by L.J. Shen
Er trottete herüber zu meinem Fenster und stützte seine verdammten Ellbogen darin auf, als gehörte es ihm. Der Typ hatte Eier. Wenn er nicht aufpasste, würde er sich von ihnen verabschieden müssen.
»Dürfte ich fragen, wer zum Henker du bist?« Lässig steckte er sich einen Joint an und blies mir den Qualm ins Gesicht. Er spielte das Spiel, das ich seit meinem achtzehnten Lebensjahr aus dem Effeff beherrschte. Das, in dem man den Bogen überspannt, bis er reißt. Aber inzwischen war ich dreiunddreißig und hätte ihm – ohne mit der Wimper zu zucken – das Genick brechen und seine Zukunft zerstören können. Ich versuchte, mir einzuschärfen, dass ich nichts dergleichen tun wollte, er nur ein Kapuzenpulli tragender Halbwüchsiger war. Ein eitler Pfau, der seine Freundin beeindrucken wollte, indem er sein hübsches Gefieder aufstellte.
»Ich bin ihr Boss. Und wer bist du, Großmaul?«
»Ihr fester Stecher.« Er legte den Kopf schief und grinste. »Und ich mag keine Konkurrenz außerhalb des Ozeans. Darum schlag ich vor, du machst dich vom Acker.« Er klopfte mit dem Zeigefinger die Asche von seinem Joint und ließ sie in meinen Wagen rieseln. Auf meinen Ledersitz.
Dummer Fehler.
Ich hörte Edie leise hinter ihm kichern, und ob es nun daran lag, dass sie Lunas Party geschwänzt hatte, oder ich einfach nur die Schnauze davon voll hatte, den Hitzkopf in mir im Zaum zu halten, wenn es um sie ging, jedenfalls war ich bereit, meine ohnehin miese Laune eine Drehzahl höher zu schrauben und zum Tier zu werden. Ich schaltete in den Parkmodus und stieß die Tür auf, dann stürmte ich hinaus und auf die andere Wagenseite, um Edie am Ellbogen zu packen.
»Falls du nicht augenblicklich einsteigst, wirst du erleben, was passiert, wenn der Countdown abgelaufen ist«, raunte ich an ihrer Schläfe, dabei streiften meine Lippen versehentlich ihre Ohrmuschel. Mein Schwanz zuckte, und ich stöhnte leise auf. Sie wandte mir das Gesicht zu und starrte mich entgeistert an.
»Warum in aller Welt sollte ich außerhalb der Arbeit Befehle von dir entgegennehmen, Rexroth?«
»Weil du behauptet hast, meine Tochter heute wegen einer dringenden Sache nicht zu dieser Party begleiten zu können, obwohl du in Wahrheit nichts weiter vorhattest, als es dir in einer rattenverseuchten Ruine von einem beschissenen Rumtreiber besorgen zu lassen. Falls du nicht in einer Sekunde im Auto sitzt, Edie, schwöre ich, dass dein Vater gleich morgen früh einen Sonntagsbesuch von seinem Geschäftspartner bekommen wird. Ich werde ihm alles über deine langen Finger und deine speziellen sexuellen Vorlieben erzählen.«
Zugegeben, einer Achtzehnjährigen damit zu drohen, sie bei ihren Eltern anzuschwärzen, war unterste Schublade. Andererseits hatte sie das hier nicht nötig, in aller Öffentlichkeit zu kiffen und zu vögeln. Damit wir uns nicht falsch verstehen – ich hatte in ihrem Alter ganz genau das Gleiche getan. Und wenn schon. Ich hatte nie behauptet, über Scheinheiligkeit erhaben zu sein.
»Jetzt krieg dich mal wieder ein, alter Sack, und hör auf, sie wie ein Stück Scheiße zu behandeln, sonst reiß ich dir den Arsch auf.« Der blonde Macker ging auf mich los, und ich würde die Nacht auf einem Polizeirevier beenden. Ich versetzte ihm einen Schubs, bevor Edie dazwischenging und uns auseinanderdrängte.
»Hey! Hört sofort auf damit!«
»Du brauchst nicht noch einen Jordan, Gidget. Sag ihm, er soll sich verpissen.« Der Typ zeigte auf mich, wobei er angewidert die Lippen verzog. Sie schüttelte den Kopf, legte die Hände auf seine Brust und schob ihn rückwärts zu der Bank. Ihre anderen Freunde starrten zu uns herüber, ihre Münder so weit aufgesperrt, dass man fast sehen konnte, was sie zu Mittag gegessen hatten. Sie standen auf, kamen jedoch nicht näher. Elende Feiglinge.
»Du bist auf dem falschen Dampfer, Bane. Ich werde es dir später erklären. Wir sehen uns morgen am Strand.« Sie wandte mir den Rücken zu und drückte den Mund auf seinen. Dem Kuss haftete eine Vertrautheit an, die mir fremd war, weil ich noch nie länger als zwei Wochen bei ein und derselben Frau geblieben war. Zähneknirschend behielt ich sie im Visier.
»Schluss jetzt mit dem Bullshit. Steig endlich ein.« Ich warf Edie regelrecht auf den Beifahrersitz, bevor ich zur Fahrerseite ging, mich anschnallte und den Motor startete. Während ich versuchte, meine Reaktion auf diese surreale Begegnung zu ergründen, überlegte ich gleichzeitig, wohin zum Teufel ich sie bringen sollte.
»Wo wohnst du?« Ich fuhr los. Sie antwortete nicht, sondern starrte mit feucht glänzenden Augen aus dem Fenster. Der lautlose Elektromotor machte das Schweigen noch unbehaglicher, als mein Wagen über die unbefestigte Straße rollte, die aus dem Park führte. Ich umklammerte das Lenkrad, spürte, wie meine Nasenflügel bebten.
Sie würde nicht antworten. Nicht, ehe ich mein Verhalten begründete.
»Du bist die Tochter meines Firmenpartners, Edie. Ich kann nicht zulassen, dass du dich herumtreibst, kiffst und irgendwelche tätowierten Kerle vögelst. Solange ich nicht in der Nähe bin, tangiert es mich nicht, doch wenn ich dir mitten in der Nacht zufällig an einem gottverlassenen Ort über den Weg laufe, handle ich selbstverständlich entsprechend.«
»Oh bitte.« Sie schnaubte, spielte die Coole, als hinge ihr Leben davon ab. »Verarsch niemals jemanden, der das besser kann. Spar dir also deine bescheuerte Erklärung. Jordan Van Der Zee geht dir am Arsch vorbei, und auf seine Tochter pfeifst du erst recht. Das war eine Machtdemonstration, Rexroth. Du warst sauer, weil ich nicht zu Lunas Party gekommen bin, und wolltest dich rächen. Aber damit du es weißt – ich hatte heute tatsächlich etwas zu erledigen. Etwas Wichtiges. Dass mir danach noch Zeit blieb, mich mit Freunden zu treffen, heißt nicht, dass ich Luna im Regen habe stehen lassen.«
Edie hatte zum Teil recht. Ich war wütend, weil sie es vorgezogen hatte, mit ihren Kumpels rumzuhängen, anstatt Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Noch schlimmer war vermutlich der zweite Grund, aus dem ich sie von ihrem Freizeitvergnügen weggezerrt hatte: Ich war besessen von ihr, vielmehr dem Gedanken, mit ihr zu schlafen. Was unter Garantie zur Folge hätte, dass Jordan einen Weg fände, mich aus dem Vorstand, dem Unternehmen zu kicken und somit meine gesamte Karriere zu ruinieren. Ganz zu schweigen davon, dass ich nicht mehr in den Spiegel schauen könnte, wenn ich Sex mit einem Teenager hätte, ob gesetzlich erlaubt oder nicht.
»Wo wohnst du?«, wiederholte ich, ohne auf ihre stichhaltigen Argumente einzugehen. Sie schnaubte erneut und kramte ihr Handy aus ihrem schwarzen Rucksack.
»Hey.« Ich riss es ihr aus der Hand, meine Augen weiterhin auf die Straße gerichtet. »Ich rede mit dir.«
»Pah, das heißt noch lange nicht, dass ich dir auch zuhöre«, fauchte sie.
»Was ist eigentlich dein Problem, Edie?«
»Du bist mein Problem. Mein Vater ist mein Problem. Die ganze Welt ist mein Problem. Lass mich raus«, verlangte sie, während sie gleichzeitig ihr Handy meinen Fingern entwand. Die verschärfte Spannung im Auto bewirkte, dass ich mich kaum noch aufs Fahren konzentrieren konnte.
»Mitten im Nirgendwo?« Ich lachte auf. »Vergiss es.«
»Trent!«
Ich schüttelte den Kopf. Notfalls würde ich sie mit zu mir nach Hause nehmen. Ich hatte zwei Gästezimmer, die das ganze Jahr leer standen. Sie konnte dort pennen, und gleich morgen früh würde ich sie zurück zu ihren Eltern schaffen. Es war eine unausgegorene Lösung, aber zumindest würde sie Edie davor bewahren, mit dem blonden Maulhelden zu vögeln.
»Halt an.«
Ich rieb mir gedankenverloren das Kinn und starrte, ohne ein Wort zu sagen, weiter auf die Straße.
Dann tat sie es.
Dieses durchgeknallte Huhn öffnete die Tür und warf sich aus dem fahrenden Wagen ins Gebüsch.
Ich trat scharf auf die Bremse, sprang nach draußen und rannte zu ihr. Sie lag rücklings im Unterholz, die Arme ausgebreitet wie ein Schneeengel und lachte mit den tränenfeuchten Augen des verlorenen Kindes, das sie war, zum Mond hinauf.
Es war kein Lächeln, kein Kichern, sondern schallendes Gelächter.
Ein Hilferuf, den ich bewusst überhörte. Ich beschloss zu ignoriere
n, was sie offenbar durchmachte, weil wir alle darum kämpften, uns in diesem Meer des Elends über Wasser zu halten, und ich nur umso tiefer darin versinken würde, indem ich ihr half. Ich fasste sie um die Taille und zog sie hoch, dabei verdrängte ich den Gedanken daran, wie intim sich das anfühlte, dass unsere Körper allen Widrigkeiten zum Trotz zusammenpassten wie zwei Puzzleteile. Meine Hand lag auf ihrem unteren Rücken, mein Knie befand sich zwischen ihren Schenkeln. Sie fühlte sich fest und athletisch an, wohingegen ihr weiches zartes Gesicht an ein Edgar-Degas-Gemälde erinnerte.
Wir fochten ein stilles Blickduell aus. Ihre kornblumenblauen Augen strahlten heller im Licht des schweren Vollmonds. Noch ein paar Sekunden länger in dieser Position, und ich würde wahrscheinlich etwas tun, was ich hinterher bereute. Die Art von Fehler begehen, der eine Menge Leben zerstören könnte. Darum beugte ich mich zu ihrem Gesicht, um mich für diesen Abend zu entschuldigen. Für alles. Dafür, dass ich ein Dummkopf, ein Heuchler, ein Arschloch war.
Als ich mich auf sie zubewegte, bemerkte ich, dass sie leicht die Lippen öffnete, als wartete sie auf … Verdammt, einen Kuss?
Ich bin dabei. Ich kannte diese Stimmung, weil ich schon unzählige Male in einer solchen Situation gewesen war. Edie gab mir grünes Licht, ihr Einverständnis, sie zu berühren. Mir entfuhr ein leises Knurren, als sie das Becken kaum merklich meinem Schritt entgegenhob.
Was für eine interessante Wendung der Ereignisse. Edie Van Der Zee wollte, dass ich es ihr nach allen Regeln der Kunst besorgte.
Noch vor fünf Jahren hätte ich ihr ihren Wunsch erfüllt, ungeachtet der Konsequenzen.
Aber inzwischen stand für mich zu viel auf dem Spiel.
»Edie.« Meine Lippen strichen über ihre Schläfe. »Gibt es einen Grund, warum du dich an meinem Bein reibst? Ich dachte, du wärst wütend auf mich, weil ich dir heute Nacht die Tour vermasselt habe.«
Sie kämpfte nun nicht mehr mit den Tränen, dafür hatte ich es jetzt mit einem viel größeren Problem zu tun, das hart und geschwollen direkt auf sie gerichtet war, bereit, ihr zu geben, was sie sich so offensichtlich wünschte.
»Wieso hast du das getan, Rexroth?«, flüsterte sie ganz nah bei meinem Mund. Sie roch nach Vanille und nach Frau. Nicht nach Mädchen. Es machte die Tatsache, dass sie praktisch rittlings auf meinem Schenkel saß, etwas weniger beklemmend.
»Das weißt du doch.«
»Langsam glaube ich, dass mir irgendein wichtiges Detail entgangen ist.« In einer wellenartigen Bewegung schob sie die Hüfte vor und streifte dabei einmal kurz und aufreizend meine Erektion. Es war der letzte Nagel zu dem Sarg namens Altersunterschied. Diese Frau wusste, was sie tat. Wie sie ihren Körper einsetzen musste, um einen Mann auf Touren zu bringen, und es machte mich rasend, dass dieser Idiot von Bane – was war das überhaupt für ein Name? Eine Billigkopie von Vicious? – alle Geheimnisse ihres seidigen, von der Sonne geküssten Körpers kannte.
Ich löste mich von ihr und lehnte mich grinsend an meinen immer noch laufenden Wagen.
»Tut mir leid, Schätzchen. Ich lass mich nicht mit Kindern ein.«
Sie kam näher und presste die Innenseite ihres Schenkels an mein Bein. Ihr Lächeln ließ ihre weißen Zähne aufblitzen – von denen einer schief, leicht abgesplittert und sonderbar sexy war. »Mach keine Versprechungen, die dir das Gefühl geben, ein Perverser zu sein, für den Fall, dass du sie brechen solltest«, säuselte sie.
»Ich werde sie nicht brechen«, versicherte ich kühl, trotzdem erlaubte ich ihr weiterhin, ihre kleinen, kecken, BH-losen – oh verflucht, kein BH – Brüste an meinen Oberkörper zu drücken. Die Vorstellung, sie gegen die Motorhaube zu knallen und von hinten zu nehmen, war überwältigend. Wahlweise könnte ich ihre Beine spreizen und sie lecken, bevor ich es ihr mitten in der Wildnis besorgte. Sie würde mich lassen, und das war das Schlimmste an der Situation. Edie würde sich mir hingeben, mich all das tun lassen, und zwar nicht, weil sie ein naives Mädchen mit einem Vaterkomplex war.
Sondern weil sie wegen Sex hierhergekommen war und mich als williges Objekt ansah. Nicht mehr und nicht weniger.
»Interessant«, sagte sie, bevor sie die Knie beugte, meinen Schenkel mit ihren Beinen umklammerte und sich an mir rieb. Ihre nackte Haut strich über meine Jeans, ihr harter erigierter Nippel streifte meinen Oberarm. Ich rührte mich nicht. Stattdessen starrte ich sie an, als wäre sie das ultimative Gesundheitsrisiko, während ich gleichzeitig hoffte, sie würde entweder aufhören oder mir einen blasen, um mich aus meinem Elend zu erlösen. »Weißt du, was mein Lieblingswort ist?«, stieß sie hervor und presste ihren Schoß, der sich warm und feucht anfühlte, an meinen Schenkel.
Ficken?, hätte ich sie gern angeherrscht. Ich wäre nämlich gern bereit, dir ein paar Synonyme, Informationen und exemplarische Beispiele zu liefern, wie man das macht.
Aber die Richtung, in die sie das hier – uns – lenkte, faszinierte mich zu sehr, um ihre kleine Ansprache zu unterbrechen. Außerdem hatte sie recht, so viel war sicher. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, ließ ich sie ihre Meinung offen kundtun. Nicht nur, weil sie sich an meinem Schenkel rieb und ich den Zauber nicht brechen wollte, sondern auch, weil sie es nötig hatte. Das Mädchen war vor fünf Minuten aus einem fahrenden Auto gesprungen, um seinen Standpunkt darzulegen.
Kein Mädchen, rief ich mir in Erinnerung. Sie ist eine Frau, Trent. Eine Frau.
»Sonder.« Ihre vollen Lippen formten das Wort, als wäre es ein unmoralisches Angebot. Sie nahm meine Hand und presste sie auf ihren wohlgerundeten Hintern, zwischen Oberschenkel und Pobacke. Ihr warmes Fleisch ließ den dumpfen Schmerz in meinem Magen wie von Zauberhand verschwinden, aber das Seltsamste war, dass ich ihn zuvor gar nicht bemerkt hatte. Weder übte ich Druck aus, noch zog ich meine Hand weg. Mir schwirrte der Kopf, weil mir nur zu bewusst war, dass das hier nicht passieren durfte, während ich mich gleichzeitig in tausend faule Ausreden flüchtete.
Es bedeutete nichts.
Wir taten nichts wirklich Schlimmes.
Es waren keine Küsse, kein Fummeln, kein Geschlechtsverkehr, kein Oralsex im Spiel. Wir berührten uns kaum, obwohl es sich heißer und intimer anfühlte, als völlig nackt mit einer Frau zusammen zu sein, die schon mit einem Kondom im Mund lockte.
»Sonder bezeichnet die Erkenntnis, dass das Leben eines jeden Mitmenschen ebenso unvorhersehbar und komplex ist wie dein eigenes. Mein Gefühl sagt mir, dass du dir einbildest, der Einzige zu sein, der harte Zeiten durchgemacht hat, Rexroth. Das geht mir gegen den Strich. Ganz gewaltig sogar.«
»Pech gehabt, Schnuckelchen. Weil du nämlich meine Untergebene bist und wir es ungeachtet dieser kompromittierenden Situation auch dabei belassen werden.« Meine Hand glitt von ihrem Hintern zu meiner Hosentasche, dabei streifte mein Daumen neckend ihren Hüftknochen. Sie bog sich der Berührung entgegen, aber ich verweigerte ihr mehr, nicht nur, um die Kontrolle über meine Hände zu behalten, sondern auch, weil ihr Verlangen nach mir das, was von meiner moralischen Richtschnur noch geblieben war, in Brand zu stecken drohte.
»Wir hatten einen schlechten Start.« Sie versuchte, sich ihre Reaktion nicht anmerken zu lassen, aber ihre Gänsehaut verriet sie. Ihre Nippel sahen schmerzhaft steif aus, sie hungerten nach Erlösung. »Ich entschuldige mich für den Überfall auf deine Mutter. Entschuldigst du dich dafür, mich schikaniert zu haben? Wir könnten all das hinter uns lassen und noch mal neu anfangen. Das würde mir gefallen.« Ihre Stimme klang sanft und aufrichtig.
Doch was Edie nicht realisierte, war, dass wir einander gleichgültig würden, sobald ich aufhörte, sie zu piesacken. Weil es für uns keinen anderen Weg der Kommunikation gab als Spott. Und Feindschaft. Und gegenseitige Verachtung.
Dumm für sie, dass man zu viel Spaß mit ihr hatte, um sie zu verabscheuen. Ich war nicht bereit, die Beziehung, die sich zwischen uns entwickelte, aufzugeben, auch wenn sie roch und sich anfühlte wie eine unheilbare Krankheit.
Anstatt mich wie ein Erwachsener zu benehmen und ihr Angebot anzunehmen, beendete ich ihren kleinen Lapdance, indem ich sie herumdrehte und gegen meinen W
agen presste. Meine Hand lag auf ihrer Kehle, und ihr spürbares Schlucken verriet mir, dass es ihr Blut in Wallung brachte, sie erregte, meiner Gnade ausgeliefert zu sein.
Fuck, Edie. Du hast ja keine Ahnung, wie gnadenlos ich sein kann.
Ich übte Druck auf sie aus, genug, um sie einzuschüchtern, ohne ihr jedoch Schmerz zuzufügen. Sie konnte meine Erektion spüren, meine angespannten Bauch- und Brustmuskeln und wie mein Shirt vom Schweiß an meiner Haut klebte. Ich kam ihrem Mund ganz nah, wusste ich doch, wie sehr sie sich nach einem Kuss verzehrte, den ich ihr auf keinen Fall gewähren würde.
»Das Einzige, wofür ich mich entschuldigen würde, ist, dass ich heute Abend nicht früher aufgekreuzt bin. Sollte ich dich jemals dabei erwischen, wie du die Beine für diesen Hampelmann breitmachst, ob hier oder anderswo, wäre das das Ende. Deines, seines und das von sämtlichen Beteiligten. Solange du Kontakt zu meiner Tochter pflegst – und das erwarte ich von dir jeden Dienstag, wenn ich sie mit zur Arbeit bringe –, wirst du enthaltsam leben. Du kannst dich mithilfe des Duschkopfs befriedigen und dabei an meinen Schwanz in dir denken, mit deiner Klitoris spielen und dir wünschen, es wäre mein Mund, aber Bane ist Geschichte. Kapiert?«
Mit einem Lachen entwand sie sich mir, schlüpfte in den Wagen und knallte mir die Tür vor der Nase zu.
Ich ging auf die Fahrerseite und fuhr wieder los, während sie ohne eine Erwiderung ihre Adresse in mein Navigationsgerät eingab.
Das war in Ordnung. Sie brauchte nichts zu sagen. Hauptsache, sie hatte verstanden.
An ihrem mahlenden Kiefer erkannte ich, dass die Botschaft angekommen war. Gut so.
KAPITEL 8
EDIE
»Was soll ich über Trent Rexroth herausfinden?«, fragte ich, als ich am Montagmorgen einen Stapel Unterlagen auf dem Schreibtisch meines Vaters ablud und mir mit dem Handrücken über die Stirn wischte.
Den ganzen Sonntag hatte ich mit Surfen zugebracht, damit, Banes Fragen nach Trent auszuweichen und meine Mutter zu überreden, das Bett zu verlassen und mit mir zu Abend zu essen. Ich hatte Couscous zubereitet (in der Mikrowelle), dazu Zitronenhühnchen (von Whole Foods) und einen durchaus genießbaren Salat. Am Ende aß ich allein vor dem Fernseher in der Küche und verfolgte eine Reality-Polizeiserie. Die schauerliche Folge lief schon zwanzig Minuten, als mir bewusst wurde, dass ich mein Essen zu den Bildern von Kriminellen zu mir nahm, die Polizeibeamte mit in Flaschen abgefüllter Pisse bewarfen.