by Mona Kasten
Er hatte die Frage nicht beantwortet, aber ich ließ es ihm durchgehen.
»Und seitdem du in Woodshill wohnst, gab es niemanden mehr?«, fragte ich. Ich war fertig mit seinen Haaren, behielt diese Tatsache aber für mich. Dieses Gespräch war noch nicht zu Ende.
Isaac zuckte erneut mit den Schultern. »Als ich hergekommen bin, war das Letzte, woran ich gedacht habe, jemanden kennenzulernen. Ich habe Heather vermisst. Und meine Familie. Das war ganz schön viel auf einmal.« Er stieß ein humorloses Lachen aus. »Mal ganz abgesehen davon, dass sich ohnehin niemand für mich interessiert hat.«
»Und selbst wenn es so gewesen wäre, das hättest du mit allem, was sonst noch bei dir los war, überhaupt nicht realisiert.«
Isaac erwiderte darauf nichts, und wir schwiegen eine Weile.
»Wie geht es dir jetzt?«, fragte ich schließlich.
»Besser. Ich habe Freunde, und auch wenn meine Eltern enttäuscht von mir sind, habe ich meine Geschwister und meine Großeltern. Außerdem macht es mich unheimlich glücklich, dass ich studieren kann. Ich habe das Gefühl, dass ich mich hier komplett neu erfinde, weil das, was auf der Highschool passiert ist, keinen Menschen mehr interessiert.«
»Das stimmt.« Nach einer Weile fügte ich hinzu: »Ich bin übrigens fertig.«
Isaac hob seinen Kopf, und ich begann, die Haare, die an seinem Nacken klebten, wegzustreichen. Anschließend nahm ich das Handtuch von seinen Schultern und schüttelte es aus. Isaac wollte schon aufstehen, aber ich legte eine Hand auf seine Schulter und drückte ihn zurück auf den Stuhl. Er wehrte sich nicht.
Ich ging zu meinem Rucksack und holte die kleine, runde Packung Matt-Paste heraus, die ich auf dem Weg hierher aus der Drogerie mitgenommen hatte. Ein angenehm herber Geruch stieg mir in die Nase, als ich ein bisschen davon zwischen meinen Fingern verrieb. Ich stellte mich vor Isaac und begann, seine Locken in Form zu bringen. Ich hatte nur ein paar Zentimeter weggenommen, aber die neue Länge stand ihm perfekt, und als ich fertig war, sah seine Frisur aus wie die perfekte Mischung aus zerzaust und trotzdem gestylt.
»So, jetzt darfst du gucken«, sagte ich. Ich ging zum Waschbecken, um meine klebrigen Finger zu waschen. Isaac stellte sich hinter mich und blickte über meinen Kopf hinweg in den Spiegel. Er drehte den Kopf auf beide Seiten. Erst inspizierte er sich kritisch, und ich wollte schon anfangen, ihm gut zuzureden. Aber dann lächelte er. Langsam. Genau, wie ich es ihm beigebracht hatte.
Mein Mund wurde trocken.
Er gefällt mir.
Der Gedanke traf mich völlig unerwartet, und als sich unsere Blicke im Spiegel trafen, schien es mir quer übers Gesicht geschrieben zu sein.
Isaac starrte mich mit dunklen Augen an. Sein Mund öffnete sich leicht.
Für eine Millisekunde huschte mein Blick zu seinen Lippen.
Keiner von uns sagte ein Wort.
Im Licht der Badezimmerlampe waren Isaacs Augen stechend grün, und er sah mich so durchdringend und so intensiv an, dass ich das Gefühl hatte, die Luft anhalten zu müssen.
Ich konnte mich nicht rühren. Es war, als hielte er mich mit seinem Blick an Ort und Stelle gepinnt. Also verharrte ich vor dem Waschbecken, mit den Händen unter dem fließenden Wasser. Ohne wegzusehen, kam Isaac noch näher. Er griff an mir vorbei, um den Wasserhahn abzudrehen. Jetzt konnte ich seinen Körper in meinem Rücken spüren. Meine Wangen wurden heiß, und in meinem gesamten Körper breitete sich ein aufgeregtes Kribbeln aus.
Ich blinzelte.
Was zur Hölle?
Augenblicklich machte ich einen großen Schritt zur Seite und weg von Isaac. »Wenn ich mich nicht irre«, sagte ich etwas zu laut und zu enthusiastisch, »wolltest du mir ein Video von deinem toten Pianisten zeigen.«
Einen Moment lang starrte Isaac auf die Stelle, an der ich gerade noch gestanden hatte, und wirkte völlig verloren. Dann schüttelte er den Kopf, und sein Blick klärte sich. Jetzt war er derjenige, der rot wurde. »Ja.« Er räusperte sich. »Stimmt. Genau.«
Er sah sich im Bad um. Erst dachte ich, er wollte meinem Blick ausweichen, aber dann entdeckte ich seine Brille auf dem Waschbeckenrand. Ich nahm sie und hielt sie ihm hin. Als er danach griff, berührten sich unsere Finger. Wie vom Blitz getroffen ließen wir beide los, und die Brille landete mit einem Klirren auf dem Boden.
»Shit«, stieß ich hervor. »Tut mir leid.«
»Nein, meine Schuld«, sagte Isaac.
Ich bückte mich und hob die Brille auf. Dann stellte ich mich auf die Zehenspitzen und schob sie ihm kurzerhand auf die Nase.
Isaac sah mich an, als hätte er eine völlig neue Seite an mir entdeckt. Und als wäre er nicht sicher, was er damit anfangen sollte.
Ich wich seinem Blick aus. »Michelangelo?«, sagte ich und ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer.
»Michelangeli.«
Wir setzten uns an die beiden gegenüberliegenden Enden der Couch. Isaac schaltete den Fernseher an und rief über sein Handy YouTube auf.
Während er nach dem richtigen Video suchte, versuchte ich, meinen Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen und meine Gedanken zu ordnen. Ich hatte keine Ahnung, was das eben im Bad gewesen war, aber ich wusste, dass es nicht noch mal passieren würde. Niemand kam mir so nahe, dass er meinen Körper zum Kribbeln brachte. Oder meine Wangen zum Glühen. Auch nicht Isaac, egal, wie gut er in seinen neuen Klamotten und mit seiner neuen Frisur aussah. Vor allem nicht Isaac.
Ich war dankbar, als er das Video schließlich startete und das Konzert begann. So konnte ich mich auf etwas anderes konzentrieren als meine verwirrenden Gedanken.
Und ich war sofort fasziniert. Klassik war nicht mein Ding. Leute, die eine Leidenschaft für Musik hatten, dafür aber umso mehr. Und dieser Pianist hatte eine ganze Menge Leidenschaft. Er streichelte die Tasten, nur um im nächsten Moment wieder darauf einzuschlagen. Unwillkürlich fragte ich mich, ob Isaac ebenso entrückt und ekstatisch aussah, wenn er an einem Klavier saß.
Ich sank ein Stück weiter in die Kissen der Couch und zog die Beine an. Ich konnte es nicht verhindern, dass mein Blick zu ihm wanderte. Isaacs Kopf bewegte sich leicht zur Musik, und er sah total mitgerissen aus. Und glücklich.
Ich musste daran denken, was er mir heute alles von sich erzählt hatte. Wie naiv von mir, zu glauben, dass ich das Puzzle Isaac Grant schon so gut wie zusammengesetzt hatte. Heute erst hatte ich wieder gemerkt, dass mir noch eine ganze Menge Teile fehlten.
KAPITEL 13
»Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?«, flüsterte Isaac und sah mir mit einem sorgenvollen Stirnrunzeln dabei zu, wie ich mich unter dem kaputten Maschendrahtzaun hindurchschob.
»Du musst nicht flüstern, Isaac«, antwortete ich extra laut. »Hier ist kein Schwein.«
Ich drehte mich zu ihm um und hob den Draht ein Stück hoch, damit er ebenfalls durchsteigen konnte. Er sah mich weiter skeptisch an, machte dann aber einen Schritt nach vorne.
»Pass auf mit deiner Jacke«, murmelte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, um den Zaun noch höher zu halten. Als Isaac auf der anderen Seite war, ließ ich ihn wieder fallen.
Ich sah mich um und nickte zufrieden. Wir befanden uns ein Stück außerhalb von Woodshill auf dem Gelände einer heruntergekommenen und inzwischen geschlossenen Fabrik. Genau so hatte ich mir die Kulisse für Isaacs Nachher-Bilder vorgestellt. »Perfekt.«
»Perfekt? Dank dir lande ich noch im Knast«, wisperte er, und ich rollte die Augen.
»Krieg dich mal wieder ein. Selbst wenn uns jemand erwischen sollte – wir machen nur ein paar Bilder für ein Uniprojekt. Mehr nicht. Und jetzt komm.« Ich lief auf das Gebäude zu.
»Hast du dich schon öfter strafbar gemacht?«, fragte Isaac, als er zu mir aufschloss.
»Ja. Aber ich war nie blöd genug, mich erwischen zu lassen.« Ich grinste ihn an.
»Großartig«, murmelte Isaac. »Einfach großartig.«
Ich sah mich um, und mein Blick fiel auf eine Metalltür, auf der ein riesiges Warnschild prangte. Links und rechts davon wa
ren riesige Fenster, deren Glas eingeschlagen worden war. Es sah bedrohlich aus, so als wäre hier gerade eben erst etwas Schreckliches geschehen. »Nicht schlecht«, sagte ich. Isaac folgte meinem Blick, und ich konnte sehen, dass er genau das Gleiche dachte wie ich.
Ich schaltete meine Kamera ein. Durch die Linse betrachtete ich die Lichtverhältnisse und stellte den Fokus ein. »Stell dich mal dorthin.«
Isaac lehnte sich gegen den Türrahmen.
»Kannst du einen Arm heben und dich …«
Als hätte er meine Gedanken gelesen, brachte er sich in Position. Er stützte sich mit dem Arm ab und lehnte sich ein Stück nach vorne. »So?«
Er sah heiß aus. Die schwarzen Jeans saßen perfekt auf seinen Hüften, und er trug das graue Shirt und die Lederjacke, als hätten sie schon immer zu ihm gehört. Außerdem hatte er auf Haargel verzichtet, und seine leicht zerzausten Haare ließen ihn in Verbindung mit seiner Brille noch verwegener aussehen.
Ich drückte ein paarmal auf den Auslöser und sah mir die Bilder an.
»Schau mal zur Seite. Und guck mal sexy.«
»Ich kann nicht auf Anhieb sexy gucken.«
Doch, kannst du, hätte ich beinahe gesagt und merkte, wie meine Wangen warm wurden, als ich an den Moment in Isaacs Badezimmer dachte.
Ich verdrängte den Gedanken sofort wieder.
»Isaac, im Ernst«, sagte ich und ließ die Kamera sinken. »Es kann nicht sein, dass du nach den Wochen, die wir miteinander verbracht haben, immer noch so wenig Selbstbewusstsein hast. Ich kann dir jeden Tag sagen, wie attraktiv du bist, wenn du das brauchst – aber du musst auch ein bisschen dran glauben.«
Er schluckte schwer und betrachtete mich aus dunklen Augen. Dann nickte er kurz. »In Ordnung.«
Er lehnte sich wieder ein Stück vor, sah zur Seite, und sein Gesichtsausdruck war schon viel besser als vorher. Er gab meinen Anweisungen seine eigene Note, sah zum Teil sogar ein bisschen grimmig aus, was ihm zusammen mit dem Outfit und seiner Brille eine Härte verlieh, die einen sehr schönen Kontrast zu den ersten Bildern, die wir gemacht hatten, bot.
Ein paar Schüsse später zog Isaac von sich aus seine Jacke aus und ließ sie locker an einem Finger über seine Schulter baumeln. Ich hob einen Daumen, um ihm zu zeigen, dass ich es gut fand. Isaac hatte wirklich schöne Arme. Gebräunt, mit wohlgeformten Muskeln. Jedes Mal, wenn er im Steakhouse ein Tablett mit Getränken wegbrachte oder mehrere Teller auf einmal trug, traten sie deutlich hervor, und ich sah ein bisschen länger hin als nötig.
Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Isaac sich verändert hatte. Doch ich hatte den Eindruck, dass das meiste davon bislang rein äußerlich geschehen war. In seinen Augen sah ich noch viel zu oft die Unsicherheit aufblitzen, und wenn er so etwas tat wie gerade mit der Lederjacke, dann nur, weil er wusste, dass es für die Bilder gut sein würde. Nicht, weil er sich gern zeigen wollte. Es frustrierte mich. Teil unseres Deals war auch, dass er sich gut fühlte und nicht nur gut aussah.
Aber nach allem, was er mir über seine Schulzeit und seine Familie erzählt hatte, war mir klar geworden, dass es viel länger als ein paar Wochen dauern würde, ihm seine Schüchternheit zu nehmen. Ich wusste, dass es irgendwo in ihm drin war, schließlich hatte ich erst vor wenigen Tagen gesehen, wie er sein konnte, wenn er vollkommen losließ – als wir diesem Pianisten zugehört hatten. Ich wünschte mir für ihn, dass er sich das öfter erlaubte und er mehr solcher Momente hatte.
Und das war es auch, was ich auf meinen Bildern haben wollte. Dieses Funkeln in seinen Augen, wenn er etwas voll und ganz genoss.
Jetzt gerade genoss er nichts. Es wirkte gestellt und kein bisschen locker. Plötzlich fühlte ich mich furchtbar, dass ich ihn überhaupt in eine solche Situation gebracht hatte, wo er sich offensichtlich unwohl fühlte. Ich ließ die Kamera sinken und öffnete den Mund.
»Alles in Ordnung?«, fragte Isaac mit einem Stirnrunzeln.
»Ich …«
»Hey!«
Ich riss den Kopf herum. In einiger Entfernung stand ein Wachmann mit Hund, der Isaac und mich anstarrte.
»Shit«, fluchte ich leise und schraubte hektisch das Objektiv auf meine Kamera.
»Was machen Sie da? Das ist ein Privatgrundstück!«, rief der Wachmann und kam mit schnellen Schritten auf uns zu.
Ich sah Isaac mit großen Augen an. Dann formte ich mit dem Mund das Wort »Lauf!«.
Er nickte, und in der nächsten Sekunde rannten wir los.
»Stehen geblieben!«
Wir dachten nicht daran.
Ich hörte, wie der Hund laut zu bellen begann und der Wachmann uns hinterherschrie.
Isaac rannte vor mir zum Zaun und kletterte hindurch. Er hielt ihn hoch. »Komm schon, Sawyer!«, zischte er.
Mein Herz schlug so schnell, dass ich Angst hatte, es würde mir gleich aus der Brust springen. Ich stolperte unter dem Zaun hindurch.
»Bleiben Sie stehen!«
Isaac packte mich am Arm und zog mich hinter sich her. Verflucht, er war schnell. Mit einer Hand hielt ich meine Kamera fest, während wir quer über einen Parkplatz auf ein angrenzendes Waldgebiet zurannten. Irgendwann wurde das Bellen des Köters leiser. Wir hielten trotzdem nicht an. Wir stolperten über Dickicht und Geäst, quer über einen der Wanderwege, weiter in die Tiefen des Waldes.
»Ich kann nicht mehr«, japste ich und beugte mich vornüber, um mich auf meinen Knien abzustützen. Gierig rang ich nach Luft.
Dann hörte ich plötzlich ein Geräusch, das so überhaupt nicht zu der Situation passen wollte, in der wir uns gerade befanden. Im Gegensatz zu mir japste Isaac nicht.
Er lachte. Richtig laut.
Dieser Irre.
Ich stemmte die Hände in meine stechenden Seiten, blies mir eine Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht und sah zu ihm auf.
Er hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und sein Gesicht gen Himmel gestreckt. Und er lachte.
Ich hatte ihn noch nie so gesehen.
Es war wunderschön.
Ohne wegzuschauen, fummelte ich an meiner Kamera herum und hob sie hoch. Es war mir egal, wie der Hintergrund war oder dass das Licht helle Punkte auf seinen Oberkörper und seine Nase warf. Es zählte nur, dass es echt war.
Beim Klicken des Auslösers sah er mich an. Er schüttelte grinsend den Kopf.
»Was machst du nur mit mir?«, fragte er.
Beinahe hätte ich die Frage zurückgegeben.
Am Abend hatten Isaac und ich wieder eine gemeinsame Schicht im Steakhouse. Gegen halb acht kam Dawn vorbei und setzte sich an den Tresen. Sie drehte sich nach Isaac um, der gerade dabei war, einen der Tische abzudecken.
»Er sieht gut aus«, sagte sie kopfschüttelnd.
»Ich weiß«, brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
An unserem Gefrierfach unterhalb der Spüle hatte sich eine Schraube gelöst und war in den Eiswürfeln verschwunden. Seit über zwanzig Minuten suchte ich danach. Meine Hände waren schon ganz taub.
»Ich meine«, fuhr Dawn unbeirrt fort, »er sah vorher auch gut aus. Aber jetzt hat er was ganz Verwegenes an sich, mit dem neuen Haarschnitt und so.«
»Mh hm«, machte ich. Ich war mir ziemlich sicher, dass mir jeden Moment ein Finger abfallen würde.
»Eigentlich habe ich dieses Projekt für keine gute Idee gehalten. Aber inzwischen?« Ein Schatten fiel über mich, und ich wusste, dass sie sich über den Tresen beugte und zu mir runter sah. »Ich glaube, du tust ihm total gut.«
Ich brummte nur.
»Hör auf, nur zu brummen, und rede mit mir. Sonst erzähle ich allen, dass ich dich letztens mit der Patchworkdecke meiner Grandma gefunden habe«, sagte Dawn.
Ich riss den Kopf hoch und funkelte sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Als ob.«
Sie wackelte mit den Brauen. »Oh, doch. Du hast dich darin eingekuschelt und sahst aus wie ein Burrito. Ich habe sogar ein Beweisbild.«
Ich versteifte mich. »Du lügst.«
Dawns Grinse
n wurde diabolisch. »Ich wusste, dass mir das irgendwann zugutekommen würde. Du hast echt kaum Schwächen, da brauchte ich dringend mal ein Druckmittel.«
»Sawyer ist kitzelig«, erklang plötzlich Isaacs Stimme über mir. Er war durch die Schwingtür gekommen, ohne dass ich es gemerkt hatte.
Dawn richtete sich auf. »Echt?«
»Nein«, rief ich im selben Moment, als Isaac »Ja« sagte.
Jetzt grinste sie noch breiter. »Danke, Isaac. Du hast was gut bei mir.«
Isaac machte sich daran, die Getränkebestellungen vorzubereiten, zu denen ich noch nicht gekommen war. »Burritobild?«, fragte er, beugte sich zu mir nach unten und schaufelte Eiswürfel in drei Gläser.
»Ich habe Sawyer dabei erwischt, wie sie mit der Decke meiner Grandma geschlafen hat. Sie sah so niedlich aus, da musste ich einfach ein Bild machen. Damit kann ich sie erpressen, falls sie mal wieder fies ist«, erklärte sie stolz.
»Ich werde dieses Bild vernichten, Dawn«, knurrte ich. Immer noch keine Schraube. Leise fluchte ich.
»Aber nicht, bevor ich es gesehen – oh Mann. Das ist echt niedlich«, sagte Isaac.
Ich riss meinen Kopf hoch. Isaac sah sich mit einem breiten Grinsen das Bild auf Dawns Handy an. Ich sprang auf und wollte danach greifen, aber meine Hand war so taub und unkoordiniert, dass sie wie ein toter Fisch auf den Tresen klatschte.
»Zeig sofort her«, forderte ich und warf Dawn meinen Todesblick zu.
Leider ließ der sie inzwischen kalt.
Sie hielt das Handy einen Meter von mir entfernt in die Höhe, sodass ich die Augen zusammenkneifen musste, um das Bild darauf zu erkennen.
Tatsächlich.
Das Miststück hatte mich beim Schlafen fotografiert. Eingewickelt in die grottenhässliche Decke ihrer Grandma, die viel flauschiger und gemütlicher war, als sie aussah.
»Du weißt schon, dass es ganz schön gruselig ist, jemanden beim Schlafen zu fotografieren, oder?«, fragte ich und rieb meine Hände. Ich spürte überhaupt nichts mehr in meinen Fingern.
»Sagt diejenige, die mich halbnackt in einer Umkleide fotografiert hat«, murmelte Isaac.