Feel Again

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Feel Again Page 4

by Mona Kasten

»Du hast ausgesehen, als würdest du jeden Moment einen Herzinfarkt bekommen«, gab ich zurück und nippte an meiner Limonade. Sie war ein bisschen bitter, genau so, wie ich es mochte. »Da musste ich einschreiten.«

  Er presste bloß die Lippen aufeinander und starrte auf seinen Becher.

  Ich stieß ihm den Ellenbogen in die Seite, bis er mich wieder ansah. »Das war ein Witz, Grant, Isaac Grant.«

  Doch der bittere Ausdruck blieb auf seinem Gesicht, und ich verspürte das merkwürdige Bedürfnis, etwas dagegen zu unternehmen. Ich kannte Isaac zwar nicht sonderlich gut, und an dem Abend von Dawns Feier war er auch zurückhaltend gewesen, aber ich hatte ihn noch nie dermaßen schüchtern und verkniffen erlebt. Und auch nicht so stumm. Ich überlegte fieberhaft, was ich sagen könnte, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.

  »Was studierst du eigentlich?«, fragte ich ihn nach einer Weile. Überraschung flackerte in seinem Blick auf, und auch ein Funken Dankbarkeit, wenn ich es richtig deutete.

  Es dauerte einen Moment, bis er antwortete. »Von allem ein bisschen. Ich bin gerade erst ins zweite Jahr gekommen und habe noch keinen blassen Schimmer, was mein Major sein wird.«

  »Wie alt bist du?«, fragte ich weiter.

  »Einundzwanzig. Ich bin später an die Uni gegangen, weil ich nach der Highschool eine Weile bei meinen Eltern gearbeitet habe.«

  »Und was machen deine Eltern?«

  Allmählich nahm die Röte in seinen Wangen ab, und obwohl er immer noch etwas verkrampft wirkte und den Limonadenbecher so fest umfasste, dass ich Angst hatte, er würde ihn jeden Moment zerdrücken, schien er sich etwas beruhigt zu haben. Ich war froh, dass ich ihn getroffen hatte. Dieser kleine Spaziergang mit ihm war eine willkommene Gelegenheit, mich von dem abzulenken, was mich gleich wieder in meinem Kursraum erwarten würde.

  »Wir haben eine Farm.«

  Abrupt blieb ich stehen. Ich ließ meinen Blick über Isaac wandern, von seinen fein säuberlich gestylten Haaren zu den Rändern seines Brillengestells, über die grauen Hosenträger bis zu seinen sauberen braunen Derbyschuhen. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der weniger wie ein Farmer aussah als Isaac. »Verarsch mich nicht.«

  Ein Funkeln trat in seine Augen. »Tu ich nicht.«

  Fassungslos betrachtete ich ihn. »Aber … du siehst so sauber aus.«

  Ein paar Sekunden vergingen, in denen er mich einfach nur anstarrte. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte laut. Inzwischen waren wir im Flur unserer Kursräume angekommen, und das Echo seines Lachens war überall zu hören. Ich stellte fest, dass Isaac, wenn er lachte, überhaupt nicht steif wirkte. Plötzlich war er das völlige Gegenteil von dem Kerl, der eben noch mit hochrotem Kopf seine Münzen vom Boden aufgesammelt hatte.

  Ich hätte den Anblick genossen – wenn Isaac sich nicht gerade über mich lustig gemacht hätte. Ich hakte einen Finger unter seinen rechten Hosenträger und zog ihn von seinem Körper weg. Dann ließ ich ihn zurückschnallen, und er landete mit einem Klatschen wieder auf Isaacs Brust.

  Der stöhnte schmerzerfüllt und rieb sich die Stelle. »Autsch.«

  »Verdient.«

  Er schmunzelte. »Das wird einen blauen Fleck geben, aber das war es wert. Du hättest dein Gesicht sehen sollen.«

  Ich schnaubte. »Du bist überhaupt nicht so nett, wie ich dachte. Und ich glaube dir kein Wort, solange ich keine Beweisbilder gesehen habe.«

  Isaac warf einen Blick auf seine Uhr. »Beim nächsten Mal. Ich muss wieder rein«, sagte er und deutete mit dem Daumen zu dem Raum, der schräg gegenüber von meinem lag.

  »Okay«, sagte ich und konnte mir nur gerade so ein Seufzen unterdrücken. Mein Kurs würde auch jede Minute weitergehen. Und wenn ich auf etwas keine Lust hatte, dann darauf, mir noch mehr Beschimpfungen von Amanda und ihren Freundinnen anzuhören.

  »Noch mal danke für die Limonade, Sawyer.«

  Ich nickte bloß abwesend und drückte dann die kalte Klinke runter, um zurück in den Kursraum zu gehen.

  KAPITEL 4

  Als ich an diesem Nachmittag nach Hause kam, klappte ich sofort meinen Laptop auf und machte mich an die Bildauswahl für Robyn. Jetzt, wo ich nicht mehr in einem Raum mit lauter Leuten saß, die mich mit ihren Blicken zu töten versuchten, konnte ich deutlich ungehemmter arbeiten. Und sogar das aufgeregte Kribbeln, das ich immer hatte, wenn ich wusste, dass ein Bild richtig gut war, kam endlich wieder. Bald würden die Fotos im Flur der Universität hängen, zehnmal so groß, wie sie jetzt gerade auf meinem Bildschirm waren. Es war egal, was jemand wie Amanda über mich dachte. Nur das zählte.

  Ich war gerade dabei, die Bilder innerhalb des Bearbeitungsprogramms in verschiedene Ordner zu sortieren, als plötzlich eine Fehlermeldung aufflackerte. Ich klickte sie weg – und alle Bilder verschwanden.

  Vom einen auf den nächsten Augenblick.

  Stirnrunzelnd schloss ich das Programm, nur um es gleich darauf wieder zu öffnen.

  Nichts.

  Ich schluckte schwer und suchte den Ordner, in den ich die Bilder, die ich für Robyn herausgesucht hatte, verschoben hatte. Er war nicht mehr da. Genau genommen war kein einziger Ordner mehr da. Stattdessen wurde der Laptop immer heißer auf meinem Schoß.

  Und dann wurde der Bildschirm plötzlich schwarz.

  Ich riss die Augen auf und drückte sofort auf den Knopf zum Anschalten. Nichts geschah, also drückte ich noch mal. Und noch mal. Mehrmals hintereinander. Kalter Schweiß bildete sich auf meiner Stirn und meinen Handinnenflächen.

  Als der Laptop endlich wieder ansprang, stieß ich ein erleichtertes Seufzen aus, das Dawn auf mich aufmerksam machte. Auch sie arbeitete gerade, wie immer mit ihren riesengroßen Kopfhörern, die kaum ein Geräusch zu ihr durchdringen ließen. Dass sie sich jetzt zu mir umdrehte, ließ mich wissen, dass mein Seufzer wohl ziemlich laut gewesen sein musste.

  Sie setzte die Kopfhörer ab. »Alles in Ordnung da drüben?«, fragte sie, aber ich nahm es gar nicht richtig wahr. Mein Laptop war gerade wieder hochgefahren und ich wartete darauf, dass meine Ordner und Programme wieder auf dem Desktop erschienen.

  Taten sie leider nicht. Da war gar nichts. Mein Desktop war vollkommen leer.

  »Fuck!«

  Dawn kam zu mir rüber und setzte sich neben mich. »Was ist los?«, fragte sie.

  »Meine Bilder sind weg«, sagte ich und deutete auf den Bildschirm. »Auf dem Laptop ist gar nichts mehr.«

  »Verdammt«, murmelte sie und drehte den Laptop zu sich. Sie machte ein paar Klicks und öffnete ein paar Ordner, hörte aber wenig später auf. »Was hast du gemacht?«

  »Ich glaube, ich hatte zu viele Programme gleichzeitig offen, und er war überfordert. Das hatte er schon ein paarmal, aber dabei sind nie Dateien verloren gegangen«, sagte ich atemlos. Scheiße, ich bekam keine Luft mehr. Meine ganzen Bilder waren weg!

  »Hast du ein Backup gemacht?«, fragte sie weiter.

  Ich konnte nur den Kopf schütteln, während ich versuchte, mich zu beruhigen, und in Gedanken die Möglichkeiten durchging, die mir blieben.

  »Hast du einen Abgabetermin?«

  Ich nickte abwesend. »Morgen. Robyn will noch mal Bilder von mir im Flur ausstellen.«

  Dawns Augen weiteten sich. Sie wusste, wie wichtig eine solche Chance für mich war. »Du brauchst jemanden, der sich mit so was auskennt. Und zwar schnell.«

  »In einem Fachhandel werden die das Teil auseinandernehmen, und das wird ewig dauern«, murmelte ich, während ich wahllos Ordner öffnete und wieder schloss und mir den Treiber der Festplatte anzeigen ließ. Wenn ich ehrlich war, hatte ich keine Ahnung, was ich da tat, aber ich hatte das Gefühl, irgendetwas mit meinen Händen machen zu müssen, um nicht durchzudrehen. »So lange habe ich nicht. Robyn wollte die Bilder morgen in den Druck geben.«

  So ein verdammter Mist. Ich lehnte mich auf dem Bett nach hinten und gegen die Wand. Das konnte ich vergessen.

  »Kommt drauf an, wo du hingehst«, meinte Dawn langsam. »Isaac kennt sich mit Computern aus. Er arbeitet in einem Technikfachhandel.«
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  Ich setzte mich sofort wieder auf. »Grant, Isaac Grant?«

  Sie zog eine Augenbraue hoch, nickte aber. »Isaac-der-den-du-abgeschleckt-hast-Isaac. Er arbeitet an fünf Tagen die Woche bei Wesley’s in der Porter Road. Er kann sich das bestimmt mal ansehen.«

  Ich klappte den Laptop zu und stand so schnell auf, dass ich für einen kurzen Moment schwarze Pünktchen vor den Augen sah. Dann stieg ich in meine Boots, ohne sie zuzuschnüren, und schlüpfte in meine Lederjacke. Ich packte den Laptop in meinen Rucksack, schwang ihn über eine Schulter und riss die Tür auf. Mit einem Fuß draußen hielt ich inne und murmelte: »Danke, Dawn.«

  Anschließend machte ich mich auf den Weg.

  Wesley’s war ein großflächiger, zugestopfter Laden, in dem es nach Kabeln und Pappkartons roch. Ich hielt mit einer Hand meinen Rucksack auf der Schulter und lief durch die verschiedenen Abteilungen, vorbei an Kühlschränken, Backöfen und Waschmaschinen. Isaac konnte ich nirgends entdecken. Als ich die TV-Abteilung betrat, sah ich einen dürren Mann auf einer Ledercouch sitzen, der sich offensichtlich einen Actionfilm ansah – auf rund zwanzig Bildschirmen gleichzeitig.

  »Entschuldigung?«, rief ich ihm zu. Die Schießerei, die aus den riesigen Surroundsystemen dröhnte, war ohrenbetäubend laut. Der Kerl drehte seinen Kopf in meine Richtung. Sein Hals war so lang, dass er ihn wahrscheinlich um dreihundertsechzig Grad hätte drehen können. Er hatte einen dünnen Schnurrbart, in dem ich glaubte, Reste von seinem Mittagessen erkennen zu können.

  »Was ist?«, fragte er und machte sich nicht die Mühe, den Ton leiser zu stellen.

  »Ich suche Isaac Grant«, antwortete ich laut. »Bin ich hier richtig?«

  Jetzt drehte er die Lautstärke doch herunter. »Hat sich die kleine Kröte wieder verkrochen?«, knurrte er und erhob sich schwerfällig.

  Perplex sah ich ihn an. Er schob sich an mir vorbei und ging zu einem Tisch am Rand der Verkaufsfläche. Darauf stand ein Bildschirm, direkt daneben ein Mikrofon. Der Kerl drückte auf einen grünen Knopf und ging mit dem Mund so dicht an den Kopf des Mikros, dass sein schwerfälliger Atem durch alle Lautsprecher des Ladens zu hören war. Ew.

  »Grant, beweg deinen Arsch nach B12. Kundschaft.«

  Es dauerte keine Minute, und ich hörte hastige Schritte, die immer lauter wurden. Ich drehte mich um und sah Isaac auf uns zu sprinten. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber in diesem Laden, umgeben von lauter Technik, mit seiner Brille und dem blauen, eng anliegenden Shirt, auf dem das Logo des Ladens prangte, sah er tatsächlich noch nerdiger aus als sonst. Allerdings auch sehr kompetent.

  Seine Augen weiteten sich, als er mich erblickte.

  »Was machst du denn hier?«, fragte er atemlos.

  Ich hob die Schulter, über der mein Rucksack hing. »Ich habe einen Laptop-Notfall. Dawn hat mir gesagt, dass du hier arbeitest.«

  Sein Blick schwankte kurz zu seinem Chef.

  Dieser musterte uns mit einem abschätzigen Blick. »Ich bin wieder hinten. Nächstes Mal kommst du von selbst raus, wenn Kundschaft da ist, verstanden? Wir haben die Kameras nicht umsonst installiert.«

  »Geht klar, Wesley«, sagte Isaac leise. Sein Gesicht war eine undurchdringliche Maske, und er wirkte angespannt. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn einfach so zu überfallen. Erst als sein Chef sich von uns wegdrehte und zurück zu den Fernsehbildschirmen lief, wagte Isaac es, mich anzusehen. Er lächelte unsicher.

  »Um was für eine Art von Notfall handelt es sich denn?«, fragte er.

  Ich rückte den Riemen auf meiner Schulter zurecht. »Ich habe morgen einen wichtigen Abgabetermin, aber mein Laptop hat den Geist aufgegeben. Er ist ausgegangen, und als ich ihn danach wieder angemacht habe, war die ganze Festplatte leer. Ich brauche dringend meine Bilder.«

  Er nickte langsam. »Komm am besten mit nach hinten.«

  Er führte mich in den hinteren Bereich des Ladens. Durch eine schwere Metalltür gelangten wir ins Lager, wo sich Kartons in meterhohen Regalen stapelten. Als ich mir sicher war, dass wir uns außer Hörweite befanden, wisperte ich: »Dein Chef ist ja ein ganz schönes Arschloch.«

  Einen Moment lang schien Isaac nach einer diplomatischen Antwort zu suchen, dann sagte er leise: »Er ist … schwierig. Aber die Bezahlung ist nicht schlecht.« Er zuckte mit den Schultern.

  »Was sind deine Aufgaben hier?«, fragte ich.

  »Eigentlich alles. Ich berate Kunden, kassiere, arbeite in der Werkstatt und verräume die Ware.«

  Ich hob die Augenbrauen. »Das ist eine ganz schön lange Liste.«

  »Es ist okay«, sagte er und hielt mir eine weitere Tür auf, die zu einem kleinen Büro führte. »Hier rein.«

  Ich betrat den muffigen Raum und sah mich um. Mehrere Bildschirme und PC-Gehäuse standen in den Regalen neben Kisten, aus denen Kabel und Tastaturen herausragten. Auf dem Boden war etwas ausgebreitet, das für mich wie das Innere eines Computers aussah, und überall lagen Drähte und Werkzeug. Ich musste aufpassen, nirgendwo draufzutreten.

  »Tut mir leid. Wesley räumt prinzipiell nicht auf, und manchmal komme ich einfach nicht hinterher«, sagte er, während wir uns den Weg zum Schreibtisch bahnten. Dort angekommen schuf Isaac etwas Platz, indem er drei Tastaturen aufeinanderstapelte und sie in eines der Regale legte. Dann nahm er vor einem Rechner Platz und schaltete ihn ein.

  »Dawn meinte, du arbeitest hier jeden Tag«, sagte ich und setzte mich auf den Stuhl neben seinem, meinen Rucksack auf dem Schoß.

  »Unter der Woche, ja. Am Wochenende helfe ich bei meinen Eltern aus, wenn Wesley mich nicht für eine Doppelschicht einträgt.«

  Und ich dachte, meine drei Schichten im Steakhouse wären viel. »Sieben Tage die Woche und dann noch die ganzen Vorlesungen – das ist ein ganz schönes Pensum.«

  »Es ist machbar und finanziert mir mein Studium«, sagte er leichthin.

  »Du finanzierst dein Studium selbst?«, fragte ich überrascht.

  Isaac sah mich an, diesmal mit einem sehr ernsten Ausdruck in den Augen. »Ich habe vier Geschwister, und meine Eltern führen eine große Farm.«

  Er machte nicht den Eindruck, als würde er wollen, dass ich weiter nachhakte. Dabei hätte ich nichts lieber als das getan. Ich kannte niemanden, der sich allein durch das Studium bringen musste. Selbst ich wurde von meiner Schwester unterstützt. Aber Isaac war sowieso anders als alle Menschen, die ich je zuvor in meinem Leben kennengelernt hatte.

  Ich musste ihn ein bisschen zu intensiv angestarrt haben, denn nach ein paar Sekunden wandte er den Blick mit roten Wangen ab und rückte die Tastatur zurecht, obwohl das eigentlich nicht nötig war.

  »Magst du mir deinen Laptop geben?«, fragte er unvermittelt.

  Ich nickte und öffnete die Schlaufe meines ramponierten Rucksacks. Ich hatte ihn – wie so vieles, das ich besaß – in einem Secondhandladen ergattert, und allmählich machte sich das bemerkbar. Mit festem Griff zog ich meinen Laptop heraus und legte ihn vor Isaac auf den Tisch.

  Er klappte ihn auf, drehte ihn auf den Kopf, um die Anschlüsse begutachten zu können, und holte dann aus einer Schublade im Schreibtisch ein graues Kabel heraus, mit dem er seinen Rechner und meinen Laptop verband. Danach fuhr er ihn hoch. Er machte eine kompliziert aussehende Tastenkombination, und auf seinem Bildschirm erschien ein schwarzes Feld mit lauter grünen Zahlen und Buchstaben.

  Ich versuchte, zu verstehen, was er da tat, ließ es aber nach kurzer Zeit wieder bleiben und betrachtete statt des Bildschirms Isaac, der offensichtlich in seinem Element war.

  Er tippte auf seiner Tastatur rum und runzelte konzentriert die Stirn. Dieser ernsthafte Ausdruck stand ihm. Generell sah er heute objektiv betrachtet ziemlich gut aus. Seine blonden Haare waren nicht wie sonst an seinen Kopf betoniert, sondern ganz zerzaust und wild. Wahrscheinlich, weil er bei der Arbeit im Lager geschwitzt hatte. Und auch das stinknormale T-Shirt stand ihm gut. Normalerweise war er immer so zugeknöpft. Dabei sollte er meiner Meinung nach viel öfter so etwas anziehen.

 
»Ist dein Laptop heiß geworden?«, fragte Isaac plötzlich.

  Ertappt riss ich meinen Blick von seinen Unterarmen los und nickte schnell. »Ja, aber er ist auch schon drei Jahre alt oder so.«

  Er brummte. »Benutzt du ihn viel im Bett?«

  »Meistens schon.«

  Wieder brummte er. Anscheinend war er nicht sonderlich gesprächig, wenn er arbeitete. Ich blieb still und sah ihm ein paar Minuten weiter zu.

  »Ah, da sind sie ja«, murmelte er nach einer Weile.

  »WAS?«

  Bei meinem Schrei zuckte Isaac zusammen. Er tippte weiter und antwortete, ohne mich anzusehen: »Deine Dateizuordnungstabelle war defekt, und durch einen Hardwaredefekt ist deine Festplatte gecrasht. Ich habe eine File Recovery gestartet und die Festplatte mit dem Filesytem Check geprüft. Es dürfte gleich alles wieder da sein. Allerdings sind deine Dateien jetzt unter Umständen nicht mehr geordnet, sondern im Namen mit Zahlen versehen, die man dann manuell wieder ändern muss.«

  »Heißt das, meine Bilder sind wieder da?«, fragte ich ungläubig.

  Er nickte. »Yep, nur die Dateibezeichnung ist anders. Ab sofort würde ich die Daten jedes Mal gleich auf einer externen Festplatte sichern. Nicht, dass deine Bilder noch mal verloren gehen. Ich glaube, ich habe hier noch irgendwo eine, die ich dir mitgeben kann«, sagte er, während ich fassungslos zwischen meinem Laptop und ihm hin- und herblickte.

  Isaac erhob sich und stieg mit seinen langen Beinen über den Kram, der auf dem Boden verteilt war. Er wühlte eine Weile in einer Kiste, die in einem der Regale stand. Dann reichte er mir einen schwarzen, rechteckigen Block, den ich perplex entgegennahm.

  »Wie viel bekommst du?«, fragte ich, während ich die Festplatte zusammen mit meinem Laptop in meinem Rucksack verstaute.

  »Das ist okay.«

  Ich runzelte zweifelnd die Stirn.

  »Im Ernst«, versicherte er mir. »Das sind alles Sachen, die verramscht werden.«

  Kopfschüttelnd sah ich ihn an. »Danke, Isaac.«

  Er lächelte mit roten Wangen und schob die Brille auf seiner Nase nach oben. »Hab ich gern gemacht.«

 

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