50
Curtis
Nach einer Therapiesitzung mit Jacob bin ich jedes Mal vollkommen ausgelaugt. Heute haben wir über Dinge gesprochen, die mich triggern. Die Wut oder Ohnmacht in mir auslösen. Und ich habe ihm von den Helikoptergeräuschen erzählt. Natürlich musste ich wieder heulen. Natürlich hat er tiefer gegraben. Natürlich habe ich jetzt das Bild vor Augen, wie ich als zehnjähriger Junge in der hintersten Ecke des Gästezimmers meiner Großmutter auf dem Boden kauerte und darauf wartete, dass meine Eltern wieder zurückkamen. Das Helikoptergeräusch, sagt Jacob, ist für mich untrennbar mit dem langsamen Realisieren des Verlusts verbunden. Es versetzt mich zurück in die schlimmste Zeit meines Lebens. Und wir probieren Techniken aus, wie ich in Zukunft besser damit fertigwerde. Aus der Angstsituation heraustreten, mich meiner selbst vergewissern.
Ich habe ihm außerdem von Amory erzählt. Davon, dass wir zusammen sind. Davon, dass ich eine Heidenangst habe, sie zu verlieren. Doch gleichzeitig ist es das wert. Angst zu haben, um mit ihr zusammen sein zu können. Und wenn es eine ewig andauernde Panikattacke wäre, sie wäre es wert.
Was immer ich auch sage, Jacob nickt und lächelt. Manchmal schreibt er, manchmal fragt er Dinge. Aber allein die Tatsache, dass er da ist, beruhigt mich. Wenn Verlässlichkeit ein Gesicht hätte, wäre es Jacobs.
Nach einer Therapiesitzung gehe ich zu Fuß von Tremé ins French Quarter, um mich zu sortieren. Es ist ein warmer Tag, beinahe ein heißer. Die Feuchtigkeit lässt durch ihre Klebrigkeit alles langsamer wirken. Jede Bewegung, jeden Schritt. Ich weiche einem Schlagloch aus, die große Highwaybrücke ist bereits in Sichtweite. Aus einem der kreolischen Cottages zu meiner Rechten dringt laute Jazzmusik.
Meine Gedanken kreisen um meine Kindheit. Um den Moment, in dem sich alles änderte. Ich weiß nicht, wie ich jemals vollständig heilen soll, vor allem, wenn jede Woche wieder in mir herumgestochert wird, als wäre ich ein verfluchter Frosch, den irgendwelche Schüler sezieren. Aber Heilung verläuft nicht linear, sagt Jacob. Und ich glaube ihm.
Im French Quarter merkt man, dass die Touristensaison in vollem Gange ist. Denn die langsam wandelnden Menschenmassen auf der Suche nach Zerstreuung, Musik oder einem leichtsinnigen Tattoo entschleunigen noch mehr als das feuchte Klima. Eine Zeit lang lasse ich mich treiben, setze mich am Jackson Square auf die Stufen vor der Kathedrale und sauge den Ort und den Sound der Stadt in mich auf. Eine Brass Band spielt vor dem Eingang zu dem kleinen Park im Zentrum des Platzes. Ein paar Menschen tanzen, andere klatschen. Eine Touristin wird genötigt, im Takt auf eine Agogô zu schlagen, und der glockengleiche Rhythmus animiert weitere Tänzer.
Das ist New Orleans, denke ich. Ein Ort, an dem jeder sofort dazugehört. Sofort Teil des kulturellen Gedächtnisses werden kann, solange man zu hören ist. Schließlich wandert jedes Geräusch in die Musik. Die Erinnerung manifestiert sich in einem Mosaik aus Klang. So wie sich meine Erinnerung in einem Mosaik aus Trauma und Trauer manifestiert. Und langsam, ganz langsam abgelöst wird durch – ich weiß es nicht einmal. Neues. Klangvolles. Mächtiges.
Als sich zwei junge Frauen ein bisschen zu nah neben mich setzen und anfangen, Selfies zu schießen, erhebe ich mich. Doch anders als früher macht mich ihr Verhalten nicht wütend. Ich bin kein Fan davon, dass mein Moment des Grübelns vorüber ist, aber sie können nicht wissen, wie es in mir drin aussieht. Ich seufze und schiebe mich vorbei an den Menschen, vorbei an den Pferdekutschen und Autos in Schrittgeschwindigkeit. Ich überquere die Bourbon Street und klingle kurz darauf bei Amory.
Wir liegen im Bett. Mein Kopf ist auf ihren Bauch gebettet. Das mache ich immer nach einer Therapiesitzung. Manchmal erzähle ich ihr, worüber wir gesprochen haben. Manchmal, so wie heute, liege ich einfach nur da und kriege den Kopf gekrault.
Aus der Küche hört man Davey quäken und Esmé, die ganz ruhig mit ihm spricht. Es ist erstaunlich, wie sehr sich ein Mensch ändern kann, denke ich. Im einen Moment eine egoistische Kuh, im nächsten empathisch und freundlich. Im einen Moment rasender Wilder, im nächsten emotional ausgelaugt und nicht mal zu schmutzigen Gedanken in der Lage.
»Dein Zimmer hat jetzt einen Fußboden«, sage ich nach einer Weile.
»Es ist nicht mein Zimmer«, gibt sie zurück. »Du musst mir kein Zimmer geben.«
Wir haben darüber gesprochen. Ob Amory zu mir zieht. Aber sie will Esmé nicht allein lassen, und fürs Erste ist es besser so. Auch wenn ich sie am liebsten ständig um mich hätte. Am liebsten hätte ich sie immer dicht an mir dran.
»Dann machen wir es zum Katzenzimmer.«
Denn Amory mag vielleicht noch hierbleiben, aber weil Hilbert und Lovelace ein bisschen eifersüchtig auf Davey sind, kommen sie zu mir, sobald das Haus fertig ist. Und das ist es beinahe.
»Warum machst du daraus nicht einfach ein schönes Zimmer für dich?«, fragt sie. »Ein Schlagzeugzimmer?«
Ich schüttle den Kopf und spüre ihre Weichheit an meiner Schläfe. »Nein. Das ist zu emotional. Ich will es völlig neu besetzen. Mit neuer Bedeutung, verstehst du? Und am liebsten hätte ich dich darin. Einen Schreibtisch, ein Regal mit deinen Nerdbüchern … Wenn ich mir dich in dem Zimmer vorstelle, ist es auf einmal ein fröhlicher Ort.«
Sie lacht. »Du musst es dir gut überlegen. Okay? Es kommt dir vielleicht nicht so vor, aber das ist eine große Sache.«
»Nee, du bist diejenige, die es sich überlegen muss«, erwidere ich und schließe die Augen. Wäre ich eine Katze, ich würde in diesem Moment trotz allem schnurren. Zusammen zu sein ist so viel leichter, als allein zu sein.
»Was machst du da?«, fragt Amory schlaftrunken mitten in der Nacht.
»Habe ich dich geweckt?« Ich nehme die Kopfhörer ab.
»Schaust du Planet Earth? «
Sie reibt sich ungläubig die Augen und kuschelt sich an mich.
»Du hast gesagt, David Attenborough hätte eine beruhigende Wirkung.« Ich genieße das Gefühl ihres Körpers neben meinem. Die Zweisamkeit, die Gemeinsamkeit.
»Wenn es dich beruhigt, ich habe es mir übrigens überlegt.«
»Was hast du dir überlegt?«
»Die Sache mit dem Zimmer.«
»Und?« Auf einmal bin ich das genaue Gegenteil von beruhigt.
»Ich hätte sehr gern ein Zimmer für meine Nerdbücher.«
Mir entfährt ein Glucksen. »Das beruhigt mich tatsächlich.«
»Na, dann können wir das ja jetzt ausmachen«, sagt sie und klappt den Laptop zu.
»Die Logik ist bestechend.« Ich grinse.
»Vorsicht, Logik ist sozusagen mein Beruf. Du vertraust mir also besser.«
Und egal, was für einen Quatsch sie redet, ich weiß, dass ich ihr vertraue. Ich vertraue ihr bei allem. Mit allem. Mit mir, mit uns.
51
Amory
»Vorsicht, Stufe«, sagt Curtis und drückt meine Hand ein bisschen fester.
Unbeholfen hebe ich den rechten Fuß, weil ich nicht weiß, wo genau die Stufe anfängt. Eins, zwei, drei. Die Veranda knarzt unter meinen Schritten. Ich höre Bonnie glucksen.
»Schhhh«, macht jemand. Ich glaube, es ist Link.
»Okay, bin ich die Einzige, die hier mit verbundenen Augen herumstolpert?«, frage ich.
»Alles andere wäre zu chaotisch«, sagt Curtis. »Wir würden uns dauernd umrennen.«
Jemand lacht. Jemand, der klingt wie Esmé.
»Ernsthaft?« Ich mache Anstalten, mir die Augenbinde vom Kopf zu ziehen.
»Du hast es gleich geschafft. Bist du bereit?«
»Darauf kannst du Gift nehmen!«, sage ich.
Curtis macht sich an meinem Hinterkopf zu schaffen, und im nächsten Moment blendet mich das Abendlicht von Marigny. Ich blinzle und sehe als Erstes Bonnie und Franzi, die aufgeregt auf und ab hüpfen. Noch hält die Veranda.
Dann fällt mein Blick auf die Tür. Sie ist frisch in einem leuchtenden Grün gestrichen. Das X ist übermalt und erinnert nicht mehr wie ein ständiges Mahnmal an Curtis’ tragische Familiengeschichte.
»Ooooooh!«, mache ich. »Sie sieht ganz fröhlich aus!«
»Maya hat die Farbe ausgesucht«, sagt Curtis. »Stimmt’
s?«
Maya hält Bonnies Hand und nickt.
»Wir hatten die Wahl zwischen dem Grün und einer türkisen Glitzerfarbe. Am Ende hat die Vernunft gesiegt.« Bonnie lächelt Maya an.
»Gehen wir nach drinnen?«, frage ich ungeduldig, denn die Tür ist zwar schön, aber ich platze vor Neugier.
»Nach Ihnen, Mylady«, sagt Curtis und zieht die Tür auf.
Ich trete hinein und erstarre. Das Wohnzimmer ist nicht mehr wiederzuerkennen! Heller Laminatboden, weiße Tapeten. Eine Couch und ein Regal haben bereits einen Platz gefunden.
»Die Einrichtung ist noch nicht ganz fertig. Aber man kriegt eine ungefähre Vorstellung davon, wie es mal aussehen wird.«
Ich kann nur nicken.
»Weiter geht’s.«
Er führt mich durch den Flur. Hinter uns drängen sich die anderen. Bislang hatte ich noch nicht mal Zeit, alle zu begrüßen.
»Das hier ist dein Zimmer.«
Curtis öffnet die Tür. Der gleiche Fußboden, die gleiche Tapete. Es ist ein heller, gemütlicher Raum. Unter dem Fenster steht ein Schreibtisch, der etwas wacklig aussieht. Außerdem erkenne ich das alte Regal aus Bonnies Zimmer, auf dem sie ihre Erinnerungsgläser aufbewahrte.
»Für deine Nerdbücher«, sagt Curtis.
»Und wo sind deine Erinnerungen?«, frage ich an Bonnie gewandt.
»Na, hier.« Sie tippt sich grinsend auf den Kopf. »Und manchmal schadet es auch gar nicht, die Vergangenheit loszulassen, weißt du?« Wissend sieht sie Curtis an.
Im Obergeschoss befindet sich nun das Schlafzimmer. Ein großes, schönes Bett, eine Kleiderstange, eine Kommode. Sogar ein kleiner Teppich liegt auf der einen Seite des Betts. Es ist ein richtig gemütlicher Raum geworden.
»Es ist unglaublich!«, sage ich. »Wir haben ein Bett. Du hast ein Bett.«
»Wir«, korrigiert Curtis. »Das hast du schon ganz richtig gesagt.«
Er legt seine Hand auf meinen Rücken. Ganz zärtlich. Ganz sanft. Ganz Fester-Freund-mäßig. Ganz wie Nickys monogame Tauben.
»Und dann gibt’s noch den Garten«, sagt Curtis, auf dessen Gesicht sich ein breites Dauergrinsen geschlichen hat.
Unsere kleine Prozession macht sich auf den Weg nach unten. Weston und Maya rennen voraus. Auf einer kleinen Terrasse stehen ein paar Bierbänke und Tische. Auf einem von ihnen ist ein kleines Büfett aufgebaut, zu dem ich nichts beisteuern durfte. »Zu große Angst vor Blueberry Pancakes«, sagte Curtis, als ich ihm meine Hilfe anbot.
»Das meiste sind Reste vom Gemeindebrunch meiner Mutter heute«, sagt Bonnie. »Wundert euch also nicht über Pancakes und Waffeln zum Abendessen.«
»Ach«, sage ich leise zu Curtis, »Annabellas Pancakes sind also in Ordnung?«
»Pancakes, die nichts Übles verheißen, sind immer in Ordnung«, erwidert er.
»Du hast noch einen Gutschein«, erinnere ich ihn. »Für Pancakes ohne schlechte Nachrichten.«
»Den hebe ich mir fürs Frühstück auf.« Er zieht mich an sich und drückt seine Lippen fest auf meine. »Gefällt’s dir?«, fragt er.
»Ich liebe es. Ich liebe alles. Und dich.«
»Ich glaube, ›alles‹ schließt mich ein.«
»Ich glaube nicht«, widerspreche ich. »Es gibt ›alles‹ und dann noch etwas, das so besonders ist, dass es extra genannt werden muss. Das ist ein mathematisches Konzept.«
»Sicher«, sagt Curtis lachend.
»Kann man sich schon was zu essen nehmen?«, fragt Link und beginnt auf Curtis’ Nicken gleich, sich einen Teller zu beladen. Er setzt sich an einen Tisch mit Franzi, Bonnie und Maya. Jasper und Weston untersuchen einen Regenwurm oder etwas Ähnliches. Esmé steht ein bisschen verloren abseits mit Davey auf dem Arm. Es wird noch eine Zeit dauern, bis sie sich in unserer Gruppe wieder wohlfühlt.
»Hey«, sage ich und stelle mich neben sie, »alles gut bei dir?«
Sie nickt. »Klar.« Aber sie kommt mir etwas bedrückt vor. »Ihr habt es hier echt schön.«
»Irre, was Curtis und Hugo in der kurzen Zeit alles geschafft haben.«
»Ihr werdet hier sicher sehr glücklich. Und du musst dir keine Sorgen machen, ich finde eine andere Lösung.«
»Eine andere Lösung?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Für Davey und mich.«
»Was für eine Lösung für Davey und dich?«
»Zum Wohnen?«
Ich bin verwirrt. »Hä?«
»Bis wohin verstehst du mich?«, fragt Esmé und beginnt von einem Fuß auf den anderen zu wippen, weil Davey quengelt.
»Bis … sorry, ich verstehe gar nichts.«
»Na ja, wenn du hier einziehst, werden deine Eltern die Wohnung doch vermieten wollen. Und ich kann mir das sicher nicht leisten. Deswegen suche ich nach einer anderen Lösung.«
»Aaaah«, mache ich. »Jetzt verstehe ich, was du meinst. Aber das ist absoluter Quatsch, Esmé. Ich ziehe hier nicht ein. So schnell zumindest nicht. Ich bleibe erst einmal in der Wohnung.«
»Wirklich?«, fragt Esmé, und ihr Blick hellt sich auf.
»Wirklich. Und es wäre schön, wenn ihr auch bleiben würdet. Du und Davey.«
Sie lächelt. »Okay. Gut. Das macht es leichter. Ich hatte nämlich, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wo ich hätte hingehen sollen.«
Ich lege meinen Arm um sie und drücke sie einmal fest an mich. »Und jetzt solltest du vielleicht mal mit Link reden.«
»Ich weiß nicht«, erwidert sie.
»Solange er den Mund so voll hat, kann er sowieso nichts antworten«, sage ich und schiebe sie sanft zu meinen Freunden.
Im Laufe des Abends stoßen immer mehr Leute zu uns. Sal, Thanh und Diego, Emily, Julien und Lula trudeln einer nach dem anderen ein. Miss Lisette von gegenüber bringt ein neues Bananenbrot und stellt entrüstet fest, dass Curtis anscheinend irgendeine Wurzel noch nicht über die Eingangstür gehängt hat. Er entschuldigt sich mehrfach und zieht tatsächlich ein knorriges Gebilde aus einer Kiste. Gemeinsam schlagen wir einen Nagel über die Tür und hängen die Wurzel daran auf.
»Sehr gut«, sagt Miss Lisette. »Jetzt muss ich nicht mehr dauernd ein Auge auf euch haben.«
Ich grinse in mich hinein, denn ich bin mir sicher, dass Miss Lisette ihre Augen überall hat. Wenig später stößt noch eine alte Freundin von ihr zu uns. Eine adrett gekleidete Weißhaarige, die sich mit hektischem Blick umsieht. Sie ist nervös.
»Gran!«, ruft Curtis, und ich reiße die Augen auf. Das ist seine Großmutter. »Du bist gekommen!«
Curtis umarmt sie, und es ist beinahe spürbar, wie die Anspannung von ihr abfällt.
»Das ist Amory.« Er winkt mich zu sich. »Amory, das ist meine Großmutter.«
Ich will ihr die Hand geben, doch im nächsten Moment zieht sie mich an sich. »Es freut mich so, dich kennenzulernen«, sagt sie mit dünner Stimme.
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwidere ich.
»Ich bin dir sehr dankbar.« Mit ihrer faltigen Hand hält sie meinen Arm fest.
»Warum denn dankbar?«
»Was du für Curtis getan hast …«
»Das hat er ganz allein geschafft«, sage ich und sehe ihn voller Stolz an.
Und dann wird es auf einmal laut. Ich sehe Hugo, der eine junge Frau im Schlepptau hat.
»Das ist Kiki«, ruft Bonnie. »Hi, Kiki!«
Ich verstehe nicht, was los ist, aber plötzlich sind alle Augen auf die junge Frau namens Kiki gerichtet.
»Sorry, dass ich hier so uneingeladen auftauche«, sagt sie. »Schön, euch alle wiederzusehen.«
»Du bist immer willkommen«, sagt Curtis.
»Wissen Sie, was hier los ist?«, frage ich Curtis’ Großmutter, doch sie schüttelt nur den Kopf.
»Etwas Großes«, sagt Miss Lisette, die neben uns getreten ist. »Ich fühle es.«
»Jetzt schaut mich doch nicht alle so an«, sagt Kiki und grinst. »Oder, okay, schaut mich an. Ich habe etwas für euch.«
Niemand sagt ein Wort. Es ist mucksmäuschenstill. Schließlich klatscht Hugo aufgeregt in die Hände. »Hihiiiii, ihr kriegt einen Plattenvertrag!«
»Danke, Hugo«
, sagt Kiki. »Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass ich es ihnen sagen darf.«
»Ja, aber du brauchst für alles ewig. Manche von uns haben nicht mehr so lang.«
Kiki stöhnt genervt auf.
Daraufhin sagt Bonnie: »Stimmt das?«
Und auch Jasper findet seine Sprache wieder. »Ist das dein Ernst?«
»Ich arbeite ja nicht nur für den Palace, sondern scoute auch hier und da für Mahogany Music. Aber bei euch war gar nicht mehr viel Scouting notwendig. Die Jungs haben euren Gig gesehen und waren begeistert.«
»Da haben sich die Jungs aber ganz schön Zeit gelassen.« Link grinst.
»Halt die Klappe«, sagt Curtis. »Ist doch scheißegal, Mann!«
Und dann kommt Leben in die Band. Sie umarmen Kiki und Hugo, stoßen mit ihren Drinks an. Ein Johlen geht durch Curtis’ Garten, und es gibt niemanden, wirklich niemanden, der nicht von ihrer Freude und Begeisterung mitgerissen würde.
»Ich habe sogar die Verträge dabei. Lest sie euch in Ruhe durch, bringt sie mir nächste Woche irgendwann vorbei.«
Obwohl die Stimmung vorher schon absolut ausgelassen war, ist es, als wären wir alle unter einer bunten, lauten, wilden Glücksglocke. Und damit hat Miss Lisettes Bananenbrot wirklich nichts zu tun. Flaschen und Gläser klirren aneinander, lautes Gelächter und glückliche Kinderrufe schallen durch die junge Nacht. Ich schnappe mir eine Waffel und setze mich neben Curtis, der sich auf der Stufe zur Küche niedergelassen hat.
»Schau dir Hugo an«, flüstert er grinsend.
Hugo setzt sich gerade neben Curtis’ Großmutter und wackelt mit den Augenbrauen. »Hätte ich gewusst, dass so attraktive junge Damen hier sein würden, hätte ich mir etwas Anständiges angezogen«, sagt er gerade und blickt an seinem löchrigen T-Shirt hinunter.
»Man sollte immer anständig angezogen sein«, sagt Curtis’ Großmutter und rümpft die Nase.
»Das ist typisch für sie«, erklärt Curtis leise.
»Immer?«, fragt Hugo. »Wirklich?« Er klingt etwas erschrocken.
»Immer.«
»Immer immer?«
»Immer.«
»Hmmmm. Das klingt nach viel Aufwand.«
»Anderen Menschen Respekt entgegenzubringen sollte kein Aufwand sein.«
Love is Wild – Uns gehört die Welt (Love-is-Reihe 3): Roman (German Edition) Page 34