Scandal Love
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Trent war der Einzige unter den HotHoles, der mich brauchte. Wegen Luna, nicht als Arbeitskraft. Das machte mich automatisch auch zum Problem der anderen, und es würde mich nicht überraschen, wenn sie versuchten, mich kaltzustellen.
Trent reckte das Kinn hoch und blickte zu mir. »Warte in meinem Büro.«
Mir lag ein Protest auf den Lippen, doch dann dämmerte mir, dass dies meine Chance war. Ich hastete den Flur entlang, bog um mehrere Ecken und stieß seine Tür auf. Auf wackligen Beinen stürzte ich zu seinem Schreibtisch, während ich meine Skrupel und guten Vorsätze abstreifte wie eine Schlange ihre Haut.
Eine Schlange. Nichts anderes war ich in diesem Augenblick. Eine waschechte Van Der Zee.
Ich erinnere mich nicht, wie ich zu seinem Schreibtisch gelangte, sondern nur, dass ich an der obersten Schublade rüttelte. Sie war verschlossen. Die darunter ebenso. Wie ein Blitzschlag traf mich die Erkenntnis, dass sein Büro videoüberwacht sein könnte. Ich riss den Kopf hoch, hielt nach Kameras Ausschau. Meine Augen erfassten die abstrakten Bilder an den Wänden, die spärliche Möblierung, den Teppich, aber nirgendwo blinkten rote Leuchtdioden. Was nicht zwingend heißen musste, dass keine vorhanden waren. Meine feuchten Fingerkuppen hinterließen Abdrücke auf allem, was sie berührten, da konnte ich sie noch so oft an meinem Rock abwischen. Sollte Trent tatsächlich Kameras installiert haben, wäre es jetzt ohnehin zu spät, unbeschadet aus dieser Nummer rauszukommen. Folglich konnte ich meine Suche ebenso gut fortsetzen. Ich griff mir den schwarzen Lederkoffer unter seinem Schreibtisch und steckte die Hand hinein. Meine Finger ertasteten ein kühles rechteckiges Objekt. Ohne den Blick von der Tür abzuwenden, angelte ich es heraus.
Volltreffer.
Ich hatte sein iPad. Eine Mischung aus Übelkeit und Euphorie übermannte mich. Mein Vater war in der Schweiz und würde sich der Sache erst nächste Woche annehmen können. Jetzt hieß es, keine Zeit zu verlieren.
Ich klemmte mir das iPad unter den Bund meines zweckmäßigen Rocks, verließ eilig das Zimmer und sandte auf dem Weg zu Jordans Büro ein freundliches Lächeln in alle Richtungen. Ich hatte einen Schlüssel – nicht, weil er mir vertraute, sondern weil ich etwas bei ihm abliefern sollte. Das schlechte Gewissen machte sich in mir breit wie ein bösartiger Tumor. Meine Tat hatte spitze Zähne, und die nagten an meiner Seele. Aber Theo war wichtiger als Trent, das Bedürfnis, ihn zu beschützen, stärker als mein Wunsch, für Luna da zu sein.
Ich stahl mich in Jordans Büro und stopfte das Tablet in eine der Schubladen, bevor ich blitzschnell zurück zur Tür eilte, sie zweimal hinter mir verschloss und den Knauf drehte, um mich zu vergewissern, dass sie ganz sicher zu war. Meine Augen waren so sehr auf den Schlüssel in meiner zittrigen Hand fokussiert, dass ich japsend zusammenzuckte, als hinter mir eine Stimme ertönte.
»Das ist nicht mein Büro.«
»Großer Gott.« Ich wirbelte herum und presste die Hand auf mein Herz. »Du hast mich zu Tode erschreckt. Ich musste nur kurz Jordans Grünzeug gießen.« Die Lüge kam mir so spontan und leicht über die Lippen, dass mir speiübel wurde angesichts dessen, was aus mir geworden war. Getreu seiner niederländischen Herkunft hatte mein Vater ein Faible für Blühpflanzen und geradezu absurd viele Blumentöpfe in seinem Büro. Es würde nicht lange dauern, bis Trent herausfände, wie schändlich ich ihn hintergangen hatte, und mich abgrundtief hassen würde. Ich durfte nicht zulassen, dass seine betörenden Augen und sein Adonis-Körper mir das Hirn vernebelten.
»Jordan? Wieso zur Hölle nennst du deinen Vater eigentlich nicht Dad?«
Weil er das für mich nicht ist. »Liegt an meiner europäischen Erziehung«, behauptete ich und räusperte mich.
»Europäisch? Dass ich nicht lache. Verarsch niemals jemanden, der das besser kann. Klingelt da was?«
Trent warf einen Blick nach rechts und links, um sich zu überzeugen, dass wir allein waren, bevor er mich bei der Hand nahm und mich zu einer schmalen Nische führte, die die Toiletten vom Pausenraum trennte. Er drängte mich ein weiteres Mal gegen die Wand, ging auf Tuchfühlung. Sein Duft attackierte meine Sinne als Erstes und machte mich ganz schwummrig, dann strich der weiche Stoff seines Hemds über meine Schulter. Jeden Muskel angespannt, bemühte ich mich verzweifelt, nicht zu erschauern.
»Ich frage dich das jetzt zum allerletzten Mal. Hattest du seit Samstagnacht Sex mit Bane?«
Ich würde für das, was ich drauf und dran war zu tun, in die Hölle kommen. Für die Grausamkeit, mit der ich diese ohnehin vergiftete Beziehung bereitwillig krönte. Zu meiner Verteidigung muss gesagt sein, für mich stand fest, dass es ihn nur interessierte, weil er ein egomanischer Mistkerl war.
»Ja«, log ich und traute mich nicht zu lächeln. Das wäre zu viel des Guten gewesen, doch er musste kapieren, dass ich nicht sein Eigentum war. Ich gehörte niemandem. Nicht einmal Jordan. »Wie schon gesagt, nehme ich keine Befehle von dir entgegen, Rexroth.«
Insgeheim rechnete ich damit, dass er mich anbrüllen, die Faust gegen die Wand schlagen oder sich wie ein eifersüchtiger Irrer gebärden würde, aber Fehlanzeige. Stattdessen bedachte er mich mit einem Raubtierlächeln, bevor er sich abwandte und davonging, während ich keuchend an der Wand stehen blieb. Das sehnsüchtige Ziehen zwischen meinen verkrampften Schenkeln gab mir das Gefühl, als wäre dies ein Vorspiel gewesen, doch die Leere in meiner Brust ließ erahnen, dass es um mehr als nur körperliche Anziehungskraft ging.
Was um alles in der Welt war da eben passiert?
KAPITEL 9
TRENT
Eine Diebin und Lügnerin.
Sie hatte sich diese Titel durch Fleiß und Ausdauer redlich verdient.
Zum ersten Mal hatte ich Edie Van Der Zee auf einer Grillparty anlässlich des Geburtstags von Knight – Dean Coles Sohn – gesehen. Das war wenige Wochen vor ihrem Arbeitsantritt bei Vision Heights Holdings gewesen. Sie hatte die Aufmerksamkeit rein dadurch auf sich gelenkt, dass sie herumstand und aussah, wie sie eben aussah. Ein schmuddeliger Grunge-Engel – mit großen azurblauen Augen und Haaren wie jungfräulicher Sand.
Bei unserem zweiten Zusammentreffen war sie im wahrsten Sinne des Wortes zur Diebin geworden – sie hatte meine Mutter beklaut.
Als ich ihr heute zum inzwischen x-ten Mal begegnete, log sie mir dreist ins Gesicht, indem sie vorgab, Jordans Pflanzen gegossen zu haben (er hatte mit dieser Aufgabe eigens viermal die Woche eine zertifizierte Floristin betraut).
Warum in Dreiteufelsnamen brachte mich das mir vorliegende Videomaterial dann so sehr aus der Fassung?
Ich schaute mir die Aufnahmen der Überwachungskameras an, auf denen zu sehen war, wie Edie meine versperrten Schubladen zu durchstöbern versuchte und mein iPad unter den Bund ihres Rocks steckte. Und das Ganze noch einmal von vorn.
Zurückspulen. Anhalten. Augen zusammenkneifen. Abspielen.
Schließlich lehnte ich mich im Stuhl zurück, verschränkte die Finger und versuchte, mir einen Reim auf den Verrat zu machen, den sie mit solcher Hartnäckigkeit gegen mich inszenierte.
Auf dem iPad war nichts, was für sie von Nutzen sein könnte, es sei denn, sie pflegte die Interessen und Hobbys einer Vierjährigen. Das Gerät gehörte Luna. Das von Edie beschlagnahmte »brisante« Material bestand aus Bildern von Tieren und Lebensmitteln sowie ein paar Apps für Kinder.
Doch aus welchem Grund sollte sie es überhaupt stehlen?
Zugegeben, das Mädchen war mit materiellen Dingen nicht gerade gesegnet. Das war keine Vermutung, sondern eine Tatsache. Die Art, wie sie im Restaurant reingehauen hatte – als wäre es ihre erste ordentliche Mahlzeit seit Jahren –, sagte alles über ihre Lebensumstände. Hinzu kamen die kleinen Details, die den meisten Menschen nicht aufgefallen wären, jemandem, der aus armen Verhältnissen stammte, dagegen schon. Ihre Schuhe – nicht die, die sie von ihrer Mutter geborgt hatte –, waren zerschlissen und ausgelatscht. Ihr Rucksack war geflickt und wurde von Sicherheitsnadeln zusammengehalten, und das nicht, weil es cool aussah. Ihr Auto musste dringend in die Werkstatt. Anders als der Rest der Belegschaft aß sie nie auswärt
s und bestellte sich auch nichts beim Lieferservice.
Edie hatte Geldsorgen.
Sie sparte jeden Penny.
Verdammt, wenn ich nur wüsste, warum.
Oder wofür.
Ich hätte mir gern eingeredet, dass sie Lunas iPad genommen hatte, um es zu verkaufen. Leider (oder zum Glück, je nach Betrachtungsweise) war ich unter genügend Dieben aufgewachsen, um zu wissen, dass sie ausschließlich auf Schmuck und Bargeld aus waren. Beute, die man verticken oder auf den Kopf hauen konnte. Alles andere war … nun ja, wertlos.
Was mich zu einer unausweichlichen Schlussfolgerung führte: Jordan Van Der Zee steckte dahinter.
Edie hasste ihren Vater, doch das bedeutete einen Dreck. Letzten Endes ist das Leben kein Schachspiel. Sondern eine beschissene Partie Jenga. Man versucht, Stein um Stein aus dem Turm herauszulösen, in der Hoffnung, dass er nicht auf spektakuläre Weise einstürzt und einen unter sich begräbt. Ich wäre der Erste, der eingestehen würde, dass man zugunsten eines übergeordneten Wohls gelegentlich Dinge tun muss, die gegen das eigene Gewissen verstoßen. Es gibt immer ein bedeutsameres Spiel, das es zu gewinnen gilt, und Jordan hatte Edie die finanzielle Unterstützung gestrichen, so viel war sicher.
Sie verbarg etwas. Ein schmutziges Geheimnis, das sie vom rechten Weg abgebracht hatte. Ausnahmslos jeder Mensch hütete das eine oder andere Geheimnis. Es hatte mich nie zuvor interessiert, sie aufzudecken. Ein Teil von mir war dankbar dafür, dass Vicious, Jaime und Dean meine Schweigsamkeit hinnahmen. Sie drängten mich nie, den Mund aufzumachen, was ich als Segen empfand.
Aber bei Edie verhielt sich die Sache anders. Ich wollte ihr gleich einem Zauberer ihre Geheimnisse entlocken, diesen festen Knebel aus ihrem Mund ziehen und alles erfahren, was es zu wissen gab.
Wofür braucht sie so viel Geld? Wieso lässt Jordan sie am ausgestreckten Arm verhungern? Woher rührt ihre Abneigung gegen die Reichen? Weshalb nennt sie ihren Vater beim Vornamen? Warum habe ich das Gefühl, dass sie ihn beinahe genauso sehr hasst wie ich? Wer zum Teufel ist dieser Bane, und wie kann ich ihn von der Bildfläche verschwinden lassen, ohne dass es ernsthafte Konsequenzen für mich hat?
Tatsächlich war das iPad meine geringste Sorge.
Edie Van Der Zee beschäftigte mich auf eine Weise, wie das bislang nur meine Tochter geschafft hatte, und das allein sollte Grund genug für mich sein, sie in eine andere Abteilung zu versetzen oder, besser noch, sie rauszuwerfen. Meinem Verlangen nach ihr nachzugeben war ausgeschlossen. Aber ich konnte sie auch nicht loswerden, weil Luna an ihr hing. Verdammt, Edie hatte sie heute an der Ampel sogar umarmt! Das war eine beeindruckende Geste. Vielleicht nicht für sie, aber für mich auf jeden Fall. Darum beschloss ich, gegen meine Instinkte, Regeln und Grundprinzipien zu verstoßen und den Vorfall mit dem iPad auf sich beruhen zu lassen. Trotzdem würde ich Edie von nun an im Auge behalten – und zwar nicht im wolllüstigen Sinn wie bisher – und ihr gleichzeitig einen Vertrauensvorschuss geben.
Vorerst.
Als Camila mich am folgenden Samstag fragte, ob sie mit Luna in den Zoo gehen dürfe, ergriff ich die Gelegenheit, um etwas Zeit für mich zu haben. Obwohl meine Eltern mich von meiner Vaterrolle gewaltig entlasteten und auch Camila mir viel abnahm, war ich derjenige, der die echten Notfälle zu bewältigen hatte. Wie zum Beispiel, wenn Luna zum Kinderarzt musste, weil sie am ganzen Körper einen Ausschlag bekam. Wenn sie von einer Biene gestochen wurde oder mitten auf einem Parkplatz in Target einen Nervenzusammenbruch erlitt und zwanzig Minuten lang weinend auf dem Boden kauerte, weil irgendein Penner seinen Hund vor ihren Augen schlug und ihr das Herz zusammen mit dem Hinterbein des Tiers brach.
Den Vormittag verbrachte ich beim Krafttraining mit den Jungs, während ihre Frauen alle zusammen mit den Kindern Eis essen gingen. Fast war ich erleichtert, dass Luna bei Camila war, weil ich wusste, dass Emilia sie sonst eingeladen hätte mitzukommen, und Luna nicht wirklich versessen auf den Nachwuchs meiner Freunde war. Zwar verteidigte Knight sie jedes Mal wie ein Löwe, wenn jemand sich über sie lustig machte – obwohl er ein Jahr jünger als sie war, benahm er sich ihr gegenüber wie ein großer Bruder –, doch Daria begegnete ihr mit einer Mischung aus Argwohn und Unverständnis.
»Wächst dir inzwischen ein Jungfernhäutchen an deinem Schwanz, oder funktioniert er noch?«, grunzte Dean, während er vor dem Spiegel im Kraftraum meines Wohnhauses seine Bizepse mit einer Zwanzig-Kilo-Hantel in jeder Hand anspannte. Obwohl sie alle zu Hause einen eigenen Fitnessraum hatten, landeten sie am Ende immer hier, wegen der Musik, der Gesellschaft und weil sie sich gern über die einheimischen Muskelprotze lustig machten.
Jaime versetzte Dean einen Schlag auf den Nacken. »Halt den Mund, und lass den Mann leben, wie es ihm gefällt. Du musstest nie mit so einer Situation umgehen.«
»Ja, richtig.« Dean knirschte mit den Zähnen und warf Jaime einen verachtungsvollen Blick zu. »Ich hatte noch nie Scheiße am Hals. Stimmt’s, Mann?«
Vicious, der sich seinen Verdruss sonst nicht mal in den verfahrensten Situationen anmerken ließ, verdrehte die Augen. Er beendete seine Klimmzüge, ließ sich von der Stange herab und kam zu uns herüber, wo er sich erst einen Strahl Wasser aus seiner Flasche ins Gesicht spritzte und dann einen Schluck trank.
»Diese Unterhaltung ist überflüssig. Unser guter Trent hier kriegt vermutlich mehr Muschis zu sehen als der Gynäkologe deiner Frau.« Vicious wies mit seiner Flasche auf Jaime, aus seinen schwarzen Haaren tropften Wasser und Schweiß. »Und selbst wenn er zurzeit enthaltsam lebt – was ich ihm nicht eine Sekunde abkaufe –, wird er über kurz oder lang das Teenie-Küken vögeln.«
»Edie Van Der Zee?« Jaime ging zu seiner Hantelbank und griff sich seinen Proteinshake. »Das kann er sich abschminken. Bevor sie bei uns angefangen hat, habe ich sie jeden Tag bei meinem Morgenlauf am Strand gesehen, wo sie mit ihrem blonden, splitternackten, ganzkörpertätowierten Freund surft. Sie hatte Herzchen in den Augen, wenn er ihr um sieben Uhr früh ein Bier gereicht und völlig verzückt ihren Hintern getätschelt hat. Alkoholisiert wellenzureiten scheint das neueste Hobby der coolen Kids zu sein.« Er schüttelte lachend den Kopf. Ich starrte ihn verblüfft und wortlos an, weil der einzige Konter, der mir einfiel, ein Kinnhaken gewesen wäre. Der Name Bane schien auf diesen Typen zu passen wie die Faust aufs Auge. Er wurde allmählich zum Fluch meines Daseins. Dabei konnte ich noch nicht mal sagen, wieso mich der Typ so nervte. Ich war nicht eifersüchtig. Ganz und gar nicht. Edie war noch ein Teenager, verdammt. Vielleicht fühlte sich so Beschützerinstinkt an. Bane roch geradezu nach Ärger, wohingegen Edie einfach nur labil wirkte. Das war ein himmelweiter Unterschied.
Labilen Menschen konnte vergeben, sie konnten erlöst werden.
In den Armen von Ärger starben sie einen langsamen, qualvollen Tod.
Bane gab ihr Drogen. Alkohol. Er wollte ausgefallenen Sex mit ihr. Kurz gesagt verhielt er sich exakt so, wie ich es auch getan hätte, wäre ich noch einmal achtzehn.
»Du zitterst«, bemerkte Dean dumpf, bevor er zu mir kam und mir die beiden Hanteln abnahm, mit denen ich meine Schultermuskulatur trainierte. Sie schwebten lange Sekunden über mir in der Luft, während ich mir verschiedene Methoden überlegte, um Jaime die Zähne auszuschlagen, damit er nie wieder eine solche Scheiße labern würde.
»Also, raus mit der Sprache, Trent. Datest du jemanden oder nicht?«, fragte Jaime und leerte seinen Proteindrink in einem Zug.
Ich schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«, hakte Dean nach.
»Weil es kompliziert ist. Weil ich nicht glaube, dass es dort draußen jemanden gibt, der wirkliches Verständnis für Lunas Situation aufbrächte, und weil ich mit Arbeit überlastet bin.«
Weil Val die einzige Frau ist, auf die ich mich in gewissem Maße je emotional oder anderweitig eingelassen habe. Wir haben miteinander ein Kind gezeugt, sie ist über alle Berge, und ich versuche, sie zu finden, doch es wird zunehmend schwerer, nicht unter der Last aus Selbstmitleid und Erwartungen begraben zu werden. Manchmal, wenn ich nachts wach liege und mich ruhelos im Bett h
in und her wälze, rede ich mir ein, dass Lunas innerer Tumult, ihre Probleme, ihre Stummheit allein Vals Schuld sind und ich mir wünschte, sie wäre tot.
»Luna scheint einen Narren an Edie gefressen zu haben. Ich sehe die beiden oft zusammen.« Dean trat an die Bank neben meiner, sodass wir jetzt alle stehend oder sitzend einen Kreis bildeten, verschwitzt und verausgabt und bereit, den restlichen Tag anzupacken. Ich schnappte mir mein Handtuch und rieb mir damit über das Gesicht.
»Und?«
»Ist das der Grund, warum du sie weiter bei uns arbeiten lässt? Herrgott noch mal, aus dir etwas rauszukriegen ist schwieriger als Zähneziehen bei einem Nilpferd.«
Alle lachten und schauten mich erwartungsvoll an. Ich zuckte die Achseln und richtete mich auf. »Kann sein. Sie ist harmlos. Nur ein junges Mädchen. Und Luna mag sie. Warum auch immer. Darum lasse ich sie unter Camilas Aufsicht Zeit miteinander verbringen.«
»Edie könnte doch auf Luna aufpassen, wenn du zu einer Verabredung gehst. Sie scheint aus unerfindlichen Gründen knapp bei Kasse zu sein«, meinte Dean, scharfsinnig wie immer.
»Theoretisch ja. Wenn ich mich mit einer Frau treffen würde. Was nicht der Fall ist.«
»Das wird sich ändern«, orakelte Jaime und rülpste laut. »Mel hat eine befreundete Kollegin in ihrem Tanzstudio. Sie unterrichtet Ballett, ist bildhübsch, intelligent, geschieden und Mutter eines Kindes.«
Die alte Leier. Seit ich ein alleinerziehender Vater war, versuchten die Leute, mich mit geschiedenen Müttern zu verkuppeln.
»Alleinerziehende sind verflucht noch mal keine Sekte«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Die Antwort lautet Nein.«
»Ich denke nicht, dass Mel dich um Erlaubnis bitten wird, Kumpel. Sie wartet nur darauf, dass Katie sich wegen ihres Terminplans bei ihr zurückmeldet und ihr Bescheid gibt, wann sie Zeit hat.«