The Book of Images

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The Book of Images Page 11

by Rainer Maria Rilke


  like an earth which cannot orbit,

  because too many dead weigh on its feeling,

  like a man killed and buried

  whose hands defend themselves against roots,—

  like one of the high, slim, red

  midsummer flowers, which unredeemed

  all at once dies in its favorite meadow-wind,

  because down below its roots hit turquoise

  in the earring of a corpse

  and stop …

  And many a day’s hours were like that.

  As if someone fashioned my likeness somewhere

  in order to torment it slowly with needles.

  I felt each sharp prick of his playing,

  and it was: as if a rain fell on me

  in which all things change.

  DIE STIMMEN

  Neun Blätter mit einem Titelblatt

  TITELBLATT

  Die Reichen und Glücklichen haben gut schweigen,

  niemand will wissen was sie sind.

  Aber die Dürftigen müssen sich zeigen,

  müssen sagen: ich bin blind

  oder: ich bin im Begriff es zu werden

  oder: es geht mir nicht gut auf Erden

  oder: ich habe ein krankes Kind

  oder: da bin ich zusammengefügt …

  Und vielleicht, daß das gar nicht genügt.

  Und weil alle sonst, wie an Dingen,

  an ihnen vorbeigehn, müssen sie singen.

  Und da hört man noch guten Gesang.

  Freilich die Menschen sind seltsam; sie hören

  lieber Kastraten in Knabenchören.

  Aber Gott selber kommt und bleibt lang

  wenn ihn diese Beschnittenen stören.

  DAS LIED DES BETTLERS

  Ich gehe immer von Tor zu Tor,

  verregnet und verbrannt;

  auf einmal leg ich mein rechtes Ohr

  in meine rechte Hand.

  Dann kommt mir meine Stimme vor

  als hätt ich sie nie gekannt.

  Dann weiß ich nicht sicher wer da schreit,

  ich oder irgendwer.

  Ich schreie um eine Kleinigkeit.

  Die Dichter schrein um mehr.

  Und endlich mach ich noch mein Gesicht

  mit beiden Augen zu;

  wie’s dann in der Hand liegt mit seinem Gewicht

  sieht es fast aus wie Ruh.

  Damit sie nicht meinen ich hätte nicht,

  wohin ich mein Haupt tu.

  DAS LIED DES BLINDEN

  Ich bin blind, ihr draußen, das ist ein Fluch,

  ein Widerwillen, ein Widerspruch,

  etwas täglich Schweres.

  Ich leg meine Hand auf den Arm der Frau,

  meine graue Hand auf ihr graues Grau,

  und sie führt mich durch lauter Leeres.

  Ihr rührt euch und rückt und bildet euch ein

  anders zu klingen als Stein auf Stein,

  aber ihr irrt euch: ich allein

  lebe und leide und lärme.

  In mir ist ein endloses Schrein

  und ich weiß nicht, schreit mir mein

  Herz oder meine Gedärme.

  Erkennt ihr die Lieder? Ihr sanget sie nicht,

  nicht ganz in dieser Betonung.

  Euch kommt jeden Morgen das neue Licht

  warm in die offene Wohnung.

  Und ihr habt ein Gefühl von Gesicht zu Gesicht

  und das verleitet zur Schonung.

  DAS LIED DES TRINKERS

  Es war nicht in mir. Es ging aus und ein.

  Da wollt ich es halten. Da hielt es der Wein.

  (Ich weiß nicht mehr was es war.)

  Dann hielt er mir jenes und hielt mir dies

  bis ich mich ganz auf ihn verließ.

  Ich Narr.

  Jetzt bin ich in seinem Spiel und er streut

  mich verächtlich herum und verliert mich noch heut

  an dieses Vieh, an den Tod.

  Wenn der mich, schmutzige Karte, gewinnt,

  so kratzt er mit mir seinen grauen Grind

  und wirft mich fort in den Kot.

  DAS LIED DES SELBSTMÖRDERS

  Also noch einen Augenblick.

  Daß sie mir immer wieder den Strick

  zerschneiden.

  Neulich war ich so gut bereit

  und es war schon ein wenig Ewigkeit

  in meinen Eingeweiden.

  Halten sie mir den Löffel her,

  diesen Löffel Leben.

  Nein ich will und ich will nicht mehr,

  laßt mich mich übergeben.

  Ich weiß das Leben ist gar und gut

  und die Welt ist ein voller Topf,

  aber mir geht es nicht ins Blut,

  mir steigt es nur zu Kopf.

  Andere nährt es, mich macht es krank;

  begreift, daß man’s verschmäht.

  Mindestens ein Jahrtausend lang

  brauch ich jetzt Diät.

  DAS LIED DER WITWE

  Am Anfang war mir das Leben gut.

  Es hielt mich warm, es machte mir Mut.

  Daß es das allen Jungen tut,

  wie konnt ich das damals wissen.

  Ich wußte nicht, was das Leben war —,

  auf einmal war es nur Jahr und Jahr,

  nicht mehr gut, nicht mehr neu, nicht mehr wunderbar,

  wie mitten entzwei gerissen.

  Das war nicht Seine, nicht meine Schuld;

  wir hatten beide nichts als Geduld,

  aber der Tod hat keine.

  Ich sah ihn kommen (wie schlecht er kam),

  und ich schaute ihm zu wie er nahm und nahm:

  es war ja gar nicht das Meine.

  Was war denn das Meine; Meines, Mein?

  War mir nicht selbst mein Elendsein

  nur vom Schicksal geliehn?

  Das Schicksal will nicht nur das Glück,

  es will die Pein und das Schrein zurück

  und es kauft für alt den Ruin.

  Das Schicksal war da und erwarb für ein Nichts

  jeden Ausdruck meines Gesichts

  bis auf die Art zu gehn.

  Das war ein täglicher Ausverkauf

  und als ich leer war, gab es mich auf

  und ließ mich offen stehn.

  DAS LIED DES IDIOTEN

  Sie hindern mich nicht. Sie lassen mich gehn.

  Sie sagen es könne nichts geschehn.

  Wie gut.

  Es kann nichts geschehn. Alles kommt und kreist

  immerfort um den heiligen Geist,

  um den gewissen Geist (du weißt) —,

  wie gut.

  Nein man muß wirklich nicht meinen es sei

  irgend eine Gefahr dabei.

  Da ist freilich das Blut.

  Das Blut ist das Schwerste. Das Blut ist schwer.

  Manchmal glaub ich, ich kann nicht mehr —.

  (Wie gut.)

  Ah was ist das für ein schöner Ball;

  rot und rund wie ein Überall.

  Gut, daß ihr ihn erschuft.

  Ob der wohl kommt wenn man ruft?

  Wie sich das alles seltsam benimmt,

  ineinandertreibt, auseinanderschwimmt:

  freundlich, ein wenig unbestimmt.

  Wie gut.

  DAS LIED DER WAISE

  Ich bin Niemand und werde auch Niemand sein.

  Jetzt bin ich ja zum Sein noch zu klein;

  aber auch später.

  Mütter und Väter,

  erbarmt euch mein.

  Zwar es lohnt nicht des Pflegens Müh:

  ich werde doch gemäht.

  Mich kann keiner brauchen: jetzt ist es zu früh

  und morgen ist es zu spät.

  Ich habe nur dieses eine Kleid,

  es wird dünn und es verbleicht,

  aber es hält eine Ewigkeit

  auch noch vor Gott vielleicht.

  Ich habe nur dieses bißchen Haar

  (immer dasselbe blieb),

  das einmal Eines Liebstes war.

  Nun hat er nichts mehr lieb.

>   DAS LIED DES ZWERGES

  Meine Seele ist vielleicht grad und gut;

  aber mein Herz, mein verbogenes Blut,

  alles das, was mir wehe tut,

  kann sie nicht aufrecht tragen.

  Sie hat keinen Garten, sie hat kein Bett,

  sie hängt an meinem scharfen Skelett

  mit entsetzem Flügelschlagen.

  Aus meinen Händen wird auch nichts mehr.

  Wie verkümmert sie sind: sieh her:

  zähe hüpfen sie, feucht und schwer,

  wie kleine Kröten nach Regen.

  Und das Andre an mir ist

  abgetragen und alt und trist;

  warum zögert Gott, auf den Mist

  alles das hinzulegen.

  Ob er mir zürnt für mein Gesicht

  mit dem mürrischen Munde?

  Es war ja so oft bereit, ganz licht

  und klar zu werden im Grunde;

  aber nichts kam ihm je so dicht

  wie die großen Hunde.

  Und die Hunde haben das nicht.

  DAS LIED DES AUSSÄTZIGEN

  Sieh ich bin einer, den alles verlassen hat.

  Keiner weiß in der Stadt von mir,

  Aussatz hat mich befallen.

  Und ich schlage mein Klapperwerk,

  klopfe mein trauriges Augenmerk

  in die Ohren allen

  die nahe vorübergehn.

  Und die es hölzern hören, sehn

  erst gar nicht her, und was hier geschehn

  wollen sie nicht erfahren.

  Soweit der Klang meiner Klapper reicht

  bin ich zuhause; aber vielleicht

  machst Du meine Klapper so laut,

  daß sich keiner in meine Ferne traut

  der mir jetzt aus der Nähe weicht.

  So daß ich sehr lange gehen kann

  ohne Mädchen, Frau oder Mann

  oder Kind zu entdecken.

  Tiere will ich nicht schrecken.

  Ende des Gedicht-Kreises ›Die Stimmen‹

  THE VOICES

  Nine Leaves with a Title Leaf

  TITLE LEAF

  The rich and the fortunate can well keep quiet,

  nobody wants to know what they are.

  But the destitute have to show themselves,

  have to say: I am blind

  or: I am about to become so

  or: nothing on earth works out for me

  or: I have a sick child

  or: right here I am pieced together …

  And perhaps even that won’t suffice.

  And since otherwise people pass by them

  the way they pass things, they have to sing.

  And the songs you hear there can be really good.

  True, human beings are strange; they’d rather

  hear castrati in boys’ choirs.

  But God himself comes and stays a long time

  whenever these maimed ones bother him.

  THE SONG OF THE BEGGAR

  I go always from door to door,

  rain-drenched and sun-scorched;

  suddenly I’ll lay my right ear

  in my right hand.

  Then my voice sounds to me

  as if I’d never heard it.

  Then I don’t know for sure who screams there,

  me or someone else.

  I scream for some small trifle.

  The poets scream for more.

  And finally I’ll close my face up

  with both my eyes;

  the way it lies then in my hand with its weight

  it looks almost like rest.

  So they won’t think I hadn’t any place

  to put my head.

  THE SONG OF THE BLIND MAN

  I am blind, you out there, that is a curse,

  a countermanding, a contradiction,

  something daily weighing down.

  I place my hand on the woman’s arm,

  my gray hand on her gray grayness,

  and she leads me through nothing but void.

  You move and shift and like to think

  that you ring differently from stone on stone,

  but you’re wrong: I alone

  live and suffer and make noise.

  Inside me there’s an endless screaming,

  and I don’t know if it’s my heart

  or my gut that screams.

  Recognize the songs? You never sang them,

  not with this accent anyway.

  For you every morning the new light comes

  warmly into your open lodging.

  And you have a feeling of face to face,

  and that entices you to caring.

  THE SONG OF THE DRUNKARD

  It was not in me. It went out and in.

  Then I tried to hold it. Then the wine held it.

  (I don’t know any more what it was.)

  Then the wine held me this and held me that,

  till I totally relied on it.

  I, fool.

  Now I am in its game and it strews

  me scornfully about and loses me this day

  to that loutish swine, to Death.

  When he wins me, filthy card,

  he will scratch his gray scabs with me

  and toss me away in the dung.

  THE SONG OF THE SUICIDE

  All right now: just one last second more …

  Thus ever again they cut

  my rope.

  Recently I was so prepared,

  and there were even bits of eternity

  in my intestines.

  They hold out the spoon to me,

  this spoon of life.

  No, I will and I will no longer,

  let me vomit up myself.

  I know that life is fine and good

  and the world is a full pot,

  but it doesn’t flow into my blood,

  it only rises to my head.

  Others it feeds, me it sickens;

  try to understand: one can despise it.

  For at least a thousand years now

  I’ll require a diet.

  THE SONG OF THE WIDOW

  In the beginning life was good to me.

  It held me warmly, it gave me heart.

  Of course it does that to all the young,

  but back then how could I know?

  I didn’t know what living was—,

  suddenly it was only year and year,

  no longer bright, no longer fine, no longer magical,

  as if ripped right in two.

  It wasn’t his, it wasn’t my fault,

  we both had nothing except patience,

  but Death has none.

  I saw him come (how meanly!)

  and I watched him as he took and took:

  none of it I could claim as mine.

  What, then, was mine: mine, my own?

  Was even my core of wretchedness

  only lent to me by fate?

  Fate wants not only the happiness,

  it wants the pain and the screaming back,

  and it buys the ruin second-hand.

  Fate was there and obtained for a pittance

  every expression of my face,

  even the way I walk.

  That was a daily close-out sale,

  and when I was empty, it gave me up

  and left me standing open.

  THE SONG OF THE IDIOT

  They don’t stop me. They let me go.

  They say, “Nothing can happen.”

  How nice.

  Nothing can happen. Everything comes and circles

  endlessly round the Holy Ghost,

  round that certain Ghost (you know)—,

  how nice.

  No, one really mustn’t think there might be

  any danger in it all.

  There is of course the blood.

  Blood’s the hardest. Blood’s like stone.

  Sometimes I think I can’t go on—.

  (How nice.)

  Ah what a lovely ball that is;

 
; red and round like an Everywhere.

  Nice that you created it.

  Wonder if it comes when called?

  How strangely everything behaves,

  drifting together, swimming apart,

  friendly, a little vague.

  How nice.

  THE SONG OF THE ORPHAN GIRL

  I am Nobody and shall also be Nobody.

  Now, I know, I’m still too small for being;

  but later too.

  Mothers and Fathers,

  take pity on me.

  Not that it’s worth the rearing’s effort:

  I’ll be reaped anyway.

  No one can use me: today it’s too early

  and tomorrow too late.

  I have only this one dress,

  it grows thin and it turns pale,

  but it will keep an eternity

  even before God perhaps.

  I have only this hair on my head

  (always the same hair),

  that was once someone’s dearest love.

  Now he loves nothing anymore.

  THE SONG OF THE DWARF

  My soul may be straight and good;

  but my heart, my bent blood,

  all that hurts me inside,

  it can’t hold upright.

  It has no garden, it has no bed,

  it clings to my sharp skeleton

  with horrified beating of wings.

  Nor will anything ever come of my hands.

  Look at how stunted they are:

  sluggishly they hop, damp and heavy,

  like little toads after rain.

  And the rest of me is

  worn out and old and dreary;

  why does God hesitate to throw

  all this on the heap.

  Could it be that he hates me for my face

  with its grumpy jowls?

  So often it was ready with all its heart

  to be friendly and appealing;

  but nothing ever came up close

  the way the big dogs do.

  And the dogs couldn’t care less.

  THE SONG OF THE LEPER

  Look, I am one whom all have abandoned.

  No one in the city knows of me,

  leprosy’s my lot.

  And I bang my clapper

  and knock the sad sight of me

  into the ears of all

  who come close as they pass.

 

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