Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)

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Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition) Page 15

by Kiefer, Lena


  »Kassiopi ist toll.« Kenzie nickte. »Ich glaube, es war genau die richtige Idee, mal rauszukommen. Sogar Elliott hat weniger genörgelt als sonst.«

  Ich hob eine Augenbraue. »Was denn, er hat nicht bemängelt, dass es zu warm ist – oder die Sonne zu hell, das Meer zu laut, die Häuser zu weiß?«

  Kenzie lachte auf. »Ausnahmsweise nicht. Aber ich bin sicher, morgen ist er wieder ganz der Alte.« Sie sah mich an. »Ich bin eigentlich hier, um mich zu bedanken. Für das hier.«

  Sie zeigte auf das Skizzenbuch, das unter ihrem Arm klemmte. Ich bemerkte es erst jetzt. Kein Wunder, wenn ich meinen Blick nicht von ihrem Gesicht nehmen konnte. Oder ihren Beinen in diesen Shorts.

  »Du weißt, dass es von mir ist?«, fragte ich überrascht.

  Sie hob die Schultern. »Ausschlussverfahren. Und Martha hat mir erzählt, dass du heute Vormittag danach gefragt hast, welches der Zimmer meins ist.«

  Das hatte ich auch vorher schon gewusst, aber ich war mir wie ein verrückter Stalker vorgekommen, als ich den Weg dorthin eingeschlagen hatte. Nur deswegen hatte ich Martha so blöd danach gefragt. »Ich wollte eigentlich kein Geheimnis daraus machen, aber ich dachte, du nimmst es nicht an, wenn ich es dir gebe.« Ich lächelte leicht.

  »Wollte ich auch erst nicht«, sagte sie ehrlich und ihr Lächeln war längst verschwunden. »Eigentlich war ich sogar hier, um es dir zurückzugeben.«

  Ein kaltes Kribbeln zog sich meinen Nacken hinunter. »Was hat dich umgestimmt?«

  Sie holte Luft. »Ich … glaube, mir ist irgendwann zwischen dem Klopfen und deinem Öffnen aufgefallen, dass ich mir vor allem ins eigene Fleisch schneide, wenn ich es nicht annehme. Es ist nämlich wirklich sehr schön.«

  »Ich habe es gesehen und dachte, es passt zu dir.« Ich schob die Hände in die Taschen.

  »Tut es.« Sie lächelte nun doch wieder, wenn auch sehr zurückhaltend. So als hätte sie vorhin kurz vergessen, wer ich war, als sie mir von dem Ausflug erzählt oder über ihre kleine Schwester gescherzt hatte. »Es passt sogar perfekt.«

  Ich konnte nicht anders, als sie anzusehen und daran zu denken, was noch perfekt gewesen war: das zwischen uns. Auch wenn es eigentlich eine Illusion gewesen war, denn ich hatte meine Vergangenheit auch letzten Sommer in Kilmore mit mir herumgeschleppt. Und nur weil Kenzie mir das Gefühl gegeben hatte, es könnte so etwas wie Glück oder Liebe für mich geben, bedeutete das nicht, dass diese Chance tatsächlich bestanden hatte. Es gab keinen Rückwärtsgang für das, was passiert war. Egal, wie sehr ich mir das wünschte. Egal, wie sehr ich mir uns wünschte.

  Was hätte ich darum gegeben, jetzt einfach einen Schritt auf Kenzie zugehen zu können, sie in meine Umarmung zu ziehen und zu küssen. Dann die Tür zu schließen, den Schlüssel zu drehen und an nichts anderes zu denken als die Frage, wie schnell wir unsere Klamotten loswerden konnten. Und schließlich, wenn wir nach dem Sex völlig fertig waren, sie in den Armen zu halten, albernen Blödsinn zu reden und in dem Gefühl zu schwelgen, dass sie da war.

  Sie musste irgendetwas davon in meinem Gesicht gelesen haben, denn plötzlich wandelte sich auch der Ausdruck auf ihrem. Anstatt der sonstigen Härte sah ich etwas anderes. Etwas, das mir bekannt war – obwohl ich sicher gewesen war, es nie wieder zu sehen. Etwas, das mir einen Stromschlag durch den Körper jagte, als ich es bemerkte. Es dauerte keine Sekunde, aber mir kam es vor wie Stunden. Und trotzdem endete es abrupt.

  »Ich gehe dann mal«, sagte Kenzie und riss ihren Blick von mir los. »Danke für das Buch, Lyall.«

  »Gern geschehen«, brachte ich heraus.

  Dann war sie auch schon weg. Und irgendwie fühlte es sich jedes Mal, wenn sie verschwand, so an, als wäre es für immer.

  20

  Kenzie

  Ich wandte mich ab und beeilte mich, zu meinem Zimmer zu kommen, das auf der anderen Seite des niedrigen Gebäudeteils lag. Allerdings achtete ich kaum auf den Weg, weil in meinem Kopf nur Lyall war. Wahrscheinlich war das der Grund, warum ich direkt in Finlay hineinrannte, der mit einem Koffer um die Ecke kam. Er fing mich ab, stellte sein Gepäck hin und grinste.

  »Kenzie, Sonne meiner traurigen Existenz, ich hatte fast vergessen, dass du auch hier bist.« Lyalls Cousin zog mich in eine herzliche Umarmung, als wären wir seit Jahren Freunde. Dann hielt er mich prüfend von sich weg. »Gut siehst du aus. Okay, sahst du schon immer, aber offenbar tut harte Arbeit dem keinen Abbruch. Moment, ist das Gips in deinen Haaren?«

  »Kein Gips heute«, erklärte ich ihm lachend. »Wir hatten einen freien Tag.«

  »Was?« Er runzelte die Stirn. »Das hat Lyall euch erlaubt? Kein Wunder, dass hier nichts fertig wird. Gut, dass ich jetzt da bin und den Laden mal auf Trab bringe.«

  Ich grinste. »Ja, er hat schon von deinen Talenten erzählt.«

  Erst machte sich Überraschung auf Finlays Gesicht breit, dann Hoffnung. »Ihr beide redet miteinander? Geht da wieder was?«

  »Nein«, sagte ich schnell. »Nein, überhaupt nicht. Wir … nein.« Wie oft hatte ich jetzt »Nein« in diesem Gestotter von mir gegeben? Aber allein die Frage war so absurd, dass ich keinen geraden Satz auf die Reihe brachte. Ach ja , fragte das verräterische Stimmchen in meinem Hinterkopf, du hast doch vorhin selbst daran gedacht. Es stimmte, da war dieser Augenblick gewesen, in dem mir fast entfallen wäre, dass ich erfahren hatte, was passiert war. Lyall hatte mir die Tür geöffnet und ohne Shirt vor mir gestanden, allein das hatte in mir eine Hitze ausgelöst, die mich schlagartig an früher erinnert hatte. Aber dann hatten wir auch noch miteinander geredet, als wäre alles wie immer, und dieser Moment, in dem er mich angesehen hatte, als würde er mich am liebsten küssen wollen … es war gewesen wie zu Zeiten, als nichts zwischen uns gestanden hatte. Nur war mir eine Sekunde später wieder eingefallen, dass das nicht mein Lyall war. Nicht die Vorstellung von ihm, die ich gehabt hatte.

  Er besaß diese zwei Seiten, und ich hatte den Leuten in Kilmore nicht glauben wollen, dass es die düstere Facette in ihm tatsächlich gab. Den kalten, harten Lyall, der sich nicht für andere interessierte und nur auf seinen eigenen Vorteil aus war. Der Leute bedrohte und mir ins Gesicht log. Wenn ich ihn so erlebte wie vorhin, witzig, freundlich – und halb nackt – dann lockte mich etwas, diese andere Seite zu vergessen. Aber sie war da, obwohl ich sie nicht hatte sehen wollen. Und jetzt konnte ich sie nicht mehr vergessen.

  »Nein, da geht nichts zwischen uns«, wiederholte ich noch einmal.

  »Ja, das habe ich schon beim ersten Mal verstanden.« Finlay sagte es freundlich, aber ich sah in seinem Gesicht, dass ihm eine andere Aussage lieber gewesen wäre. Klar, er war Lyalls bester Freund, natürlich glaubte er an das Gute in ihm. »Ich frage mich nur, wem du das so eisern versicherst. Mir? Oder dir?« Er wartete nicht auf eine Antwort, nahm seinen Koffer und schenkte mir ein waffenscheinpflichtiges Lächeln. »Wir sehen uns später, Kenzie.«

  Finlay verschwand auf dem verschlungenen Weg in die Richtung von Lyalls Zimmer, und ich sah ihm nach, seine Worte im Ohr. Nur hatte er unrecht, ich musste mir nichts versichern. Ich hatte vielleicht diesen schwachen Moment gehabt, aber mein Hirn war klüger und mein Wille stärker als bloßes körperliches Verlangen. Und deswegen würde ich jetzt mein Skizzenbuch nehmen, mich an das Konzept für die Villa machen und Lyall Henderson aus meinem Kopf verbannen.

  So schwer konnte das schließlich nicht sein.

  Mein erster Entwurf war Mist, genau wie der zweite. Fast glaubte ich, dass Lyalls Skizzenbuch verflucht war und ich deswegen keinen vernünftigen Strich aufs Papier brachte. Aber das stimmte nicht, es lag an mir. Ich war einfach nicht inspiriert. Alles, was ich zeichnete, war schon hundertmal da gewesen, nichts daran war innovativ oder einzigartig. Es funktionierte nicht am Abend, bevor ich schlafen ging, und am nächsten Morgen erst recht nicht. Also gab ich es schließlich auf und legte das Buch beiseite. Vielleicht half mir die Arbeit, meinen Kopf mit neuen Ideen zu füllen.

  Um kurz nach acht machte ich mich auf den Weg zur Lobby, um dort gemeinsam mit Dionys für Ordnung zu sorgen und einen Überblick zu bekommen, was an Tapete, Farbe und sonstigem Material noch vorhanden war. Ich war schon halb oben, da hörte ich Sti
mmen vom Pool. Neugierig ging ich näher und sah, dass es Lyall und sein Cousin waren, die offenbar stritten. Schnell wollte ich mich wieder zurückziehen, aber da entdeckte Finlay mich.

  »Oh, Kenzie, gut!« Er winkte mich heran. »Vielleicht kannst du diesem Idioten erklären, dass man auf Spionage immer mit Gegenspionage antworten muss.«

  Ich sah von ihm zu Lyall und bemerkte einen Bluterguss an dessen Kieferknochen. »Was ist passiert?«, fragte ich.

  »Er hat sich geprügelt«, antwortete Finlay für ihn, und es klang vorwurfsvoll. »Mit einem von Davidges Lakaien, der uns ausspionieren wollte.«

  »Davidge hat jemanden hergeschickt?«, stieß ich erschrocken hervor. »Wieso sagst du uns das nicht?« Weil er Dinge auch sonst gerne für sich behält, schon vergessen?

  Lyall stöhnte genervt auf. »Herrgott, das war irgendeiner von seinen Arbeitern, der mal einen Blick darauf werfen wollte, wie weit wir sind. Das ist doch kein Grund, hier so einen Aufstand zu machen.«

  »Ich mache keinen Aufstand«, wehrte sich Finlay. »Ich sage nur, dass wir diesen Gefallen erwidern sollten. Lass uns zu der Baustelle von Davidge fahren und uns ein bisschen umsehen.«

  »Wozu? Wir wissen, was die da bauen und dass sie unsere Arbeiter weggekauft haben. Ich habe kein Interesse daran, herauszufinden, wie weit sie mit dem Projekt sind – das ist für Mum völlig egal.«

  »Ach, und ist es auch egal, wenn wir ihnen ein paar Steine in den Weg werfen und so unsere Arbeiter zurückbekommen?«, fragte Finlay und ließ seine Augenbrauen nach oben schnellen. »Der hat doch bestimmt Dreck am Stecken, zahlt schwarz, hält die Bestimmungen nicht ein oder so. Wir brauchen nur irgendetwas, das einen Baustopp erzwingt, und zack, hat Tante Dora ihre Leute zurück und kann pünktlich eröffnen.«

  Lyall schien zu überlegen, ob er dem zustimmen sollte. Wir lagen trotz vollem Einsatz zeitlich hinter dem Plan, das wusste er besser als jeder andere. Schließlich sah er mich an, als wolle er meine Meinung zu dem Thema hören.

  Ich hob die Schultern. »Es wäre einen Versuch wert.«

  »Siehst du, Kenzie sagt es auch.« Finlay nickte.

  »Und was machen wir, wenn Davidge da ist oder einer seiner Leute aus dem engeren Kreis?« Lyall legte die Stirn in Falten. »Die erkennen uns sofort, Fin. Wenn du nicht gerade ein Mission-Impossible-Kit dabeihast, mit dem du dich in einen griechischen Handwerker verwandeln kannst, dann kommen wir nicht einmal bis zur Tür von dem Laden, ohne bemerkt zu werden.«

  »Wieso das denn?« Finlay zog die Brauen zusammen. »Klar, dich kennen die, weil du mit deiner Mum ein paar Mal bei irgendwelchen Branchen-Veranstaltungen warst, aber mich? Woher sollen die wissen, wie ich aussehe?«

  Lyall verdrehte die Augen. »Aus der Zeitung und dem Internet vielleicht? Du bist aktuell Platz 6 der begehrtesten Junggesellen Großbritanniens.«

  Ich lachte auf und sah Finlay an. »Bist du wirklich?«

  Er hob die Nase etwas höher. »Allerdings. Eigentlich gehöre ich auf Platz 4, aber die beiden vor mir sind entfernt verwandt mit dem Königshaus, da kann man nichts machen.«

  »Welcher Platz bist du?«, fragte ich Lyall aus einer spontanen Laune heraus. Ich hatte diese Listen noch nie angeschaut. Bei meiner Recherche über ihn im letzten Jahr war jedenfalls nichts zu finden gewesen.

  »Ich stehe nicht drauf.« Er schüttelte den Kopf. »Eigentlich dürften wir alle nicht draufstehen, weil Grandma solche Listen hasst und verbietet, dass man uns zu … wie sagt sie es immer?« Er schaute zu seinem Cousin.

  »Dass wir uns zum Objekt lüsterner Fantasien frustrierter Möchtegerns machen«, referierte Finlay in einem Tonfall, der wohl auf seine Großmutter anspielte.

  »Genau«, nickte Lyall und sah dann wieder mich an. »Aber Fin ist der Posterboy der Familie, deswegen hat er eine Sonderstellung. Bei allen anderen wird erwartet, dass sie mit Leistung überzeugen, nicht mit ihrem Aussehen.«

  Finlay lehnte sich verschwörerisch zu mir. »Das liegt daran, dass ich der Hübscheste von uns bin.«

  »Eindeutig«, grinste ich und merkte wieder einmal, wie unglaublich wohl ich mich in seiner Gegenwart fühlte. Es war das erste Mal seit Kilmore im Sommer, dass ich in Lyalls Nähe war und weder Schwere noch Schmerz an meinem Herzen zog. Das war allein der Verdienst von Finlay … der mich gerade eindringlich musterte. »Was ist?«, fragte ich.

  »Du könntest reingehen und dich ein bisschen umsehen«, sagte Finlay unschuldig. »Dich kennen Davidge und seine Leute nicht.«

  »Auf keinen Fall!« Lyall schaute ihn verärgert an. »Wir ziehen Kenzie da nicht mit rein.«

  Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, als mir auffiel, dass er mich offensichtlich beschützen wollte. Ich versuchte, es wegzudrängen, aber der besorgte Blick machte es mir nicht gerade leicht. Tief atmete ich ein.

  »Was müsste ich denn tun?«, fragte ich.

  »Nicht du auch noch.« Nun traf Lyalls Verärgerung mich. »Das ist viel zu gefährlich. Ich habe keine Ahnung, was die mit dir machen, wenn sie dich dort erwischen.«

  Finlay blies die Backen auf. »Also ehrlich, du klingst so, als wollten wir sie als Doppelagentin hinter feindliche Linien schicken. Sie soll doch Davidge nicht umlegen und eine Revolution anzetteln, sondern nur ein paar Informationen sammeln. Außerdem ist Kenzie schon ein großes Mädchen, oder nicht?«

  »Bin ich«, bestätigte ich.

  »Ist dem großen Mädchen dann vielleicht auch eingefallen, dass einige der Handwerker sie erkennen könnten, wenn sie da auf der Baustelle herumrennt?«, fragte Lyall in einem Ton, der deutlich machte, dass er an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte. »Weil diese Leute vorher für uns gearbeitet haben?«

  »Ach, das ist kein Problem. Die, mit denen ich näher zu tun hatte, sind noch hier.« Langsam fand ich Gefallen an der Idee. Spionieren wie James Bond war eh cool, aber wenn ich damit zusätzlich Theodora helfen konnte, war es noch viel besser. »Garantiert haben die anderen mich längst vergessen.«

  Lyall sah mich an, als hätte er ernste Zweifel an dieser Theorie. Ich hatte seinen skeptischen Blick schon immer sexy gefunden, deswegen schützte ich mich selbst, indem ich statt seiner dunklen Augen die blauen von Finlay fixierte, die zwar auch schön waren, mich aber sehr viel weniger in Gefahr brachten.

  »Also?«, fragte Lyalls Cousin und grinste, als würde er die Antwort längst kennen.

  »Ich bin dabei«, nickte ich.

  Er hielt mir die Hand zum Einschlagen hin, während Lyall ein Geräusch machte, als wären wir nicht mehr ganz dicht. »Macht, was ihr wollt. Ihr seid ja beide schon so groß und könnt auf euch selbst aufpassen. Aber sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt, dass das übel in die Hose gehen kann.«

  Finlay sah ihn an. »Das heißt, du kommst nicht mit?«

  »Natürlich komme ich mit«, knurrte er. »Irgendein Erwachsener sollte schließlich dabei sein.«

  »So war er schon immer, unser Lye«, grinste Finlay. »Am Anfang den Spielverderber geben, aber am Ende den ganzen Spaß doch nicht verpassen wollen.«

  Wieder ein Knurren, dann sah Lyall mich an. »Ist das für dich okay?«

  Ich fragte mich, was er meinte, schließlich hatte ich bereits gesagt, dass ich dabei war. Aber dann fiel mir ein, dass diese Mission bedeutete, wir beide würden zusammen in den Norden der Insel fahren. Und dass ich das offenbar nicht bemerkt hatte, weil Finlay mich mit seinem Happy-Peppy-Charme eingelullt hatte.

  »Ja«, sagte ich trotzdem und ignorierte das Ziehen in meinem Bauch. »Das ist okay für mich.«

  Der Pick-up des Hotels hatte nur zwei Sitze und außerdem das Logo auf der Seite, also fuhren wir mit Finlays Mietwagen, einem schwarzen Jeep Wrangler, zu dem Resort von Davidge, das nördlich von Agios Georgios direkt am Meer entstand. Bei unserem gestrigen Ausflug nach Kassiopi waren wir die östliche Küste von Korfu abgefahren, deswegen sah ich neugierig aus dem Fenster, als wir nun eine ganz andere Strecke durch das Hinterland nahmen. Die Landschaft war hier rauer als in den Küstenregionen, es gab üppigere Vegetation und kühlere Luft. Daher war es weniger besiedelt, wir fuhren oft mehrere Minuten durch Olivenhaine, ohne eine Menschenseele zu sehen. Und während Finlay das A
uto lenkte und sich mit Lyall über den Typen unterhielt, den er gestern erwischt hatte, nahm ich die Gerüche und Bilder in mich auf – zumindest eine Weile. Als das Navigationssystem allerdings nur noch 15 Minuten anzeigte, lehnte ich mich nach vorne, um zu fragen, was eigentlich der genaue Plan war.

  Ein Fehler.

  Meine Worte blieben mir im Hals stecken, als Lyalls unverwechselbarer Geruch in meine Nase stieg, eine Mischung aus seinem Shampoo und ihm selbst. Mein Herz stockte und alles in mir wollte sich noch etwas näher zu ihm lehnen, näher zu der leicht gebräunten Haut, die sich im Ausschnitt seines Shirts so verführerisch über sein Schlüsselbein spannte. Aber rechtzeitig rief ich mich zur Ordnung und packte diese Gefühle wieder sorgsam weg. Lügner, dunkle Seite, denk dran.

  Der Sog wurde etwas schwächer.

  »Also, Finlay, du hast dir das alles ausgedacht«, sagte ich. »Worauf soll ich achten?«

  Er betätigte den Blinker und bog in eine kleinere Straße ab. »Das Beste wäre, du findest etwas, das die Behörden auf den Plan ruft. Irgendwelche Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften oder illegale Aktivitäten wie –«

  »Es reicht völlig, wenn du dich einfach nur umsiehst«, unterbrach ihn Lyall und drehte den Kopf, damit er mich ansehen konnte. Sein Gesicht war meinem so nah wie seit Ewigkeiten nicht, aber ich wich nicht zurück. »Bring dich bloß nicht in irgendeine Situation, die für dich gefährlich werden könnte.«

  Zu spät , dachte ich. Auch wenn diese Gefahr eine ganz andere war.

  »Okay.« Noch wusste ich nicht, ob ich einfach Touristin spielen oder mich als jemand ausgeben sollte, der mit der Baustelle etwas zu tun hatte, falls die mich entdeckten. Aber da ich zu jung war, um irgendeine Funktion bei einer Behörde zu erfüllen, würde ich wohl auf ahnungsloses Mädchen machen müssen, wenn man mich erwischte.

  Lyalls Besorgnis und Finlays Begeisterung für diese Mission begleiteten unsere Fahrt, bis wir in der Straße hielten, die direkt zum Resort von Davidge führte und offenbar saniert worden war, denn der Asphalt war glatt und eben wie nirgends sonst auf der Insel. Finlay parkte in der langen Reihe von Handwerker-Fahrzeugen zwischen zwei anderen Wagen – in einiger Entfernung zum Haupteingang, der mit einem Bauzaun und schwerer Plastikfolie bestückt und von hier aus gerade noch zu sehen war.

 

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