»Schwachsinn«, blafft er. »Du bist weggelaufen, bevor ich überhaupt irgendetwas sagen konnte.«
Ich atme ein und versuche, Haltung zu bewahren. »Lass es einfach gut sein. Es immer wieder aufzuwärmen wird zu nichts führen.«
»Ist das so?«
Wie ein Jäger, der die Schwäche seiner Beute wittert, pirscht er sich noch näher heran. Nah genug, um ihn zu berühren. Nah genug, um das schnelle Auf und Ab seiner Brust zu sehen. Nah genug, um die Wärme seines Atems auf meinem Gesicht zu spüren, während er über mir aufragt und sein hochgewachsener Körper mein ganzes Sichtfeld ausfüllt.
Nah genug, um mich in den Wahnsinn zu treiben.
Ich sollte zurückweichen.
Mich abwenden.
Nach drinnen gehen.
Aber er schaut auf mich herunter, als würde er ertrinken und als wäre ich die Luft, die er zum Atmen braucht. Und ich schaue zu ihm hinauf, als … als …
Als wäre er die Sterne am Nachthimmel, die mich durch die Dunkelheit führen.
Ich hatte mir vorgenommen, bei unserer nächsten Begegnung nicht wieder in seine Falle zu tappen. Ich hatte mir vorgenommen, stärker zu sein als beim letzten Mal.
Beweg dich, Emilia.
Geh los.
Aber das tue ich nicht. Ich bin wie erstarrt und stehe stocksteif da. Ich lasse meine Zunge hervorschnellen, um über meine rissigen Lippen zu lecken – eine nervöse Angewohnheit. Er verfolgt die Bewegung mit seinem Blick wie ein erfahrener Jäger, der seine Beute nicht eine Sekunde aus den Augen lässt.
»Nur zu, Emilia«, flüstert Carter und lehnt sich vor, bis seine Lippen bloß noch wenige Zentimeter von meinen entfernt sind. »Sag mir noch mal, dass du mich nicht willst. Sag mir noch mal, dass ich aufhören sollte, darum zu kämpfen.«
Ich tue es nicht.
Ich kann es nicht.
Ich balle die Hände an den Seiten zu Fäusten, um mich davon abzuhalten, sie um seinen Hals zu schlingen und seinen Mund auf meinen zu pressen. Ich hasse die Tatsache, dass er mich nicht mal berührt hat, ich ihn aber in jeder Faser meines Körpers spüren kann. Ich hasse die Tatsache, dass jedes Atom meiner Seele nach ihm ruft. Und ich hasse die Tatsache, dass ich mir trotz allem, was passiert ist, trotz all der barschen Worte, die wir auf diesem Turm gewechselt haben … weiterhin wünsche, dass er alle Vorsicht in den Wind schlagen und dieses letzte bisschen Abstand zwischen unseren Gesichtern mit einem atemberaubenden Kuss überwinden würde.
»Emilia …«
Er beugt sich vor. Es ist eine kaum wahrnehmbare Bewegung, und für den Bruchteil einer Sekunde denke ich, dass mein Wunsch in Erfüllung gehen wird. Doch er erobert meinen Mund nicht mit seinem, sondern verzieht ihn stattdessen zu einem grausamen Schmunzeln. Als er spricht, hat sein Flüstern beinahe etwas Gewalttätiges und zerreißt die Dunkelheit wie ein Blitzschlag.
»Ich will, dass du dich für den Rest deines Lebens, ob es nun nächste Woche oder nächsten Monat oder nächstes Jahr sein wird, bei jeder Verabredung mit einem richtigen Gentleman wie Alden, der dir mit geschliffenen, wohlformulierten Sätzen schmeichelt und dich mit der ganzen Leidenschaft eines Gähnens küsst, daran erinnerst, was du genau hier in diesem Moment gefühlt hast, während ich dich noch nicht einmal berührt habe. All die Leidenschaft und das Verlangen, die in dir toben und darum betteln, freigelassen zu werden … All die Sehnsucht, die um ein Ventil fleht … um meine Hände in deinem Haar und meine Zähne an deinem Hals und um meinen Schwanz, der so tief in dir steckt, dass die Grenze zwischen Lust und Schmerz verschwimmt …«
Herr. Im. Himmel.
Meine Oberschenkel ziehen sich zusammen, während unbändige Lust durch meinen Körper schießt. Ich kann kaum noch klar sehen. All meine sorgfältig errichteten Barrieren brechen in sich zusammen, als sich ein urtümliches, nicht zu leugnendes Verlangen meiner Sinne bemächtigt.
Nimm mich.
Ich gehöre dir.
Ich bin einfach …
Dein.
Ich will, dass er forsch ist, dass er mich mit ungestümer Lust für sich beansprucht, die das Verlangen tief in meinem Inneren befriedigen wird. Doch als er den letzten Rest Abstand zwischen uns endlich überwindet, streift sein Mund meinen so leicht, dass es bloß der Hauch eines Kusses ist.
Das genügt nicht. Nicht mal ansatzweise.
Bevor ich auch nur mit den Augen zwinkern kann, zieht er sich wieder zurück. Sein leises Knurren verschluckt mein unzufriedenes Stöhnen im Handumdrehen.
»Ich will, dass du dich an dieses Gefühl erinnerst, Emilia. Denn das wird alles sein, was du haben wirst. Eine Erinnerung .« Er tritt zurück, und sein Blick brennt sich in meinen voller Lust und Abscheu. »Ich hoffe, dass sie dich ewig heimsuchen wird.«
Er wendet sich ab und geht davon, bevor ich auch nur reagieren kann – nicht dass ich die richtigen Worte finden könnte, selbst wenn ich es versuchen würde. Ich stehe allein in der Dunkelheit und spüre die Kälte bis auf die Knochen, was jedoch nicht nur an der frostigen Luft liegt.
Mein Herz rast mit doppelter Geschwindigkeit.
Meine Atemzüge sind abgehackte Keuchlaute.
Meine Lippen kribbeln immer noch von einem Beinahekuss.
Ich hoffe, dass sie dich ewig heimsuchen wird.
Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich dort in der Dunkelheit stehe. Lange genug, dass meine Finger in meinen Handschuhen taub werden, meine Füße in meinen Stiefeln schmerzen und meine Nasenspitze von der Kälte ganz rot wird.
Ich spüre nichts von alledem.
Ich spüre absolut gar nichts.
Irgendwann zwingen mich Riggs und Galizia, nach drinnen zu gehen. Sie begleiten mich schweigend zu meinen Gemächern und wechseln besorgte Blicke, bis ich ihnen die Tür vor der Nase zumache. Ich schließe hinter mir ab und lasse mich aufs Bett fallen. Mir fehlt die Energie, um mehr zu tun, als meine Reitstiefel auszuziehen. Die Stille ist so erdrückend. Ich muss Musik anmachen, um sie zu übertönen.
Als der Text von »The Night We Met« von Lord Huron aus den Lautsprechern driftet, spüre ich, wie sich in meinen Augenwinkeln Tränen sammeln, und sofort weiß ich, dass es sehr, sehr lange dauern wird, bis ich heute Abend einschlafen werde.
Genau wie ich weiß, dass ich, wenn ich in den frühen Morgenstunden mit dem Albtraum noch frisch im Gedächtnis in verhedderten Bettlaken aufwache und meine Kehle von meinen Schreien ganz wund ist … allein in meinem Zimmer sein werde. Es werden keine starken Arme da sein, die mich halten, und niemand wird mir tröstende Worte zuflüstern, um die Dunkelheit zu vertreiben.
16. KAPITEL
Ein Klopfen weckt mich aus einem unruhigen Schlaf.
Ich setze mich auf und blinzle ins grelle Morgenlicht, das durch meine Balkontüren hereinströmt. Mein Blick fällt auf die Tür, als ich das leise Kratzen eines Umschlags vernehme, der darunter hindurchgeschoben wird.
Seufzend schlage ich die Bettdecke zurück und strecke die Arme über den Kopf, während ich das Zimmer durchquere. Ich erkenne Simms’ langweiliges blaues Briefpapier, bevor ich auch nur ein Wort der Nachricht gelesen habe.
Eure Königliche Hoheit,
Ihre Anwesenheit wird an diesem Nachmittag für eine Auszeichnungsveranstaltung erbeten, da Ihr Vater nicht in der Lage ist, daran teilzunehmen.
Sie werden einer Gruppe vasgaardianischer Feuerwehrleute die Nationale Tapferkeitsmedaille überreichen, um sie für ihren mutigen Einsatz im Oktober bei der Bekämpfung des Infernos im Ostflügel zu ehren.
Es wird eine kurze Zeremonie geben, um den Feuerwehrmännern vor ihren Kollegen, Freunden und Familienangehörigen für ihren Dienst zu danken.
Die Limousine wird unten vor dem Palast bereitstehen,
um Sie pünktlich um Viertel vor zwölf zur Feuerwache zu bringen.
Gerald Simms
Pressesprecher des Palasts
Wie immer hat er unter seinem gedruckten Namen und seiner Funktionsbezeichnung schwungvoll mit Tinte unterschrieben. Ich verstehe nicht wirklich, warum er sich die Mühe macht, so formell zu sein – ich sehe den Mann praktisch jeden Tag, Herrgott noch mal. Aber Simms ist nicht der Typ, der die Regeln auch mal ein wenig lockerer ni
mmt.
Ich werfe einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit zu überprüfen. Als ich sehe, dass es bereits nach zehn ist, werfe ich das Handy beiseite und setze mich hastig in Bewegung. Ich habe viel länger geschlafen als normal – zweifellos deswegen, weil ich mir die halbe Nacht schlaflos um die Ohren geschlagen habe. Ich werfe einen wütenden Blick auf die Wand, die meine Suite von Carters trennt, während ich in mein angrenzendes Bad gehe, um mich fertig zu machen.
Er will, dass wir Feinde sind?
Von mir aus.
Das kann er haben.
Es könnte mir nicht gleichgültiger sein.
Tatsächlich bin ich froh darüber.
Es ist eine Erleichterung.
Als ich unter der Dusche stehe, ist es leichter, so zu tun, als läge das Stechen in meinen Augen nur an dem kochend heißen Wasser, das auf mein Gesicht prasselt.
»Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren Mut.«
Ich schüttle einem weiteren Feuerwehrmann die Hand und hoffe, dass meine Stimme nicht zittrig oder unaufrichtig klingt. Der stellvertretende Leiter nickt mir mit stoischer Miene zu.
»König Linus weiß Ihren Heldenmut zu schätzen«, murmle ich dem Mann neben ihm zu. »Das wird man Ihnen nie vergessen.«
Ein weiteres Händeschütteln.
Ein weiteres Lächeln.
Und so geht es immer fort, bis ich alle zwanzig Männer begrüßt habe, die im Oktober ihr Leben riskierten, als der Ostflügel in Flammen aufging. Wenn sie nicht so schnell reagiert hätten, wäre Prinz Henry womöglich zusammen mit König Leopold, Königin Abigail und mehreren Mitgliedern des Schlosspersonals ums Leben gekommen.
Nicht dass es ihm jetzt sehr viel besser geht, schließlich liegt er im Krankenhaus auf der Station für Verbrennungsopfer im Koma …
Als ich die Bühne in Richtung des Rednerpults überquere, ist mir Simms dicht auf den Fersen – zweifellos will er versuchen, mir alle möglichen leichtsinnigen Ideen auszureden, die mir in den Sinn kommen, bevor ich sie in die Tat umsetzen kann. Mittlerweile sollte er sich allerdings daran gewöhnt haben, dass ich mich nicht ans Drehbuch halte und immer einen Weg finde, das Königshaus zu brüskieren – indem ich meine Absatzschuhe ausziehe, den Paparazzi die Zunge rausstrecke oder armen kleinen Mädchen aus Hawthorne unbezahlbare Erbstücke der Lancasters schenke. Man sollte meinen, dass er es endlich aufgegeben hätte, aber er versucht immer noch sein Bestes, um mich unter Kontrolle zu halten.
Viel Glück dabei, Ger.
Als ich endlich das Rednerpult erreiche, drehe ich mich herum, um in die Menge hinauszuschauen. Es ist ein wunderschöner Tag. Der kleine Platz, auf dem man die Bühne aufgebaut hat, ist mit mehreren Hundert Zivilisten in Mützen, Schals und dicken Wollmänteln gefüllt. Dazu kommen eine ganze Reihe Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten in Uniformen, die die Helden der Stunde unterstützen. Auch viele Kinder sind anwesend – ich lächle, als ich sehe, wie sie ihren Feuerwehrvätern auf der Bühne zuwinken.
»Guten Tag allerseits!« Meine Stimme klingt laut und kräftig.
Ist es wirklich erst drei Wochen her, dass ich furchtbare Angst davor hatte, vor einer Menschenmenge zu sprechen? Dass ich alles vor meinem Badezimmerspiegel proben musste, weil ich Angst hatte, auch nur ein falsches Wort zu sagen?
Höflicher Applaus erfüllt die Luft. Ich höre das Klicken von mehreren Dutzend Kameras mit Teleobjektiven – die Presse macht Fotos. Die größte Feuerwache in ganz Vasgaard ragt hinter mir auf, was zweifellos einen beeindruckenden Hintergrund für die Bilder abgeben wird, die morgen die Titelseiten der Zeitungen schmücken werden.
»Ich betrachte es als ausgesprochenes Privileg, heute hier bei Ihnen sein zu dürfen, inmitten der Besten und Tapfersten unseres Landes.«
Jubelrufe erklingen aus der ersten Reihe, wo die Frauen der Feuerwehrmänner stehen und ihre Ehemänner voller Stolz anstrahlen.
»Ich weiß nicht viel über das Löschen von Flammen. Aber ich weiß, dass es eine ganz besondere Art von Mut braucht, um immer wieder in brennende Gebäude zu eilen, wenn jeder andere auf der Welt nach draußen laufen würde. Sein Leben aufs Spiel zu setzen, damit andere gerettet werden können. Das Risiko einzugehen, seine Liebsten nie wiederzusehen, nur um dafür zu sorgen, dass jemand anders seine Liebsten wieder in die Arme schließen kann.«
Die Menge nickt im Takt zu meinen Worten. Mehrere Ehefrauen wischen sich verstohlen Tränen aus den Augen.
Ich deute auf die Reihe der uniformierten Männer. »Wie ich gehört habe, herrscht unter den Mitgliedern dieser speziellen Truppe – den tapferen Männern von Feuerwache eins – eine besondere Kameradschaft. Ob es nun die gemeinsamen Essen am Freitagabend sind, zu denen jeder etwas mitbringt, oder die sommerlichen Grillfeste in Chief Johanssons Haus am See. Ob es um zusätzliche Übungen im Rahmen medizinischer Evakuierungen oder Besuche im örtlichen Kindergarten geht, um die Feueralarmübungen für die Sechsjährigen etwas weniger beängstigend zu machen … Die Arbeit, die Sie hier leisten, geht eindeutig weit über die üblichen Anforderungen Ihres Berufs hinaus.« Mein Lächeln wird breiter. Mehr Kameraauslöser klicken. »Ich könnte mir niemanden vorstellen, der die Anerkennung des Königs mehr verdient als Sie. Und es ist mir eine ausgesprochene Ehre, diejenige sein zu dürfen, die Ihnen allen für Ihren Dienst an Krone und Vaterland die Tapferkeitsmedaille unseres Landes verleiht.«
Jubelrufe erfüllen die Luft, als ich hinter dem Rednerpult hervortrete und mich dem Tisch zu meiner Rechten nähere, auf dem zwanzig kleine schwarze Schachteln liegen. Simms steht daneben und nickt mit ernster Miene. Ich grinse ihn fröhlich an, und er zuckt zusammen, da er eine derartige Zurschaustellung von Vertrautheit nicht gewohnt ist.
Wäre er jemand anders, würde ich ihm sagen, dass er sich entspannen soll. Aber das hier ist Simms. Er wird mich auch vermutlich in zwanzig Jahren noch mit meinem vollständigen königlichen Titel anreden.
In zwanzig Jahren.
Wow.
Allein der Gedanke bringt mich fast aus dem Gleichgewicht. Ich kann nicht genau sagen, wann ich angefangen habe, meine Rolle als Prinzessin als dauerhaft anzusehen. Ich habe keine Ahnung, zu welchem Zeitpunkt diese ganze Angelegenheit von einer vorübergehenden Situation zu …
Meinem Leben geworden ist.
Das ist jetzt mein Leben.
Früher zeigte mir ein Blick in meine Zukunft immer klar definierte Ziele. Ich wollte meinen Abschluss in Psychologie machen. Mein Praktikum beenden. Meine eigene Praxis eröffnen. Einen netten Mann kennenlernen, mit dem ich mich eines Tages niederlassen und vielleicht sogar eine eigene Familie gründen könnte.
Wenn ich jetzt in meine Zukunft schaue, sehe ich nichts davon. Meine Zukunft ist ein einziges großes Fragezeichen mit einer Krone obendrauf. Trotzdem jagte mir die Vorstellung, die Prinzessin zu sein, irgendwann keine Angst mehr ein, sondern fing langsam an …
Mir nicht mehr ganz so ätzend zu erscheinen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin immer noch kein großer Fan der ständigen Paparazziattacken oder des absoluten Mangels an Privatsphäre. Ich würde meine linke Niere verkaufen, wenn das bedeuten würde, dass ich nie wieder an einer Teegesellschaft mit Ava, Octavia und den anderen aristokratischen Tratschtanten aus den gehobenen Kreisen teilnehmen müsste. Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich alles an meinem neuen Leben hasse.
Verblüfft muss ich feststellen, dass ich es tatsächlich genieße, jeden Tag Veranstaltungen wie diese hier zu besuchen, wo ich mich mit Leuten aus allen Teilen des Landes über ihr Leben unterhalten, ihre Geschichten erfahren und ihre Leistungen anerkennen kann. An so vielen menschlichen Schicksalen teilzuhaben und zu sehen, wie die Gesichter in der Menge aufleuchten, wenn ich stehen bleibe, um ein paar freundliche Worte mit den Leuten zu wechseln, ist faszinierend.
Ich hätte mir nicht mal in einer Million Jahren vorstellen können, dass ich jemand von Bedeutung werden würde. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Ich habe mich für das Psychologiestudium entschieden, weil ich Menschen helfen wollte – einem nach dem anderen, Fall für Fall. Als ich mein Praktikum aufgeben musste, dachte ich, dass dieses Kapitel meines Lebens für immer beende
t wäre.
An Tagen wie diesem denke ich jedoch … dass Kronprinzessin Emilia Lancaster tatsächlich in der Lage sein könnte, etwas zu bewirken. Vielleicht nicht auf die gleiche Weise, wie es Dr. Emilia Lennox gelungen wäre, aber auch mit dem, was ich jetzt tue, kann ich Menschen helfen.
Vielleicht muss das Annehmen dieser neuen Rolle nicht zwangsläufig bedeuten, dass ich all die Ziele aus den Augen verliere, die ich einst verfolgt habe.
Vielleicht kann ich den Menschen trotzdem noch helfen.
Vielleicht kann ich trotzdem noch Gutes tun.
Vielleicht hatte Carter recht, und es ist an der Zeit, die Angst, all das aufzugeben, was ich einst war, abzuschütteln … und die Veränderung zu akzeptieren. Mich selbst neu zu erschaffen, mit Feuer und Blut und Eisen, und zu einer Frau zu werden, die stark genug ist, um sich in dieser neuen Realität zu behaupten.
Von neuem Mut erfüllt greife ich nach der ersten Schachtel auf dem Tisch. Das Publikum jubelt, als ich zurück zu den wartenden Feuerwehrleuten gehe, die alle mit stolzgeschwellter Brust darauf warten, ihre Ehrungen in Empfang zu nehmen. Als ich die Medaille um Chief Johanssons Hals hänge, ist der tosende Applaus so ohrenbetäubend, dass es eine Weile dauert, bis ich das andere Geräusch wahrnehme, das den Platz plötzlich erfüllt.
Es ist ein rhythmisches Knallen, wie das von Feuerwerkskörpern, die Kinder zur Sommersonnwende zünden. Wie das Geräusch von Feuerwerksraketen, wenn sie hoch am Himmel explodieren.
Was zum Teufel geht hier vor?
Ich hebe den Blick nach oben und halte nach strahlenden Farbkaskaden Ausschau … aber der Himmel über dem Platz ist verblüffend leer. Mir ist immer noch nicht klar, dass hier etwas nicht stimmt. Ich habe immer noch nicht begriffen, was genau hier vorgeht.
Ich begreife es erst, als es bereits viel zu spät ist.
Ich begreife es erst, als ich die Schreie höre.
Das ist kein festliches Feuerwerk , wird mir voller Entsetzen klar. Dieses gleichmäßige Knallen ist das Geräusch von …
Schüssen.
Forbidden Royals 02 - Golden Throne Page 19