by Kiefer, Lena
»Komm mal mit«, sagte ich und nahm sie an der Hand. Gemeinsam verließen wir den Strand und schlugen einen der Wege durch die Hotelanlage ein, die mittlerweile von warm scheinenden Laternen beleuchtet wurde.
»Wo willst du hin?«, fragte Kenzie, als wir nicht in Richtung Haupthaus gingen, wo wir seit dem Brand ein gemeinsames Zimmer hatten.
»Ist eine Überraschung.« Das war die einzige Antwort, die ich ihr gab. »Und deswegen …« Ich hielt an und ließ ihre Hand los, um etwas aus der Tasche zu ziehen. »… musst du auch das hier tragen.«
Sie beäugte gespielt misstrauisch das Tuch, das ich als Augenbinde von Edina geklaut hatte. »Du hast aber nicht vor, hier irgendeine Fifty-Shades -Nummer abzuziehen, oder?«
Ich lachte. »Oh, doch. Ich habe heute im Baumarkt sämtliche Kabelbindervorräte aufgekauft und dachte mir, wir probieren mal was Neues. Stehst du nicht auf diesen Bondagekram? Ich habe extra ein paar Bücher zu dem Thema gelesen. Erste Regel: Vereinbaren Sie ein Safeword . Hast du da Vorschläge?«
»Wie wäre es mit Idiot ?« Kenzie musste ebenfalls lachen, nahm mir aber dennoch das Tuch aus der Hand, um es sich umzubinden.
Ich half ihr dabei, dann legte ich den Arm um sie, damit ich sie führen konnte. Wir gingen weiter und kamen schließlich an einer Tür an, die ich nur angelehnt gelassen hatte. Vorsichtig dirigierte ich sie über die Schwelle und brachte sie durch den Flur. Im nächsten Moment nahm ich ihr die Augenbinde ab.
»Wow«, machte sie nur.
Wir standen in einer der Villen – in ihrer Villa, die sie mit Unterstützung meiner Mum eingerichtet hatte. Allerdings sah sie jetzt etwas anders aus. Nicht nur, weil es dunkel war, sondern vor allem, weil ich Windlichter mit Kerzen darin verteilt hatte – genug, damit sie warmes Licht verbreiteten, aber nicht so viele, dass es kitschig war. Die Türen zum Pool waren geöffnet und die Vorhänge bauschten sich im leichten Wind. »Was machen wir denn hier?«, fragte Kenzie überrascht.
Ich lächelte. »Ich dachte, wenn jemand die erste Nacht hier drin verbringen sollte, dann du.«
»Du meinst … nein, das geht nicht. Alles ist für den Fototermin morgen vorbereitet, wir können das nicht durcheinanderbringen.« Kenzie schüttelte heftig den Kopf. »Deine Mum hat am Nachmittag selbst noch einmal eine Runde durch die Villen und die vorbereiteten Zimmer gemacht, damit nichts am falschen Platz ist.«
»Und? Dann räumen wir eben hinterher auf. Das hat im Musterzimmer schließlich auch geklappt.« Ich griff wieder nach ihrer Hand und zog sie sanft raus auf die Terrasse. Auch hier standen Kerzen, und ich konnte in Kenzies Gesicht lesen, dass ihr ohnehin kläglicher Widerstand zu bröckeln begann. Gut so.
»Aber dann müssen wir wirklich alles genau so herrichten, wie es war«, stellte sie ihre Bedingungen. »Und wir schlafen nicht im Bett. Das ist ägyptische Baumwolle, die knittert, wenn man zu lange darauf liegt.«
Ich nickte. »Einverstanden.« Dann legte ich meine Arme um sie und beugte mich zu ihr, bis ich beinahe ihr Ohr streifte. »Ich für meinen Teil hatte eh nicht vor, besonders viel zu schlafen.«
Sie lachte, aber ihr angenehmes Schaudern spürte ich trotzdem. »Okay, Herausforderung angenommen«, flüsterte sie. »Erst mal brauche ich allerdings eine Abkühlung.« Damit ließ sie mich los und lief zum Pool, der exklusiv zu der Villa gehörte. Mit einer fließenden Bewegung hatte sie ihr Kleid über dem Bikini ausgezogen und war in der nächsten Sekunde im Wasser.
»Bist du irre?«, fragte ich in gespieltem Ernst. »Das ist doch alles für den Fototermin vorbereitet.«
»Halt die Klappe und komm lieber rein«, rief sie. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, wurde Shirt und Jeans los und sprang in Schwimmshorts in den Pool – so leise wie möglich. Der kleine Garten war durch eine dichte und ausreichend hohe Hecke vor neugierigen Augen geschützt, aber trotzdem war es besser, wenn man nicht zu viel von uns hörte. Denn heute Abend durfte es keine Störungen geben.
Wir schwammen ein bisschen hin und her, ließen uns im Wasser treiben, redeten irgendwelchen Unsinn. Dann kam Kenzie zu mir und legte die Arme um meinen Hals.
»Eigentlich schade, dass es bald vorbei ist«, sagte sie leise. »Klar, es war echt anstrengend, das alles hier auf Vordermann zu bringen. Aber ich werde das Hotel und die ganzen Leute echt vermissen.«
»Ich weiß, was du meinst.« Zwar hatte ich immer noch den Gedanken im Hinterkopf, dass es vielleicht jemanden gab, der mich beschattete – obwohl mir seit dem angeblichen Spitzel von Davidge niemand weiteres aufgefallen war – aber es war mir nicht mehr wichtig gewesen. Das Kefi Palace war wie ein eigener kleiner Mikrokosmos, in dem alles außerhalb keine große Bedeutung hatte. »Ich habe allerdings eine Idee, wie wir das Gefühl noch ein bisschen länger haben könnten … nur etwas anders.«
»Was meinst du damit?«
»Es ist so eine Art Tradition der Hendersons, nach dem Uni-Abschluss noch ein bisschen zu reisen. Und ausnahmsweise ist es nicht vorgeschrieben, wo die Reise hingeht – oder womit man sie macht. Also dachte ich … wieso nicht Camping? Mit dir.«
Kenzie starrte mich ungläubig an. »Du meinst, du hast im Sommer Zeit? Und wir könnten mit Loki Europa bereisen?«
»Mum erwartet mich erst im Herbst zum Antritt in der Firma«, grinste ich. »Ich habe das gestern mit ihr geklärt. Das heißt, wenn dein Studium an der UAL im September beginnt und du frühestens eine Woche vorher zurück sein musst, haben wir locker zwei Monate Zeit.«
Sie strahlte. »Das wäre der Hammer! Wir könnten nach Nordeuropa fahren … in Dänemark war ich schon, aber in Schweden noch nie. Vielleicht schaffen wir es sogar bis Norwegen.« Plötzlich hielt sie inne und sah mich an. »Oder kennst du das alles längst? Dann fahren wir irgendwohin, wo du noch nie warst.«
»Okay. Die Antarktis soll schön sein.« Ich grinste und schüttelte den Kopf. »Keine Sorge. Wir haben Hotels in Oslo und Stockholm, aber weiter nördlich war ich noch nicht. Und ich war außer unserem Ausflug in die Highlands auch noch nie campen, also ist es so oder so für mich Neuland.«
Kenzie grinste. »Das bedeutet, ich kann dir all die unangenehmen Aufgaben übertragen und es als Da-mussten-wir-alle-am-Anfang-durch tarnen? Das klingt hervorragend.«
»Ich dachte eigentlich, ich lasse mich von dir durch die Gegend kutschieren und mache auf Pascha, weil ich behaupte, von dem ganzen Kram nichts zu verstehen.« Ich nickte, als fände ich diese Idee echt super.
»Vergiss es. Camping ist nichts für Paschas. Was der Grund ist, warum es perfekt zu dir passt.« Sie lächelte und strich mir über die Wange. »Bist du denn sicher, dass du es mehrere Wochen auf so engem Raum mit mir aushältst?«
»Eigentlich finde ich es sogar umso besser, je weniger Raum zwischen uns ist«, murmelte ich und zog sie zum Beweis noch enger an mich. Und wie so oft veränderte sich die Stimmung innerhalb von Sekunden, wandelte sich von scherzhafter, vertrauter Nähe zu aufgeladenem Verlangen. Kenzie küsste mich, erst nur auf diese neckende Art, die sie so gut beherrschte, aber sie hielt es nicht lange durch. Ihr Seufzen, als sie sich dazu entschloss, den Kuss zu vertiefen, setzte mich augenblicklich in Brand. Ich hatte keine Ahnung, wie sie es schaffte, mich so unglaublich süchtig nach ihr zu machen, Fakt war jedoch – ich würde ihr niemals widerstehen können.
Ich steuerte den Beckenrand an, drückte Kenzie dagegen. Meine Hände verließen ihren Nacken, meine Zunge glitt aus ihrem Mund, und ich fuhr mit den Fingern über ihren Körper, um nach dem Verschluss ihres Bikinioberteils zu tasten. Meine Berührungen waren unter Wasser träger, aber offenbar nicht weniger intensiv, denn Kenzie schloss genießerisch die Augen und biss sich auf die Unterlippe, als ich den lästigen Stoff entfernte. Das brachte mich dazu, sie erneut zu küssen, während sie ihre Arme um meinen Nacken schlang und mich näher zu sich zog. Ich atmete scharf ein, als ihre Brüste meinen Oberkörper berührten.
Aber dann unterbrach sie den Kuss plötzlich und sah an mir vorbei zu der Hecke, auf der Schatten tanzten.
»Sicher, dass uns hier niemand sieht?«, fragte sie atemlos. »Wenn uns nämlich heute jemand stört, erschieße ich ihn.«
Ich lachte auf. »Keine Sorge«, murmelte ich dann, meine Lipp
en längst wieder an ihrem Hals. »Uns wird niemand stören.«
»Gut«, keuchte sie und ließ ihre Finger über meinen Körper nach unten bis zu meinen Shorts gleiten. Aber auch wenn sich bei der Berührung alles in mir vor Erregung zusammenzog – ich hatte vorerst andere Pläne.
Ich hob Kenzie auf meine Hüften, stieg die beiden Stufen zum Rand hoch und setzte sie dort ab. Dann küsste ich sie noch einmal, bevor ich ins Wasser zurücksank. Sanft strich ich mit den Händen von ihren Knien über ihre Schenkel nach oben, berührte sie aber nicht an ihrer empfindlichsten Stelle, sondern ließ die Finger wieder nach unten gleiten. Meine Lippen streiften über die Haut an der Innenseite ihrer Oberschenkel, bedachten jeden Zentimeter ausgiebig, dann wiederholte ich meine Berührungen. Es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, mir Zeit zu lassen, aber ich wusste, es würde sich lohnen.
Kenzie sah das anders.
»Lyall, bitte«, stieß sie aus. Ich sah auf, betrachtete ihr Gesicht, ihr Blick eine einzige Aufforderung, sie nicht länger hinzuhalten. Ich grinste, dann griff ich nach dem schwarzen Stoff und zog ihr den Rest des Bikinis aus. Keine Sekunde ließ ich sie aus den Augen, genoss den Ausdruck in ihren, als sie ihre Beine für mich erneut öffnete, weiter als zuvor. Und endlich schafften es meine Finger bis zu ihrer Mitte, streichelten sie kreisend, bevor ich mich vorbeugte und sie durch meinen Mund ersetzte.
Kenzie seufzte bei der Berührung meiner Lippen auf. Sie lehnte sich nach hinten und stützte ihre Arme auf der gefliesten Umrandung ab, bat mit einer Bewegung ihrer Hüften um mehr, aber die Aufforderung war nicht nötig. Ich strich mit meinen Händen über ihren Körper nach oben und umfasste ihre Brüste, während ich meine Zunge in sie hineingleiten ließ und ein Stöhnen als Antwort bekam. Erregung lief in Wellen durch Kenzies Körper, und ich nahm jeden Laut, jedes Zittern als Bestätigung, dass ihr gefiel, was ich tat. Und als Zeichen ihres Vertrauens. Wir waren nach zwei Wochen ohnehin schon gut eingespielt, aber das hier brachte uns auf eine ganz neue Ebene.
Ich beschäftigte mich ausgiebig damit, was sie mochte und was noch mehr, variierte den Druck und die Intensität meiner Bewegungen – und nahm schließlich meine Finger zu Hilfe. Das gab Kenzie den Rest. Sie griff in meine Haare, flehte mich an, sie zu erlösen, und auch wenn ich ewig so hätte weitermachen können, tat ich ihr den Gefallen. Meine Finger bewegten sich schneller vor und zurück, ich presste meine Lippen auf ihre Mitte und spürte genau, sie war kurz davor. Und dann bog sie den Rücken durch und kam, leise, aber heftig. Ich hielt sie an den Hüften fest und beobachtete sie dabei, weil es nichts Heißeres gab als Kenzie, die sich in einen Orgasmus hineinfallen ließ, für den ich verantwortlich war. Ihr ganzer Körper bebte einige Augenblicke, und ich sah, wie sie das Gefühl in vollen Zügen genoss, bevor sie schließlich tief einatmete und die Luft wieder ausstieß.
Als sie sich aufrichtete und mich ansah, war ich gebannt von dem Blick aus ihren Augen, die im Schein der Kerzen noch viel lebendiger wirkten als sonst. Von der Intensität darin, diesem Flackern, während sie vollkommen nackt vor mir saß und wusste, wie sehr ich sie wollte – genau wie sie mich. Ich hatte nie eine Frau schöner gefunden. Oder anziehender.
Dann schob sie sich nach vorne und glitt wieder ins Wasser, direkt in meine Arme, und ich spürte ihren erhitzten Körper an meinem. »Himmel«, stieß sie leise aus. »Gibt es eigentlich irgendetwas auf der Welt, das du nicht kannst?«
»Oh, ja.« Ich nickte. »Ich bin ein lausiger Golfspieler, falls du das vergessen haben solltest.«
»Gut, dass ich so gar kein Interesse an Golf habe.« Sie schlang ihre Beine um meine Hüften und bewegte fast schon aufreizend träge ihr Becken. Ich keuchte leise auf. Aber da löste sie sich von mir und brachte mich dazu, den Platz einzunehmen, den sie gerade verlassen hatte. »Okay, Henderson«, raunte sie dann, und es klang wie ein Versprechen. »Zeit für eine Revanche.«
Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da ging sie bereits vor mir in die Knie, die Hände an meinen Shorts, und streifte sie mir von den Hüften. Verflucht noch mal , dachte ich nur noch. Dann knipsten Kenzies Berührungen jeden klaren Gedanken in meinem Hirn aus.
42
Kenzie
Was für eine Nacht. Das war der erste Gedanke am folgenden Morgen, der mir in den Sinn kam. Unter mir spürte ich das weiche Polster des blauen Sofas, das ich für die Villa ausgesucht hatte, über mir die dünne Decke, die eigentlich ordentlich gefaltet auf den Sessel gehörte. Und neben mir Lyalls warmen Körper, der sich im Takt seines Atems hob und senkte. Ich öffnete die Augen und betrachtete ihn. Er schlief entspannt, die dunklen Haare fielen ihm ins Gesicht, und ich strich sie sanft zur Seite. Er schien es zu merken, denn nur ein paar Sekunden später wachte er auf.
»Morgen, Miss Bennet«, murmelte er verschlafen, und mein Herz lief über vor Liebe, weil er nie entzückender war, als wenn er morgens aufwachte. Trotzdem setzte ich einen ernsten Gesichtsausdruck auf. »Alles okay?«, schob er nach.
»Ich habe es genau gesehen«, teilte ich ihm streng mit.
»Was hast du gesehen?« Er wurde wacher und schien langsam beunruhigt. Prüfend ließ er seinen Blick durch die Villa wandern, als könnte er hier den Grund für meine Worte finden.
»Na, was wohl? Du hast geschlafen . Obwohl du meintest, dazu würdest du diese Nacht nicht kommen.« Ich lachte, als Lyall sich entspannte und zurück ins Kissen sank.
»Nur weil du mich völlig fertiggemacht hast«, beschwerte er sich.
»Tatsächlich? Ich dachte, das wäre umgekehrt gewesen.« Bei der Erinnerung an das, was er am Pool mit mir angestellt hatte, wurden in mir andere Dinge wach als nur mein Kopf. Von allem danach ganz zu schweigen. Wir hatten mittlerweile einige gemeinsame Nächte gehabt, aber diese war dennoch besonders gewesen. Das Bett war tatsächlich das Einzige, das wir nicht angerührt hatten.
Ich kuschelte mich in Lyalls Arme und schloss erneut die Augen, als mir plötzlich etwas einfiel und ich hochschreckte. »Wie spät ist es?« Draußen war es verdammt hell, also war es kein früher Morgen mehr. Und wenn wir rechtzeitig alles wieder in Ordnung bringen wollten, dann …
»Das hier ist es, wir haben es gestern fertig eingerichtet.« Die Vordertür klackte und eine energische Stimme hallte durch den Vorraum bis zu uns.
»Fuck!«, stieß ich aus und sah Lyall an, der weniger erschrocken aussah als ich, aber doch irgendwie, als hätte er Zahnschmerzen. »Was jetzt?«
Er hob die Schultern. »Zum Abhauen ist es wohl zu spät.«
Nur eine Sekunde später kam Theodora herein, gefolgt von zwei anderen Leuten, die ich nicht kannte. Sie bemerkte zuerst die offenen Fenster zum Pool, bevor ihr Blick auf uns fiel, zusammen auf dem dunkelblauen Sofa, und sie mitten in der Bewegung stockte. Ich hielt die Luft an, weil mir klar war, dass sie von mir enttäuscht sein musste. Dass heute der Fototermin war, wusste ich seit Tagen, und trotzdem hatte ich mich von Lyall überreden lassen, die Nacht hier zu verbringen. Da gab es mit Sicherheit keinen Beifall.
»Es tut mir ehrlich leid, Dora«, begann ich. »Aber –«
»Kenzie kann nichts dafür, Mum«, unterbrach mich Lyall. »Das war meine Idee.«
»Ja, ich dachte mir, dass du das behaupten würdest.« Sonst sagte sie jedoch nichts, sondern maß uns nur mit prüfendem Blick, bevor sie ihn durch das Zimmer schweifen und schließlich wieder auf uns ruhen ließ. »Das ist die Idee«, murmelte sie dann kryptisch und nickte. »Wieso bin ich da nicht viel eher drauf gekommen?«
»Mum?« Lyalls Tonfall war auf eine Art misstrauisch, die mich vermuten ließ, dass er mehr aus Theodoras Gemurmel herausgehört hatte als ich. Aber weil ich noch damit beschäftigt war, das Laken so um mich zu wickeln, dass ich den drei Leuten vor mir keine nackten Einblicke gewährte, war mir das momentan echt egal.
Theodora drehte sich zu einer jungen Frau mit Brille um. »Sagen Sie die Models für das Shooting morgen ab. Wir machen das direkt heute mit den beiden. Randy wird das wunderbar finden.«
Mit den beiden? Models? Okay, jetzt war ich auch alarmiert. Schnell wechselte ich einen Blick mit Lyall, aber der schüttelte nur den Kopf.
»Keine Sorge«, flüsterte er mir zu, »wir bringen s
ie davon ab.«
»Wie denn?«, fragte ich leise zurück.
Seine Mutter war längst am Handy. »Jean, bist du schon da? Perfekt, ich brauche dich nämlich direkt heute, es gab eine Änderung. Du musst nicht viel machen, es soll ganz natürlich aussehen. Die Outfits sind schon gestern gekommen, das ist kein Problem. Super, danke. Bis gleich.« Sie wandte sich zu uns um. »Haare und Make-up sind geklärt, wir können in einer halben Stunde loslegen.«
»Mum «, sagte Lyall wieder, diesmal mit wesentlich mehr Nachdruck. »Vielleicht solltest du Kenzie und mich fragen, bevor du uns als Models zwangsverpflichtest.«
»Oh kommt schon, ihr habt mein Set verunstaltet, dafür seid ihr mir etwas schuldig.« Theodora sah ihren Sohn streng an. »Und keine Sorge, ihr landet nicht in der Vogue Living , das werden nur die Werbefotos für das Hotel und ein paar Branchenmagazine. Ich möchte, dass hier glücklich verliebte Paare Urlaub machen, also brauche ich ein glücklich verliebtes Paar – und das seid ihr doch, oder? Wenn es echt ist, kommt es viel besser rüber, glaubt mir.«
Damit wuselte sie hinaus, die beiden anderen folgten ihr und wir blieben allein zurück. Lyall setzte sich auf und fahndete mit den Augen nach seinen Klamotten, die vermutlich immer noch draußen auf der Terrasse lagen.
»Okay, hier ist der Plan«, sagte er. »Du sagst Mum einfach, du möchtest das nicht. Dass du dich vor der Kamera unwohl fühlst oder dass so etwas deiner Seriosität als zukünftige Innendesignerin schadet, irgendwas. Denn wenn ich es versuche, wird sie auf Durchzug schalten und mir vorhalten, dass sie 34 Stunden mit mir in den Wehen lag, während sie eigentlich ihren ersten AD100-Award in Empfang nehmen sollte.«
Ich grinste. »Dafür hat sie allerdings echt etwas gut bei dir.« Dieser Preis war schließlich einer der bedeutendsten in der Branche.
Lyall hob eine Augenbraue. »Machst du dich gerade lustig über mich?«
»Würde ich nie. Ich denke nur … wieso tun wir ihr den Gefallen nicht?« Ich zuckte mit den Schultern. »Es sind doch lediglich ein paar Bilder für die Website. Und sie hat recht, wir sehen wirklich gut zusammen aus.« Ich fuhr ihm durch die Haare.