Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you Page 1

by Iosivoni, Bianca




  Inhalt

  Titel

  Zu diesem Buch

  Widmung

  Playlist

  Level 1

  Level 2

  Level 3

  Level 4

  Level 5

  Level 6

  Level 7

  Level 8

  Level 9

  Level 10

  Level 11

  Level 12

  Level 13

  Level 14

  Level 15

  Level 16

  Level 17

  Level 18

  Level 19

  Level 20

  Level 21

  Level 22

  Level 23

  Level 24

  Level 25

  Level 26

  Level 27

  Bonuslevel

  Danksagung

  Leseprobe

  Die Autorin

  Die Romane von Bianca Iosivoni bei LYX

  Impressum

  BIANCA IOSIVONI

  Feeling Close to You

  Roman

  Zu diesem Buch

  Seit Teagan zum ersten Mal ein Videospiel in den Händen hielt, ist Gaming zu ihrer größten Leidenschaft und zu einer Zuflucht aus dem Alltag geworden. Denn während ihr Vater von ihr erwartet, dass sie nach der Highschool an einer prestigeträchtigen Universität studiert, wünscht Teagan sich nichts sehnlicher, als einen Studienplatz für Game Design zu ergattern – vorzugsweise so weit wie nur irgendwie möglich von ihrer Heimatstadt entfernt. Um das nötige Geld für ihr Studium zu verdienen, streamt sie nachts live und zockt ihre Lieblingsspiele. Sie ist so gut, dass sie sich bereits eine Community aufgebaut hat, die ihr regelmäßig zuschaut und sie finanziell unterstützt. Als sie eines Abends zufälligerweise im selben Spiel wie der bekannte YouTube-Gamer Parker landet und diesen mehrere Male hintereinander haushoch besiegt, ändert sich plötzlich alles. Denn Parker will unbedingt herausfinden, wer die unbekannte Spielerin ist, und kontaktiert sie kurzerhand im Chat. Womit keiner der beiden gerechnet hat: Obwohl sie sich nicht persönlich kennen und sie Tausende von Meilen trennen, knistert es schon bald heftig zwischen ihnen. Doch Teagan ist in der Vergangenheit zu oft verletzt worden – und auch für Parker sind Gefühle das Letzte, was er gerade gebrauchen kann. Dennoch können die beiden einander nicht so einfach vergessen …

  Für Anabelle,

  die nur auf diese Geschichte gewartet hat.

  Und für den PJ-Squad.

  Danke für die vielen Stunden, in denen ich mit euch

  gezockt habe, statt dieses Buch zu schreiben.

  Playlist

  Taylor Swift feat. Brendon Urie of

  Panic! At The Disco – ME!

  K/DA, Madison Beer, G(I)-DLE, Jaira Burns,

  League of Legends – POP/STARS

  Laura Platt – Fear Not This Night (»Guild Wars 2«)

  ThunderScott – Dead by Daylight

  Taylor Swift, Dixie Chicks – Soon You’ll Get Better

  Royal Philharmonic Orchestra – Tomb Raider 2 Theme

  Charlie Puth, Meghan Trainor – Marvin Gaye

  Carly Rae Jepsen – Call Me Maybe

  Meghan Trainor – No

  Galantis, OneRepublic – Bones

  MC Hammer – U Can’t Touch This

  Jaroslav Beck, Summer Haze – Escape

  Taylor Swift – Shake It Off

  Bebe Rexha – Last Hurrah

  American Authors – Deep Water

  Alan Walker, Sabrina Carpenter, Farruko – On My Way

  Panic! At The Disco – High Hopes

  Imagine Dragons – Believer

  Alan Walker – Faded

  Jessie Ware – Hearts

  Taylor Swift – You Need To Calm Down

  Mabel – Don’t Call Me Up

  Sara Ramirez – The Story

  WILD – Hold Us Together

  Level 1

  Teagan

  Computerspiele machten mich nicht aggressiv. Es waren Menschen, die mich aggressiv machten und wegen denen ich Computerspiele zockte, um wenigstens dort meine ganze Frustration rauszulassen. Immerhin war es weniger kriminell, NPCs und Bossgegner zu töten, als ganz normalen Leuten auf offener Straße den Hals umzudrehen. Oder ihnen an einem ganz normalen Tag in der Highschool an die Gurgel zu gehen.

  Der heutige Tag war schon jetzt alles andere als normal. Es hatte damit angefangen, dass ich verschlafen hatte und zu spät gekommen war, woraufhin mir mein Lieblingslehrer Mister Carson eine Verwarnung gegeben hatte. Dann war ich im Gang mit dem Star-Quarterback zusammengeprallt, und die Hohlbirne hatte mir nicht mal dabei geholfen, meine ganzen Bücher aufzusammeln, sondern war einfach weiterstolziert, als würde jemand wie ich in seiner hochglanzpolierten Welt gar nicht existieren. Hoffentlich stolperte er beim nächsten Spiel und landete mit dem Gesicht voran im Dreck. Oder in Hundescheiße.

  Mittags hatte mir so ein Mistkerl die letzte Portion des einzig essbaren Gerichts in der Kantine vor der Nase weggeschnappt, und jetzt stand ich nach Geschichte mit knurrendem Magen vor meinem Spind im Flur. Um mich herum erklang der typische Lärm aus viel zu vielen Stimmen, dem Klappern von Spindtüren, lauten Schritten, unterlegt mit dem nervtötenden Piepen von Handys – weil es immer noch Idioten gab, die ihren Benachrichtigungston in der Schule nicht ausgeschaltet hatten.

  Ding.

  Ding. Ding. Ding.

  Argh! Wenn ich noch einmal dieses nervige Geräusch hörte, konnte ich für nichts mehr garantieren. Ich tauschte meine Bücher aus und pustete mir eine lila gefärbte Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus meinem heute Morgen in aller Eile gebundenen Knoten gelöst hatte. In Kombination mit dem Make-up von gestern, das ich abends kurz vor dem Livestream aufgefrischt, danach aber vergessen hatte wieder abzunehmen, sah ich kurz vor der letzten Stunde wahrscheinlich genauso bescheiden aus, wie ich mich fühlte.

  Ding!

  Ding!

  Ich knallte die Spindtür zu und drehte mich zu dem Schuldigen, um ihm gehörig die Meinung zu sagen – und erstarrte. Denn nur zwei Schränke weiter stand Penelope Martinez, meine beste Freundin seit dem Kindergarten. Oder eher: ehemals beste Freundin. Denn vor zwei Jahren hatte sie aufgehört, mit mir zu reden. Ohne Vorwarnung. Ohne Erklärung. Von einem Tag auf den anderen war ich nicht mehr existent für sie gewesen. Anfangs hatte ich noch versucht, den Kontakt wiederherzustellen und herauszufinden, was plötzlich los war. Oder eher, warum nichts mehr los war zwischen uns. Einmal hatte ich sie sogar in aller Öffentlichkeit in der Kantine zur Rede gestellt. Umsonst. Mehr als peinliches Schweigen war nicht dabei herausgekommen. Allem Anschein nach passte ich einfach nicht mehr in Pennys Welt, die, abgesehen von den unvermeidbaren Begegnungen in den Schulfluren, da unsere Spinde noch immer nebeneinanderstanden, nichts mehr mit meiner zu tun hatte.

  Die anklagenden Worte erstarben auf meinen Lippen. Als hätte sie mein Starren bemerkt, sah Penny von ihrem Handy auf – und erwiderte meinen Blick. Mein Herz begann zu hämmern. Ich sollte etwas sagen. Wenigstens ein Hi oder ein Wie geht’s. Irgendetwas. Aber ich brachte nichts davon hervor. Wozu auch? Es war ja nicht so, als würden wir plötzlich ein Gespräch anfangen und wieder beste Freundinnen fürs Leben werden.

  Und ich hatte recht. Einen Moment lang sah sie mich noch an, dann wandte sie sich kopfschüttelnd ab. Ich schluckte hart und sah ihr nach, zwang mich dann jedoch, mich umzudrehen. Nur um gleich darauf fast in die nächste Person reinzurennen, auf die ich sehr gut hätte verzichten können.

  Maddison Mae McKinnon. Fantastisch. Sie war die unangefochtene Schulqueen und der Liebling aller Schüler und Lehrer gleichermaßen. Und so übertrieben höflich und zuvorkommend, dass es zum Kotzen war.

  »Hey …« Sie strahlte mich mit
ihren perlweißen Zähnen und den riesigen babyblauen Augen an. »Teagan Ramona, richtig?«

  Ich biss die Zähne zusammen, bis ein Knirschen zu hören war. »Teagan reicht.«

  »Okay.« Kurz wanderte ihr Blick durch den Gang, als würde sie befürchten, dass uns jemand zusammen sehen könnte.

  Sie in ihrem aufeinander abgestimmten pastellfarbenen Outfit mit den Killer-Heels und dem perfekt frisierten goldbraunen Haar – und daneben ich mit den rissigen Jeans, den abgetragenen Boots, dem dunkelblauen Tanktop und dem Tattoo auf dem Schulterblatt. Dunkelbraune Haare, die ab Kinnhöhe neonlila gefärbt waren und mir normalerweise bis über die Schultern fielen, vollendeten das Bild.

  Als Maddison Mae mir wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte, lächelte sie nervös. »Ich weiß, wir kennen uns eigentlich nicht …«

  »Wir haben seit der Junior High Englisch und Geschichte zusammen, und du bist diejenige, mit der mein Ex-Freund fremdgeknutscht hat«, unterbrach ich sie trocken und schob den Riemen meiner Tasche auf der Schulter zurecht. »Aber stimmt, wir kennen uns eigentlich nicht.«

  Weil wir nicht in denselben sozialen Kreisen verkehrten. In dieser Highschool war Maddison Mae an der Spitze der Nahrungskette, während ich … irgendwo weiter unten war. Glücklicherweise nicht bei den armen Kids, die ständig von anderen gemobbt wurden, aber auch nicht sehr viel weit darüber. Gott, war ich froh, wenn ich dieser Hölle endlich entkommen konnte. Nur noch ein paar Wochen, dann hatten wir alle unseren Abschluss, und ich würde diese Leute nie wiedersehen müssen.

  »Richtig …« Maddison Mae sah sich ein weiteres Mal um. »Ich weiß, du und Brandon wart nur kurz zusammen …«

  Kurz? Kurz? Brandon Fitzgerald und ich waren fast ein Jahr lang ein Paar gewesen. Und wenn er nicht mit der halben Schule, aber vor allem mit Maddison Mae herumgemacht hätte, wären wir es vielleicht immer noch. Oder auch nicht. Schließlich schien jeder früher oder später genug von mir zu haben und ließ mich dann kommentarlos fallen. Das war praktisch die Story meines Lebens.

  Und jetzt war mein Ex ausgerechnet mit der Schulqueen zusammengekommen. Um das Klischee perfekt zu machen, fehlte eigentlich nur noch, dass er Footballstar und sie Cheerleader wäre. Ugh. Maddison und Brandon. Brandon und Maddison. Ihr offizieller Shipname lautete #Braddison. Und als ob das allein nicht ausreichen würde, um sich einen Vorrat an Kotztüten anzulegen, nutzten die beiden diesen Hashtag auch noch bei jedem Bild, das sie online auf allen Social-Media-Kanälen posteten. Zusammen mit #ForeverInLove und #CoupleGoals. Würg .

  »Ich wollte eigentlich nur wissen … ähm … Als du und Brandon zusammen wart, habt ihr da …?« Sie neigte den Kopf etwas zur Seite.

  Ich blinzelte. Zog die Brauen hoch. »Haben wir da … was?«

  Maddison Mae stieß ein etwas zu schrilles Lachen aus und gab mir einen kleinen Klaps gegen die Schulter, als wären wir alte Freundinnen. »Habt ihr … du weißt schon.«

  Jetzt sah sie aus, als hätte sie Schmerzen. Und, ganz ehrlich? Was erwartete sie bitte von mir? Dass ich mein Sexleben mit ihr diskutierte? Ausgerechnet mit der Person, die mir meinen Freund ausgespannt hatte? In welchem Universum lebte dieses Mädchen eigentlich?

  »Hm … Sorry. Keine Ahnung, worauf du hinauswillst.«

  Vielleicht machte es mich zu einem Miststück, aber ich wollte, dass sie es laut aussprach. Genau hier. Mitten im Gang, während unzählige Leute an uns vorbeiliefen, einschließlich diverser Lehrer.

  Maddison Mae warf ihnen ein abgelenktes Lächeln zu. »Na, du weißt schon .« Diesmal klang ihre Stimme wie ein Zischen. »Du … und er …?«

  Gespielt ahnungslos schüttelte ich den Kopf. »Tut mir leid, Maddison Mae, ich weiß wirklich nicht, was du meinst«, behauptete ich eine Spur zu fröhlich und zu laut, sodass sich gleich mehrere Leute zu uns umdrehten.

  »Gott, das kann doch nicht so schwer sein!«, rief sie und wurde mit jeder Silbe lauter. »Ob ihr Sex hattet! Ich will wissen, ob ihr Sex hattet.«

  Schlagartig breitete sich Stille um uns herum aus. Ich musste nicht mal hinschauen, um zu wissen, dass uns alle anstarrten. Sie anstarrten, um genau zu sein. Dann begann das Getuschel. Die vereinzelten Lacher.

  Und Mister Carsons Stimme, die durch den Gang donnerte. »Maddison Mae McKinnon! Auf ein Wort?«

  Ihr hübsches Gesicht wurde knallrot und verzog sich zu einem unglücklichen Ausdruck. Unter anderen Umständen hätte ich jetzt vielleicht Mitleid mit ihr gehabt. Doch dann fiel mir wieder ein, wie oft sie Brandon hinter meinem Rücken die Zunge in den Hals gesteckt hatte, und jeder Gedanke an Mitleid verflog.

  »Schönen Tag noch, Maddison Mae«, zwitscherte ich, nur um ihr im Vorbeigehen noch zuzuraunen: »Wenn du ernsthaft glaubst, dass Brandon sein bestes Stück nicht schon in jedes verfügbare Loch gesteckt hat, tust du mir echt leid.«

  Und damit ging ich in meine letzte Unterrichtsstunde. Manche Leute sammelten täglich gute Taten oder Bonuspunkte für ihre Collegebewerbungen, ich sammelte Gerüchte und neue Feinde. Man konnte nicht jedermanns Liebling sein.

  Irgendwie überstand ich auch die letzte Stunde, packte meine Sachen zusammen und machte mich schleunigst auf den Weg nach draußen. Flüstern und Getuschel folgten mir, aber das war nichts Neues. Es war nicht so, als wäre ich für meine Skandale bekannt, aber wir befanden uns in einer kleinen Highschool in einer noch kleineren Stadt, und die Leute redeten gern. Erst über meinen Look, dann über die Tatsache, dass ich mit Brandon zusammen war, dann über unsere Trennung, und nun würde die Szene mit Maddison Mae eine Weile für Gesprächsstoff sorgen. Gut so. Ich zählte bereits die Tage, bis das hier vorbei war und ich endlich an ein College konnte. Ein College, auf dessen Zusage ich allerdings noch immer wartete.

  Bei der Erinnerung daran presste ich die Lippen aufeinander und beschleunigte meine Schritte. Ich war keine Musterschülerin. Nie gewesen. Aber ich hatte mir den Arsch für diese Bewerbungen aufgerissen. Dad zuliebe hatte ich mich außerdem auch noch für ein paar seiner Favoriten beworben, auch wenn sie dort kein Game Design als Studiengang anboten. Aber schließlich brauchte ich auch einen Plan B, falls mich meine Wunsch-Universitäten, allen voran New York, ablehnten. Eine Möglichkeit, über die ich gar nicht erst nachdenken wollte.

  Mit schnellen Schritten überquerte ich den Parkplatz und ließ mich gleich darauf in meinen dunkelgrauen Mazda 3 fallen. Der Wagen hatte Mom gehört, bevor … Ich schaltete das Radio ein und schnitt den Gedanken ab, ehe mein verräterisches Gehirn ihn zu Ende bringen konnte. Sofort plärrte irgendein Radiosong los. Ich verzog das Gesicht und schloss mein Handy an. Wenig später erfüllten die Aufzeichnungen der heutigen Unterrichtsstunden das Wageninnere. Ich startete den Motor und sah zu, dass ich von hier wegkam.

  Eine halbe Stunde später parkte ich den Mazda auf dem Parkplatz hinter dem Coffeeshop, in dem ich nach der Schule regelmäßig arbeitete. Ich stieg aus und steuerte die Hintertür an.

  »Hey Teagan«, rief Charlie mir entgegen.

  Ich wusste nicht, wie alt er eigentlich war, nur, dass er schon seit Ewigkeiten hier arbeitete. Er war ungefähr so groß wie ich, etwas fülliger mit Bauchansatz und trug die schreckliche rotbraune Uniform des Ladens, nur dass seine Mütze bereits etwas verrutscht war. Gerade mühte er sich mit zwei Mülltüten ab, die er aus dem Coffeeshop schleppte.

  »Hi«, erwiderte ich knapp, hielt ihm jedoch die Tür auf.

  Er nickte mir dankbar zu und verfrachtete die Tüten in den Container hinter dem Gebäude, während ich zu den Spinden im Pausenraum ging und meine Sachen herausholte. Wie schon Hunderte Male zuvor band ich mir die Schürze um, flocht mir das Haar zu einem langen Zopf und setzte diese dämliche Mütze mit dem Firmenlogo auf, die wir alle bei der Arbeit tragen mussten. Anschließend trottete ich nach vorne, um meinen Platz als Barista hinter der Theke einzu­nehmen.

  Das Einzige, was schlimmer war als nervige Mitschüler und -schülerinnen? Kunden. Denn zu denen musste man nett sein, wenn man seinen Job behalten wollte. Ich hing zwar nicht besonders daran, aber ich brauchte das Geld, also setzte ich ein freundliches Lächeln auf und gab mein Bestes, mir meine Genervtheit nicht anmerken zu lassen.

  »Wie ist
dein Name?«

  »Brian.« Der Typ auf der anderen Seite des Tresens schaute nicht mal von seinem Handy auf.

  »Brian«, wiederholte ich und schrieb den Namen in großen Buchstaben auf den Pappbecher.

  »Aber mit Ypsilon«, kam es gelangweilt von ihm. »Und P am Anfang.«

  Wie bitte? Seufzend strich ich den Namen durch und malte die Buchstaben ein weiteres Mal auf den Becher. Pryan . Na, herzlichen Glückwunsch.

  »Alles klar, Pryan , dein Kaffee kommt sofort.«

  Ich stellte Charlie den Becher hin und kümmerte mich um die nächste Person in der nie enden wollenden Schlange. Für gewöhnlich war es am Nachmittag nicht so voll, aber heute könnte man meinen, es wäre ein nationaler Kaffeenotstand ausgebrochen. Nicht, dass ich die Leute nicht verstehen könnte. Ich trank ja selbst mehr davon, als ich sollte. Aber irgendwie musste ich ja wach bleiben, um später zocken zu können. Sehnsüchtig sah ich zur Uhr an der Wand hinter mir und seufzte. Noch fünf Stunden.

  »Entschuldigung?« Pryan mit P und Ypsilon drängelte sich vor und hielt mir seinen halb ausgetrunkenen Kaffee unter die Nase. »Ich wollte einen Cappuccino ohne Milchschaum.«

  Dein verdammter Ernst, Kumpel?

  Er stellte den Becher mit so viel Wucht auf den Tresen, dass der Inhalt herausspritzte und sich auf der Arbeitsfläche und meiner frisch gewaschenen Schürze verteilte.

  Pryan grinste hämisch und deutete auf das Schild, das ihm besten Kaffeegenuss versprach – im Zweifelsfall auch in Form eines neuen Getränks. »Ich will einen neuen. Diesmal ohne Schaum.«

  Ich biss die Zähne zusammen. Ruhig bleiben, Teagan. Immer schön ruhig bleiben und lächeln. Du kannst sie nicht alle töten. Oh, aber in meiner Vorstellung sprang ich gerade wie Lara Croft über den Tresen und verpasste diesem arroganten ­Mistkerl einen Tritt, den er in zwanzig Jahren noch spüren würde.

  In der Realität zwang ich mich zu einem Lächeln, griff mit spitzen Fingern nach seinem halb leeren Becher und schüttete den Inhalt weg. Dann machte ich ihm unter seinen beobachtenden Blicken widerwillig selbst einen neuen. Der Kunde ist König und dieser ganze Scheiß. Ich hätte mir echt einen anderen Job suchen sollen. Vielleicht im Diner gegenüber, da bekam man wenigstens noch Trinkgeld. Oder als Stripperin in der Bar an der Ecke. Dort wurde man ziemlich sicher auch nicht schlechter behandelt als eine Barista in diesem Schuppen. Wobei ich auf das Antatschen und Angestarrtwerden von wildfremden Männern durchaus verzichten konnte. Das war’s dann wohl mit meiner Stripperkarriere, noch bevor sie richtig angefangen hatte.

 

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