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Ahead of All Parting

Page 5

by Rainer Maria Rilke


  dripping, upon his face. The other stood

  and rested for a minute. A few drops fell

  from the stiff scrub-brush, as his horrible

  contorted hand was trying to make the whole

  room aware that he no longer thirsted.

  And he did let them know. With a short cough,

  as if embarrassed, they both began to work

  more hurriedly now, so that across

  the mute, patterned wallpaper their thick

  shadows reeled and staggered as if bound

  in a net; till they had finished washing him.

  The night, in the uncurtained window-frame,

  was pitiless. And one without a name

  lay clean and naked there, and gave commands.

  SCHWARZE KATZE

  Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle,

  dran dein Blick mit einem Klange stößt;

  aber da, an diesem schwarzen Felle

  wird dein stärkstes Schauen aufgelöst:

  wie ein Tobender, wenn er in vollster

  Raserei ins Schwarze stampft,

  jählings am benehmenden Gepolster

  einer Zelle aufhört und verdampft.

  Alle Blicke, die sie jemals trafen,

  scheint sie also an sich zu verhehlen,

  um darüber drohend und verdrossen

  zuzuschauern und damit zu schlafen.

  Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,

  ihr Gesicht und mitten in das deine:

  und da triffst du deinen Blick im geelen

  Amber ihrer runden Augensteine

  unerwartet wieder: eingeschlossen

  wie ein ausgestorbenes Insekt.

  BLACK CAT

  A ghost, though invisible, still is like a place

  your sight can knock on, echoing; but here

  within this thick black pelt, your strongest gaze

  will be absorbed and utterly disappear:

  just as a raving madman, when nothing else

  can ease him, charges into his dark night

  howling, pounds on the padded wall, and feels

  the rage being taken in and pacified.

  She seems to hide all looks that have ever fallen

  into her, so that, like an audience,

  she can look them over, menacing and sullen,

  and curl to sleep with them. But all at once

  as if awakened, she turns her face to yours;

  and with a shock, you see yourself, tiny,

  inside the golden amber of her eyeballs

  suspended, like a prehistoric fly.

  DIE FLAMINGOS

  Jardin des Plantes, Paris

  In Spiegelbildern wie von Fragonard

  ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte

  nicht mehr gegeben, als dir einer böte,

  wenn er von seiner Freundin sagt: sie war

  noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne

  und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht,

  beisammen, blühend, wie in einem Beet,

  verführen sie verführender als Phryne

  sich selber; bis sie ihres Auges Bleiche

  hinhalsend bergen in der eignen Weiche,

  in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt.

  Auf einmal kreischt ein Neid durch die Volière;

  sie aber haben sich erstaunt gestreckt

  und schreiten einzeln ins Imaginäre.

  THE FLAMINGOS

  Jardin des Plantes, Paris

  With all the subtle paints of Fragonard

  no more of their red and white could be expressed

  than someone would convey about his mistress

  by telling you, “She was lovely, lying there

  still soft with sleep.” They rise above the green

  grass and lightly sway on their long pink stems,

  side by side, like enormous feathery blossoms,

  seducing (more seductively than Phryne)

  themselves; till, necks curling, they sink their large

  pale eyes into the softness of their down,

  where apple-red and jet-black lie concealed.

  A shriek of envy shakes the parrot cage;

  but they stretch out, astonished, and one by one

  stride into their imaginary world.

  BUDDHA IN DER GLORIE

  Mitte aller Mitten, Kern der Kerne,

  Mandel, die sich einschließt und versüßt,—

  dieses Alles bis an alle Sterne

  ist dein Fruchtfleisch: Sei gegrüßt.

  Sieh, du fühlst, wie nichts mehr an dir hängt;

  im Unendlichen ist deine Schale,

  und dort steht der starke Saft und drängt.

  Und von außen hilft ihm ein Gestrahle,

  denn ganz oben werden deine Sonnen

  voll und glühend umgedreht.

  Doch in dir ist schon begonnen,

  was die Sonnen übersteht.

  BUDDHA IN GLORY

  Center of all centers, core of cores,

  almond self-enclosed and growing sweet—

  all this universe, to the furthest stars

  and beyond them, is your flesh, your fruit.

  Now you feel how nothing clings to you;

  your vast shell reaches into endless space,

  and there the rich, thick fluids rise and flow.

  Illuminated in your infinite peace,

  a billion stars go spinning through the night,

  blazing high above your head.

  But in you is the presence that

  will be, when all the stars are dead.

  FROM

  Requiem

  (1909)

  REQUIEM FÜR EINE FREUNDIN

  Ich habe Tote, und ich ließ sie hin

  und war erstaunt, sie so getrost zu sehn,

  so rasch zuhaus im Totsein, so gerecht,

  so anders als ihr Ruf. Nur du, du kehrst

  zurück; du streifst mich, du gehst um, du willst

  an etwas stoßen, daß es klingt von dir

  und dich verrät. O nimm mir nicht, was ich

  langsam erlern. Ich habe recht; du irrst

  wenn du gerührt zu irgend einem Ding

  ein Heimweh hast. Wir wandeln dieses um;

  es ist nicht hier, wir spiegeln es herein

  aus unserm Sein, sobald wir es erkennen.

  Ich glaubte dich viel weiter. Mich verwirrts,

  daß du gerade irrst und kommst, die mehr

  verwandelt hat als irgend eine Frau.

  Daß wir erschraken, da du starbst, nein, daß

  dein starker Tod uns dunkel unterbrach,

  das Bisdahin abreißend vom Seither:

  das geht uns an; das einzuordnen wird

  die Arbeit sein, die wir mit allem tun.

  Doch daß du selbst erschrakst und auch noch jetzt

  den Schrecken hast, wo Schrecken nicht mehr gilt;

  daß du von deiner Ewigkeit ein Stück

  verlierst und hier hereintrittst, Freundin, hier,

  wo alles noch nicht ist; daß du zerstreut,

  zum ersten Mal im All zerstreut und halb,

  den Aufgang der unendlichen Naturen

  nicht so ergriffst wie hier ein jedes Ding;

  daß aus dem Kreislauf, der dich schon empfing,

  die stumme Schwerkraft irgend einer Unruh

  dich niederzieht zur abgezählten Zeit—:

  dies weckt mich nachts oft wie ein Dieb, der einbricht.

  Und dürft ich sagen, daß du nur geruhst,

  daß du aus Großmut kommst, aus Überfülle,

  weil du so sicher bist, so in dir selbst,

  REQUIEM FOR A FRIEND

  I have my dead, and I have let them go,

  and was amazed to see them so contented,

  so soon at home in being dead, so cheerful,

  so unlike their reputation. Only you

  return; brush past me, loiter, try to knock

  against something, so that the sound reveals

  you
r presence. Oh don’t take from me what I

  am slowly learning. I’m sure you have gone astray

  if you are moved to homesickness for anything

  in this dimension. We transform these Things;

  they aren’t real, they are only the reflections

  upon the polished surface of our being.

  I thought you were much further on. It troubles me

  that you should stray back, you, who have achieved

  more transformation than any other woman.

  That we were frightened when you died … no; rather:

  that your stern death broke in upon us, darkly,

  wrenching the till-then from the ever-since—

  this concerns us: setting it all in order

  is the task we have continually before us.

  But that you too were frightened, and even now

  pulse with your fear, where fear can have no meaning;

  that you have lost even the smallest fragment

  of your eternity, Paula, and have entered

  here, where nothing yet exists; that out there,

  bewildered for the first time, inattentive,

  you didn’t grasp the splendor of the infinite

  forces, as on earth you grasped each Thing;

  that, from the realm which already had received you,

  the gravity of some old discontent

  has dragged you back to measurable time—:

  this often startles me out of dreamless sleep

  at night, like a thief climbing in my window.

  If I could say it is only out of kindness,

  out of your great abundance, that you have come,

  because you are so secure, so self-contained,

  *

  daß du herumgehst wie ein Kind, nicht bange

  vor Örtern, wo man einem etwas tut—:

  doch nein: du bittest. Dieses geht mir so

  bis ins Gebein und querrt wie eine Säge.

  Ein Vorwurf, den du trügest als Gespenst,

  nachtrügest mir, wenn ich mich nachts zurückzieh

  in meine Lunge, in die Eingeweide,

  in meines Herzens letzte ärmste Kammer,—

  ein solcher Vorwurf wäre nicht so grausam,

  wie dieses Bitten ist. Was bittest du?

  Sag, soll ich reisen? Hast du irgendwo

  ein Ding zurückgelassen, das sich quält

  und das dir nachwill? Soll ich in ein Land,

  das du nicht sahst, obwohl es dir verwandt

  war wie die andre Hälfte deiner Sinne?

  Ich will auf seinen Flüssen fahren, will

  an Land gehn und nach alten Sitten fragen,

  will mit den Frauen in den Türen sprechen

  und zusehn, wenn sie ihre Kinder rufen.

  Ich will mir merken, wie sie dort die Landschaft

  umnehmen draußen bei der alten Arbeit

  der Wiesen und der Felder; will begehren,

  vor ihren König hingeführt zu sein,

  und will die Priester durch Bestechung reizen,

  daß sie mich legen vor das stärkste Standbild

  und fortgehn und die Tempeltore schließen.

  Dann aber will ich, wenn ich vieles weiß,

  einfach die Tiere anschaun, daß ein Etwas

  von ihrer Wendung mir in die Gelenke

  herübergleitet; will ein kurzes Dasein

  in ihren Augen haben, die mich halten

  und langsam lassen, ruhig, ohne Urteil.

  Ich will mir von den Gärtnern viele Blumen

  hersagen lassen, daß ich in den Scherben

  der schönen Eigennamen einen Rest

  herüberbringe von den hundert Düften.

  Und Früchte will ich kaufen, Früchte, drin

  das Land noch einmal ist, bis an den Himmel.

  *

  that you can wander anywhere, like a child,

  not frightened of any harm that might await you …

  But no: you’re pleading. This penetrates me, to

  my very bones, and cuts at me like a saw.

  The bitterest rebuke your ghost could bring me,

  could scream to me, at night, when I withdraw

  into my lungs, into my intestines,

  into the last bare chamber of my heart,—

  such bitterness would not chill me half so much

  as this mute pleading. What is it that you want?

  Tell me, must I travel? Did you leave

  some Thing behind, some place, that cannot bear

  your absence? Must I set out for a country

  you never saw, although it was as vividly

  near to you as your own senses were?

  I will sail its rivers, search its valleys, inquire

  about its oldest customs; I will stand

  for hours, talking with women in their doorways

  and watching, while they call their children home.

  I will see the way they wrap the land around them

  in their ancient work in field and meadow; will ask

  to be led before their king; will bribe the priests

  to take me to their temple, before the most

  powerful of the statues in their keeping,

  and to leave me there, shutting the gates behind them.

  And only then, when I have learned enough,

  I will go to watch the animals, and let

  something of their composure slowly glide

  into my limbs; will see my own existence

  deep in their eyes, which hold me for a while

  and let me go, serenely, without judgment.

  I will have the gardeners come to me and recite

  many flowers, and in the small clay pots

  of their melodious names I will bring back

  some remnant of the hundred fragrances.

  And fruits: I will buy fruits, and in their sweetness

  that country’s earth and sky will live again.

  *

  Denn Das verstandest du: die vollen Früchte.

  Die legtest du auf Schalen vor dich hin

  und wogst mit Farben ihre Schwere auf.

  Und so wie Früchte sahst du auch die Fraun

  und sahst die Kinder so, von innen her

  getrieben in die Formen ihres Daseins.

  Und sahst dich selbst zuletzt wie eine Frucht,

  nahmst dich heraus aus deinen Kleidern, trugst

  dich vor den Spiegel, ließest dich hinein

  bis auf dein Schauen; das blieb groß davor

  und sagte nicht: das bin ich; nein: dies ist.

  So ohne Neugier war zuletzt dein Schaun

  und so besitzlos, von so wahrer Armut,

  daß es dich selbst nicht mehr begehrte: heilig.

  So will ich dich behalten, wie du dich

  hinstelltest in den Spiegel, tief hinein

  und fort von allem. Warum kommst du anders?

  Was widerrufst du dich? Was willst du mir

  einreden, daß in jenen Bernsteinkugeln

  um deinen Hals noch etwas Schwere war

  von jener Schwere, wie sie nie im Jenseits

  beruhigter Bilder ist; was zeigst du mir

  in deiner Haltung eine böse Ahnung;

  was heißt dich die Konturen deines Leibes

  auslegen wie die Linien einer Hand,

  daß ich sie nicht mehr sehn kann ohne Schicksal?

  Komm her ins Kerzenlicht. Ich bin nicht bang,

  die Toten anzuschauen. Wenn sie kommen,

  so haben sie ein Recht, in unserm Blick

  sich aufzuhalten, wie die andern Dinge.

  Komm her; wir wollen eine Weile still sein.

  Sieh diese Rose an auf meinem Schreibtisch;

  ist nicht das Licht um sie genau so zaghaft

  wie über dir: sie dürfte auch nicht hier sein.

  Im Garten draußen, unvermischt mit mir,

  hätte sie bleiben müssen oder hingehn,—

  nun währt sie so: was ist ihr mein Bewußtsein?


  *

  For that is what you understood: ripe fruits.

  You set them before the canvas, in white bowls,

  and weighed out each one’s heaviness with your colors.

  Women too, you saw, were fruits; and children, molded

  from inside, into the shapes of their existence.

  And at last, you saw yourself as a fruit, you stepped

  out of your clothes and brought your naked body

  before the mirror, you let yourself inside

  down to your gaze; which stayed in front, immense,

  and didn’t say: I am that; no: this is.

  So free of curiosity your gaze

  had become, so unpossessive, of such true

  poverty, it had no desire even

  for you yourself; it wanted nothing: holy.

  And that is how I have cherished you—deep inside

  the mirror, where you put yourself, far away

  from all the world. Why have you come like this

  and so denied yourself? Why do you want

  to make me think that in the amber beads

  you wore in your self-portrait, there was still

  a kind of heaviness that can’t exist

  in the serene heaven of paintings? Why do you show me

  an evil omen in the way you stand?

  What makes you read the contours of your body

  like the lines engraved inside a palm, so that

  I cannot see them now except as fate?

  Come into the candlelight. I’m not afraid

  to look the dead in the face. When they return,

  they have a right, as much as other Things do,

  to pause and refresh themselves within our vision.

  Come; and we will be silent for a while.

  Look at this rose on the corner of my desk:

  isn’t the light around it just as timid

  as the light on you? It too should not be here,

  it should have bloomed or faded in the garden,

  outside, never involved with me. But now

  it lives on in its small porcelain vase:

  what meaning does it find in my awareness?

  *

  Erschrick nicht, wenn ich jetzt begreife, ach,

  da steigt es in mir auf: ich kann nicht anders,

 

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