Bevor wir fallen

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Bevor wir fallen Page 8

by Bowen, Sarina


  »Du bist damit beschäftigt, wieder auf die Beine zu kommen.« Hartley sah mich sanft aus seinen braunen Augen an. »Du hast hoffentlich nichts gegen ein bisschen Galgenhumor.«

  »Ich liebe Galgenhumor.«

  »Siehst du? Du bist lustig, Callahan. So kompliziert ist das alles gar nicht.«

  »Alles daran ist kompliziert, okay?« Der Tequila zeigte allmählich Wirkung. »Absolut alles. Ich weiß ja nicht mal, was sonst noch alles bei mir nicht mehr funktioniert.«

  Er zog die Stirn kraus. »Was soll das heißen?«

  »Vergiss es.« Ich griff nach meinem Gamepad, doch Hartley nahm es mir wieder ab.

  »Redest du von Sex, Callahan?«

  Ich zuckte kläglich mit den Schultern. »Darüber kann ich mit dir nicht sprechen.«

  »Okay, und mit wem kannst du darüber sprechen? Das hört sich nämlich nach einem beschissenen Riesenproblem an.«

  »Sozusagen.«

  »Im Ernst. Als ich meinen Freunden erzählt habe, dass ich mir an zwei Stellen das Bein gebrochen habe, waren sie sich alle einig, dass ich Glück gehabt hatte, mir nicht den … na ja, nicht den Schwanz gebrochen zu haben. Sie meinten, so übel könne es deshalb gar nicht sein.«

  Ich gab mir Mühe, meine Margarita nicht durch die Nase zu schnauben. »Das zeigt nur mal wieder, wie unterschiedlich Männer und Frauen miteinander reden.«

  Er fuhr mit einem Finger um den Rand seines Glases. »Wenn du sagst, du weißt nicht, was bei dir noch alles nicht funktioniert, meinst du damit …«

  »Hartley, im Ernst, das ist kein leichtes Thema für mich.«

  »Da hilft nur noch mehr Tequila.« Er streckte die Hand aus, um mein Glas aufzufüllen. »Also, wenn ein Mann gelähmt ist, heißt das, dass er keinen mehr hochkriegt, stimmt’s? Ich musste mit Stacia Downton Abbey gucken.«

  Ich stieß ein heiseres Lachen aus. »So in der Art. Aber das hängt immer davon ab, wo genau das Rückenmark verletzt wurde und um welche Art Verletzung es sich handelt. Manche Typen im Rollstuhl kommen prima zurecht. Wobei einige zwar noch ihre Flagge hissen, aber nichts mehr dabei spüren können.«

  Seine Augen weiteten sich in aufrichtigem Entsetzen. »Scheiße.«

  »Genau.«

  »Und bei Frauen …«

  Ich schüttelte den Kopf. »Themenwechsel. Bitte.«

  »Ich schätze mal, Frauen können immer. Aber wenn eine Frau nichts dabei spürt, hat sie vielleicht keine Lust mehr.«

  In der Hoffnung, er würde die Sache dann fallen lassen, starrte ich an die Decke.

  Doch Hartley trank nur einen Schluck, bevor er weiterredete. »Callahan, was du vielleicht nicht über mich weißt, ist, dass mir nichts peinlich ist.«

  »Mir aber.«

  Doch er schien mir gar nicht zuzuhören. »Ein Typ, der sich nicht sicher ist, ob alles noch richtig funktioniert, würde direkt, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, Hand an sich selbst legen. Vermutlich sogar schon im Krankenhaus, sobald er alleine im Bad ist. Nur ein paar Sekunden, und er wüsste Bescheid.«

  So langsam ging er mir auf den Keks. »Du hast echt keine Ahnung, wie das ist.«

  »Dann erzähl mir, wie es ist, Callahan.« Er nagelte mich mit seinem Blick fest.

  Wieder einmal legten wir es darauf an, wer als Erstes wegschauen würde. Ich würde einem Wettbewerb natürlich niemals aus dem Weg gehen, aber gegen Hartley konnte man unmöglich gewinnen. Zumindest konnte man unmöglich gewinnen, wenn man ich war. Weil es mich jedes Mal innerlich zerriss, wenn ich in seine schokoladenbraunen Augen blickte, und weil es mich daran erinnerte, wie sehr ich in seinem Blick versinken und nie wieder daraus hervorkommen wollte.

  Also starrte ich stattdessen in meinen Drink und versuchte, es ihm zu erklären. »Also gut, nehmen wir deinen gelähmten Jungen als Beispiel. Lange Zeit würde er überhaupt nicht wissen, was geht und was nicht, weil Rückenmarksverletzungen ein Schock für das gesamte System sind. Einige Zeit würde er unterhalb des Brustkorbs überhaupt nichts spüren, was echt furchtbar ist. Dann würde sein Arzt anfangen, davon zu reden, was alles wieder funktionieren könnte, und seinen Eltern damit eine Heidenangst einjagen.«

  Als ich wieder aufsah, betrachtete Hartley mich mit ruhigem Blick.

  Meine Kehle fühlte sich gegen meinen Willen plötzlich ganz heiß und eng an. »Und dein Wunderknabe, der hat inzwischen einen Katheter, okay? Und er weiß nicht mal – und das vielleicht für Wochen –, ob er wenigstens irgendwann wieder wie ein normaler Mensch aufs Klo gehen können wird.« Um seinem Blick zu entkommen, stürzte ich den Rest meines Drinks hinunter. »Es dauert wahnsinnig lange, bis alles wieder in die Gänge kommt und richtig funktioniert. Und selbst dann wäre dein Junge womöglich psychisch immer noch total durch den Wind. Da würde sich selbst der geilste Kerl, was das Wichsen angeht, vielleicht mal ’ne Auszeit nehmen. Und wenn auch nur um seinen Seelenfrieden Willen.«

  Hartleys Miene wurde noch sanfter. »Da hat unser imaginärer Kumpel ja echt die Arschkarte gezogen.«

  »Hypothetisch gesehen ja.«

  Auf meinen Ausbruch folgte eine Minute eines keineswegs unbehaglichen Schweigens. Die Spannung in meinen Schultern ließ langsam nach. Mit Dana hatte ich noch nie über die ruhmreichen Einzelheiten meiner Rückenmarksverletzung gesprochen, weil ich nicht wollte, dass sie mitleidige Gedanken an mich verschwendete. Aber irgendetwas an Hartley löste mir jedes Mal die Zunge, und ich würde es hoffentlich später nicht bereuen.

  Wir nippten noch eine Weile an unseren Drinks, bis er mir schließlich mein Gamepad aufs Knie legte. »Sehen wir mal, ob dein Torhüter nach zwei Drinks auch noch so astreine Reflexe hat.«

  »Ja, mal sehen«, stimmte ich zu.

  8

  Das war aber nicht nötig

  Hartley

  Ich sah gerade meine Notizen aus dem Biologiekurs durch, als jemand an meine Türe klopfte.

  »Herein!«

  Ich rechnete damit, Corey hereinrollen zu sehen, die mir klarmachen wollte, wie sie über ihre beiden gewonnenen Partien RealStix unseres letzten Abends dachte. Doch stattdessen stand Dana in der Tür.

  »Was liegt an?«

  Sie stürmte ins Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. »Ich will eine Party schmeißen.«

  Ich warf die Biologienotizen auf den Schreibtisch und widmete ihr meine volle Aufmerksamkeit. »Guter Plan. Welcher Anlass?«

  »Freitag ist Coreys Geburtstag.« Sie warf sich auf mein Bett. »Das wird aber keine Geburtstagsparty. Die sind was für Fünfjährige.«

  »Klar.«

  »Ich wollte sowieso feiern, weil … Wieso haben wir das nicht schon längst gemacht? Unser Zimmer ist riesig, wir sind also längst überfällig. Mein Geschenk für Corey wird ein Rieseneimer meiner berühmten Sangria sein. Und wir laden alle ein, die wir kennen.«

  »Klasse. Und was kann ich für dich tun?«

  Dana zappelte nervös herum. »Äh, hast du Freitag Zeit? Du kennst Corey besser als sonst irgendwer.«

  »Das lasse ich mir unter keinen Umständen entgehen. Das Hockeyteam hat um sieben ein Heimspiel. Ich könnte so um zehn mit Bridger und ein paar anderen aus der Mannschaft rüberkommen.«

  Sie klatschte in die Hände. »Perfekt. Aber da wäre noch was …«

  »Du wirst jetzt sicher fragen, ob wir den Alkohol besorgen können.«

  Dana grinste. »Woher wusstest du das?«

  »Weil dein gefälschter Ausweis nichts taugt, und weil Callahan nicht mal einen hat.« Ich griff nach meinem Handy, um Bridger eine SMS zu schicken. »Gebt eure Bestellung im Spirituosengeschäft an der York auf, Bridger kann die Sachen Freitagabend dort abholen.«

  »Du bist der Größte, Hartley.« Damit sprang sie vom Bett und flitzte zur Tür hinaus.

  Gleichfalls, Dana! Das Mitbewohnerroulette meinte es nicht immer gut mit einem, doch Dana war toll. Und Corey zu kennen war der reinste Glücksfall.

  Als ich am Freitagabend auf die Außentür von McHerrin zuging, klangen Musik und Gelächter bereits in die Nacht hina
us. Sehr schön.

  »Hier lang, Jungs.«

  Ein Dutzend Hockeyspieler folgte mir in Coreys Zimmer. Danas Something Special-Mädels waren schon da, und ich erkannte noch ein paar andere Beaumont-Erstsemester. Im Hintergrund spielten Mumford and Sons.

  »Willkommen!« Dana winkte uns mit einer Schöpfkelle zu. »Sangria gibt’s hier drüben!« Sie stand über eine große Plastikschüssel gebeugt, neben ihr stapelten sich Pappbecher.

  Ich nahm einen Drink. »Super Party, Dana. Und wo ist das Geburtstagskind?«

  Sie deutete mit dem Daumen hinter sich, und ich entdeckte Corey, die Bridger gerade, gegen das Sofa gelehnt, für die Alkohollieferung dankte.

  »Kein Thema, Callahan. Ich werde gleich mal eine Probe nehmen«, sagte Bridger augenzwinkernd. »Von wegen Qualitätskontrolle und so.«

  »Du kannst bis zum Abwinken probieren, Bridge«, rief Corey ihm nach, als er sich unter die Leute mischte.

  »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Schönste.«

  Ich zog Corey, ohne weiter darüber nachzudenken, in meine Arme, was sich absolut erstklassig anfühlte – bis ich spürte, wie sie sich in meiner Umarmung versteifte. Ich wich zurück in der Hoffnung, ihr nicht buchstäblich zu nahegetreten zu sein. Klar, wir gingen sonst auch nicht auf Tuchfühlung. Andererseits hatte ich sie nur gedrückt, weil sie Geburtstag hatte.

  »Warst du beim Hockey?«, wollte sie wissen.

  Jetzt verstand ich. Sie hatte den vertrauten Geruch nach Eis an meiner Jacke gerochen. Ich hatte Stunden zuvor, als ich zum ersten Mal seit Monaten die Eisbahn betreten hatte, die gleiche seltsame Reaktion an den Tag gelegt wie sie. Nichts auf der Welt roch vergleichbar.

  »Ja, mit dem Behindertenfahrdienst. Wärst du gerne hingegangen?«

  »Nein«, entgegnete sie schnell, um ihre Gefühle zu überspielen. »Wer hat gewonnen?«

  »Wir natürlich. Und jetzt haben wir Lust zu feiern.«

  Corey sah sich um. »Hast du die ganzen Typen mitgebracht? Super.«

  »Klar, auch wenn es nicht leicht war, sie in ein Zimmer voller singender Mädchen und Kaltgetränke zu schleppen. Aber ich hab es geschafft. Hey … ich bin gleich wieder da, okay? Ich werfe nur schnell meine Jacke irgendwo ab.«

  Ich ließ Callahan los und humpelte in ihr Schlafzimmer. Dort zog ich meine Jacke aus und langte gerade in die Brusttasche, als Bridger hereinkam und mich erschreckte.

  »Hey Mann.« Bridger pfefferte seine Jacke auf Coreys Bett.

  »Gutes Spiel heute Abend«, sagte ich, auch wenn das nicht stimmte. Aber die Nutzlosen und Versehrten durften nicht allzu kritisch sein.

  »Na ja«, wehrte er ab. »Wenigstens haben wir gewonnen. Hätte schlimmer kommen können. Und eben guckt mich so eine Rothaarige mit ihrem Schlafzimmerblick an.«

  »Dann gehst du jetzt besser da raus.« Ich wollte, dass er verschwand, um in Ruhe Coreys Geburtstagsgeschenk aus meiner Jackentasche zu holen.

  »Ja«, sagte er, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. »Sag mal, was läuft da eigentlich zwischen dir und Callahan?«

  Mit der Frage hatte ich nicht gerechnet. »Wir verstehen uns gut, das ist alles.« Ich zuckte so gleichgültig wie möglich mit den Achseln.

  Bridger würde das nicht verstehen. Er war mit keinem Mädchen befreundet. Er hatte nicht mal eine feste Freundin. Sein Umgang mit Frauen beschränkte sich auf den Austausch von Körperflüssigkeiten.

  »Ihr zwei wirkt ziemlich intim miteinander.« Bridger verschränkte die Arme. »Gegenüber Stacia wäre sie eine echte Verbesserung.«

  »Das ist echt nett, du Arsch. Ich bestelle Stacia liebe Grüße von dir, wenn sie das nächste Mal anruft.« Es war jedoch kein Geheimnis, dass Bridger nicht gerade dem Fanklub meiner Freundin vorstand. Was leider auf Gegenseitigkeit beruhte.

  Bridger hob abwehrend die Hände. »Ich meine ja nur. Corey ist viel mehr dein Typ, als Stacia es jemals war.«

  Darüber ließ sich schlecht streiten. Vor Prinzessin Stacia hatte ich eher auf Sportskanonen gestanden. Nicht auf alle. Aber ich hatte hübsche Mädchen, die auch einen Football werfen konnten und nichts dagegen hatten, sich ein Spiel der Bruins anzuschauen, irgendwie immer besonders sexy gefunden. Darum ging es jetzt aber nicht.

  »Stacia ist meine Freundin, Bridge.« Besser er gewöhnte sich langsam an den Gedanken.

  »Zu dumm.« Damit drehte er sich um und verließ Coreys Zimmer.

  Als ich wieder allein war, zog ich Coreys Geschenk aus der Jacke und legte es auf ihr Kopfkissen. Verdammt, wenn Bridger wüsste, was in der Schachtel war, würde er mir nie glauben, dass wir nur Freunde waren. Und das Geburtstagskind selbst würde rot werden wie eine Tomate, wenn sie ihr Geschenk auspackte, da war ich mir sicher. Es sollte so was wie ein Scherz sein – andererseits, vielleicht auch wieder nicht. Ich hoffte, dass sie es vor dem Hintergrund des intensiven Gesprächs von vor einer Woche verstehen würde.

  »Gute Party«, versicherte ich Corey, als ich in den Gemeinschaftsraum zurückkehrte.

  Und ich meinte es erst. Heute Abend waren die beiden Mädels dieses Zimmer, das vor Energie und Gesprächen aus allen Nähten platzte. Nur dass ich leider nicht in Partylaune war. Ich hatte die letzten zwei Stunden versucht, nicht vor Frust laut zu schreien. Nachdem ich zwei Dollar für ein Ticket im Studentenbereich bezahlt hatte, um meine Mannschaft gegen Rensselaer spielen zu sehen, musste ich auch noch mit ansehen, wie sie nur mit Mühe gewannen. Nichts kam der Ohnmacht gleich, die eigene Mannschaft ohne einen selbst kämpfen zu sehen. Und die ganze Zeit über hatte die kalte Luft, die von der Eisbahn aufstieg, mein Bein qualvoll gefrostet. Auch wenn ich wusste, dass es egoistisch war, hätte ich in diesem Moment nichts mehr gebraucht, als mich ein paar Stunden allein mit Corey auf dem Sofa zu unterhalten. Ich brauchte die Wärme ihres Blicks, wann immer ich ihr Zimmer betrat. Sollte Bridger denken, was er wollte, ich brauchte meine Dröhnung Corey.

  Ich ließ mich auf das verwaiste Sofa plumpsen und klopfte auf das Kissen neben mir. Sie sah auf mich hinunter und rechnete sich offenbar gerade aus, wie viel Mühe es sie kosten würde, ihre Gehhilfen zu nehmen und von der Armlehne neben mich überzusiedeln. Das kleine Krücken-Einmaleins, das auch mich den ganzen Tag beschäftigte.

  Um ihr die Mühe zu ersparen, packte ich ihre Hüften, und eine halbe Sekunde später saß sie neben mir und machte ein verdutztes Gesicht.

  »Wie gut, dass mein Glas nicht voll war«, brachte sie schließlich mit einem Blick in ihren Becher heraus.

  »Ja, wie gut.« Ich drapierte mein schmerzendes Bein auf dem Couchtisch. »Lass hören, Callahan, was ist der neueste Tratsch?«

  »Wow«, sagte sie. »Sieh dir Bridger an, wie der rangeht.«

  Ich sah auf und entdeckte meinen Kumpel, der in einer Zimmerecke an den Lippen einer Sangesfreundin von Dana klebte. Er verlor wirklich keine Zeit.

  Ich rieb mir grinsend das schmerzende Bein. »Der Bursche lässt echt nichts anbrennen, und das nicht nur bei den Damen. Bridge kriegt an einem Tag mehr geregelt als die meisten anderen in einer Woche. Wusstest du, dass er an einem Programm teilnimmt, bei dem man seinen Master in derselben Zeit machen kann wie den Bachelorabschluss?

  »Echt?« Corey warf mit hochgezogener Braue einen Blick in die Ecke, wo Bridger das Gesicht des Mädchens zu verschlingen schien. »Wie findet er die Zeit dazu?«

  »Im Unterschied zu uns Normalos schläft er scheinbar nicht. Wenn die Hockeysaison vorbei ist, fährt er an drei Abenden in der Woche in einem Lager Gabelstapler.«

  »Wirklich? Ihr zwei kennt euch schon ziemlich lange, oder?«

  Sie stützte sich mit dem Ellbogen auf der Rückenlehne ab und wandte sich mir zu. Corey schenkte mir immer ihre volle Aufmerksamkeit. Als befände sich außer mir niemand im Raum.

  »Ja. Wir haben schon in der Highschool in derselben Liga gespielt. Außerdem sind wir auch noch Mitglieder in einem anderen Klub.«

  »In welchem?«

  Mein Lächeln glich wahrscheinlich einer Grimasse. »Im Klub der Armen. Bridger ist ungefähr fünfzehn Kilometer von hier auf
der falschen Seite des Industriegebiets aufgewachsen.«

  Während das Harkness College einen echt schönen Campus hatte, war die Stadt drum herum das reinste Dreckloch.

  »Und da, wo ich aufgewachsen bin, ist es auch nicht viel besser. Als ich zum ersten Mal einen Fuß in dieses College gesetzt habe, war der ganze Wohlstand, der einem hier an jeder Ecke begegnet, ein echter Schock für mich.«

  Corey trank nachdenklich einen Schluck Sangria. »Aber hier wohnen doch alle in den Studentenwohnheimen und essen in den Speisesälen. Das gefällt mir besonders am Harkness. Es ist egal, ob man Geld hat oder nicht.«

  Ich schüttelte den Kopf. »Dann warte mal ab, bis sich im Frühjahr alle darüber streiten, auf welcher Karibikinsel sie Spring Break feiern sollen.«

  »Also ich feiere im sonnigen Wisconsin.«

  »Deine Freundin Dana fliegt wahrscheinlich nach St. Croix oder St. John, da würde ich drauf wetten.«

  Coreys Blick schoss zu ihrer Mitbewohnerin auf der anderen Zimmerseite. »Na ja, ihre Familie hat ein Haus auf Hawaii.«

  »Siehst du? Als mir in meinem ersten Semester das erste Mal jemand sagte, seine Familie hätte einen Zweitwohnsitz am Lake Tahoe, dachte ich nur: Ist ja irre. Wer braucht bitte zwei Häuser? Aber ich kam eben aus dem Tal der Ahnungslosen. Man kann hier auf mehr als nur eine Art sehr viel lernen.«

  »Alter.« Bridger tauchte neben mir auf und beugte sich zu mir herab, um mir eine Frage ins Ohr zu flüstern. »Wo hast du deine Goalies? Ich hab keine mehr.«

  Ich gluckste und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Da, wo sie hingehören – im Schrank neben dem Bett. Bediene dich.«

  »Du hast was gut bei mir.« Bridger richtete sich auf.

  Ich hatte in nächster Zeit sowieso keinen Bedarf an Kondomen.

  »Aber lass die Party woanders steigen, ja Alter?«

  Dass Bridger auf meinem Bett irgendein Mädchen vögelte, konnte ich echt nicht gebrauchen. Als wir noch zusammengewohnt hatten, war so was mehr als einmal vorgekommen.

 

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