»Ich verstehe Ihr Dilemma«, murmle ich und setze eine Maske verträumter Unschuld auf. »Und ich verstehe Sie voll und ganz. Aber ich habe eine Frage.«
Simms zieht die Augenbrauen hoch.
»Wie bitte schön soll ich ›die Nation einen‹, wenn ich im Schloss eingesperrt bin?«, frage ich und beuge mich vor. »Wie bitte schön soll ich mich mit dem ›gemeinen Volk‹ anfreunden, wenn sogar meine Freunde bedroht werden und ihnen der Zugang zu den königlichen Wohnsitzen verwehrt wird?«
Ich formuliere das Ganze als Frage, aber jeder im Raum erkennt es als Druckmittel zum Schachern. Quid pro quo, ihr Drecksäcke. Ihr wollt, dass ich mich vor den Kameras wie eine Prinzessin aufführe? Meinetwegen. Aber nur, wenn ich im Gegenzug auch etwas bekomme.
»Hier ist mein Angebot.« Ich lege meine Hände flach auf den Tisch. »Ich werde die Vorzeige-Lancaster-Prinzessin spielen, bis sich Linus erholt hat … Aber dafür werden sich hier ein paar Dinge ändern müssen.«
»Und zwar?«, zischt Octavia.
»Ich will dieses Schloss verlassen dürfen, wann immer mir danach ist. Ich werde mich hier nicht länger als Gefangene festhalten lassen.«
Octavia lacht kalt.
»Sie wissen, dass das nicht möglich ist, Eure Hoheit«, erklärt Simms. »Sie benötigen angemessenen Schutz, bis die Bedrohung abgewendet wurde.«
»Das ist mir klar. Deswegen werden Sie mir meine eigene Truppe zur Verfügung stellen, die ich höchstpersönlich auswähle, einteile und die einzig und allein meinen Anweisungen folgt.«
»Die Königsgarde ist bestens in der Lage, Sie zu beschützen …«
»Davon bin ich überzeugt. Aber die Mitglieder der Königsgarde befolgen nicht meine Befehle, nicht wahr? Nein. Sie befolgen die Befehle meines Vaters.« Ich kneife die Augen zusammen. »Sie hindern mich daran, dieses Schloss zu verlassen. Sie schränken meine Telefonate ein. Sie lesen meine E-Mails. Sie haben auf meinem Laptop eine Firewall installiert, die mir den Zugang zu so gut wie allen Nachrichtenseiten und Social-Media-Plattformen verwehrt. Sie enthalten mir jegliche Informationen über die wahren Bedrohungen für das Königshaus, für mein Leben und für diese Nation vor …«
»So lauten die Vorschriften«, blafft Octavia. »Nur weil du denkst, dass du über den Regeln stehst, bedeutet das nicht, dass sie sich ändern sollten.«
»Und doch werden sie sich ändern, wenn Sie meine Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Ich will innerhalb dieses Gefängnisses selbstbestimmt sein. Innerhalb meines eigenen Lebens. Das ist nicht verhandelbar.« Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und lasse meine Worte in der Luft schwelen.
Simms und Octavia tauschen empörte Blicke aus. Ich habe den Eindruck, dass sie wortlos darüber debattieren, ob sie meinen Forderungen nachgeben sollen oder nicht. Ich bin mir sicher, dass Octavia in dieser Angelegenheit das letzte Wort hat, wenngleich Simms derjenige ist, der antwortet.
»Nun gut. Wir werden Sie bei der Zusammenstellung Ihrer … Prinzessinnengarde unterstützen.«
»Perfekt.« Ein triumphierendes Grinsen zupft an meinen Mundwinkeln. Ich kann nicht glauben, dass ich sie tatsächlich dazu gebracht habe, sich darauf einzulassen. »Dann wäre da noch eine weitere Sache …«
»Noch mehr? « Octavia verzieht die Lippen. »Das ist absurd.«
»Brauchen Sie meine Hilfe oder nicht?« Mein Tonfall ist süßer als Honig. »Denn ich habe kein Problem damit, bei der nächstbesten Pressekonferenz zum Rednerpult zu marschieren und mich für die Abschaffung der Monarchie auszusprechen.«
Sie verschränkt die Arme vor der Brust und starrt mich an, als wäre ich ein Stück Kaugummi, das an der Sohle ihrer liebsten Prada-Stöckelschuhe klebt. »Und was genau soll das sein?«
»Owen.«
Sie zieht fragend eine rotbraune Augenbraue hoch. »Mr Harding?«
»Ja.« Ich versuche, nicht allzu verbissen zu klingen, während mein Herz in meiner Brust hämmert. »Du wirst deine Hetzkampagne gegen ihn einstellen. Du wirst seine Verbannung aus diesem und allen anderen königlichen Wohnsitzen aufheben. Und du wirst nicht länger versuchen, ihm haltlose Anschuldigungen wegen Intrigen gegen die Krone anzulasten, die jeder Grundlage entbehren.«
An ihrem Auge zuckt ein Muskel. »Meinetwegen.«
»Leider werde ich mehr als nur dein Wort benötigen, Octavia. Ich hätte gern eine offizielle Begnadigung, unterschrieben von Eurer Königlichen Majestät, die ihn von jeglichem Fehlverhalten freispricht. Nur für den Fall, dass du auf den Gedanken kommst, dich nicht an diese Vereinbarung zu halten. Betrachte es als … Versicherung. Als eine ›Du kommst aus dem Schlosskerker frei‹-Karte.«
Auf ihrem Gesicht spiegelt sich kaum kontrollierte Wut.
»Nun?«, dränge ich nach einer Minute des Schweigens.
»Du bekommst deinen kostbaren Freund und die offizielle Begnadigung.« Sie spuckt das Wort förmlich aus. Ihre Augen sind scharf wie Klingen, als sie mein Gesicht mustert. »Unter der Bedingung, dass du deine romantische Beziehung mit ihm nicht fortsetzen wirst.«
Mein Magen verkrampft sich schlagartig. »Das wird kein Problem darstellen, da ich keine romantische Beziehung mit ihm habe . Er ist ein Freund. Mehr nicht.«
Ihre Augen funkeln. »Bist du sicher, dass er das Gleiche über euch sagen würde?«
»Das geht dich nichts an, Octavia.«
Ihr Lächeln ist niederträchtig. »Eigentlich, Emilia, geht es mich sehr wohl etwas an, mit wem du dich triffst.«
»Verzeihung?«
»Oh, haben wir das nicht erwähnt? Zu deinen neuen royalen Pflichten zählt auch die Brautwerbung.«
»Brautwerbung?« Ich schnaube. »Befinden wir uns hier etwa in einem Jane-Austen-Roman?«
»Wir befinden uns hier, wie du offenbar immer noch nicht zur Kenntnis nehmen willst, in einer Monarchie. Einer der ältesten in der Geschichtsschreibung. Jedoch wie in aller Welt wir ausgerechnet an dich als Thronfolgerin geraten konnten …«
Ich verdrehe die Augen. »Könntest du auf den Punkt kommen?«
»Du wirst dich damit einverstanden erklären, dass dir geeignete Junggesellen aus Caerleons Aristokratie den Hof machen.« Sie hebt hochmütig das Kinn. »Die Bewerber werden nach Herkunft, Einfluss und Titel ausgewählt werden.«
Mit anderen Worten: nach ihrem Vermögen.
»Wie romantisch«, sage ich gedehnt.
»Oh, aber es ist romantisch, Eure Hoheit! Das Volk liebt nichts mehr als eine gute Liebesgeschichte, bei der es mitfiebern kann.« Lady Morrell lächelt mit unfassbar dünnen Lippen. Der Anblick ist, ehrlich gesagt, ziemlich verstörend, bin ich doch daran gewöhnt, ihre strengen Blicke zu sehen.
»Die Presse wird sich darum reißen«, mischt sich Simms aufgeregt ein. »Und das Schatzamt wird es zu schätzen wissen. Es gibt nichts Lukrativeres als eine königliche Hochzeit …«
Hochzeit?!
»Ähm … Ich denke, dass Sie da ein wenig vorschnell sind.«
»Man kann nicht vorbereitet genug sein.« Simms’ Doppelkinn wackelt euphorisch, als er heftig nickt. »Eine Verlobung würde zweifellos für große Begeisterung sorgen. Ganz zu schweigen von dem Einfluss auf den Tourismus, was sich wiederum positiv auf unsere Wirtschaft auswirken würde. Dadurch würden wir in der Gunst des Parlaments beträchtlich steigen. Als wir letztes Jahr eine Berechnung der potenziellen Einkünfte aus der bevorstehenden Hochzeit von Prinz Henry und Ava Sterling erstellten, kamen wir auf fast drei Milliarden Dollar.«
»Diese Art von Publicity ist einfach unbezahlbar!« Lady Morrell wirkt überraschend lebhaft für ihre Verhältnisse. »Darüber reden die Leute noch jahrelang.«
Octavia sitzt einfach nur da und beobachtet genüsslich, wie ich mich winde, während sie meine Hochzeit mit einem Mann planen, dem ich nie zuvor begegnet bin.
Großer Gott.
Gerade als ich dachte, die Fäden in der Hand zu halten, entgleiten sie mir wieder. Ich verschränke die Finger fest miteinander, um mich davon abzuhalten, mit der Hand auf die Tischplatte zu schlagen. Ich ziehe die Augen zusammen und nehme Octavia ins Visier. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du mich ohne meine Einwilligung zu einer Hochzeit zwingen kannst …«
Sie zuc
kt gleichgültig mit den Schultern. »Das werden wir noch sehen, nicht wahr?«
»Und wenn ich mich nicht bereit erkläre, wie eine preisgekrönte Zuchtstute bei einer Auktion herumgeführt zu werden?«
»Dann bekommst du weder die Wachen noch deine Freiheit und auch kein Begnadigungsschreiben. Und ich werde persönlich dafür sorgen, dass dein geliebter Mr Harding derjenige ist, der unter den Folgen deiner Renitenz zu leiden hat.«
Ich beiße mir auf die Lippe.
Octavias Augen funkeln. Sie weiß, dass sie mich in die Enge getrieben hat. »Also. Sind wir uns einig?«
Ich atme scharf ein, halte kurz inne und bete, dass ich nicht in mein Verderben renne, als ich schließlich nicke.
»Ausgezeichnet!«, ruft Simms aus.
»Es gibt jede Menge zu tun!« Lady Morrell wirkt plötzlich besorgt. »Sie werden morgen am Volkstrauertag an den Feierlichkeiten zur Einweihung des neuen Militärkrankenhauses in der Hauptstadt teilnehmen. Wir werden jemanden brauchen, der sich um Ihre Haare kümmert. Und Sie werden ein angemessenes Kleid benötigen … Vielleicht ein graues Etuikleid, das sich mit moderaten Absatzschuhen kombinieren lässt …«
»Du wirst natürlich für alle öffentlichen Auftritte Vorgaben erhalten, damit du weißt, was du sagen musst. Und du wirst dich Wort für Wort daran halten.« Octavias Stimme bebt vor Zorn. Diese Verhandlung geht ihr gewaltig auf die Nerven. »Schließlich kann man sich nicht darauf verlassen, dass du ohne Anleitung angemessen in der Öffentlichkeit zu sprechen verstehst.«
»Nein.«
Sie erstarrt. »Wie bitte?«
»Nein.« Ich lächle nachsichtig. »Was daran hast du nicht verstanden?«
»Aber Prinzessin Emilia«, versucht sich Simms einzumischen, doch ich habe es satt zuzuhören.
»Nein. Ich werde mich nicht an irgendwelche Vorgaben halten. Sie können mich gerne beraten, mich nach einer Veranstaltung fragen, wie es gelaufen ist, und mir mit angemessenen Ratschlägen zur Seite stehen … aber meine Worte lasse ich mir nicht nehmen. Ebenso wenig wie meine Gedanken und meine Taten. Ich bin keine Marionette, an deren Fäden Sie ziehen, und auch keine Schauspielerin, die unter Ihrer Regie steht und ihren auswendig gelernten Text aufsagt.«
Stille senkt sich über den Raum.
»Wenn wir hier dann fertig sind …« Ich stehe auf und gehe in Richtung Tür. Zu meinem großen Verdruss holt mich Octavias Stimme ein, bevor ich das Zimmer verlassen kann.
»Ich gebe dir einen guten Rat, Mädchen: Du kannst dieses Spiel nicht gewinnen. Nicht gegen mich. Also schlage ich vor, dass du aufhörst, es zu versuchen. Wenn du dich jetzt gleich geschlagen gibst, gelingt es dir vielleicht, einen Teil deines simplen Lebens zurückzugewinnen, wenn das alles vorbei ist.«
Ich mache mir nicht die Mühe, etwas zu erwidern.
Ich soll aufhören, es zu versuchen?
Ich soll mich geschlagen geben?
Bitte.
Ich lasse die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zufallen. Mit wütenden Schritten stapfe ich über den Flur, nur allzu erpicht darauf, Abstand zwischen mich und Octavia zu bringen. Ihre Warnung hallt mit jedem Schritt, den ich mache, in meinen Ohren wider.
Du kannst dieses Spiel nicht gewinnen.
Diese königliche Schachpartie, auf die wir uns eingelassen haben, ist kompliziert und verwirrend. Ich lerne immer noch die Regeln und fühle mich wie ein Bauer auf verlorenem Posten, der gegen eine unerbittliche Königin kämpft. Natürlich werde ich immer mal wieder Fehler machen.
Heute habe ich nicht alles bekommen, was ich wollte. Aber mit jeder neuen Runde werde ich besser darin, die Figuren zu lenken. Ich lerne, Strategien zu entwerfen. Taktisch gut zu spielen.
Und eines Tages, das schwöre ich …
Werde ich sie vom Brett fegen.
4. KAPITEL
Auf der ganzen Welt gibt es keine besseren Sicherheitskräfte als die caerleonische Königsgarde. Nicht die britischen Gardisten, die mit ihren riesigen schwarzen Hüten wie zum Leben erwachte Nussknacker vor dem Buckingham-Palast Wache stehen. Und schon gar nicht die farbenfroh gekleidete päpstliche Garde in der Vatikanstadt, deren Mitglieder eher an Zirkusartisten als an aufmerksame Wächter erinnern. Nicht mal die hartgesottene Konoe Shidan des japanischen Kaiserhofs, die dazu ausgebildet wurde, den Kaiser um jeden Preis zu beschützen.
Unsere Königsgardisten sind weltbekannt für ihre zermürbenden Trainingseinheiten und die sorgfältigen Hintergrundüberprüfungen, denen sie unterzogen werden. Nachdem man eine Reihe mentaler und körperlicher Eignungstests bestanden hat, braucht man fünf ganze Jahre, um sich vom einfachen Soldaten zum hochrangigen Mitglied der Garde hochzuarbeiten. Dann dauert es weitere zwei Jahre, bis man sich während des Dienstes im selben Zimmer aufhalten darf wie jemand, der auch nur ansatzweise wichtig ist.
Die wenigen Mitglieder, die die Eliteebene erreichen – diejenigen, die auf dem Palastgelände wohnen und arbeiten und für den unmittelbaren Schutz der königlichen Familie zuständig sind –, haben ihr Leben nur einem einzigen Ziel untergeordnet: die Lancasters abzuschirmen und zu bewachen. Vierundzwanzig Stunden am Tag, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr. Sie verzichten auf ein normales Leben in einem eigenen Haus mit Ehepartner und Kindern, die im Garten herumtollen. Denn Mitglied der Königsgarde zu sein ist mehr als ein Beruf.
Es ist eine Berufung.
Damit will ich eigentlich nur sagen … Ich kann nicht mal niesen, ohne dass es irgendwo per Satellit festgehalten wird. Also habe ich nicht die geringste Chance, mich an das Torhaus heranzuschleichen – jenes karge, zweckmäßige Kasernengebäude mit den angrenzenden Ausbildungseinrichtungen am Rand des Schlossgeländes, wo unsere hochrangigen Soldaten ihre dienstfreien Stunden verbringen. Vermutlich wussten sie, dass ich kommen würde, bevor ich auch nur einen Schritt in die kühle Abendluft hinaus gemacht hatte, wo meine Zähne vor Kälte und Nervosität klapperten.
Als ich durch die Vordertür trete, steht die gesamte Truppe in dem großen turnhallenartigen Gebäude in Habachtstellung, den Blick starr auf mich gerichtet, die Wirbelsäulen sind kerzengerade aufgerichtet. Der Anblick von fünfundsiebzig der gefährlichsten, bestausgebildeten Männer des Landes, die in fünf ordentlichen Reihen vor mir stehen und mit militärischer Präzision darauf warten, dass ich sie anspreche, lässt mich beinahe von meinem Vorhaben Abstand nehmen.
Denn das ist alles andere als einschüchternd …
Ich nehme einen kurzen Atemzug. Die Luft riecht nach Schweiß und Desinfektionsspray und brennt in meiner Lunge. Ich lasse meinen Blick von den gepolsterten Trainingsmatten zu den von der Decke hängenden Boxsäcken und schließlich zu der umfangreichen Sammlung aus Hanteln und Sportgeräten wandern. Hier gibt es weder Kunst- noch Dekorationsgegenstände. Dieser Ort ist so ganz anders als der Rest des Schlosses, der bis zum Bersten mit jahrhundertealten Möbeln und kunstvollem Wandschmuck vollgestopft ist. Ich habe das Gefühl, eine vollkommen andere Welt betreten zu haben.
Und irgendwie stimmt das wohl auch.
Das Torhaus unterscheidet sich sowohl durch seine architektonische Bauweise als auch durch seine täglichen Abläufe nur minimal vom Rest des Waterford-Palasts und funktioniert dadurch größtenteils unabhängig vom Rest der Monarchie. Das Gleiche gilt für die Wachen, die hier leben und trainieren. Wie jeder andere caerleonische Bürger unterstehen sie der Autorität des Königs … und doch sind sie allein aufgrund ihrer Tätigkeit auch auf einzigartige Weise davon befreit.
Wenn es um den Schutz der Krone geht, gibt es kein Gesetz, das nicht gebrochen werden darf.
Ich bin erst ein einziges Mal hier gewesen, und damals war ich in solch einem Zustand tauber Fassungslosigkeit, dass ich mich kaum an den Besuch erinnere. Er fand drei Tage nach der katastrophalen Krönung statt. Drei Tage nachdem ich meinen Vater in meinen Armen gehalten und dabei zugesehen hatte, wie das Leben aus seinen Augen wich.
Linus war im Krankenhaus. Überall im Land herrschte Panik. Ich selbst stand immer noch unter Schock, wurde von Ängsten heimgesucht und stellte mir endlose Fragen. Und ich war fest entschlossen, Antworten zu finden.
Wer hatte Zugang zu dem Champagnerglas gehabt? Welches t�
�dliche Gift wurde hineingeschüttet, bevor Linus einen Schluck daraus trank? Gab es irgendwelche Hinweise darauf, wer so etwas getan haben könnte? Stand dieses Attentat in Verbindung mit dem Feuer, in dem König Leopold und Königin Abigail ums Leben gekommen waren?
Ich stürmte durch dieselben Türen, durch die ich jetzt gerade getreten bin, um bei demjenigen vorzusprechen, der hier das Kommando hat. Ich war auf der Suche nach Antworten. Ich war auf der Suche nach irgendetwas, das das Unbehagen, das sich in meiner Brust zu einem Knoten verkrampft hatte, lösen mochte.
Stattdessen traf ich auf eine Ziegelmauer in Gestalt von Kommandant Ramsey Bane – einem schmallippigen Mann, der für seinen Mangel an Geduld bekannt ist. Außerdem kennt man ihn überall als Octavias Marionette – und gelegentlichen Liebhaber, sofern man dem Klatsch im Schloss glauben kann. Er ist ihr so treu ergeben, dass er ebenso gut ihr Hund sein könnte.
Er stand da, hatte die Arme vor der breiten Brust verschränkt und blickte ohne den geringsten Hauch von Mitgefühl auf mich herab, während ich ihn anflehte, mir zu sagen, wer das Attentat auf meinen Vater verübt hatte. Trotz meines verzweifelten Flehens weigerte er sich, mir irgendwelche Auskünfte zu geben.
Ich unterstehe Ihnen nicht, Prinzessin , erklärte er mir mit einer Stimme, die vor Geringschätzung nur so triefte. Wenn Sie nun bitte gehen würden … wir müssen das Training wieder aufnehmen.
Mit anderen Worten, die Aussicht auf eine weitere Begegnung mit dem Mann lässt mich nicht gerade in Begeisterung ausbrechen.
Vielleicht wird es dieses Mal anders sein , rede ich mir nicht wirklich überzeugend ein. Vielleicht wird er mich mit Anstand und neu entdecktem Respekt zu Wort kommen lassen …
Während ich auf den Trainingsbereich zugehe und das Geräusch meiner Schritte in der Stille widerhallt, habe ich irgendwie das Gefühl, dass das nicht der Fall sein wird.
Als ich vor den Wachen zum Stehen komme, presse ich die Knie zusammen, damit sie nicht zittern, und hole tief Luft. Ich hoffe inständig, dass ich mutiger aussehe, als ich mich fühle.
Forbidden Royals 02 - Golden Throne Page 4