Ashes for Breakfast

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Ashes for Breakfast Page 12

by Durs Grünbein


  Of glass and steel emporia, four stories high and stuffed with goods.

  Those who live here do so hurriedly and at their peril.

  At night, street-sweeping machines produce the requisite sheerness of surface.

  Above the sheen of ice-skating rinks, neon signs spread—

  Rumorlike—the names the phone book is crawling with.

  The last bourgeois dramas pop up in the mid-season sales.

  There’s a church here, somewhat reminiscent of a bunker,

  Since its snapped-off tower, a broken bottleneck, has been plugged

  With the same stuff as provides the echoes in multistory parking garages.

  If a smile emerges from the subway, it will encounter something Mannerist.

  If there are teeth in the asphalt, they will be those of dispatch riders

  Taking a tumble, or window cleaners plunged from their scaffolding.

  The green traffic island serves as a trampoline. In the rush-hour traffic,

  Some spy fortune’s wheel, while others merely cop a fine.

  However much junk you cram in your pockets to take with you

  When you go, enough will still remain in situ for the young lady archaeologist,

  Kneeling in the ruins of fabled cities, in her hand a camel-hair brush—

  Distant, degenerate descendant of the mason’s trowel.

  II

  ANHALTER BAHNHOF)

  This is where the tanks about-faced

  And papyrossa or peace-pipe smoke fumed from their stumpy turrets.

  No longer end of the line for any Reichsbahn train,

  The Mongol hordes here hit the buffer.

  Hellas-Express. The departure of the rich and beautiful,

  Cushioned in their private compartments, for the warm south.

  A Russian stood as point man,

  Collecting watches, jewelry, the victor’s tithe.

  The rail crossings were marked in Cyrillic. Charred roof beams

  Pointed the way through avenues of ruins.

  To smirk at the red star would have been

  The gravest sacrilege. They let it go, the idea

  Of razing Berlin, that nest of vipers, like Carthage,

  Leaving the shadow of a metropolis in the Brandenburg sand.

  Then goulash steamed and Cossacks danced,

  Even if old mother Krause had nothing to laugh about.

  III

  FRIEDRICHSHAIN)

  No, that was no welcome—

  Look at the bullet holes in home after home.

  Those were volleys, not salvos,

  Back then in Friedrichshain.

  There wasn’t much fraternization.

  Anyone in a machine-gun emplacement fired for what he was worth.

  Maybe the dogs and haws in the park

  Picked up a trick or two.

  The white flags were taken down by a cold winter.

  Sheets and bandages were needed.

  That pleas went unheeded in the cellars

  Is something you can sense, in Friedrichshain.

  IV

  POTSDAMER PLATZ)

  They’re churning up the ground for the capital city in spe.

  Earthmovers go in in advance of the nocturnal desolation.

  Germania in her bunker, stretched out on her Prussian chaise longue,

  Is disturbed in her sleep, and rolls over in the dirt.

  It takes Downtown Berlin to help the diva loosen up.

  Then, panting for it, the great Valkyrie spreads her thighs.

  The brain, in its lucid moments of bitterness,

  Sniffs something that cries out for destruction.

  V

  EPILOGUE)

  What’s going on here, you ask, nothing looks familiar

  As you hunch under cranes. Didn’t you use to be a giant

  And have the place at your feet? Squares shrank to Lilliputian scale

  When you surfaced. One “Atchoo!” brought down whole apartment blocks.

  This used to be waste ground, sand, and a bit of scorched grass,

  Not marked on the map. Now no one believes you when you say

  Goya’s colossus used to sit here, waiting for it to revert to steppe.

  You dropped your guard, and everything was suddenly knocked down.

  The Prussian blue afternoon—four sectors, two versions—

  Has turned into an hour of gray exhaust, as Tom, Dick, and Harry

  Crawl past each other in the rush. Half the population

  Is stuck in traffic, their watchword: “Faster living!”

  Show the ancients the score. Not too much sign of the Graces

  But lockstep and tunnel vision aplenty. Who needs a key for the door,

  The way prefab apartments squelch out of cement mixers?

  One day your eye lights on reptiles battened to the glass façades—

  Unblinking, impassive—supervising the evictions.

  It’s only habit, downsized, that keeps returning to its dead haunts.

  GRÜßE AUS DER HAUPTSTADT DES VERGESSENS

  Täglich weht ein leichter Wind hier durchs Gedächtnis.

  Schleift die Eigenschaften ab, hält das Gewissen rein.

  Unbeschwert geht man, gebräunt, durchs Leben. Den Besucher

  Lädt das Lächeln weißer Zähne nicht zum Essen ein,

  Nein, zum Vergessen. Und den Strand am Ufer der Phäaken

  Säumen Palmen, grüne Säulenreihn. In hellen Villen

  Wohnen Leinwand-Engel, diese Ewigschönen, Immerjungen.

  Jeder Friedhof duftet, im WC die Seife, nach Vanille.

  *

  Freunde, es ist Winter hier, sprich zwanzig Grad im Schatten.

  Fönwind aus den Bergen zaust die Trockenhaube,

  Die der Stadt schief aufgestülpt ist als ein gelber Dunst.

  Manchmal sieht man bis in fernste Fernen, was den Glauben

  An ein Jenseits abkürzt. Ist das Himmelreich erst irdisch,

  Kann sich jeder schnell in Luft auflösen. Flüchtig

  Streift man durch die eine Jahreszeit in vier Quartalen.

  Schon ein Blick zum Horizont macht regenbogensüchtig.

  Spätestens im Januar merkt auch der Letzte, farbenblind,

  Daß die Bäume immergrün sind hier in Eden. Dreh dich um:

  Zeig dich von der besten Seite zwischen all den heißen Rosten.

  Du entgehst ihm nicht, dem Leben im Solarium.

  *

  Nicht beurlaubt bin ich, nicht verbannt ans andre Ufer.

  Was mich herzog, war ein Mythos (einer von den neuen).

  Weil hier vieles möglich ist und kaum was wirklich,

  Muß man weniger als in der Alten Welt bereuen.

  Freunde macht man hier in fünf Minuten, und kaum länger

  Dauert auch die Gründung einer Bank — sowie ihr Sturz.

  Wenn die Erde bebt und ganze Straßenzüge wackeln,

  Scheint das Leben, wie vom Ende her gesehn, sehr kurz.

  Schlafen kannst du, wenn es erst vorbei ist. Bis dahin

  Hält dich Ungewißheit wach, der Motor unterm Herzen.

  Jährlich Wirbelsturm und Waldbrand hinterm Haus, — da ist

  Beim Friseur die Schießerei noch einer von den Scherzen.

  *

  Selbst der Sternenhimmel ist hier anders. Zu den neuen Bildern,

  Funkelnd zwischen Leier, Schwan und Schütze,

  Zählt ein Cabrio in voller Fahrt, verfolgt von einem Saurier.

  Über dem Revolver kreist, verkehrtherum, die Mütze.

  Auf den Hügeln strecken Weltraumteleskope ihre Segelohren

  Ufo und Komet entgegen. Eher hier als anderswo

  Bäckt man für Besucher aus dem All Begrüßungskuchen.

  Kinos sind hier Planetarien, und in manchem Bungalow

  Steckt ein Flugleitzentrum für die ersten Raumpatrouillen.

  Suchscheinwerfer kreuzen ihre Strahlen nachts zu Chiffren.

  Schon vom Flugzeug aus scheint diese Stadt ein Text zu s
ein,

  Den nur Leute mit Facettenaugen einst entziffern.

  Nicht zum Baden laden diese Strände, wüste Landebahnen.

  Beim Spazieren schrickt man auf, wenn da ein Telephon

  An der Uferpromenade läutet. Weit und breit kein Mensch …

  Durch die Palmenreihen streicht vom Mars ein Celloton.

  *

  Sechs Sekunden dauert sie genau, die Jetztzeit,

  Zwischen dem, was kommt und dem, was fortan war,

  Sagen Ärzte, und es gilt der Hirntest. — Nicht so hier.

  Eher gehn durchs Nadelöhr Kamel und Dromedar,

  Als daß einer hier zurückblickt, trauernd um sein Gestern.

  ›Chronos?‹ rätseln sie. ›Was ist das? Ein Hormon?‹

  ›Eine dieser Pillen? Ein verbotner Pornofilm? Ein Cocktail?‹

  In Arkadien weiß man nichts von Noch und Schon.

  Und es grenzt an Perversion, wenn jemand sich erinnert

  An den ersten Kuß, erfahrungslos, die Nacht, und dann …

  Immer ist es Gegenwart, in der die Glückserfinder blinzeln,

  Gut versichert, weil nie enden kann, was nie begann.

  *

  Kinofilme sind hier, was woanders Erdöl ist und Silikon.

  Aus dem reinen Rohstoff, Zelluloid, wird in den Studios,

  Dank des Restlichts aus dem Paradies, was einst ein Atheist,

  Vater der Kommune, Opium des Volkes nannte, Religion.

  Ja, die Filme sind der Clou. Aus scheuen Leutchen zaubern sie

  Im dunklen Saal Unsterbliche, die als Bekannte

  Jeden Traum bevölkern. Enkel, hochbegabt, zerstreute Onkel,

  Töchter, schlank wie Modepuppen, scharfe Tanten.

  Halbgenie und Schönheitskönigin, von hier bis Ephesos

  Kennt man ihre Seitensprünge, Hobbies und die Namen

  Von Haustier, Stammlokal und Therapeut, den vollen Speiseplan.

  Auch wer nichts von Delphi weiß, schätzt diese Ehedramen.

  Im Geschäft Erfolg zu haben, macht bald frech wie Oscar.

  Ein Skandal poliert den Ruf. Die höchsten Gagen

  Bringt der Druck aufs Zwerchfell und die Tränendrüsen.

  Alles ist hier Augentäuschung und Gemütsmassage.

  *

  Gott, sie machen einen schwach hier, die Korrekten!

  So moralisch kerngesund, daß man vergißt zu schlucken.

  Sprüche haben die parat — entwaffnend. Am Buffett,

  Erklärt ein Vegetarier neben dir, aufs Tischtuch spuckend,

  Sein Nein zum Fleisch, daß einem Bluthund Tränen kommen.

  Freundlich angefragt, ob man ihm außer Butter

  Andre Leckerbissen bieten dürfe, sagt er streng, den Putenbraten

  Verachtend: ›Alles, aber nichts aus einer Mutter …‹.

  *

  Nachts ein Studio. Panoramafenster. Auf der Stelle tretend,

  Sieht man, in den Ohren Stöpsel, Frauen an Metallgeräten,

  Die wie Folterwerkzeug aussehn, Streckbank und Garrotte.

  Fitness ist das Zauberwort. Zum eignen Körper beten,

  Gilt als Prüfung, die man absolviert nach Plan, voll Inbrunst.

  Jeder ist sein eigner Inquisitor. Herz und Lungen

  Werden streng bewacht, daß sie dem Muskelaufbau dienen.

  Was das Hirn macht? Dämmern, sagen böse Zungen.

  Ist es, weil hier eine ganze Himmelsrichtung abbricht,

  Daß sie stoisch in Bewegung bleiben auf dem letzten Pier?

  Vor sich, was zu keinem Aufbruch mehr verlockt, das Meer.

  Sind sie besser durchtrainiert in Langeweile hier?

  *

  Froh zu sei, bedarf es hier des Zahnarzts. ›Welch ein Lächeln …‹.

  Denn sein Glück zu machen ist die erste Bürgerpflicht.

  Wer es hat, ist kaum zu bremsen. Den Verlierer hält

  Nichts so sehr bei Laune wie der Glanz der Oberschicht.

  Selbstmord gilt als strafbar, ein Delikt. Wer von den Nachbarn

  Angezeigt wird beim Versuch, sich fortzustehlen,

  Hat kaum Zeit, bevor ein Ordnungshüter mit gezieltem Schuß

  Ihm zuvorkommt. Alles darf man, nur den Tod nicht, wählen.

  Gegens Altern läßt man sich versichern, und den Sterbefall

  Nimmt man gern als Episode und hält tiefgefroren

  Einkehr bis zur Auferstehung. Sektenchef und Medienzar

  Schlafen ihren Lebensrausch aus in den Eistresoren.

  Schade nur, daß, wie man hört, die Erde vom Bestatten

  All der armen Teufel ganz vergiftet ist. Statt Knochendung

  Bleibt bei soviel Konservierungsstoffen von den Leichen

  Nur das Täglichmahl aus Supermärkten in Erinnerung.

  *

  Wie’s mir geht hier in Arkadien, willst du wissen? Prima.

  Ich vermisse nichts als meinen Schatten. Hinter Hecken

  Spielt er manchmal, zwischen Palmen, ein Versteckspiel.

  Bleib ich stehn, verblüfft, tritt eine Parkuhr aus der Deckung.

  Wehmut überfällt mich nur, wenn ich an Schwarzbrot denke,

  Seine Herbheit und die Kruste wie gefrorne Erde hart.

  Daß ein Tag dem andern gleicht, besorgt das Fernsehn,

  Dieses Fenster in den Angsttraum Gegenwart.

  Seltsam, daß ich nun hierher gehöre. Manches Photo

  Zeigt mich schamrot, wie erwischt beim Lotosfressen.

  Ist das Sonnenbrand? Mit einem Strohhalm in Passionsfrucht-Pfützen

  Schreib ich: ›Grüße aus der Hauptstadt des Vergessens‹.

  GREETINGS FROM OBLIVION CITY

  Here a light breeze soughs through your memory every day.

  Bears away singularities, keeps your conscience clear.

  You stroll through life, bronzed, at ease. The dazzle

  Of white teeth doesn’t invite the visitor to eat,

  Rather to forget. And the beach where these Phaeacians consort

  Is lined by palms, green pillars’ colonnades.

  In pastel villas live screen divas, ever young, of unimpaired allure.

  Every cemetery breathes, like the soap in the comfort station, vanilla.

  *

  My friends, it is winter here, a pleasant 70 in the shade.

  A wind blows off the coastal hills, ruffling

  The hair dryer that sits atop the city like a yellow smog.

  Sometimes you can see miles into the distance, which

  Diminishes the belief in an otherworld. If the hereafter is here,

  Then everyone can melt away into thin air.

  You encounter the one season spread over four quarters.

  Scanning the horizon, you are surprised to see no rainbow.

  By January, at the latest, the least observant of observers

  Will have noticed that the trees are evergreen here in Eden. Turn over:

  Show your best side, among all these hot grilles.

  You won’t escape it, life in a solarium.

  *

  I’m neither on vacation, nor banished to the other shore.

  What brought me here was a myth (one of the new myths).

  Because so much is possible, and hardly anything is real,

  There’s less cause for remorse than in the Old World.

  You make friends in five minutes, the same time it takes

  To found a bank—and watch it crash.

  When the earth shakes, and entire streets wobble,

  Life can seem, as if viewed from beyond the grave, rather brief.

  There’s time for sleeping afterward. Until then,

  Uncertainty, the engine under the heart, will keep you awake.

  Annual cyclones and forest fires beyond the fence—by comparison

  The recent shooting at the barber’s is just some light relief.

  *

  Even the (star-spangled) night sky is different here. Among the new

  Constellations, glittering alongside the Lyre, the Swan, and Sagittarius,

  Is a Sports Car at fu
ll tilt, hounded by a Dinosaur.

  Over the Revolver hangs the back-to-front Baseball Cap.

  On the hills radio telescopes stretch out their flapping ears

  For UFO and comet. People here will be quicker than elsewhere

  To put out the welcome mat for little green visitors.

  Cinemas here double as planetaria, and the odd bungalow

  Houses an air traffic control center for the first space patrols.

  At night, swiveling searchlights phase their beams in code.

  Seen from the air, the city looks like a scrambled text anyway

  That only beings with polyhedron eyes could ever crack.

  The desert landing strips of the beaches are not for swimming off.

  And taking a walk, you jump when a telephone shrills

  On the promenade. No one around for miles …

  A thrup from Mars pulses through the palms.

  *

  The doctors have conducted tests, and, apparently,

  What we call the present, the little interstice

  Between what was and will be, measures six seconds.—But not here.

  Camels and dromedaries would sooner pass through the eye of a needle

  Than someone look back with sorrow upon his yesterday.

  “Chronos?” they mutter. “What’s that? A hormone supplement?”

  “One of those pills? A banned snuff movie? A cocktail?”

  There’s nothing about once and future in Arcadia.

  And it seems like some peculiar perversion if someone recollects

  A first kiss, innocence, the night, and then…

  It’s always in the present that the finders of happiness blink,

  Comprehensively insured, because nothing can end that never began.

  *

  Here, not oil and silicon but movies are the local monoculture.

  The pure raw material, celluloid, is converted in the studios,

  Using the remaining light of paradise, into a noted atheist’s

  Definition of religion: the opium of the people.

  Yes, the film’s the thing. Out of shy introverts

  The auditorium makes immortals who star in every dream.

  Gifted grandsons, distracted uncles,

  Daughters slim as models, blowsy aunts.

  The half genius and the beauty queen, from here to Ephesus

  Everyone knows their liaisons, hobbies, and the names

  Of their pets, their local, and their therapist, the whole shebang.

  Even those who never heard of Delphi follow these dramas.

  Success in the business makes you as witty as (Oscar) Wilde.

  A juicy scandal will buff up your reputation.

 

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