Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you Page 7

by Iosivoni, Bianca


  »Vielleicht …?« Und da war sie wieder, diese gedehnte, fast schon entspannte Sprechweise aus den Südstaaten, die man hier oben in Washington so selten hörte, und die mich an heiße Sommer, endlos weite Felder und lange Abende auf einer Veranda denken ließ.

  Etwas blinkte rechts von mir auf, gleich darauf erschien eine Meldung nach der anderen auf dem Hauptmonitor, alle inklusive herumhüpfendem Gif. Meine Followerzahl stieg – und das in einem rasanten Tempo. Genauso schnell wie die Spenden eintrafen. Immer mehr und höhere Beträge innerhalb so kurzer Zeit, dass mir der Kopf schwirrte und ich überhaupt nicht mehr mitkam.

  Was passierte hier?

  Ein paar Stunden später

  TRGame

  Wie konntest du das tun??

  Parker4G

  Parker4G

  Wie konnte ich was tun? Du musst schon genauer werden

  TRGame

  DAS!

  TRGame

  Der Stream … Du bist einfach … WHY???

  Parker4G

  Ich hab heute spontan gestreamt und dachte mir, ich statte meiner guten DbD- und GW-Freundin einfach mal einen Besuch ab

  TRGame

  Du … das ist … ich will dich anschreien und mich gleichzeitig irgendwie bei dir bedanken. Du Idiot! Hast du eine Ahnung, wie viele neue Follower ich plötzlich habe?!

  Parker4G

  Gern geschehen

  TRGame

  …

  Parker4G

  Hey, komm. Ich hab nichts weiter getan, als kurz bei dir reinzuschauen, während ich gestreamt habe. Das waren keine 10 Minuten. Wahrscheinlich nicht mal 5

  Parker4G

  Du bist nicht wirklich sauer, oder?

  TRGame

  Nein …

  Parker4G

  Aber?

  TRGame

  Argh. Nichts, schon gut. Ich hab mich brav bedankt. Aber tu das nie wieder, verstanden?

  Parker4G

  Was ist los?

  TRGame

  *seufz* Du gibst keine Ruhe, oder?

  Parker4G

  Nope. Also spuckst du es besser gleich aus

  TRGame

  Es ist total dämlich

  Parker4G

  Nichts ist dämlich für mich. Außer vielleicht, als Erste am Haken zu hängen

  TRGame

  Parker4G

  Hey, komm schon, das war ein Witz!

  Parker4G

  TR?

  Parker4G

  Hallo??

  TRGame

  Ich bin es nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen oder überhaupt welche zu bekommen. Okay? Das ist alles

  TRGame

  Parker …?

  Eingehender Anruf von Parker4G

  Abgelehnt

  TRGame

  Was tust du da??

  Parker4G

  Dich anrufen. Deine letzte Nachricht klang, als würden wir über ein ernstes Thema reden und ernste Themen erfordern Anrufe. Oder Face-to-Face-Time. Wie wär’s mit einer Videokonferenz?

  TRGame

  Nein! Und nein! Wir müssen überhaupt nicht telefonieren!

  Parker4G

  Willst du etwa nicht meine wundervolle, besänftigende, verständnisvolle Stimme hören, während du mir dein Herz ausschüttest?

  TRGame

  Du bist so ein Idiot. Und wehe, du behauptest, ich wäre die Erste, die dir das sagt!

  Parker4G

  Oh, das höre ich ständig, keine Sorge. Meine Mitbewohner sagen mir das mindestens 4x am Tag

  TRGame

  Parker4G

  Das war das erste Mal, dass du ein lachendes Emoji geschickt hast. Es geschehen noch Zeichen und Wunder

  Parker4G

  Und denk nicht, mir wäre nicht aufgefallen, dass du abgelenkt hast, Miss

  TRGame

  Es gibt keine Emojis dafür, wie sehr ich gerade die Augen verdrehe

  Parker4G

  Schick mir ein Video davon. Ein Gif tut es auch

  TRGame

  Als ob!

  Parker4G

  Wieso nicht?

  TRGame

  Ich kenn dich kaum. Und ich schicke keinen fremden Kerlen irgendwelche Videos oder Fotos von mir

  Parker4G

  Dir ist aber schon klar, dass du alle paar Tage live im Internet streamst und es davon jede Menge Aufnahmen und auch Gifs gibt?

  TRGame

  Was? Nein! Wirklich? OMG!

  Parker4G

  Parker4G

  Na gut, dann eben kein Clip davon, wie du die Augen SO HART verdrehst. Obwohl ich mir das gerne angesehen hätte …

  TRGame

  Spinner

  Parker4G

  Parker4G

  Wie sieht’s aus? Es ist erst kurz nach 2. Lust auf eine Runde Guild Wars?

  TRGame

  Dir ist schon klar, dass ich deinetwegen letzte Nacht nur 2h Schlaf hatte?

  Parker4G

  Armes Häschen …

  TRGame

  Du bist echt unmöglich

  Parker4G

  Ich weiß. Also? GW? DbD? Irgendwas anderes?

  TRGame

  Etwas anderes. Ich hole mir kurz was mit Koffein. Und suche nach einem passenden Gif für dich, wo jemand die Augen verdreht

  Parker4G

  Level 5

  Parker

  Ich parkte den Wagen am Straßenrand, schaltete den Motor ab und lehnte mich seufzend im Fahrersitz zurück. Geschafft. Ich hatte das Wochenende bei meinen Eltern in Alabama irgendwie überstanden und war Dad dabei so gut wie möglich zur Hand gegangen, indem ich den Haushalt geschmissen, den Rasen gemäht, Unkraut gezupft und mich um Mom gekümmert hatte, damit mein Vater eine Pause haben konnte. Jetzt war es Sonntagabend, und ich fühlte mich, als hätte ich seit Wochen nicht mehr geschlafen.

  Was zumindest teilweise stimmte. Am Freitagabend mit fast nur meinem alten Equipment in meinem früheren Kinderzimmer zu streamen, war gar nicht so einfach gewesen. Zweimal war die Verbindung zusammengebrochen, und ich hatte den Livestream neu starten müssen, aber dann hatte es doch noch bis halb zwei geklappt. Allerdings hatte ich auch danach nicht viel Schlaf abgekriegt, da ich bis morgens um fünf mit TRGame gezockt hatte.

  Sie war bei Weitem nicht die einzige Person die ich kannte, die gerne nachts spielte, aber irgendwie machte es mit ihr verflucht viel Spaß. Vielleicht, weil wir uns gegenseitig absolut nichts schenkten und uns immer wieder herausforderten. Es war spannend, lustig und machte fast schon ein bisschen süchtig. Mein Biorhythmus fand das allerdings weniger spaßig, denn der war seit diesem Wochenende total im Eimer. Nicht, dass das etwas Neues für mich wäre.

  Auf der Fahrt zurück nach Pensacola hatten mir ein paar Leute aus der Uni geschrieben, die über die Ferien auch dageblieben waren oder sowieso in der Gegend wohnten. Unten am Strand fand heute eine Beachparty statt, auf die ich normalerweise echt Lust hätte, aber nach den letzten Tagen war ich einfach zu erledigt dafür. Vielleicht würde ich mir noch ein Bier auf der Veranda oder im Garten hinterm Haus gönnen, aber das wäre es dann auch schon. Ich textete ihnen eine kurze Antwort, dann packte ich mein Handy ein und zog den Schlüssel ab.

  Ich stieg aus, holte meinen Rucksack von der Rückbank und machte mich auf den Weg ins Haus. Zusammen mit Cole, Sophie, Lincoln und Eliza bewohnte ich eine relativ große Wohnung direkt in Downtown, was wir uns als arme Studenten nur deshalb leisten konnten, weil wir zusammengelegt hatten und der alte Mr Oakley von unten, dem das Gebäude gehörte, ein Auge für uns zugedrückt hatte. Er tat zwar immer recht grummelig, und es verging kein Tag, an dem er nicht wenigstens einen von uns anschnauzte, aber im Grunde seines Herzens liebte er uns. Da war ich mir absolut sicher.

  Unsere Wohnung befand sich zwar nicht direkt zwischen all den Bars, Kneipen, Restaurants und Cafés, die abends hell erleuchtet waren und neben Studenten auch älteres Publikum und Touristen anzogen, aber zumindest waren sie in Laufnähe, und auch der Hafen war nicht allzu weit entfernt. Nicht, dass mir das viel nutzte. Ich war viel seltener dort oder am Strand, als mir lieb war. Aber durch die Streams und YouTube-Videos, die Uni und meine Besuche daheim blieb nicht mehr al
lzu viel Freizeit übrig. Gar keine, um genau zu sein. Und die opferte ich lieber ein paar Stunden dringend benötigtem Schlaf. Es sei denn, TR war online.

  Bei der Erinnerung an ihre überraschte, fast schon entsetzte Reaktion, als ich in ihren Stream reingeplatzt war, musste ich unweigerlich grinsen. TR hatte eine angenehme Stimme, das war mir schon vor drei Tagen aufgefallen, als ich dabei zugeschaut hatte, wie sie die alten Tomb-Raider-Teile spielte. Aber persönlich mit ihr zu sprechen, anstatt sie nur zu hören? Auch wenn es nur ein paar wenige Minuten vor viel zu vielen Zuschauern gewesen waren? Das war noch mal etwas völlig anderes.

  Ich nahm die Stufen zur Veranda mit wenigen Schritten, dann öffnete ich die Haustür. Von hier aus führte ein Flur zu Mr Oakleys Wohnung und eine Treppe auf der rechten Seite nach oben zur WG. Von unserem Nachbarn war nichts zu sehen, also steuerte ich direkt die Treppe an.

  Nach gerade mal drei Stufen klingelte mein Handy. Wie immer machte sich eine seltsame Mischung aus Hoffnung und einer dunklen Vorahnung in meinem Brustkorb breit, da ich einerseits darauf hoffte, dass es nur einer meiner Freunde war, andererseits aber stets damit rechnete, dass der Anruf von zu Hause kam. Und diese Art von Anrufen war nie gut. Doch als ich das Gerät, ohne stehen zu bleiben, aus der Hosentasche zog und einen kurzen Blick aufs Display warf, machte sich Erleichterung in mir breit.

  »Hey Fremde«, begrüßte ich meine beste Freundin und verlangsamte meine Schritte etwas.

  »Das sagt der Richtige«, behauptete Callie, und ich konnte förmlich vor mir sehen, wie sie in ihrem typischen Outfit, bestehend aus Kleid und Cowboy-Stiefeln, die Arme vor der Brust verschränkte. »Ich bin nicht derjenige, der am Wochenende in der Nähe war, ohne Hallo zu sagen oder wenigstens kurz Bescheid zu geben.«

  »Woher …?«

  Ach ja, der Livestream. Verdammt. Ich hatte zwar nicht direkt erwähnt, dass ich in meinem alten Kinderzimmer war, obwohl ein paar Leute gefragt hatten, ob ich umgezogen war, da sie einen anderen Hintergrund gewohnt waren. Aber anscheinend hatte Callie zugesehen oder zumindest kurz reingeschaltet und natürlich sofort erkannt, wo ich mich befand.

  Witzigerweise war sie eine meiner ersten Zuschauer gewesen – und klickte sich bis heute regelmäßig in meine Streams rein. Sogar in die spontanen, die ich gar nicht erst vorher online ankündigte. Sie behauptete immer, sie tat es, um mich überhaupt noch zu Gesicht zu bekommen. Aber in Wahrheit wusste ich es besser: Sie erwärmte sich langsam für die Gaming-Szene. Und früher oder später würde ich sie auch noch dazu bekommen, mit mir gemeinsam zu zocken. Auf den Tag freute ich mich schon jetzt.

  »Sorry.« Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar. »Ich war bei meinen Eltern. Da war keine Zeit für einen Spontantrip nach Summerville.«

  »Ist das der einzige Grund?«, hakte sie eine Spur leiser nach. »Oder …?«

  Oder gab es noch einen anderen? Callie sprach diese Frage zwar nicht aus, aber wir wussten beide, was sie meinte. Und sie hatte recht, auch wenn ich es nur ungern zugab. Seit wir nicht mehr zusammen studierten, sahen wir uns nur noch selten. Bis vor zwei Jahren hatte ich sie öfter in ihrer Heimatstadt besucht, wo Callie jetzt zusammen mit Keith wohnte – der nicht nur ihr Freund, sondern auch ihr Stiefbruder war. Und da sollte noch mal jemand behaupten, mein Liebesleben wäre kompliziert. Aber im schönen Summerville mitten in Alabama lebte auch Faye Morganstern – und auf eine Begegnung mit ihr konnte ich gut und gerne verzichten. Was mit der Grund dafür war, dass ich seither kaum noch dort war.

  »Ich war beschäftigt«, behauptete ich – und das war nicht mal gelogen.

  Callies Stimme nahm einen weichen, mitfühlenden Klang an. »Wie geht es deiner Mom?«

  Ich biss die Zähne zusammen und blieb am Treppenabsatz kurz vor der Wohnung stehen. Mit den meisten Leuten aus der Highschool hatte ich keinen Kontakt mehr, genauso wenig mit den Kommilitonen aus meiner kurzen Zeit in Oregon. Nur Callie war noch da … und das, obwohl ich so dumm gewesen war, mich ausgerechnet in ihre beste Freundin zu verlieben. In ihre verlobte beste Freundin. Dass das nur in einem Desaster mit gebrochenem Herzen enden konnte, war abzusehen gewesen, trotzdem hatte ich mich darauf eingelassen. Und jetzt war ich hier, zwei Jahre später, und vermied es noch immer, nach Summerville zu fahren – nur wegen der Chance, dort Faye zu begegnen. Genauer gesagt Faye und ihrem Ehemann, dem Kerl, den sie letzten Endes doch noch geheiratet hatte.

  Doch trotz allem, was passiert war, hatte mir Callie nie die Freundschaft gekündigt. Irgendwie schaffte sie es, mit uns beiden befreundet zu bleiben, wofür ich ihr unendlich dankbar war. Denn sie war auch die Einzige, die von der Situation bei mir zu Hause wusste. Weder die Leute aus meiner WG, meine Kommilitonen, Gamer-Freunde oder die wenigen Frauen, mit denen ich kurzzeitig etwas gehabt hatte, ahnten auch nur das Geringste.

  »Nicht gut«, erwiderte ich nur, da ich nicht darüber reden wollte. Es hatte Jahre gedauert, bis ich Callie überhaupt von meiner Mom und ihrer Krankheit erzählt hatte. Bis dahin hatte ich noch alles, was darauf hindeutete, heruntergespielt: die häufigen Besuche daheim, die langen Telefonate, die hohen Arztrechnungen, die Dad und ich gemeinsam schulterten. Die blauen Flecken, wann immer ich von zu Hause kam.

  Callie seufzte. »Das tut mir ehrlich leid. Warum hast du nicht angerufen oder wenigstens kurz getextet? Ich hätte vorbeikommen und euch helfen können.«

  Weil ich nicht will, dass du hilfst. Weil ich nicht will, dass überhaupt jemand darüber Bescheid weiß, da ich das Mitleid nicht ertragen könnte. Und weil meine Eltern seit diesem einen Vorfall alles dafür getan haben, um den Schein zu wahren und niemanden wissen zu lassen, was im Hause Parker wirklich vor sich geht.

  Damals hatten wir noch nicht gewusst, was mit Mom los war. Sie war immer ein fröhlicher und herzlicher Mensch gewesen und hatte sich mit allen gut verstanden. Seien es die Nachbarn, die Eltern meiner Mitschüler oder die Kassiererinnen im Supermarkt. Mom konnte jedem ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Doch dann hatte sie sich innerhalb weniger Monate verändert. War schnippisch und aggressiv geworden. Und kurz bevor die Diagnose gekommen war, hatte ein ganz normales Gespräch mit der Nachbarin von gegenüber damit geendet, dass Mom sie ohne Vorwarnung aufs Übelste beschimpft hatte. Seither vermieden meine Eltern jeden Kontakt zur Außenwelt.

  Ich schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, dann riss ich sie wieder auf und ging weiter. »Es gibt nichts, bei dem du hättest helfen können, Callie. Aber trotzdem danke.«

  »Manchmal bist du so ein Idiot.«

  Ich schnaubte leise und kramte in meinem Rucksack nach dem Wohnungsschlüssel. »Warum sagen das in letzter Zeit immer alle?«

  »Weil es wahr ist. Außerdem rufe ich an, um dich daran zu erinnern, was in fünf Tagen ist.«

  Ich rechnete kurz nach und musste dann grinsen. »Was ist in fünf Tagen?«, fragte ich in gespielter Unwissenheit.

  »Der Feiertag des heiligen St. Parker, Schutzpatron der Freundschaften, Bestrafer der Vergesslichkeit. Schon mal von ihm gehört?«, war die trockene Antwort. »Mein Geburtstag, Mann!«

  Ich lachte lautlos. »Ich weiß. Ausnahmsweise habe ich es mir gemerkt.«

  »Wirklich?« Sie klang misstrauisch. Nicht ohne Grund, denn seit wir uns kannten, hatte ich ihren Geburtstag schon dreimal vergessen. Allerdings würde ich sogar meinen eigenen vergessen, wenn mich nicht jemand daran erinnern würde.

  »Was hast du geplant? Eine große Party in Summerville?«

  Als ich die Wohnungstür aufstieß, schallte mir Musik entgegen. Im ersten Raum rechts sang sich irgendeine Boyband aus den Neunzigern den Herzschmerz von der Seele (Sophie war wieder in Hochform), aus dem Zimmer daneben war ein japanisches Anime-Opening zu hören (Eliza schien hochkonzentriert zu arbeiten) und aus Raum Nummer drei auf der linken Seite dröhnte Hard Rock (Cole machte Sport oder arbeitete oder hatte Sex – wer wusste das bei ihm schon so genau?). Nur Lincolns Tür stand weit offen, was normalerweise hieß, dass er nicht daheim war.

  Es war ohnehin ein Wunder und außerdem eine Premiere, dass wir alle während der Semesterferien hier waren, statt irgendwo hinzufahren. Ich musste arbeiten, genau wie Sophie, Cole hatte einen Sommerk
urs belegt, außerdem lebte seine neue Freundin in der Stadt, und Lincoln jobbte und hatte sich eine ganze Reihe an Sommerseminaren aufgebürdet. Liz zeichnete rund um die Uhr an ihrer Graphic Novel, aber wenn ich mich nicht irrte, würde immerhin sie bald in den Flieger steigen und bis zum Ende des Sommers weg sein. Und sie würde uns fehlen, denn tatsächlich war das hier nicht nur eine bloße Zweckgemeinschaft, auch wenn es für die meisten von uns so angefangen hatte. Einzig Sophie und Cole kannten sich schon länger, der Rest von uns war nach und nach dazugestoßen, und mittlerweile fühlten wir uns alle ziemlich wohl in unserer WG. Zumindest solange Cole nicht wieder versuchte, uns alle umzubringen.

  »Ja, eine Party. Eine extrem gute Party. Und du bist eingeladen«, kam es aus dem Handy. »Ausreden zählen nicht. Wenn du unerwartet verunglückst oder plötzlich krank wirst, hast du trotzdem zu kommen. Und bei einem Aufenthalt im Krankenhaus sorgt meine Stiefmom dafür, dass du hierher verlegt wirst.«

  Ich prustete los. »Schon kapiert. Ich hatte fast vergessen, wie fordernd du sein kannst, Robertson.«

  »Ich bin noch nicht fertig.« Entgegen ihrer Warnung wurde Callies Stimme sanfter. »Sag mir das nächste Mal Bescheid, okay? Ich kann und ich will helfen – und du wirst das gefälligst annehmen, Donovan Parker!«

  Beim Klang meines vollen Namens schnitt ich eine Grimasse. Doch bevor ich darauf antworten konnte, wurde die Tür direkt neben mir mit einem Ruck aufgerissen.

  »Cole!«, rief Eliza quer durch die ganze Wohnung.

  Es dauerte nur ein, zwei Sekunden, dann ging auch Coles Tür auf. Er trug nur weiße Boxershorts, was zumindest eine meiner Vermutungen von eben bestätigte. »Was?! Ich bin beschäftigt!«

  »Wo ist mein schwarzer Pulli? Wenn du ihn wieder mitgewaschen hast …«

  Cole verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen. »Wie oft denn noch? Ich hab das Teil nicht gesehen! Was kann ich dafür, dass du ständig deine Klamotten herumliegen lässt?«

  »Gahh!« Sie fuhr sich mit beiden Händen durch das kurz geschnittene schwarze Haar und lenkte ihren mörderischen Blick auf die einzige andere Person im Flur – mich.

 

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