichkeit, die ich bewundere, führt sie die unterschiedlichen Künstler auf die Bühne und dann wieder herunter. Ich gestatte es mir nicht, an Ryder zu denken und auch nicht daran, was er gerade macht, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass es sich nachteilig auf mein Trinkgeld auswirken würde, wenn meine Tränen in die Cocktails der Gäste tropfen. Ich zwinge mir ein Lächeln aufs Gesicht und lege ein wenig Schwung in meine Schritte, während ich durch meinen Bereich flitze, leere Gläser einsammle und Schälchen mit Erdnüssen nachfülle.

  Kurz vor Feierabend kommt Adam mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck auf mich zu.

  »Da ist ein Anruf für dich.«

  Mein Herz hüpft angesichts der Nachricht. Ich spüre, wie ein Grinsen an meinen Lippen zupft. »Wirklich?«

  »Du kannst ihn in meinem Büro entgegennehmen«, brummt er. »Aber das sollte nicht zur Gewohnheit werden, okay? Du bist zum Arbeiten hier, nicht zum Plaudern.«

  Ich fliege praktisch ins Hinterzimmer und renne durch den Flur zu Adams Büro, als hätte ich Flügel an den Schuhen. Ich kann mir wirklich nur eine Person vorstellen, die mich hier anrufen würde. Mein Puls schlägt schneller, als ich versuche, mir auszumalen, was er zu mir sagen wird. Ich schnappe mir den Hörer vom Apparat und presse ihn an mein Ohr.

  »Hallo?«, sage ich atemlos und voller Vorfreude darauf, Ryders heisere Stimme zu hören.

  Am anderen Ende der Leitung herrscht vollkommene Stille.

  »Hallo?«, wiederhole ich, während meine Euphorie ein wenig nachlässt. »Ist da jemand?«

  Stille.

  Mein Grinsen verblasst, und Sorge verdrängt die Freude, die ich vor wenigen Sekunden noch empfunden habe. Ich lege die Hand fester um den Kunststoffhörer.

  »Wenn da niemand ist, werde ich jetzt auflegen …«

  Das vertraute dunkle Lachen sorgt dafür, dass mir das Blut in den Adern gefriert.

  »So solltest du nicht mit deinem Vater sprechen, Felicity.«

  Ich knalle den Hörer so heftig auf den Apparat, dass der Stapel Papier auf dem Schreibtisch wackelt. Ich starre das Telefon an, als wäre es eine Spinne, und spüre, wie sich meine Gliedmaßen in Blei verwandeln. Ich bin vollkommen gelähmt, während sich in meinem Kopf immer wieder der gleiche Gedanke dreht wie eine Schallplatte, die in einer Endlosschleife feststeckt.

  Er hat mich gefunden.

  19. KAPITEL

  Ryder

  Ich stehe am Geländer und starre auf den Dunst hinaus, der die Skyline von Los Angeles einhüllt, während die Sonne langsam in Richtung Pazifik sinkt. Hinter mir tobt eine Party auf dem Dach des Hotels. Zweihundert Leute trinken und lachen und unterhalten sich, doch ich achte gar nicht darauf. Ich leere mein Glas in einem Zug und schmecke den Whiskey kaum, während er meine Kehle hinunterfließt. Es ist der erste Drink seit meiner Ankunft hier, aber die vier, die ich im Flugzeug hinuntergekippt habe, um Laceys permanentes Gelaber zu dämpfen, schwappen immer noch in meinem leeren Magen hin und her.

  Ich weiß nicht, warum sie der Meinung war, dass ich nach dem Mist, den sie gestern Abend abgezogen hat, mit ihr sprechen wollen würde. Tatsächlich versuchte ich gleich zweimal, die Flugbegleiterinnen dazu zu bringen, mir einen anderen Platz zuzuweisen, bevor wir an Bord gingen. Doch leider ohne Erfolg. Lacey fiel meine Gleichgültigkeit entweder nicht auf, oder es war ihr einfach egal, denn sie plapperte die ganzen viereinhalb Stunden, die wir in der Luft waren.

  Ich könnte nicht wiedergeben, was sie sagte. Ich trank meinen Whiskey, starrte aus dem Fenster und konzentrierte meine Gedanken nur auf eine einzige Frau – und es war ganz sicher keine wasserstoffblonde Psychopathin, die von Kopf bis Fuß in Kaugummipink gekleidet war.

  Felicity blitzt immer wieder bruchstückhaft in meinen Gedanken auf.

  Ihr Mund, der zu einem Stöhnen geöffnet ist.

  Ihre Augen, in denen Hitze aufflammt.

  Ihre Finger, die sich in meine Haut krallen.

  Ich drehe mich um und bahne mir einen Weg durch die Menge in Richtung Theke. Ich brauche einen weiteren Drink, wenn ich diese abendliche Zusammenkunft bis zum Schluss überstehen soll. Die Leute von Red Machine haben diese Party bis zum Anschlag mit neu unter Vertrag genommenen Künstlern, Influencern aus den sozialen Netzwerken und Managern der Plattenfirma vollgestopft. Es soll eine Poolparty sein, aber die meisten Leute hier tragen nicht mal Badekleidung. Und falls doch, wird sie als modisches Statement präsentiert und ist nicht dazu gedacht, tatsächlich in Wasser getaucht zu werden.

  Alle scheinen einfach einen Tick zu perfekt zu sein, während sie in Sarongs und Designerpumps herumlaufen – ihre Körper sind zu straff, ihre Zähne sind zu gebleicht, ihre Bräunungen sind zu gleichmäßig, ihre Begeisterung ist zu echt. Sie beäugen mein verletztes Gesicht, meine schwarze Jeans und mein ausgeblichenes T-Shirt mit Blicken, die zwischen skeptisch und angewidert rangieren, so als hätte jemand versehentlich zugelassen, dass die Aushilfe an der Party teilnimmt.

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p; Ich habe die Theke fast erreicht, als Laceys vertrautes Kreischen meine Trommelfelle attackiert wie Fingernägel, die über eine Tafel kratzen. Ich drehe mich gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie ein blonder Surfertyp sie hochhebt und mit ihr in den Pool springt. Drei Frauen in äußerst knappen Bikinis und unfassbar hohen High Heels setzen finstere Mienen auf, als sie das Spritzwasser trifft, und werfen meiner Gesangspartnerin vernichtende Blicke zu.

  Lacey Briggs, meine Damen und Herren. Wo sie auch hingeht, schließt sie sofort neue Freundschaften.

  An der Theke warte ich auf einen verfügbaren Barkeeper. Sie sind alle damit beschäftigt, komplizierte Cocktails für jede Frau in der Menge zu mixen, die einen aufmerksamkeitsheischenden, aber kalorienarmen Drink haben will. Ich bekomme mit, wie jemand etwas namens Skinny Cucumber Cosmo – mit Umdrehungen – bestellt und schnaube in mich hinein. Offenbar habe ich die »Ein Kurzer und ein Bier«-Menge in Nashville zurückgelassen.

  Schade.

  Eine Frau mit rabenschwarzem Haar in einem schrillen pinkfarbenen Kleid lässt sich auf den Barhocker neben meinem sinken, um zu warten. Sie lächelt, und ich nicke zur Erwiderung höflich.

  »Hey«, sagt sie nach einer Minute unangenehmen Schweigens.

  Ich schaue zu ihr. »Hey.«

  »Also, sollte ich den anderen Kerl sehen, oder …?«

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Verzeihung?«

  »Dein Gesicht«, stellt sie klar und deutet auf meine lädierte Wange und meine aufgeplatzte Lippe. »Wenn man jemanden auf offensichtliche Kampfverletzungen anspricht, sagt derjenige normalerweise: ›Du solltest den …‹ Ach vergiss es. Ein Witz, den man erklären muss, ist es nicht wert, wiederholt zu werden.« Sie lacht. »Ich bin Becca.«

  »Ryder.«

  »Ziemlich lahme Party, oder?«

  Ich zucke mit den Schultern. »Ich habe keine Vergleichswerte. Das ist mein erster Abend in L. A.«

  »Versprich mir, dass du uns nicht alle anhand dieser Menge hier über einen Kamm scherst.« Sie verzieht das Gesicht. »Ich schwöre, dass die Partys hier normalerweise mehr Spaß machen.«

  »Woher willst du wissen, dass ich keinen Spaß habe?«

 

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