Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)

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Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition) Page 21

by Kiefer, Lena


  Was sollte man tun, wenn man an niemand anderen denken konnte als an den, den man unbedingt vergessen wollte? Wie bekam man das hin, wenn es sich so richtig angefühlt hatte, dass alles andere nur die zweite Wahl sein konnte?

  Ich hatte keine Ahnung.

  Und als er jetzt den Blick von mir löste und wieder auf die Straße sah, bevor er mit einer resoluten Geste das Radio ausdrehte, da ahnte ich: Lyall wusste es auch nicht.

  Dionys verzog sich direkt, nachdem wir unsere Einkäufe ausgeladen und in der Lobby verstaut hatten. Am liebsten hätte ich das Gleiche getan und mich noch ein bisschen in die Arbeit gestürzt, aber Finlay hatte andere Pläne. Ungeduldig winkte er uns in sein und Lyalls Zimmer.

  »Ist Clea vom Zoll zurück?«, fragte ihn Lyall.

  »Nein, noch nicht. Aber ich habe einen heißen Anwärter auf den Posten des Verräters.« Finlay schloss die Tür hinter uns.

  »Wir auch«, sagten Lyall und ich gleichzeitig. Finlay sah zwischen uns hin und her.

  »Okay, meiner zuerst: Es ist Elliott.«

  »Nein, nie im Leben«, schüttelte ich den Kopf. »Nur weil er ein ewiger Nörgler ist, bedeutet das nicht, dass er irgendwelche Infos an den Höchstbietenden verkauft. Und mal im Ernst – würde jemand, der heimlich für Davidge arbeitet, sich nicht unauffälliger verhalten? Freundlicher?«

  Finlay drehte seinen Laptop um, auf dem ein Zeitungsartikel aufgerufen war. »Mal sehen, ob du das gleich immer noch sagst.« Lyall und ich beugten uns gleichzeitig zum Bildschirm und ich nahm vorsorglich wieder etwas Abstand.

  Der Artikel war eingescannt und deswegen ein bisschen körnig, aber das Foto war dennoch gut zu erkennen.

  »Nicht zu fassen«, stieß ich aus. Auf dem Bild war Elliott zu sehen, wie er freudestrahlend Nelson Davidges Hand schüttelte, in der anderen eine Urkunde, deren Aufschrift nicht zu entziffern war.

  »Ich erspare euch das Lesen und fasse kurz zusammen«, sagte Finlay. »Elliott hatte für sein College-Studium ein Stipendium von Davidge. Der hat nämlich vor ein paar Jahren in einem plötzlichen Anfall von Philanthropie eine Stiftung für sozial benachteiligte, aber begabte High-School-Abgänger ins Leben gerufen.«

  »Damit wollte er den Skandal um eines seiner Hotelprojekte in Asien kaschieren«, murmelte Lyall neben mir. »Mum hat erzählt, dass er sich bei der Werbekampagne eins zu eins an unseren Förderprojekten orientiert hat. Wo hast du das gefunden?« Er sah seinen Cousin an.

  »Kontakte.« Finlay hob die Schultern. »Es war ziemlich gut versteckt – keine Online-Version oder so. Meine Quelle hat es aus dem analogen Archiv des Kansas City Star gezogen. Wusstet ihr überhaupt, dass Elliott dorther kommt?«

  Ich schüttelte den Kopf. »Er hat nie etwas davon gesagt. Aber er redet ohnehin nicht viel über sich. Es sei denn, es geht darum, was er alles kann.«

  »Wieso wusste Mum nichts davon?«, fragte Lyall misstrauisch. »Er war in ihrer Master Class in New York, sie muss doch gewusst haben, wo er studiert hat und mit wessen Hilfe.«

  »Dora macht nicht gerade Background-Checks vor ihren Kursen, oder?« Finlay grinste leicht.

  »Im Gegensatz zu dir«, antwortete ich beeindruckt. »Hast du alle hier überprüfen lassen?«

  Er nickte. »So gut es geht, ja. Wobei es bei Martha und Bella schnell ging, beide sind so sauber, wie man sein kann – von ein paar Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz bei Martha mal abgesehen.«

  Mir kam ein unangenehmer Gedanke. »Hast du mich auch überprüft?«

  »Dich?« Finlay lachte. »Kenzie, im Ernst, da kann ich meine Zeit auch zum Fenster rauswerfen. Du weißt seit letztem August von Ada und hast es für dich behalten. Ich brauche dich nicht zu überprüfen, um zu wissen, dass wir dir vertrauen können.«

  Mein Blick huschte zu Lyall, der mir aber auswich. Ich erkannte, wie die Muskeln an seinem Kiefer hervortraten und seine Augen sich verdunkelten, aber er hatte sich schnell wieder im Griff.

  »Okay. Elliott ist also definitiv verdächtig. Es gibt allerdings noch jemanden, der sich merkwürdig verhält: Dionys.«

  »Der Koch?« Finlay sah uns skeptisch an. »Wieso der?«

  Ich erzählte ihm in knappen Worten, was wir mitgehört hatten – und was ich in Kassiopi beobachtet hatte. »Er hat offensichtlich Schulden bei diesem Typen und kann sie nicht bezahlen. Das ist doch ein Motiv, oder nicht?«

  »Sicher. Aber da kann auch etwas ganz anderes dahinterstecken.« Finlay überlegte. »Ich könnte sicher herausfinden, wer der Typ ist – und was Dionys mit ihm zu schaffen hat. Aber es gibt eine viel einfachere Möglichkeit: die gute alte Falle.« Seine Augen leuchteten auf. Lyall stöhnte.

  »Bitte nicht, Mann. Wenn du jemandem eine Falle stellst, dann ist das grundsätzlich ein Staatsakt. Und wir müssen hier immer noch dafür sorgen, dass ein Hotel fertig wird, Verräter hin oder her.«

  Sein Cousin sah ihn beleidigt an. »Wann habe ich je für so etwas einen Staatsakt veranstaltet?«

  Lyall hob eine Augenbraue. »Wann denn nicht? Etwa 2012, als du wissen wolltest, wer deinen Süßkram aus unserem Zimmer in Eton geklaut hat? Ein Jahr später, als in Kilmore Fionas Hasen verschwunden sind? Und diese Sache 2015 auf den Bahamas mit dem Prinzen? Das war tatsächlich ein Staatsakt, schließlich war der Premierminister da.«

  »Na gut«, gab Finlay zu. »Ich bin gründlich. Aber das ist auch das Geheimnis meines Erfolgs. Und du hättest zugeben können, dass du meine Süßigkeiten geklaut hast, das hätte mir viel Arbeit erspart.«

  Ich sah Lyall an. »Wirklich?«, fragte ich. »Du klaust deinem besten Freund die Schokolade?«

  »Damals war er noch nicht mein bester Freund, im Grunde kannten wir uns kaum«, verteidigte sich Lyall. »Und er hatte immer Unmengen von dem Zeug, weil die Wohnheimaufseherin, die alle anderen das Fürchten gelehrt hat, ihn abgöttisch geliebt und deswegen mit Schokolade, Gummibärchen und Keksen versorgt hat.«

  Finlay lächelte zufrieden. »Wer hat, der hat. Mrs Fisher und ich schreiben uns heute noch Weihnachtskarten. Reizende alte Lady.«

  »Reizende alte Lady, von wegen«, raunte Lyall mir zu. »Sie hatte Haare auf den Zähnen. Und spaßbefreit auf den Hintern tätowiert, da bin ich sicher.«

  Ich unterdrückte ein Lachen, aber Finlay sah seinen Cousin trotzdem pikiert an. »Nur weil du nicht so gut darin bist, dir Freunde zu machen, musst du anständige Menschen nicht verunglimpfen.«

  »Die Frau hat mich mit dem Besen gejagt!«, rief Lyall. »Über den gesamten Hof, nur weil ich mein Bett nicht gemacht hatte.«

  »Jaha.« Finlay sah ihn streng an. »Und hatte sie nicht recht damit? Du machst dein Bett immer noch nicht vernünftig.«

  Irgendetwas passierte zwischen den beiden, ohne dass ich es mitbekam, denn plötzlich begannen sie zu lachen, Finlay schlug Lyall auf die Schulter, sie lachten noch mehr, unterbrochen von irgendwelchen Wortfetzen, die sich offenbar um alte Erinnerungen drehten. Ich beobachtete Lyall und stellte fest, wie sehr ich es mochte, wenn er so vollkommen frei wirkte. Aber bevor die übliche Sehnsucht nach ihm erneut die Herrschaft übernehmen konnte, wurden die beiden wieder ernst.

  Lyall seufzte tief. »Ich gebe mich geschlagen – stell deine Falle, Fin. In der Zwischenzeit werde ich zurück auf die Baustelle gehen. Wir haben durch die Aktion heute schon genug Zeit verloren.«

  »Halt«, sagte Finlay. »Du kannst nicht weg.«

  »Wieso nicht?« Lyall drehte sich um.

  »Na, ganz einfach.« Er grinste breit. »Weil ich dich für diese Falle brauche.«

  27

  Lyall

  Das Innere des Schranks roch muffig – deswegen hatte ich meine Klamotten auch in der Tasche gelassen – und er war zwar geräumig, für jemanden meiner Größe aber dennoch unbequem eng. Schon seit einer halben Stunde war ich hier drin und wartete darauf, dass der Verräter in mein Zimmer einbrach, um Informationen zu stehlen. Ich wusste nicht, warum ich das tun musste und nicht Finlay wie ein Idiot in diesem Schrank stand, aber er hatte mir irgendetwas vom größeren Ganzen erzählt und dass er als Drahtzieher der Operation den Überblick behalten musste. Also war Kenzie dafür zuständig, Dionys unauffällig zu beobachten, während Finlay an Elli
ott dranblieb, den er für eindeutig verdächtiger hielt. Und ich hatte die Arschkarte. Okay, auch ich wollte wissen, wer nun Infos an Davidge weitergab – und da es dem Projekt trotz unserer Offensive gegen ihn schadete, würde es helfen, den Verräter zu entlarven. Aber ich hätte gerne einen anderen Part dabei übernommen.

  Beim Mittagessen und bei der Besprechung mit den Handwerkern hatte ich freimütig erzählt, dass ich gestern die Unterlagen zur Genehmigung der Konzession für das Hotel per Kurier bekommen und sie in meinen Safe im Zimmer gelegt hätte, da es sich um hochsensibles Material handele. Danach hatte ich angekündigt, den Nachmittag über in Korfu-Stadt zu sein, weil ich dort mit dem Pralinenlieferanten meiner Mutter verabredet wäre, der im Urlaub auf Korfu sei und mit dem wir eventuell eine Kooperation eingehen wollten. Laut Finlay war das alles eine todsichere Angelegenheit. Wer immer der Maulwurf war, würde nicht widerstehen können, Davidge die Preisstruktur weiterzugeben. Gerade jetzt, wo die Behörden drohten, ihm die Baustelle zu schließen, würde er jede noch so kleine Information brauchen.

  Draußen hörte ich Schritte, die vor der Tür meines Bungalows stoppten. Dann endlich das Klappern eines Schlüssels. Ich hielt die Luft an, als die Scharniere knirschten und jemand hereinkam, auf leisen Sohlen, eindeutig vorsichtig und heimlich. Andere Geräusche gesellten sich dazu, das Rascheln von Papier, als derjenige den Stapel meiner Unterlagen auf dem Tisch durchsah, das Klirren der Wasserflasche, die danebenstand. Aber erst, als ich hörte, wie erneut das Klimpern eines Schlüssels zu hören war und danach das hohle Kratzen von Metall im Schloss der massiven Tür des Zimmersafes, öffnete ich die Schranktür, um den Verräter auf frischer Tat zu ertappen.

  Nur dass es kein Verräter war.

  Sondern eine Verräterin .

  »Clea?«, fragte ich schockiert.

  Sie fuhr herum und ließ den Stapel leeres Papier fallen, den ich als Lockstoff in den Safe gestopft hatte. Ihre Augen waren riesig vor Schreck, aber sie fing sich schnell wieder. Viel schneller als ich. Mit ihr hatte ich wirklich als Allerletztes gerechnet. Mum hatte sie engagiert und das Vermächtnis ihres Vaters bedeutete ihr alles. Wie konnte sie das sabotieren?

  »Hätte mir denken können, dass das zu gut klingt – du weg und die Unterlagen hier im Safe.« Clea verdrehte die Augen über sich selbst, machte aber keine Anstalten, abzuhauen oder sich zu verteidigen. Wut kochte in mir hoch, als ich daran dachte, dass meine Mum ihr vertraut hatte.

  »Wieso tust du das?«, fragte ich sie wütend. »Mum wollte dich als Geschäftsführerin für ein Hotel, das genau wie alle anderen Henderson-Häuser super laufen wird. Was kann Davidge dir denn Besseres bieten?«

  »Bieten? Du glaubst, dabei geht es um Geld?« Sie schnaubte. »Das hier hätte mein Hotel sein sollen, meins allein! Nur weil mein dämlicher Vater nicht für mich bürgen wollte, konnte ich es nicht selbst weiterführen. Und dann kam die große Theodora Henderson daher, hat ihm einen Spottpreis gezahlt, obwohl ihr reicher seid als Gott. Und sie hatte auch noch die Nerven, mir einen Job anzubieten. Als Angestellte!«

  »Oh ja, du bist wirklich zu bedauern«, sagte ich sarkastisch. Wie konnte man aufgrund seines Egos seine ganze Zukunft riskieren? »Meine Mutter hätte dir hier freie Hand gelassen, nachdem alles eingerichtet gewesen wäre. Und du ruinierst das wegen deines Stolzes? Ich hätte nicht gedacht, dass du so dumm bist.«

  Wütend starrte sie mich an. »Was weißt du denn schon davon? Ihr Hendersons müsst doch nur mit dem Finger schnippen und schon gehört euch alles, was ihr wollt! Du hast keine Ahnung, wie es ist, wenn man für etwas kämpfen muss!«

  Ich hätte ihr widersprechen können, weil sie so falsch lag, wie man nur liegen konnte. Aber ich verzichtete darauf. Es ging Clea nichts an, wie unsere Familie tatsächlich funktionierte. Wie unfrei wir waren, wie wenig uns der Reichtum nützte. Und verdient hatte sie das eh nicht. Weder eine Erklärung noch mein Mitgefühl.

  Die Tür ging auf und Finlay kam herein.

  »Clea?«, fragte er perplex. Kenzie neben ihm sah ebenfalls völlig fassungslos aus.

  »Ah, das war wohl ein Gemeinschaftsprojekt.« Clea verdrehte die Augen. »Klar, dein versnobter Cousin und deine Ex hängen natürlich auch mit drin.« Sie sah von mir zu Kenzie. »Du solltest dich lieber von ihm fernhalten. Ich habe gehört, die Hendersons haben mehr innere Dämonen als die Hölle selbst.«

  »Halt die Klappe«, knurrte ich Clea an. »Oder ich sorge dafür, verlass dich drauf.«

  »Und da ist er ja schon, der teuflische Lyall«, kommentierte sie bissig. »Was hast du jetzt vor? Willst du mich anzeigen?«

  »Das überlasse ich meiner Mutter.« Mit zwei Schritten war ich an der Tür und hielt sie auf. »Ich sorge nur dafür, dass du verschwindest.« Drohend sah ich sie an, die Hand an der Klinke. »Du packst sofort deinen Scheiß und verlässt die verdammte Insel. Oder es wird dir leidtun.«

  »Vergiss es.« Sie reckte ihr Kinn. »Davidge hat mir einen Posten angeboten, in seinem neuen Hotel. Den werde ich annehmen, und dagegen kannst du nichts tun.«

  Ich lachte auf. »Oh, glaub mir, ich kann. Und ich werde.«

  »Wirst du nicht«, zischte sie. »Schließlich könnte ich deiner Mutter auf Korfu noch viel mehr Steine in den Weg werfen als der alte Davidge. Ich kenne hier jeden, schon vergessen?«

  »Das würde ich dir nicht empfehlen«, knurrte ich sie an. »In unserer Familie beschützen wir einander gegenseitig. Und wir haben schon ganz andere Leute als dich kaltgestellt, Clea. Glaub mir, mich willst du nicht als Feind.«

  Mein scharfer Ton brachte sie ins Wanken, ich sah ihre Selbstsicherheit flackern und dahinter Angst aufblitzen. Es versetzte mir einen Stich, weil ich diese harte, kalte Seite an mir nicht mochte. Schon gar nicht, wenn Kenzie in der Nähe war und es hautnah mitbekam. Aber es gab Momente, da war sie nötig. So wie jetzt.

  »Gehen wir.« Ich trat nach Clea auf den gepflasterten Weg, ging zu den anderen beiden, die bereits rausgegangen waren, und übergab Clea in Finlays Obhut. Dabei sah ich Kenzies Gesicht, das ganz blass war. Ob wegen Wut über Cleas Verrat oder weil sie Zeugin dieser Szene geworden war, wusste ich nicht.

  Ich hatte den Eindruck gehabt, Kenzies Misstrauen hätte sich in der letzten Zeit abgeschwächt. Da waren Blicke und Gesten gewesen, eine entspanntere Haltung mir gegenüber, so als würde sie nicht mehr in jeder Minute überlegen müssen, ob sie mir trauen konnte oder nicht. Natürlich gab es keine neue Chance für uns, aber ich hatte die Hoffnung gehabt, sie würde mich nicht länger für ein Monster halten, weil ich diese Dinge zu Ada gesagt hatte. Und jetzt? Ich hatte keine Ahnung, was Kenzie dachte, und es war keine Zeit, um es herauszufinden. Finlay war bereits mit Clea an den Stufen und drehte sich um.

  »Lye? Komm schon.«

  Ich nickte. »Bin sofort da.«

  Damit ließ ich Kenzie stehen und lief den beiden eilig hinterher.

  »Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet sie es sein würde.« Elliott schüttelte den Kopf.

  »Stimmt, schließlich hatte man ja dich unter Verdacht«, sagte Bella und stieß ihn in die Seite.

  »Mich? Ich würde eher sterben als für jemanden wie Davidge zu arbeiten. Hast du mal die Ausstattung seiner Hotels gesehen? Jedes drittklassige Motel hat mehr Stil.«

  Wir prusteten los.

  »Aber du hast dir doch von Davidge dein Studium bezahlen lassen«, sagte Finlay zu Elliott. »Wieso findest du ihn dann so ätzend?«

  Elliott wurde blass vor Wut, als er das hörte.

  »Von wegen«, stieß er hervor. »Der Typ hat mit Stipendien geworben und behauptet, ich wäre einer seiner vielversprechendsten Kandidaten in dem Programm seiner Stiftung. Aber noch vor der Auszahlung der Studiengebühren hat er alles gecancelt. Meine Mum wollte gerichtlich dagegen vorgehen, aber wir hatten keine Kohle für den Anwalt. Also habe ich mich für ein paar andere Förderprogramme beworben und wurde zum Glück genommen. Aber ich werde noch eine ganze Weile das abbezahlen, was ich zusätzlich als Kredit aufgenommen habe, glaub mir.«

  Ich wechselte einen überraschten Blick mit Finlay. Damit hatte offenbar keiner von uns gerechnet. Elliott gab sich so großspurig, dass man zwar wusste, es war irgendwie
fake, aber dass er sich für sein Studium verschuldet hatte und seine blasierte Art zum Teil wohl nur Schutz war, hatte ich nicht gedacht.

  »Warum hast du nicht eher etwas gesagt?«, fragte Kenzie ihn.

  »Über Davidge? Was hätte das bringen sollen, ihr wusstet doch vorher schon, dass er ein Arsch ist. Da habe ich lieber tapeziert, um gegen ihn zu rebellieren.«

  Wir mussten erneut alle lachen.

  »Bye, bitch«, sagte dann Martha, als unter uns eine Autotür zuschlug. »Wir werden dich nicht vermissen.«

  Wir standen zusammen oben auf dem Balkon, der zum Parkplatz hinausführte und sahen zu, wie Clea ihre Sachen ins Auto lud. Dionys half ihr dabei. Er hatte zwar gesagt, dass er mit dem Verrat seiner Schwester nichts zu tun hatte, und ich glaubte ihm das, aber trotzdem war er entschlossen, ebenfalls zu gehen. Ich hatte ihn nicht davon abgehalten. Wir wussten alle, dass ihm als Cleas Bruder auf jeden Fall Misstrauen entgegenschlagen würde, solange er hier arbeitete. Und seine Probleme mit diesem reichen Typen, der offenbar von ihm erwartete, dass er als Privatkoch auf dessen Jacht anheuerte, um seine Schulden abzubezahlen – deswegen die wütenden Telefongespräche – halfen da auch nicht. Nikolaos hatte mir bereits gesagt, wie sehr er sich für das Verhalten seiner Tochter schämte und dass es ihm leidtat, dass er unwissentlich Details über die Eröffnung und andere Dinge an sie weitergegeben hatte. Ich hatte ihm im Gegenzug versichert, dass das nichts mit ihm oder seinem Sohn zu tun hatte. Was die Familie nun daraus machte, war ihre Angelegenheit.

  »Ich werde das Essen von Dionys echt vermissen.« Bella seufzte tief.

  »Nun müssen wir selbst kochen«, sagte Martha mit Grabesstimme.

  »Müsst ihr nicht.« Ich sah sie an. »Orfeas Ramiotis, einer der Köche, die meine Mutter für das Hotel engagiert hat, wird ein paar Wochen früher ankommen, um die Einrichtung der Küche zu überwachen. Wenn wir alle nett zu ihm sind, sorgt er bestimmt dafür, dass wir nicht verhungern.«

 

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