by Kiefer, Lena
»Nachdem ich zurück in Kilmore war, hat Lyall … bald herausgefunden, was Sache ist«, begann ich stockend zu erzählen. »Also haben wir uns wieder versöhnt und Pläne gemacht. Ich war so froh, dass alles wieder gut ist. Nur dann … dann habe ich etwas erfahren, das alles geändert hat.«
»Was war es?«, fragte Willa, als ich nicht weitersprach.
»Er hat etwas Schlimmes gemacht.« Mehr brachte ich nicht heraus. Meine Schwester sah mich erschrocken an.
»Mit dir?«
»Nein, oh Gott, nicht mit mir. Aber ich habe herausgefunden, dass er für den Tod eines Mädchens mitverantwortlich ist.« Mir wurde bewusst, wie das klang. »Nicht, weil er sie getötet hat«, schob ich eilig nach. »Aber sie waren zusammen, er hat sich getrennt und sie war danach sehr verzweifelt. Irgendwann hat sie ihn angerufen und angedeutet, sie wolle sich umbringen. Und er hat zu ihr gesagt, er wäre froh, wenn sie verschwindet.«
Stille.
»Heilige Scheiße«, stieß meine Schwester schließlich aus. »Das ist krass. Sicher, dass er das war und keine dumme Verwechslung?«
Ich sah zu Boden. »Keine Verwechslung. Er hat später selbst zugegeben, dass er es gesagt hat.«
»Dann hat er dir nicht selbst davon erzählt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Mutter des Mädchens hat mir einen Mitschnitt des Telefonats zugeschickt. Lyall hatte mir in den Highlands noch gesagt, Ada wäre damals verschwunden, und er hätte keine Ahnung, wo sie ist.« Ich sah auf. »Er hat ihr das also nicht nur an den Kopf geworfen, sondern mich auch noch angelogen, als ich gefragt habe, was mit ihr passiert ist.«
Willa atmete laut aus. »Jetzt verstehe ich, warum du so neben der Spur bist. Aber warum hast du denn nichts zu mir gesagt?«
»Weil ich mich geschämt habe.«
»Du ? Wieso das denn? Er hat Scheiße gebaut. Mächtige, gewaltige Scheiße, um genau zu sein. Dafür musst du dich doch nicht schlecht fühlen!«
Wie sollte ich ihr das erklären? Ich hatte mich in den letzten Monaten so oft gefragt, wie ein Mensch das sagen konnte, was Lyall zu Ada gesagt hatte. Das Ergebnis war, dass er das sein musste, wofür ihn alle in Kilmore hielten: jemand, der mit anderen Menschen und ihren Gefühlen spielte, sie manipulierte und belog, ohne selbst wirklich tief empfinden zu können. Und nun traute ich mir selbst nicht mehr, weil ich ihn für einen liebenswerten Kerl gehalten hatte, der für mich dasselbe fühlte wie ich für ihn. Das versuchte ich jetzt auch Willa zu erklären, ich verhedderte mich jedoch oft dabei. Trotzdem nickte sie, als ich fertig war.
»Ich kapiere, was du meinst. Du denkst, du wärst nicht mehr du, weil er nicht der ist, für den du ihn gehalten hast. Aber das ist Bullshit, Kenz.« Sie sah mich aufmerksam an. »Ganz im Ernst, du bist doch keine Idiotin. Du verliebst dich vielleicht in Kerle, die in ihrem Hirn immer noch Kinder sind, siehe Miles. Aber doch nicht in irgendeinen Psychotypen, der dir vormacht, etwas für dich zu empfinden. Du weißt, wer ein guter Mensch ist und wer nicht. Das ist deine Superkraft!«
Tränen stiegen mir in die Augen, als ich sie das sagen hörte. »Ja, früher vielleicht. Aber bei Lyall hat sie versagt. Es gab genug Situationen, in der er diese dunkle Seite von sich gezeigt hat, Willy. Nur wollte ich es einfach nicht wahrhaben.«
»Dunkle Seite, blabla«, winkte sie ab. »Die haben wir alle, manche mehr als andere. Du hast eine, ich hab eine, Lyall hat eine. Und ich will dir damit sicher nicht sagen, verzeih ihm diese Scheiße, ganz sicher nicht. Ich verpasse ihm höchstpersönlich eine, wenn ich ihn noch einmal sehen sollte. Aber ich glaube, du solltest in Erwägung ziehen, dass du einfach das Gute in ihm sehen wolltest. Etwas Gutes, das da war, auch wenn er dich angelogen und fürchterliche Sachen zu diesem Mädchen gesagt hat. Ich habe euch gesehen, im Krankenhaus, nachdem er einen Jet besorgt hat, um dich so schnell wie möglich nach London zu bringen. Er mochte dich, Kenz. Sogar sehr.« Sie streckte die Hand aus und berührte mich am Arm. »Und deswegen musst du dir keine Vorwürfe machen, dass du ihm vertraut hast. Sei lieber froh, dass du dazu in der Lage warst. Dann kannst du ihn auch irgendwann vergessen.«
Ich schwieg und dachte über ihre Worte nach, die in mir immerhin einen Hauch Entspannung auslösten. Denn es stimmte, kein Mensch war nur schwarz oder weiß, wir waren alle irgendwelche Schattierungen von Grau. Vielleicht war nichts Falsches daran gewesen, das Gute in Lyall sehen zu wollen.
»Ja, möglicherweise hast du recht«, sagte ich.
»Ich habe immer recht. Das solltest du doch wissen.«
Ich lachte kurz auf, erleichtert, dass meine Schwester Bescheid wusste und ich ab jetzt jemanden hatte, mit dem ich darüber reden konnte. Wieso hatte ich nur so lange damit gewartet?
»Ich muss mich bei Eleni entschuldigen, oder?«, fragte ich. Zudem musste ich meiner Familie sagen, dass ich nächste Woche nach Korfu fliegen würde, denn die Aussicht auf ein Projekt im Süden fühlte sich immer noch echt gut an. Aber auch wenn ich gesagt hatte, ich müsste das nicht abklären, würde ich es natürlich trotzdem tun. Und ich setzte darauf, dass sie auch diesmal erkennen würden, was für eine Chance das für meine Zukunft war – und mich deswegen unterstützten.
»Allerdings.« Willa stand auf und hielt mir die Hand hin, um mich hochzuziehen. »Außerdem gibt es Mousse au Chocolat zum Nachtisch. Drei Sorten. Wenn Alex unsere Portionen aufgegessen hat, mache ich ihn einen Kopf kürzer.«
Wir gingen in Richtung des Hauses, und ich sah zu meiner Schwester, die mich nicht nur wegen der Absätze ihrer Stiefel überragte. »Du stehst auf Alex, richtig?«, seufzte ich.
Willa grinste. »Nein, gar nicht. Ich finde ihn unerträglich.«
»Das heißt dann wohl Ja.« Ich schüttelte den Kopf, denn ich witterte Drama, jede Menge davon. Aber immerhin – diesmal würde es nicht mein Drama sein.
9
Lyall
»Das macht 21,80.« Der junge Kassierer hinter dem Tresen sah etwas beunruhigt aus, als er mir den Betrag nannte und ich ihm meine Kreditkarte gab. Das lag aber nicht an mir, sondern an der Horde von angetrunkenen Studenten, die im hinteren Teil des kleinen Ladens lautstark darüber diskutierten, ob eine Chipstütenschlacht nur eine gute oder doch eine hervorragende Idee war. Wir hatten 1 Uhr in der Früh und ich war der einzige nüchterne Kunde weit und breit – denn der winzige Supermarkt lag nur ein paar Straßen von einer Privatuni entfernt und war an einem Samstagabend die Anlaufstelle für alle, denen im Wohnheim der Stoff ausgegangen war.
»Noch eine gute Schicht«, wünschte ich. Der Verkäufer rang sich ein gequältes Lächeln ab und ging dann todesmutig nach hinten, um Schlimmeres zu verhindern. Ich packte meine Einkäufe – Cheetos, Kaffee und Milch, dazu ein paar Schokoriegel – in meinen Rucksack und verließ den Laden, wobei ich eine ganze Horde von Mädels vorbeilassen musste, die sich als kichernde Traube durch die Tür drängten. Ich lächelte unverbindlich, als zwei von ihnen mich interessiert ansahen, aber dann war ich auch schon draußen. Das Letzte, was ich gerade brauchte, war ein Flirt mit einer feierwütigen Studentin. Obwohl das meiner Mutter sicher gefallen hätte.
Abseits des Supermarkts wurden die Straßen schnell leerer, denn ich nahm extra eine Strecke, an der nicht alle zehn Meter eine Kneipe oder ein Club lag. Ich zog meine Mütze über und genoss die kühle Luft in meinen Lungen nach einem Tag am Schreibtisch. Das Modell war dank Edinas Hilfe rechtzeitig fertig geworden und ich hatte dafür eine annehmbare Note bekommen, aber ich schrieb nächste Woche die letzten drei Klausuren und musste deswegen ein paar Nachtschichten einlegen. Was im Prinzip kein Problem war … schließlich schlief ich eh nie besonders viel. Das half jedoch nicht dabei, mich besser zu konzentrieren.
Als ich ein Juweliergeschäft passierte, spürte ich es zum ersten Mal – so ein Ziehen im Nacken, als würde man mich beobachten. Ich widerstand dem Drang, mich umzudrehen, sondern blieb stehen, ging in die Hocke und band meinen Sneaker neu, während ich versuchte, in der Scheibe des Ladens etwas zu erkennen. Aber da war nichts. Also richtete ich mich auf und lief weiter, immer noch auf der Hut, meine Sinne geschärft. Vielleicht war ich durch den Schlafmangel überempfindlich und paranoid, eigentlich konnte ich mich jedoch auf mein Bauchgefühl ve
rlassen. Und das sagte eindeutig: Jemand ist hinter dir her.
Alle Hendersons unserer Generation hatten mehrfach während Kindheit und Jugend Sicherheitseinweisungen bekommen, weil wir, bedingt durch unseren Reichtum und Einfluss, in Gefahr gewesen waren, entführt zu werden. Dabei hatte ich gelernt, dass man am besten herausfand, ob man verfolgt wurde, indem man sich nicht normal verhielt – oft die Straßenseite wechselte, abrupt anhielt, einen längeren und unlogischen Weg nahm. Natürlich war der erste Rat gewesen, Hilfe zu suchen, aber ich war nicht mehr zehn und konnte mich wehren. Außerdem wollte ich wissen, was hier los war.
Also schlug ich ein paar Haken, ging runter bis zum Lake, dann wieder zurück nach River North, wo ich wohnte. Jedoch erst, als ich schon fast am Haus war, sah ich bei einem Blick über die Schulter, dass mich tatsächlich jemand verfolgte. Es war ein Profi, denn er war geschickt, hielt sich im Schatten und passte sich meinem Tempo an. Aber er war eindeutig nicht zufällig hier.
Ich trat in das Foyer des Hauses. Der Portier grüßte mich und ich ging zum Tresen, gab ihm meinen Rucksack.
»Können Sie bitte kurz darauf aufpassen?«, fragte ich.
»Natürlich, Mister Henderson. Ist alles in Ordnung?«
»Das werden wir gleich sehen.«
Ich hatte eine Waffe in meiner Wohnung – das war in den USA Vorgabe meiner Familie – und auch die Erlaubnis, sie mit mir zu führen. Wir mussten sogar regelmäßig auf den Schießstand, um damit umgehen zu können, aber ich war mir sicher, wenn ich sie nun holte, war der Typ weg. Also ging ich zurück auf die Straße, wandte mich direkt nach links und lief zu der Stelle, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Als ich näher kam, löste sich jemand aus den Schatten und eilte von mir weg, gerade so schnell, dass man es nicht als Flucht bezeichnen konnte.
Ich nahm die Verfolgung auf, beschleunigte mein Tempo. Was willst du machen, wenn du ihn erwischst? Ich hatte keine Ahnung. Aber das Adrenalin in meinen Adern trieb mich vorwärts, an den Zweifeln vorbei und weiter. Wenn mich jemand beobachtete, wollte ich wissen, wer ihn geschickt hatte.
Der Typ bog in eine schmalere Seitenstraße ab, ich lief hinterher. Kaum war ich um die Ecke, sah ich, dass er rannte. Er rannte wie der Teufel zur anderen Seite. Sofort setzte ich ihm nach, folgte ihm bis zum Ende der Gasse und dann an den parkenden Autos vorbei in Richtung Millennium Park. Er war echt schnell, aber ich war schneller. Allmählich schrumpfte der Abstand zwischen uns, ich konnte seine Statur erkennen – kleiner als ich, jedoch eindeutig trainiert, in schwarzer, unauffälliger Kleidung. Er lief über eine rote Ampel, ich folgte ihm, entging dabei haarscharf einem Taxi. Der Fahrer brüllte mir nach, aber ich hörte es kaum, war völlig auf mein Ziel fokussiert. Ich musste diesen Typen erwischen. Ich musste wissen, wer hinter mir her war.
Wir waren fast am Park, da rauschte ein dunkler Wagen heran und hielt direkt im Laufweg meines Verfolgers. Ich ahnte Böses, und tatsächlich: Der Typ sah über die Schulter zu mir, dann riss er die Tür auf, sprang auf den Rücksitz und rief dem Fahrer etwas zu, der sofort aufs Gas trat, noch bevor sein Passagier überhaupt richtig im Wagen war. Ich hechtete zu dem Auto, aber es war zwecklos. Mit quietschenden Reifen raste es davon und ich blieb ohne Antworten zurück. Nicht einmal das Nummernschild hatte ich erkennen können.
»Scheiße, verdammt!«, fluchte ich und trat gegen eine der Mülltonnen, die zur Abholung an der Straße standen. Jetzt würde ich vermutlich nie erfahren, wer mich mitten in der Nacht verfolgte. Niemand aus Adas Familie, dafür war der Typ zu sehr Profi gewesen. Aber vielleicht jemand, der davon wusste? Was zur Hölle war hier los?
»Lyall?« Eine bekannte Stimme brachte mich dazu, herumzufahren. Es war Sophia, die gerade von der anderen Straßenseite gekommen zu sein schien. »Hey, alles okay?«
»Ja, sicher«, schaltete ich schnell um und verbarg meinen keuchenden Atem vor ihr, so gut es ging. »Alles bestens.«
»Sah aber nicht so aus.« Sie deutete skeptisch auf die Mülltonne, die nun ein paar Meter von ihren Kollegen entfernt stand.
»Ach, ich komme mit dem Lernen nicht voran. Das frustriert mich.« Ich lächelte und bemerkte, dass sie anders aussah als sonst. Ihr Outfit, oder eher das, was man davon erkennen konnte, wirkte, als wäre sie auf dem Heimweg von einer Party, denn derartig aufgedonnert hatte ich sie noch nie gesehen. Sophia war mehr der Typ natürliche Schönheit, meist trug sie Jeans, irgendeine Sweatshirt-Jacke und einen Zopf. Aber jetzt hatte sie High Heels an den Füßen und ein enges Kleid an, dessen Kante knapp unterhalb des Mantelsaums endete.
»Welche Klausur ist es?«, fragte sie.
»Die bei Professor Morgan. Baugeschichte.« Langsam normalisierte sich meine Atmung.
»Oh je.« Sie verzog das Gesicht. »Ich habe von ihm gehört. Er soll berüchtigt sein für seine fiesen Fragen.«
»Du sagst es. Und ich bekomme einfach nichts mehr in meinen Kopf. Deswegen die Mülltonne.« Ich grinste schief.
Jemand kam zu uns, ein bulliger Typ, der offenbar zu Sophia gehörte. Er kam mir vage bekannt vor.
»Hey, ich bin Patrick«, sagte er in einem Ton, der mir verriet, dass er unser Gespräch beobachtet hatte – und überhaupt nicht begeistert davon war. »Du bist Sophias Nachbar, oder?«
Ich nickte und streckte die Hand aus. »Stimmt. Lyall Henderson.«
»Henderson?« Er ignorierte meine Geste, aber seine Augen weiteten sich ein Stück, was genau der Grund gewesen war, warum ich meinen Namen gesagt hatte: Normalerweise ersparte es mir eine Menge Ärger, denn niemand wollte Stress mit meiner Familie. Und Sophia war nicht das erste vergebene Mädchen, dessen Freund sich von mir bedroht fühlte. Aber in diesem Fall war Patricks Pegel entweder zu hoch oder er war echt scharf auf Stress.
»Schläfst du mit ihr?«, fragte er mich aggressiv.
»Was?«, gab ich belustigt zurück.
»Du hast mich schon verstanden, Henderson.«
Ich verdrehte die Augen. »Ich weiß nicht, in welcher Beziehung Sophia und du zueinander stehen. Aber ich denke, in jedem Fall solltest du das sie fragen und nicht mich.«
»Ich bin ihr Freund , Arschloch«, knurrte er mich an.
»Dann erst recht.« Ich tat immer noch so, als würde mich das alles unheimlich amüsieren. Etwas in mir verlangte zwar nach einer handfesten Auseinandersetzung, aber mich auf offener Straße mit dem Kerl zu prügeln, war zu gefährlich. Wenn die Presse davon Wind bekam, dann auch meine Grandma. »Vertrauen ist wichtig in einer Beziehung, hat dir das nie jemand gesagt?«, schob ich trotzdem nach.
Patricks Gesicht nahm eine ungesunde Farbe an. »Du –«
Sophia legte die Hand auf den Arm ihres Freundes. »Komm schon, Pat, gehen wir. Zwischen Lyall und mir läuft nichts. Wir sind nur Nachbarn, ehrlich.«
Beinahe hätte ich geschnaubt. Was war das nur, dass sich Frauen so etwas gefallen ließen? So ein übergriffiges, steinzeitliches Verhalten? Wie konnte es sein, dass Sophia als intelligentes und selbstbewusstes Mädchen tatsächlich noch versuchte, ihren Neandertaler-Freund zu besänftigen, wo sie ihn doch besser in den Wind schießen sollte? Ich verstand es nicht. Aber es machte mich wütend.
Patrick ließ sich von ihr ohnehin nicht beruhigen. »Hältst du mich für so dämlich? Glaubst du, ich hätte nicht gesehen, wie du den Kerl anstarrst? Du wirst nie wieder mit ihm reden, ist das klar?«
Ich atmete ein, zählte bis zehn, aber die Wut blieb. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie der Typ Sophia grob am Arm packte. Da war die Entscheidung gefallen.
»Hey, Sophia«, sagte ich und sah Patrick mit dem eisigsten Blick an, den ich draufhatte. »Ich glaube, das ist der Moment, wo du deinem Freund sagst, dass er jetzt gehen sollte. Allein.«
Er reckte das Kinn und lachte spöttisch. »Das wird sie nicht.«
Ich sah Sophia fragend an. Es war ihre Angelegenheit, aber ich hoffte, dass sie klug genug war, nicht mit dem Typen mitzugehen. Man konnte erkennen, wie sie haderte, dann straffte sie die Schultern.
»Doch, werde ich«, sagte sie mit fester Stimme. »Bitte geh nach Hause, Pat. Wir können das klären, wenn du wieder klar im Kopf bist.«
»Ist das dein Ernst?«, fragte er drohend und machte einen S
chritt auf sie zu. Ich trat dazwischen.
»Es ist ihr Ernst. Hau ab, Mann. Mach dich nicht noch mehr zum Affen.«
Nun kam Patrick auf mich zu, ich sah ihn schon ausholen. Aber da fuhr eine Polizeistreife an uns vorbei und er nahm Abstand. »Ich ruf dich an«, informierte er Sophia, dann maß er mich mit einem tödlichen Blick und verschwand in Richtung Süden, wo er vermutlich wohnte. Wir setzten uns in die andere Richtung in Bewegung.
»Wo hast du den denn aufgetrieben?«, fragte ich Sophia, während wir die Straße überquerten. »Im Lincoln Park Zoo ?« Wobei das eine Beleidigung für die Tiere dort war. Jeder einzelne Bewohner des Affengeheges hatte vermutlich mehr Grips als dieser Patrick.
»Ach, er ist eigentlich ganz in Ordnung, wenn er nicht gerade sämtliche Wodka-Vorräte des Tao in sich hineinschüttet.« Sophia hob die Schultern und sah dann unsicher zu mir.
»Ihr wart im Tao ?« Das war einer der exklusivsten Clubs der Stadt – Finlay verlangte bei jedem seiner Besuche, dass wir dort hingingen. Sophia allerdings hatte auf mich bisher nicht den Eindruck gemacht, als könnte sie solchen Läden etwas abgewinnen.
»Das war seine Idee«, klärte sie mich auf und seufzte dann. »Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, es wäre ein Hobby von mir, Idioten zu daten.«
Ich hob die Schultern. »Spielt es eine Rolle, ob ich das denke?«
»Nein, vermutlich nicht. Schließlich hast du ziemlich deutlich gemacht, dass du kein Interesse an mir hast.«
»Hör zu –«, startete ich eine Erklärung, aber Sophia unterbrach mich.
»Oh Gott, bitte sag nichts darauf.« Sie zog unbehaglich den Kopf zwischen die Schultern. »Es gibt nichts Schlimmeres, als Gründe für einen Korb zu hören.«
Da hatte sie recht. Trotzdem sagte ich etwas. »Es hat nichts mit dir zu tun. Ich bin einfach nicht auf der Suche nach was Festem, das ist alles.«
»Das hättest du nicht sagen sollen«, lachte sie. »Schließlich bist du damit genau die Sorte Kerl, nach der Frauen doch angeblich suchen, damit er für sie eine Ausnahme von seinem wilden Leben macht.«