Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you Page 20

by Iosivoni, Bianca


  »Du bist total verspannt. Kein Wunder, dass du Kopfschmerzen hast.«

  Ich holte schon Luft, um mich zu beschweren, dass ihre beiden Daumen, die sich wie Brandeisen in meinen Körper bohrten, es nicht gerade besser machten, als der Druck ohne Vorwarnung nachließ. Jetzt strich Teagan wieder über meinen Nacken, und ich atmete erleichtert auf. Der Schmerz war fort, und meine Muskeln fühlten sich seltsam weich und locker an.

  Mit sicheren Bewegungen fuhr sie über die Seiten meines Halses und schob die Finger dann wieder in mein Haar. Ganz sachte massierte sie meine Kopfhaut, und mein Kinn sank erneut auf die Brust. Wie von selbst fielen mir die Augen zu, und ich musste hart an mich halten, um nicht laut aufzustöhnen. Scheiße, wer hätte gedacht, dass sich eine Kopfmassage so gut anfühlen würde?

  Aber Teagan war noch nicht fertig. Sie kam noch etwas näher und zog meinen Kopf ein wenig zurück, bis ich gegen sie gelehnt dasaß. Dann strich sie in sanften Bewegungen über meine Schläfen und meine Stirn, während ich nur daran denken konnte, wie verflucht nahe wir uns waren und wie gut sich das hier anfühlte. Die festen Berührungen ihrer Finger. Ihr warmer, weicher Körper hinter mir. Ihr Duft. Irgendetwas Frisches, Süßes, das sich schon auf der RTX in mein Gedächtnis eingebrannt hatte.

  Ein letztes Mal strich Teagan mir über Stirn und Schläfen, durch mein Haar und den Nacken hinunter bis zu den Schultern, dann hörte sie auf. Aber keiner von uns rührte sich.

  »Besser?« Ihr Mund war direkt an meinem Ohr, sodass sie nur flüstern musste, damit ich sie verstand.

  Ich horchte in mich hinein und war überrascht, wie gut das Ganze getan hatte. Das Hämmern in meinem Kopf war nicht vollständig verschwunden, hatte sich jedoch in ein dumpfes Pochen verwandelt, das nur noch ein Nachhall der bisherigen Schmerzen war.

  »Ja«, erwiderte ich überrascht. »Danke.«

  »Kein Problem.«

  Ich rechnete fest damit, dass Teagan mich auf der Stelle loslassen und sich wieder auf die andere Liege setzen würde – aber das passierte nicht. Stattdessen spürte ich sie noch immer hinter mir.

  Ihre Hand lag noch immer auf meinen Schultern, also griff ich danach und brachte ihre Finger an meine Lippen, um einen Kuss daraufzusetzen. Ihr Atem stockte für ein paar Sekunden, aber sie sagte kein Wort.

  »Weißt du, was seltsam ist?«, fragte ich, ohne ihre Hand loszulassen. Stattdessen strich ich mit dem Daumen ganz leicht über ihren Handrücken.

  »Was?«, wisperte sie.

  »Dass wir uns online und über Chats so gut kennen, aber offline und im richtigen Leben irgendwie nicht so richtig«, erwiderte ich genauso leise. Und dass wir online ohne Probleme miteinander flirten, reden oder uns beim Zocken sogar gegenseitig verfluchen konnten, während jetzt wieder dieses Zögern, diese leichte Befangenheit zwischen uns war. Wie schon am Anfang auf der RTX-After-Show-Party. Wie heute Nachmittag am Flughafen.

  Trotzdem hatte ich unseren Kuss fest in meinem Gedächtnis abgespeichert und spielte ihn wieder und wieder in Gedanken durch. Wir mussten nicht darüber reden oder klären, ob und was das für unsere Freundschaft bedeutete, damit ich jedes Mal, wenn ihr Name auf meinem Handy oder am PC auftauchte, an diesen Moment erinnert wurde. Daran, wie warm und weich ihre Lippen gewesen waren. Wie sie meinen Kuss erwidert hatte. Wie sich ihr Körper an meinen geschmiegt hatte. Und dass ich mehr gewollt hatte. Nicht nur in jener Nacht, sondern auch jetzt, zwei Wochen später, und wahrscheinlich auch noch in zwei Monaten oder in zwei Jahren. Das machte mir dieser Moment mit Teagan mitten in der Nacht im Garten nur noch deutlicher.

  Sie schwieg, löste sich aber auch nicht von mir. Ich zögerte ein, zwei Sekunden lang, drehte mich dann aber doch zu ihr um. Sie wich nicht zurück, kniete noch immer direkt hinter mir auf der Liege und sah mich geradewegs an. Ich müsste mich nur ein kleines bisschen nach vorne lehnen, um sie noch mal zu küssen. Allein bei der Vorstellung schoss Hitze durch meinen Körper. Ich schluckte hart und riss meinen Blick von Teagans Lippen los, um ihr wieder in die Augen zu sehen. Augen, deren exakte Farbe ich noch immer nicht herausgefunden hatte, die aber wunderschön waren. Genau wie die Frau, zu der sie gehörten.

  Ich merkte nicht mal, wie ich die Hand hob, bis ich die weiche Haut ihrer Wange unter meinen Fingerkuppen spürte. Ihre Lippen teilten sich, aber sie sagte noch immer kein Wort, schien genauso gebannt zu sein wie ich. Ich strich bis zu ihrem Kinn hinab, wo ich eine kleine Kuhle wahrnahm, wie von einem Sturz oder einer alten Narbe. Etwas, das man nicht auf den ersten, nicht mal auf den zweiten Blick erkannte, sondern nur, wenn man Teagan so nahe kam wie ich gerade. Und damit etwas, worüber ich mich absurderweise viel zu sehr freute.

  »Ich würde dich jetzt wahnsinnig gerne küssen«, raunte ich.

  »Warum tust du es dann nicht?«

  Mit welcher Antwort ich auch immer gerechnet hatte, diese war eindeutig nicht dabei gewesen. Ich konnte gar nicht anders, als zu lächeln – und Teagans frecher Forderung nachzukommen. Langsam lehnte ich mich zu ihr und presste meinen Mund auf ihren.

  Was nur ein Streichen, eine kleine Kostprobe, eine Erinnerung an jenen Kuss in Texas sein sollte, wurde schnell zu mehr. Sehr viel mehr. Es war beinahe, als würde sich alles in mir einzig und allein auf Teagan konzentrieren – auf ihren Geschmack, ihren Geruch, das leise Seufzen, das ihr jetzt entkam, und auf das Gefühl ihrer Lippen auf meinen.

  Mein Denken setzte aus.

  In der einen Sekunde hatte ich noch die feste Absicht, sie sanft und behutsam zu küssen, in der nächsten saß sie auf meinem Schoß, und ich hatte keine Ahnung, ob ich sie an mich gezogen hatte oder sie von selbst näher gerückt war. Nicht, dass es irgendeine Rolle gespielt hätte, denn ihr jetzt so nahe zu sein, ihre Wärme so viel deutlicher und an genau den richtigen Stellen spüren zu können, ließ mich alles um uns herum vergessen.

  Ich knabberte nicht zärtlich an ihrer Unterlippe, sondern biss hinein und nutzte ihr Keuchen schamlos aus, um mit der Zunge in ihren Mund zu gleiten. Meine Hände verselbstständigten sich, fuhren über die nackte Haut ihrer Oberschenkel bis zum Saum und Bund ihrer viel zu kurzen Stoffhose und dann direkt unter ihr Top. Teagan stöhnte auf, und es erfüllte mich mit verdammt viel Genugtuung, nicht nur ihr Erschauern zu bemerken, sondern auch die Gänsehaut unter meinen Fingern spüren zu können.

  Als Reaktion darauf krallte sie die Finger in mein Haar, was wiederum mir ein Keuchen entlockte. Scheiße, fühlte sich das gut an. Noch besser wurde es nur, wenn sie sich dabei auch noch an mich presste, so wie jetzt. Meine linke Hand blieb unter ihrem Shirt, mit der rechten glitt ich tiefer bis zu ihrem unteren Rücken und drückte sie fester an mich.

  Warum hatten wir in Texas nach diesem viel zu kurzen Kuss aufgehört? Ich hatte keine verdammte Ahnung. Denn das hier, die Kombination aus uns beiden, fühlte sich viel zu gut an, um jemals wieder damit aufzuhören.

  Ich löste mich zögernd von Teagans Lippen, und das auch nur, um den Mund auf ihren Hals zu pressen, weil ich mehr von ihr erkunden, mehr über sie in Erfahrung bringen wollte. Ich wollte wissen, was und wie es ihr am besten gefiel, aber vor allem wollte ich derjenige sein, der alle möglichen Empfindungen in ihr auslöste. Derjenige, bei dessen Küssen sie leise aufstöhnte. Derjenige, an den sie sich klammerte, während sie sich ihm entgegendrängte. Derjenige, bei dem sie sich voll und ganz fallen ließ.

  Kuss für Kuss wanderte ich von ihrem Hals über ihre Schulter, bis ich den Träger ihres Tops erreicht hatte und ihn beiseiteschob, um die darunter liegende Haut ebenfalls zu liebkosen. Teagan erschauerte in meinen Armen. Ihre Finger bohrten sich in meine Schultern, strichen über meine Arme, meinen Rücken, als wüsste sie nicht, wohin mit sich. Oder als würde alles in ihr genauso darauf drängen, mehr zu erkunden.

  Von ihrer Schulter aus küsste ich mich abwärts, jetzt etwas langsamer als zuvor. Die Haut an ihrem Dekolleté war ganz weich und wurde immer zarter, je näher ich ihren Brüsten kam.

  »Parker …«, stieß sie hervor, und ich wusste nicht, ob es eine Warnung oder eine Einladung sein sollte, ihr noch näher zu kommen.

  Schwer atmend hob ich den Kopf. Selbst in der Dunkelheit konnte ich das Verlangen in ihren Augen le
sen und bemerkte, dass ihre Lippen vom Küssen leicht geschwollen waren. Aber statt dem Impuls in mir nachzugeben und meinen Mund sofort wieder auf ihren zu drücken, suchte ich ihren Blick.

  Teagans Atmung ging genauso schnell wie meine. Sie rückte nicht von mir ab, schob mich nicht von sich, trotzdem war da auf einmal ein Zögern, das zuvor nicht da gewesen war.

  »Ich will nicht, dass es kompliziert zwischen uns wird …« Ihre Stimme war kaum hörbar und dennoch ein bisschen heiser.

  »Warum muss es kompliziert sein?«, fragte ich genauso leise, hielt mich jedoch davon ab, Teagan erneut zu berühren. Ich würde sie nicht verführen, nur damit sie einen weiteren Kuss oder mehr zuließ, ganz egal, wie sehr ich genau das wollte. Sie sollte es genauso wollen. Aber vor allem musste ich begreifen, warum sie uns gestoppt hatte. Warum sie dachte, dass es alles verkomplizieren würde.

  »Weil …«, begann sie, doch statt weiterzusprechen nahm sie mein Gesicht in die Hände und lehnte die Stirn für einen viel zu kurzen Moment gegen meine. Dann richtete sie sich seufzend wieder auf. »Weil ich keine Ahnung habe, wo ich in ein paar Wochen sein werde. Ich warte immer noch auf eine Zusage von meinen Wunschunis, und wenn keine kommt, werde ich auf irgendein x-beliebiges College gehen und irgendeinen Bullshit studieren, damit ich wenigstens irgendetwas tue, und danach hoffentlich einen Abschluss in der Tasche habe. Ich könnte auf der anderen Seite des Kontinents landen. Oder in Seattle bleiben, was genauso weit entfernt wäre. Und davon abgesehen, das hier …« Sie deutete zwischen uns hin und her. »Das ist … Du bist mir zu wichtig geworden, um dich zu verlieren.«

  Ich suchte ihren Blick und hielt ihn fest. »Das wirst du nicht. Ganz egal, was passiert und wo du in ein paar Wochen anfängst zu studieren. Es gibt immer noch Handys, Internet, WLAN. Na gut, zumindest sobald dein Dad den Router wieder anschließt oder du ausgezogen bist«, fügte ich hinzu, als sie das Gesicht verzog, und griff nach ihren Händen.

  Sie widersprach nicht, wirkte aber auch nicht besonders glücklich – oder überzeugt.

  »Hey … Das ist mein Ernst.« Ich zupfte an ihren Fingern und zog sie schließlich ganz an mich, damit ich die Arme um sie legen und ihr einen Kuss auf die Haare geben konnte. Himmel, sie roch so gut … Aber hier ging es um etwas anderes. Konzentrier dich, Parker. »So leicht wirst du mich nicht los. Schon gar nicht wegen etwas so Lächerlichem wie einem Kuss. Okay?«

  Es dauerte ein paar Sekunden, doch dann spürte ich sie nicken. »Okay. Auch wenn dieser Kuss alles andere als lächerlich war. Genauso wenig wie der davor.«

  Ich grinste und ignorierte die Hitze, die sich bei der Erinnerung daran in mir ausbreitete. Stattdessen schob ich den Träger ihres Oberteils langsam wieder hoch. »Stimmt. Beide waren episch. Die Leute sollten Romane darüber schreiben und Filme dazu drehen. Zumindest ein Gedicht oder einen eigenen Song hätten wir verdient.«

  Teagan lachte auf, und in dem Moment wusste ich, dass für sie alles zwischen uns wieder in Ordnung war. Und nur darauf kam es an, oder? Ganz egal, wie sehr ich mich zu ihr hingezogen fühlte, ich wollte genauso wenig, dass sich irgendetwas zwischen uns änderte oder schwierig und dadurch unangenehm wurde. Dafür war sie mir in der kurzen Zeit, die wir uns jetzt kannten, viel zu wichtig geworden. Auch wenn ich nichts gegen einen – oder tausend – weitere Küsse einzuwenden gehabt hätte. Absolut nicht. Aber ich respektierte ihre Entscheidung. Selbst wenn es mir alles andere als leichtfiel.

  Wir blieben noch eine Weile in einvernehmlichem Schweigen draußen sitzen, bis uns beiden die Augen zufielen, dann gingen wir wieder rein. Im Flur verabschiedeten wir uns voneinander, und ich sah ihr vielleicht eine Spur zu lange nach. Womöglich war ich in Gedanken aber auch noch immer bei diesem unglaublichen Kuss im Garten – und musste dann ­feststellen, dass ich um die kalte Dusche wohl nicht herumkam. Shit.

  Parker

  Hey Teagan?

  Parker

  Tea-Tea?

  Parker

  TR?

  Parker

  Hallo?

  Parker

  Schläfst du schon?

  Teagan

  Jetzt nicht mehr

  Parker

  Oh

  Teagan

  Teagan

  WAS WILLST DU??

  Parker

  Jetzt nichts mehr Du machst mir Angst

  Teagan

  Dein verdammter Ernst??

  Parker

  Na ja … irgendwo hab ich mal gelesen, Mädchen mögen es, wenn man ihnen mitten in der Nacht textet. Soll total romantisch sein oder so

  Teagan

  Wer auch immer diesen Mist verfasst hat – töte ihn! Töte ihn langsam und qualvoll!

  Parker

  Teagan

  Ich war gerade eingeschlafen, du Idiot!!

  Parker

  Sorry

  Teagan

  &/gZU30!u8q3e!«

  Teagan

  Parker

  Ich mach es wieder gut

  Teagan

  …

  Parker

  Versprochen!

  Teagan

  Hast du ernsthaft Angst vor mir?

  Parker

  Du kannst ziemlich einschüchternd sein, wenn du willst. Außerdem will ich nicht, dass du plötzlich mitten in der Nacht vor meinem Bett stehst und …

  Parker

  Warte mal. Doch. Tu bitte genau das

  Teagan

  Teagan

  Ich versuche jetzt wieder zu schlafen. Wenn du mich noch mal weckst, wird meine Rache grausam sein!

  Teagan

  Parker?

  Teagan

  Hallooo?

  Teagan

  Hey!

  Teagan

  Du bist jetzt nicht ernsthaft eingeschlafen, oder?

  Teagan

  Level 13

  Teagan

  »Und das war’s.« Cole breitete die Arme in einer lässigen Geste aus. »Das ist alles, was man gesehen haben muss.«

  Bei ihm klang das so simpel. So als wäre es nichts Besonderes, mitten auf dem Campus des West Florida Media & Arts College zu stehen. Umringt von Bäumen, Palmen, perfekt getrimmtem Rasen und den Fakultätsgebäuden, die eine bunte Mischung aus Südstaaten-Charme und moderner Architektur im Glaskasten darstellten. Hier gab es nicht nur die Studienrichtung Game Design, sondern auch Bildende Künste, Produkt-, Interior, Textil-, Grafik- und Schmuckdesign, Animation, Film und Theater, Fotografie, Fashion Management, Journalismus, Kreatives Schreiben und vieles mehr. Dafür, dass es ein so kleines College war, war die Auswahl beträchtlich. Und ich liebte sie.

  Obwohl der Campus jetzt in den Sommerferien so gut wie ausgestorben war, konnte ich mir nur zu deutlich vorstellen, wie es während des Semesters hier aussehen musste. Keine adretten Jura- oder gestressten Medizinstudenten bevölkerten die Wege zwischen den Gebäuden, sondern Leute wie Cole und ich. Kreative Menschen, die sich selbst und ihre Ideen verwirklichen wollten.

  »Also, wann willst du herziehen?«, fragte Cole, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, dass ich hier anfangen würde zu studieren. »Die Wohnsituation ist nicht ganz so einfach, aber wenn du dich früh genug umsiehst, findest du bestimmt was. Es gibt tolle WGs.« Er wackelte mit den Brauen. »Außerdem wirst du einen Wagen brauchen – falls du nicht deinen von zu Hause mitnimmst. Parker meinte, du kommst aus der Nähe von Seattle, also wäre das eine echt lange Fahrt. Aber keine Sorge. Der Cousin meines Schwagers verkauft Gebrauchtwagen am anderen Ende der Stadt. Die Kisten sind nicht mehr ganz so gut in Schuss, aber wenn du willst, kann ich dir bestimmt einen Deal aushandeln und – «

  »Whoa, warte mal!« Ich riss abwehrend die Hände in die Höhe.

  »Hm?« Er hatte die Finger im Nacken verschränkt und drehte sich jetzt mit einem fragenden Gesichtsausdruck zu mir um.

  »Das klingt so, als wäre es schon sicher, dass ich im Herbstsemester hier anfange.«

  Seine dunklen Brauen wanderten weit hoch. »Ist es nicht?«

  Ich war kurz davor, aufzulachen, unterdrückte den Impuls jedoch. »Die Entscheidung liegt nicht allein bei mir, weißt du«, erklärte ich. »Ich muss erst noch angenommen werden.
«

  Cole winkte ab. »Ach, die kreativen Colleges sind alles Diven. Sie lassen sich am meisten Zeit mit den Zusagen. Solange du noch keine Absage bekommen hast, würde ich mir keine Gedanken machen.«

  Aber das tat ich. Jetzt umso mehr, da ich hier war und die Möglichkeit, auf diesem Campus und in dieser Stadt zu studieren, direkt vor Augen hatte.

  In Austin war das College kleiner und die Studiengänge etwas enger gefasst – ein Punkt, von dem ich ursprünglich gedacht hatte, dass er mir ganz besonders wichtig wäre. Aber der kreative Mix auf diesem Campus fühlte sich genau richtig an, und außerdem kannte ich hier schon eine Handvoll Leute. Leute, die tatsächlich zu so etwas wie Freunden werden könnten. Vielleicht. Meine bisherigen Erfahrungen auf dem Gebiet waren eher begrenzt und hatten allesamt kein schönes Ende genommen. Vielleicht wäre es also klüger, irgendwo ganz neu anzufangen, wo ich noch keine Menschenseele kannte. Andererseits … Ich ließ meinen Blick über den Campus wandern, über die Palmen und Fakultätsgebäude, den Glaskasten, der in der Sonne schillerte, und das niedliche kleine Café mit den ­Tischen und Stühlen draußen, und seufzte tief. Ich mochte es hier. Und das hatte nichts mit Parker, Cole und den anderen zu tun.

  Okay, höchstens ein klitzekleines bisschen.

  »Parker studiert nicht hier, oder?« Ich hatte nicht mal gemerkt, dass ich darüber nachgedacht hatte, bis ich die Frage laut ausgesprochen hatte.

  »Nope. Parker geht auf die University of West Florida. Sein Hauptfach ist Business Administration. Aber keine Sorge«, fügte Cole mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck hinzu, »das ist ganz in der Nähe. Man kann quasi rüberspucken.«

  Ich schnaubte und tat alles, um die Hitze zu ignorieren, die sich gerade in meinen Wangen ausbreitete. Und um nicht an unsere Begegnung im Garten letzte Nacht denken zu müssen. »Was ist mit den anderen?«, lenkte ich ab. »Sophie und Lincoln studieren doch auch, richtig?«

  »Genau. Sophie studiert auch hier, und hängt meistens in dem schicken Bau da ab.« Cole deutete auf ein hellrotes Backsteingebäude, das etwas neuer wirkte als seine Nachbarn. »Lincoln ist die meiste Zeit als Rettungsschwimmer am Strand, aber wenn er sich nicht gerade sonnt oder mit hübschen Mädels in knappen Bikinis flirtet, studiert er Cyber Security am State College. Und Eliza geht auch aufs WFMAC. Sie programmiert Games und Apps, manchmal haben wir auch gemeinsame Kurse.«

 

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