by Laura Kneidl
Ich nickte. »Das ist verständlich.«
»Ja, und ich glaube, Julian hat es nach dem Streit auch begriffen«, sagte Micah und bog in den nächsten Gang ab, um zum Apothekenschalter zu gelangen. »Mit seinem Studium und den ganzen Aushilfsjobs ist er es gewohnt, viel zu arbeiten. Und es gab so lange niemanden in seinem Leben, der sich ernsthaft darum bemüht hat, Zeit mit ihm zu verbringen, dass er sich erst wieder daran gewöhnen muss.«
»Darum würde ich mir keine Sorgen machen«, versicherte ich Micah und stellte mich in der Schlange für die Medikamente an. »Er liebt dich und wird dich immer an erste Stelle setzen, auch wenn du ihn manchmal daran erinnern musst.«
»Danke.«
»Es ist nur die Wahrheit.«
Micah trat in der Schlange einen Schritt vor. »Übrigens war ich gestern im Capes and Books und habe mit Ted über unsere Ideen für die Albtraumlady gesprochen.«
»Oh. Und, was sagt er?«
»Er findet sie großartig.« Micah grinste zufrieden. »Er war total begeistert und hat direkt ein paar Vorschläge gemacht, welche Themen und Probleme wir für Volume zwei und drei aufgreifen könnten. Und von Matayo war er auch sehr angetan. Er fand den Gedanken, ihn trans zu machen, superspannend, daher werde ich mal mit Julian reden, was er davon hält.«
»Matayo und Valeriya werden einfach das süßeste Pärchen.«
Micahs Lächeln wurde noch breiter. »Oh ja. Wir sollten uns nach der SciFaCon auf jeden Fall wieder zusammensetzen.«
»Unbedingt. Das Wochenende drauf bin ich allerdings mit Auri in Kalifornien bei der Hochzeit seiner Mom.«
»Wann fliegt ihr?«
»Gar nicht, Auri hat doch Flugangst.«
»Ach ja, stimmt. Und wann fahrt ihr los?«
»Am Donnerstag. Ziemlich früh, damit wir nicht allzu spät ankommen und am Freitag noch bei den Vorbereitungen helfen können. Samstag ist dann der große Tag.«
Ich freute mich schon darauf, Auris Mutter und seine Familie kennenzulernen, doch je näher der große Tag rückte, umso nervöser wurde ich auch. Vor der SciFaCon hatte ich keine Angst, denn dort würde ich mit niemandem reden müssen außer mit Auri, Julian und Micah; auf der Hochzeit allerdings würde ich gezwungen sein, mich mit Fremden zu unterhalten. Schließlich konnte ich nicht die ganze Zeit Auri in Beschlag nehmen.
Micah stöhnte. »Puh, das wird eine lange Autofahrt.«
»Schon, aber vermutlich schmeißen wir uns einfach ein Hörbuch an.« Ich zuckte mit den Schultern. »Gerade hören wir uns noch einmal die Königsmörder-Chronik von Patrick Rothfuss an.«
Micah gab ein Brummen von sich und wich meinem Blick aus. Ein klares Indiz dafür, dass sie die Reihe immer noch nicht angefangen hatte, obwohl Auri und ich sie bereits seit einem Jahr dazu ermutigten. Man konnte Leute einfach nicht zu ihrem Glück zwingen. Irgendwann würde Micah die Bücher schon noch lesen und dann bereuen, so lange gewartet zu haben.
»Der Nächste bitte«, sagte die Frau hinter dem Apothekenschalter.
Ich trat vor, um mir neues Insulin zu holen.
Anschließend bezahlten Micah und ich für unseren Einkauf und fuhren heim. Im Hausflur verabschiedeten wir uns voneinander und beschlossen, am nächsten Morgen um sechs Uhr früh loszufahren, damit wir rechtzeitig zur Eröffnung der SciFaCon in Seattle waren.
In der Wohnung schlüpfte ich in eine Leggins und ein bequemes Top und machte es mir mit einer bunten Schüssel Salat und einer Diät-Limo vor dem Fernseher gemütlich. Danach würde ich meinen Koffer packen.
Ich startete die nächste Folge Mindhunter , auch wenn ich immer noch nicht wusste, was ich davon halten sollte.
Es fiel mir nicht ganz leicht, mich auf das Geschehen auf dem Bildschirm zu konzentrieren. Meine Gedanken wanderten zur SciFaCon, zu all den Dingen, die ich noch vorbereiten musste, und zu Auri. Immer und immer wieder zu Auri. Seit dem Sommerfest war er ein Dauergast in meinem Kopf. Ich konnte es nicht verhindern. Sobald ich alleine war, musste ich an ihn und an das, was sich zwischen uns abgespielt hatte, denken.
Cas … Ich konnte nicht vergessen, wie er meinen Namen geflüstert hatte. Noch immer spürte ich die Silbe auf meinen Lippen vibrieren, als er mir so nahe gewesen war, ohne mich richtig zu küssen. Ich verfluchte Aliza für die Unterbrechung. Doch zugleich war ich ihr dankbar, mich vor einem impulsiven Fehler bewahrt zu haben. Je länger und öfter ich allerdings über den Moment in der Hängematte nachdachte, desto unsicherer war ich mir, ob Auri und ich wirklich dabei gewesen waren, etwas Falsches zu tun.
Er wollte mich.
Und ich wollte ihn.
Wir waren zwei Erwachsene, die sich eindeutig zueinander hingezogen fühlten. Anderenfalls hätten wir uns nicht ständig in Situationen wie jener wiedergefunden. Möglicherweise sollte uns das ein Hinweis sein. Und Hinweise waren dazu gedacht, verfolgt zu werden. Dennoch konnte ich nicht aufhören, an die katastrophalen Folgen zu denken, die dies möglicherweise für unsere Freundschaft haben konnte. Was mich wieder zurück zur SciFaCon brachte und der Schlafsituation, in der wir uns dort wiederfinden würden.
Auri und ich hatten das Hotelzimmer gemeinsam gebucht und würden im selben Bett schlafen. Es konnte nichts passieren. Es konnte alles passieren. Doch Auri darauf anzusprechen, hätte bedeutet, über das Sommerfest reden zu müssen, und das war ein Gespräch, dem wir beide in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen waren. Ein Teufelskreis.
Ich fragte mich gerade, ob ich das Hotel anrufen sollte, um mich zu erkundigen, ob man unser Doppelbettzimmer womöglich auf zwei Einzelbetten umbuchen konnte, als plötzlich mein Handy zu klingeln begann.
Ich stellte den Fernseher leise. Kurz hoffte ich, dass es Auri war, der mich anrief, vielleicht um mir meine Entscheidung abzunehmen. Doch ein Blick auf das Display verriet mir, dass der Anruf nicht von ihm kam, sondern von der nicht eingespeicherten Nummer, die mich bereits seit einer Weile immer wieder zu erreichen versuchte. Ich hatte ganz vergessen zurückzurufen.
Ich wischte über das Display und stellte den Lautsprecher an. »Hey, Eugene«, begrüßte ich meinen Ex-Freund und legte das Handy auf meinen Schoß, um nebenbei weiteressen zu können.
»Hallo, Cassie. Stör ich gerade?« Eugenes Stimme kam mir fremd und vertraut zugleich vor. Jahrelang hatte ich sie jeden Tag gehört. Er hatte mir mit ihr Geheimnisse, Sehnsüchte und Wünsche ins Ohr geflüstert. Und mir damit schmutzige Dinge zugeraunt, in Nächten, in denen wir nackt in einem Bett gelegen hatten. Doch das war lange her. Sehr lange.
»Nein, ich sitz gerade nur auf der Couch rum.«
Eugene lachte amüsiert. »Natürlich, was auch sonst.«
Ich wusste, dass er es nicht böse meinte, ich war eben sehr durchschaubar. Dennoch trafen seine Worte einen Nerv. Vermutlich weil genau diese Berechenbarkeit einer der Gründe für unsere Trennung gewesen war.
»Was gibt’s? Wie läuft das Studium?«
»Kann mich nicht beklagen. Die Noten sind gut, und die Dozenten hassen mich nicht. Was will man mehr?« Ich konnte sein typisch lässiges Schulterzucken förmlich vor mir sehen. »Im letzten Semester hatte ich einen Finanzkurs, in dem ich öfter an dich denken musste.«
»Weil er langweilig und vorhersehbar war?«
»Nein, weil unser Prof seinen Kaffee immer aus einer Final Fantasy -Tasse getrunken hat.«
»Klingt, als wäre er ein cooler Prof.«
»Yep, ziemlich cool«, pflichtete Eugene mir bei. »Und was ist bei dir so los?«
»Nicht viel.« Ich lehnte mich zurück und stocherte mit der Gabel in meinem Essen herum. Zwar war die Trennung zwischen Eugene und mir friedlich verlaufen, keiner hatte dem anderen das Herz gebrochen. Dennoch hatten wir seit Monaten nicht mehr miteinander gesprochen und auch sonst keinerlei Kontakt gehabt. Das machte es irgendwie seltsam, jetzt mit ihm zu reden. »Ich hab Ferien und einen Aushilfsjob in einem Tattoostudio angenommen.«
»Einem Tattoostudio?«, fragte Eugene erstaunt. »Was sagen Allison und Matthew dazu?« Er wusste, wie sehr meine Eltern Tattoos und überhaupt jegliche Art Körperschmuck verabscheuten.
»Sie waren etwas geschockt, aber sie kommen damit klar.«
»Cool. Ich hab mi
r tatsächlich neulich mein erstes Tattoo stechen lassen.«
Ich hob überrascht die Augenbrauen. »Wirklich?«
»Ja, zusammen mit Danielle.« Eugene räusperte sich. »Du weißt, wer sie ist?«
»Klar.« Danielle hatte gemeinsam mit uns die Highschool besucht, und wäre unser Leben eine Teeniekomödie gewesen, hätte sie ihrem Aussehen nach die gemeine Ziege gespielt. Sie war groß, blond, sportlich, Cheerleaderin, und anders als ich hatte sie keine einzige Sommersprosse. Doch wir lebten nicht im Film, sondern in der Wirklichkeit, und in der war Danielle ein liebenswerter Mensch. Ich hatte sie immer gemocht, auch wenn wir nie Freundinnen gewesen waren.
»Um ehrlich zu sein, ist Danielle auch der Grund, weswegen ich anrufe«, sagte Eugene. Er klang auf einmal nervös. »Wie du sicherlich weißt, sind wir seit gut einem Jahr zusammen.«
»Ja, meine Mom hat mir davon erzählt.« Ich schob mir einen Bissen Salat in den Mund. »Wie läuft’s?«
»Gut.« Ich konnte ein Lächeln in Eugenes Stimme hören. »Sehr gut. Wir haben uns verlobt.«
Ich erstarrte und würgte das Salatblatt in meinem Mund hinunter. Dummerweise blieb es mir im Hals stecken, und ich begann zu husten. Tränen stiegen mir in die Augen. Kurzatmig japste ich nach Luft.
»Cassie, geht es dir gut?«
»Ja«, brachte ich keuchend hervor. Ich konnte nicht glauben, dass Eugene sich verlobt hatte. In unserer Beziehung war immer er derjenige gewesen, der sich nicht binden, der Abenteuer erleben und unabhängig bleiben wollte. Wir hatten sogar einmal kurz – sehr, sehr kurz – über Kinder geredet, und er hatte gesagt, dass er auf keinen Fall Vater werden wolle, bevor er dreißig war. Und jetzt heiratete er mit zwanzig? »Ich hab mich an meinem Salat verschluckt. Du bist also verlobt?«
Eugene zögerte kurz, bevor er antwortete. »Ja, ich habe ihr einen Antrag gemacht.«
»Wow, das freut mich für euch«, erklärte ich, und es stimmte. Ich freute mich wirklich für die beiden. Sie waren wunderbare Menschen, und obwohl ich sie nie als Paar erlebt hatte, konnte ich sie mir süß zusammen vorstellen. Dennoch war es kein schönes Gefühl zu erfahren, dass er es kaum erwarten konnte, mit Danielle sesshaft zu werden, während er meinen Wunsch nach Sicherheit immer abgetan hatte.
»Danke, Cassie. Ich wollte es dir unbedingt persönlich sagen.«
»Das ist lieb von dir.« Ich nippte an meiner Limo und wünschte mir, es wäre etwas Stärkeres. Ein Glas Wein oder, noch besser, Whisky. »Wann ist die Hochzeit?«
»Irgendwann nach unserem Abschluss. Zuerst wollen wir uns auf das Studium konzentrieren.«
»Das ist sehr vernünftig.«
»Ja. Und außerdem können wir so Danielles Eltern beweisen, dass wir nicht heiraten, weil sie schwanger ist.«
»Zwei Fliegen mit einer Klatsche.«
»Sozusagen.« Eugene klang wirklich glücklich und ein bisschen aufgeregt, obwohl bis zur Hochzeit noch Monate vergehen würden. Ich hoffte trotzdem inständig, keine Einladung zu bekommen. Als seine Ex-Freundin dort aufzutauchen, wäre einfach zu schräg. »Und wie sieht es bei dir aus? Gibt es einen neuen Mann in deinem Leben?«
»Nein.«
»Echt nicht? Was ist mit diesem Footballspieler, den deine Mom mal erwähnt hat?«
»Auri ist mein Mitbewohner, nicht mein Freund«, antwortete ich, und das erste Mal überhaupt hatte ich das Gefühl, in dieser Hinsicht gelogen zu haben.
»Oh, dann hab ich das wohl falsch verstanden. Aber keine Sorge, deine bessere Hälfte wird auch noch auftauchen. Davon bin ich überzeugt.«
»Mhmmm«, brummte ich, obwohl ich es hasste, wenn Leute das sagten: deine bessere Hälfte. Was sollte das heißen? War man ohne Partner etwa nur eine halbe Person? Jeder war für sich genommen vollkommen. Auch ich. Natürlich wünschte ich mir, irgendwann einen Mann zu finden, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen konnte, aber ich war auch ohne ihn ein ganzer Mensch. Ich brauchte Auri nicht, um mich vollwertig zu fühlen.
Warte. Auri?
Nein. Nicht Auri.
Irgendjemanden. Irgendeinen Mann.
Und dieser Mann war irgendwo dort draußen. Vermutlich saß er gerade ebenfalls auf der Couch und sah sich eine Serie an. Oder er spielte mit seinen Freunden Dungeons and Dragons. Womöglich saß er auch an seinem Schreibtisch und lernte. Oder er surfte im Internet auf der Suche nach Star Trek -Sammlerstücken, weil er ebenfalls nicht das Verlangen verspürte, mit seinen Freunden feiern zu gehen. Diesen Mann gab es, und er war perfekt für mich.
Doch wenn dem so war, warum konnte ich dann nicht aufhören, an meinen verdammten besten Freund zu denken?
22. Kapitel
Ich war im Paradies. Ein anderes Wort fiel mir für diesen Ort nicht ein.
Mit etwas Verspätung waren wir vor knapp zwei Stunden in Seattle angekommen. Wir hatten unsere Sachen ins Hotel gebracht und uns in der Toilette auf engstem Raum umgezogen und geschminkt, da wir noch nicht auf unsere Zimmer konnten. Aber nun waren wir endlich hier – auf der SciFaCon. Und es war genau so, wie ich es mir immer erträumt hatte. Vielleicht sogar noch besser.
Die Luft war erfüllt von den aufgeregten Stimmen Tausender Fantasy- und SciFi-Fans. Es gab zahlreiche Stände, die Merchandising zu meinen Lieblingsserien und -filmen verkauften. Es war bunt und schrill, und wohin man auch schaute, überall entdeckte man kostümierte Menschen. Einige von ihnen stellten Charaktere dar, die ich kannte, andere waren mir vollkommen fremd. Manche Cosplays waren aufwendig geschneidert und sehr detailgetreu, während andere das jeweilige Original nur minimalistisch nachahmten.
»Ich will hier nie wieder weg«, verkündete ich und winkte einer Frau zu, die ebenfalls als Ciri verkleidet war. Wie ich trug sie eine enge Lederhose, ein dazu passendes Korsett und eine weiße Bluse. Ergänzt wurde das Outfit durch Lederschnallen und -gürtel und ein Plastikschwert, das bei der Waffenkontrolle ausgiebig inspiziert worden war.
»Wart erst mal ab, wir sind erst eine Viertelstunde hier«, sagte Julian in verhaltenem Ton. Dabei machte er als Star-Lord eine ziemlich gute Figur, zumal er tatsächlich eine entfernte Ähnlichkeit mit Chris Pratt hatte, die mir noch nie zuvor aufgefallen war. Das dichte, wellige braune Haar. Die grünen Augen. Die spitze Nase.
»Sei nicht so zynisch und sag mir lieber, ob ich grünen Lippenstift auf den Zähnen hab.« Micah verzog den Mund und sah Julian mit einem breiten Grinsen an.
Er verdrehte die Augen. »Nein, immer noch nicht. Und jetzt hör auf, mich alle fünf Minuten danach zu fragen.«
»Sorry, aber das macht mich wirklich paranoid«, sagte sie und fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Ihren Körper mit der grünen Farbe anzumalen, hatte uns auf der Toilette wohl am meisten Zeit gekostet, und vermutlich würde Micah am Abend mindestens genauso lange brauchen, sich das Zeug wieder vom Körper zu waschen.
»Entschuldigung«, erklang eine Stimme neben uns.
Wir drehten uns zu dem jungen Mädchen um, das uns angesprochen hatte. Sie konnte nicht älter als fünfzehn, vielleicht sechzehn Jahre alt sein. Ihr schwarzes Haar kräuselte sich in einem Afro um ihren Kopf, und sie trug ein Guild Wars -Shirt, das ich nur erkannte, weil ich TRGames das Spiel hatte zocken sehen. Hinter ihr stand ein stämmiger Mann, der desinteressiert dreinblickte. Vermutlich ihr Vater.
»Dürfte ich ein Bild mit Ihnen machen?«, fragte sie Auri, das Handy bereits in den Händen.
Auri lächelte. »Klar doch.«
»Soll ich?«, bot ihr Vater an.
»Nein! Du kannst das nicht richtig.«
Die Augenbrauen des Vaters hoben sich, und ich musste ein Lachen unterdrücken. Ich hatte denselben Satz mindestens ein Dutzend Mal zu meinen eigenen Eltern gesagt.
»Ich kann das Foto machen«, bot ich an und stellte meine Tasche, die ich in Lederoptik meinem Kostüm angepasst hatte, zwischen meine Beine. Bereitwillig überließ das Mädchen mir ihr Handy. Ich strich mir eine weiße Haarsträhne meiner Perücke hinter das Ohr und schoss einige Fotos.
Auri veränderte seine Pose immer wieder leicht. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er es gewohnt war, Fotos mit seinen Fans zu machen, auch wenn er dabei normalerweise seine Footballmontur trug.
Ich gab dem Mädchen das Handy zurück. »Ich hoffe, es ist ein schönes Foto dabei.«
»Ganz sicher. Danke!« Sie grinste übers ganze Gesicht, als sie mit ihrem Vater davonlief. Und auch Auri konnte nicht aufhören zu lächeln.
Gemeinsam mit Micah und Julian schlenderten wir durch die Hallen, um uns einen Überblick zu verschaffen. Wir bewunderten die Kostüme der anderen Cosplayer und die Stände der verschiedensten Aussteller, die wirklich alles boten, was das Fanherz begehrte. Ich war froh, meine Kreditkarte im Hotel gelassen zu haben, anderenfalls hätte ich wohl ein kleines Vermögen auf der SciFaCon ausgegeben.
Wir wurden auch noch ein paarmal angehalten, weil jemand ein Foto mit uns machen wollte. Vor allem Auri war gefragt, was ich den Leuten kaum verdenken konnte. Er sah in seinem Geralt-von-Riva-Kostüm einfach beeindruckend aus. Zwar hatte er optisch nicht viel mit dem Hexenjäger gemein, aber die lederne Kampfmontur mit den zwei Schwertern auf seinem Rücken saß wie angegossen und verbarg nichts von seiner sportlichen Statur. Meine Lieblingselemente seines Kostüms waren allerdings die katzenhaft gelben Kontaktlinsen und sein Haar, das er sich mit weißer Farbe angesprüht hatte, anstatt eine Perücke zu tragen. Ich hätte nicht sagen können, was genau ich daran so anziehend fand, doch jedes Mal, wenn ich ihn ansah, wurde mir wärmer.
»Suchst du jemanden?«, fragte ich Micah, als wir in den nächsten Gang einbogen. Bereits seit einer Weile sah sie sich immer wieder mit gerecktem Hals um, zeigte dabei jedoch nur wenig Interesse an den Ständen.
»Nope«, antwortete sie einsilbig. Eindeutig eine Lüge, denn noch während sie das Wort aussprach, spähte sie erneut über ihre Schulter, als befürchtete sie, wir könnten verfolgt werden.
Fragend sah ich Julian an.
Er schnaubte. »Sie sucht nach Luca.«
Ich hob die Augenbrauen. »Luca-Luca? Ihrem Erzfeind Luca?«
»Yep, genau der.«
Auri, der zwei Schritte vor uns lief, drehte sich um. Meine Tasche hing inzwischen über seiner Schulter, nachdem er angeboten hatte, sie mir abzunehmen. »Micah hat einen Erzfeind?«