by Emily Key
Und das war nicht gut.
Ganz und gar nicht gut.
***
»Han? Bist du da?«, rief es von der Eingangstüre zu mir herüber, als ich in der Küche stand und mir eine Schüssel Caesars Salat zubereitete. Offenbar sah Melissa kurz vorbei.
»Küche!«
»Hey, Schwesterherz!«, sagte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Essen. Du kannst Gedanken lesen, ich hatte den ganzen Tag gar nichts!«
Ich lachte leise. Meine Schwester und nichts essen? Wow. »Wie kommt’s? Du isst immer«, sagte ich und mischte die Romana Blätter mit dem Dressing. Anschließend gab ich das angebratene Hühnchen darüber und die Anchovis obenauf.
»Ich hatte einen Mördertag. Hast du Weißwein? Etwas Wein dazu wäre schön, oder?«
»Du fragst nicht mal, ob du mitessen darfst?«
Sie hob spöttisch eine Braue, à la ›Wen willst du hier verarschen?‹, während sie zu meinem Teller noch einen zweiten und Gabel sowie Messer in die Hand nahm, um kurz auf meinem Balkon zu verschwinden. »Mach dich nicht lächerlich!«, rief sie zurück. Nachdem ich großzügig Parmesan über dem Salat verteilt hatte, griff ich nach dem schon geschnittenen Baguette und brachte alles zusammen nach draußen. Melissa hatte eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank stibitzt und bereits unsere Gläser gefüllt.
»Was war denn heute so wichtig, dass es dich vom Essen abgehalten hat?«, fragte ich, als ich uns beiden auftat.
»Heute war das Adam-Moore-Interview«, sagte sie, während sie sich bereits die erste Gabel in den Mund schob, »Gott, Han. Du bist soeben auf Platz 1 der Hitliste meiner liebsten Menschen gerutscht. Essen. Danke!«
Das Adam-Moore-Interview? Natürlich hatte Melissa mir erzählt, dass sie einen Termin hatte ergattern können, aber ich hatte nicht gewusst, wann er stattfinden sollte. Ich ließ mir nicht anmerken, wie dringend ich erfahren wollte, was dort erzählt worden war.
Der Besuch im Country Club war bereits vier Tage her, und seit jenem Abend hatte ich weder mit ihm gesprochen noch ihn gesehen. Na gut, zwei Mal heimlich bei Google. Aber das würde ich sicherlich niemandem erzählen. Die Wahrheit war nämlich, dass ich, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, an fast nichts anderes mehr denken konnte, ob ich wollte oder nicht. Obwohl ich wusste, dass es falsch war. Dieser Mistkerl beherrschte meine Gedanken und das – wenn ich ehrlich sein sollte – war wirklich das Letzte, was ich wollte. Es durfte nicht sein, abgesehen davon, dass wir uns, wenn wir alleine waren, immer stritten und uns ankeiften, weil dieser Mann ...
»Hannah? Hörst du mir zu?«
»Sorry, war kurz abwesend. Also Interview mit Adam Moore. Wie war’s?« fragte ich eilig, denn hätte ich es nicht getan, wäre Melissa stutzig geworden, und ich wollte keine Fragen über den männlichen Part meines aktuellen Klientenpärchens beantworten müssen.
»Hölle, Scheiße! Der Mann ist eine gottähnliche Erscheinung. Hast du ihn mittlerweile mal live gesehen? Der nimmt Besitz von dir, dass du eine willenlose Marionette bist, noch ehe er das erste Wort gesagt oder dich berührt hat. Unfassbar!«
Sie geriet ins Schwärmen, und das passte mir ehrlich gesagt noch weniger, als nur über ihn zu sprechen. Aber ich würde einen Teufel tun und sie darauf hinweisen, dass sie über einen verlobten Mann sprach. Immerhin war ich die Letzte, die urteilen durfte. Hatte ich mich doch erst letzte Nacht einer ... intensiven Fantasie über einen nackten Adam hingegeben. Schnell schob ich mir eine neue Gabel Caesar Salat in den Mund, damit ich nicht antworten musste. Melissa lehnte sich gerade zurück und spielte mit ihrem Glas, an welchem das Kondenswasser abperlte. »Ich meine, scheiße, Hannah. Diese Haare, in denen will man sich doch festkrallen, oder? Und diese breiten Schultern ... die muskulösen Beine und Gott, diese langen, gebräunten Finger. Fuck!«
»Man könnte meinen, du hast ihn nackt gesehen!«, knurrte ich ungehalten.
»Na ja, mein Vorstellungsvermögen ist eben gut«, entgegnete sie achselzuckend, ehe sie fortfuhr: »Er war wirklich, wirklich nett, total charmant und freundlich.«
Gespielt verstehend nickte ich. Klar, das waren die ersten Attribute, die auch ich mit Adam in Verbindung bringen würde, wäre er wirklich charmant, nett und freundlich. Tss.
»Was du nicht sagst!«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. ›Wieso streitest du dann immer mit ihm?‹, fragte der Engel auf meiner Schulter.
»Und Hannah, ganz ernsthaft, ich verstehe wirklich, warum ihm alle Frauen zu Füßen liegen. Ich meine, ich hätte mein Glück auch bei ihm versucht, wenn ich nicht wüsste, dass er vergeben ist.« Melissa neigte den Kopf zur Seite und verzog kritisch den Mund. »Obwohl ...«
»Das wirst du nicht tun!«, stellte ich schärfer als beabsichtigt klar. »Denn er ist verlobt. Mit Kelly. Also nein, lass deine Finger von ihm!«, fügte ich räuspernd hinzu. Darum ging es doch, oder? Um Kelly. Und seine Hochzeit. ›Natürlich!‹ Der Teufel lachte sarkastisch los. ›Es geht nur um die süße Kelly.‹
»Ist ja gut, ich würde niemanden anfassen, der in einer Beziehung ist, das weißt du doch, Hannah!«, wies meine Schwester mich sanft zurecht. »Sag mal, ist alles in Ordnung?« Ihr nächster kritischer Blick galt mir.
»Ja, natürlich. Entschuldige!« Mein Lachen klang selbst in meinen Ohren falsch, deshalb versuchte ich mich schnell herauszureden. »Ich hab nur eine von mir geplante Hochzeit platzen gesehen, wenn du dich an ihn ran machst!«
Melissa nickte. »Niemals, Baby! Also jedenfalls, es war wirklich super. Wirklich. Wir haben das Interview zu einer Art Exklusivstory erweitert, das bedeutet, ich treffe mich nächste Woche noch kurz mit ihm und seiner Verlobten Kelly, um ein wenig Einblick in ihr Privatleben zu bekommen.« WAS? Himmel, nein! Was, wenn sie feststellte, dass Kelly hervorragend zu ihm passte und mir das dann so sagte? Nein, nein, nein! »Dann krieg ich noch einen Termin, wenn ihr unterwegs seid, also wenn du dabei bist – immerhin planst du den wichtigsten Tag in seinem Leben, und dann darf ich am Hochzeitstag selbst auch dabei sein«, schwärmte sie weiter. WAS? Scheiße nein. Nicht meine Schwester, komm schon Adam. Lass das! Fix nicht auch noch meine Schwester mit deiner beschissenen Art an. Gab es – zur Hölle noch mal – niemanden in Malibu, der ihn nicht leiden konnte? Innerlich wütend, wie selten – warum, verstand ich selbst nicht – legte ich mein Besteck zur Seite und trank meinen Wein in einem Zug aus.
»Sehr schön, Melissa. Ich freue mich für dich.« Und genau das war das Problem. Ich freute mich wirklich für sie, dass sie solch eine Wahnsinnsstory über einen der beliebtesten und erfolgreichsten Sportler aller Zeiten bekommen hatte, aber ... ich wollte nicht, dass sie auch in seiner Nähe war. Ich wollte nicht, dass ... er sollte mein ›Stone-Projekt‹ sein, nicht auch Teil ihres Lebenslaufes. ›Bist du eifersüchtig auf deine Schwester?‹, brüllte der Engel entsetzt und riss die Augen auf. Der Teufel feilte sich die Krallen und murmelte befriedigt ein: ›Sieht ganz danach aus!‹
»Jedenfalls, Hammer, oder?«
Ich prostete ihr zu, trotz allem konnte Melissa gar nichts dafür, wenn ich meine Hormone im Bezug auf Adam Moore nicht unter Kontrolle hatte. Verdammt! »Wie kommst du bei den beiden voran?«, fragte sie mich und ich lächelte.
»Gut, es entwickelt sich positiv, zwar anders als mit den anderen Pärchen, aber soweit geht es gut.«
»Will seine Verlobte weiterhin nichts entscheiden?«
Ich schüttelte den Kopf und goss mir Wein nach. Wenn wir jetzt über Kelly sprachen, brauchte ich definitiv einen Schluck. Einen großen. Und ich war eine Hexe, dass ich so über sie dachte, wobei sie vermutlich die Güte und Unschuld in Person war. »Nein, aber mein Anschiss hat was gebracht!«
»Anschiss?«, fragte Melissa und nahm sich noch einmal Salat. Ich hatte keinen Hunger mehr.
»Ja, ich war in seinem Büro!«
»Ach so?« Ihre sorgfältig gezupften Brauen wanderten in die Höhe.
»Ja. Er hat sich wie ein Arschloch verhalten. Und das habe ich ihm auch gesagt!«
»Du hast Adam Moore gesagt, dass er ein Arschloch ist?« Erstaunt riss sie die Augen auf.
»Nein, aber ich hab ihm ... gezielt vermittelt, dass ich seine verdammten
Spielchen nicht mitspiele. Wenn er denkt, dass ich mit einer Frau zusammenarbeiten würde, die nichts – rein gar nichts – entscheiden will, dann hat er sich geschnitten. So läuft das nun Mal nicht!«
»Und dann?«
»Dann habe ich mich umgedreht und bin gegangen und beim nächsten offiziellen Termin war er dann anwesend!«
»Findest du nicht, dass er ein echter Augenschmaus ist?«, fragte sie lachend.
»Ich weiß nicht. Er ist schon hübsch.« Lüge. Lüge, Lüge. Er ist unglaublich sexy, faszinierend, einnehmend und heiß. »Aber ich seh das von der professionellen Seite, da er einfach mein Klient ist.« Wen willst du hier verarschen, Stone? Innerlich haute ich mir selbst gegen die Stirn. Idiotin.
»Wow, bewundernswert. Das Gen, dass ich diesen unglaublichen Sex-Appeal ausblenden kann, hätte ich auch gerne.«
»Wir haben dieselben Eltern, also hast du das Gen auch!«, antwortete ich trotzig, obwohl es für vermaledeiten Trotz gar keinen Grund gab.
»Was? Das Männer, die verdammt heiß sind, Neutral-betrachten-Gen?«, vergewisserte sie sich. Nickend nippte ich wieder an meinem Wein. »Da würde mir zu viel durch die Lappen gehen, also nein, nein, ich will es doch nicht!« Meine Schwester änderte ihre Meinung schneller, als DMAX das Fernsehprogramm.
»Wann siehst du ihn wieder?« Sie legte das Besteck zur Seite. Ah, sie beendete ihr Mahl. Gut, es gab eh nichts mehr, außer eine Scheibe Weißbrot.
»Nicht ihn. Sie! Plural!«, stellte ich energisch klar und stapelte unsere Teller, um sie in die Küche zu bringen. »Ich sehe die beiden nur zusammen. Und der nächste Termin wird am Freitag sein.«
»Also in drei Tagen! Was macht ihr?«
»Wir treffen uns Freitagabend in einem Club in der Stadt. Wir hören eine Band an, die Adam vielleicht für die Hochzeit buchen will.« Meine Schwester betrachtete mich einen Augenblick lang, und ich bemerkte, dass es eher vertraulich statt professionell geklungen hatte, als ich seinen Namen ausgesprochen hatte. Als würden sich zwei Freunde treffen, um etwas miteinander zu unternehmen. Ich sendete ein Stoßgebet gen Himmel, dass sie nicht darauf eingehen würde. Es funktionierte.
»Coole Sache. Das wird sicher lustig«, nuschelte sie nach einer gefühlten Ewigkeit und nahm ihr Handy, um sich etwas zu notieren.
»Was machst du da?«, fragte ich mit erhobenen Brauen. »Das war eine Insider-Info.«
»Komm runter, Baby! Hab mir nur aufgeschrieben, dass ich ihn nach seiner Lieblingsmusik fragen will. Ich tauche schon nicht in diesem Schuppen auf!« Erleichterung durchfuhr mich. Das war gut, denn ich hätte es nicht ertragen, wenn Adam mit meiner Schwester genauso locker geflirtet hätte, wie er es auch im Thousand Oaks für wenige Herzschläge lang mit mir getan hatte.
Als ich zurück in meiner Küche und aus Melissas Blickfeld war, legte ich kurz meinen Kopf auf die Granitarbeitsfläche und holte tief Luft. Scheiße, wieso nur hatte ich das Gefühl, dass ich ziemlich am Arsch war, auch wenn doch nichts passiert war?
Kapitel 6
Hannah
Es war nichts passiert. Zumindest nichts, das die Welt veränderte, und doch schien die Luft plötzlich ein bisschen klarer. Die Sonne wirkte ein wenig strahlender und der Tag ein bisschen leichter. Allgemein war es kein Geheimnis, dass ich seit einiger Zeit neben mir stand. Wahrlich so, dass es mir schwerfiel, überhaupt einen guten und klaren Gedanken zu fassen. Der Ursprung hierfür? Nun, das lag einfach nur daran, dass sich immer wieder ein arroganter, selbstgefälliger, aber unglaublich sexy Sportler vor mein geistiges Auge schob. Er forderte Aufmerksamkeit und bekam sie, selbst dann, wenn er nicht da war. Das beschäftigte mich, und zwar rundum. So sehr, dass es dennoch geschah, egal wie krampfhaft ich versuchte, es zu vermeiden. Deshalb beschloss ich an diesem schönen Tag spontan frei zu nehmen. In der Vergangenheit wäre das wohl niemals vorgekommen, aber in der momentanen Situation ... ein wenig abschalten zu können würde mir gut tun.
Also ging ich shoppen. Ganz alleine und mit anfangs wenig Enthusiasmus, aber ich war unterwegs und bislang, trotz der verschobenen Laune, sogar erfolgreich gewesen. Zwei neue Dessoussets nannte ich inzwischen mein Eigen. Eines in Smaragdgrün, das meine sanfte Bräune unterstrich, und eines in Rubinrot, das an einen exzellenten Rotwein erinnerte und meinen vollen Busen so sexy nach oben formte, dass sogar ich mich heiß fand. Des Weiteren hatte ich eine neue Bluse mit kurzen Ärmeln erstanden, eine dunkelblaue Taillenhose mit weitem Bein und dazu ein weißes Oberteil mit Schleife.
»Vielen Dank«, murmelte ich, als der Kellner den Cappuccino und das Glas Prosecco vor mir abstellte. Momentan war ich im Café de Paris, eine der angesagtesten Locations in Malibu. Nicht nur, dass das Essen absolut hervorragend war, vor allem die Atmosphäre hatte es mir angetan. Es lag direkt am Fuße der Hills, mit Blick über die Stadt, welcher bis aufs Meer hinausreichte, wenn man den richtigen Platz innehatte. Glücklicherweise hatte ich so eine freie Stelle gefunden und ließ mich von der Landschaft einlullen, als ich kleine Schlucke von meinem Kaffee nahm. Die Leichtigkeit, welche ich früher immer empfunden hatte, kehrte langsam zurück und deshalb atmete ich tief durch. Ein wenig fühlte es sich so an, als würde ich die Ketten sprengen, die mich fest umfingen. Jene, in die er mich gelegt hatte, ohne es zu wissen. Es war das eine, wenn Adam mich in meinen Gedanken beschäftigte, aber etwas ganz anderes, wenn diese Überlegungen unprofessioneller Natur waren. Wie meine Vorstellungen momentan ständig. Er war einfach mit Abstand der schönste und faszinierendste Mann, den ich je gesehen hatte, und das lag nicht nur an seinem umwerfenden Aussehen. Seine ganze Art, trieb sie mich auch noch so sehr in den Wahnsinn, war spannend. Natürlich hatte ich keine Ahnung, anhand welcher Kriterien er entschied, wann genau ein Tag war, an welchem er mich mit Irrsinn und Wut überhäufte und wann es Zeit für den charmanten Surferboy war. Sicherlich hatte er zu den Bestzeiten seiner Karriere sein Flirtverhalten, gepaart mit ungläubigem Charme und Sex-Appeal, perfektioniert. Und ich konnte ihm nicht einmal böse sein. Egal wie sehr ich mich darüber aufregte, dass er so ein ... verdammter Bastard war, es turnte mich unheimlich an. Nämlich so sehr, dass ich schon zweimal zu dem Vibrator in meiner Nachttischschublade gegriffen hatte, weil ich das süße Ziehen im Zentrum meiner Weiblichkeit nicht mehr aushielt. Ich legte kurz den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel. Er war wunderschön und strahlend Blau und ließ Malibu sich von seiner schönsten Seite zeigen. Kein Wölkchen trübte ihn, deshalb spürte ich Sekunden, bevor sich ein Gesicht in mein Blickfeld schob, dass sich etwas verändert hatte.
»Guten Tag, Hannah«, sagte die seidige Stimme. Ruckartig fuhr ich wieder in eine aufrechte Position, drehte mich leicht in meinem Stuhl, um denjenigen, der mich störte, in Augenschein zu nehmen.
»Adam. Hi!«, rief ich viel zu schnell und viel zu schrill.
»Darf ich?«, fragte er mit vergnügtem Funkeln in seinen verflucht schönen marineblauen Augen. Ich nickte leicht und nahm einen Schluck von meinem Prosecco. Das gab mir ein klein wenig Zeit, mich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Was wollte er hier? Während ich das Glas an meine Lippen hielt, betrachtete ich ihn. Gut, eigentlich scannte ich seinen Körper blitzschnell von oben bis unten. Er war förmlich gekleidet, was bedeutete, dass er Businessschuhe zu einer perfekt sitzenden Anzughose in Stahlgrau, gepaart mit einem strahlend weißen Hemd trug. Eine strukturierte Krawatte in Schwarz mit anthrazitfarbigen Elementen hing jetzt – da er sie im Moment lockerte – um seinen Hals. Den obersten Knopf des Hemdes öffnete er und seufzte anschließend tief. Als er damit noch mehr gebräunte Haut freilegte, wollte ich in diesem Moment nichts mehr als mit meiner Zunge über die Sehnen an seinem Hals fahren und ihn kosten. Mein Gehirn war gerade dabei, sich auszumalen wie Adams Schweiß, gepaart mit der Sonne Malibus und einem Hauch Parfum wohl schmecken würde, während er mich mit seinem strahlenden Lächeln blendete.
»Ein freier Tag?«, fragte er vergnügt und hielt nach dem Kellner Ausschau. Das gab mir wieder eine Sekunde, um sein Gesicht scannen zu können. Der Fünf-Tage-Bart, welchen er immer trug, war schon so üppig, dass er bald wieder eine Rasur benötigen würde. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Kurz war ich versucht zu fragen
, was ihm so sehr zusetzte und ob er schlecht schlief, aber ich ließ es. Seine Antwort wäre doch wieder nur die eines Aufreißers gewesen.
»Ja«, murmelte ich und stellte mein Glas zurück auf die kleine, pinkfarbene Serviette, die das Logo des ›Café de Paris‹ zierte. »Ich musste mal einen Tag raus.«
»So viel zu tun?«
Hatte ich viel zu tun? Nun. Ja. Hauptsächlich damit, ihn zu verdrängen. »Himmel, du hast ja keine Ahnung«, sagte ich und lachte dabei über mich und meine verrückten Gedanken.
»Und du? Was machst du in der Stadt?« Vergnügt betrachtete er mich und öffnete die Umschlagmanschetten seiner langen Ärmel. Langsam rollte er sie bis über seine Ellbogen auf, und ich schwöre bei Gott, ich vögelte seine Finger und Arme mit den Augen. Teufel noch mal, diese gebräunten, muskulösen Glieder trieben mich in den Wahnsinn. Ich zwang mich meinen Blick von seiner gebräunten, samtig aussehenden Haut loszureißen und sah in seine Augen. Er flirtete mit mir, ganz deutlich.
»Ich nehme auch einen Cappuccino und ein Bier bitte!«, bestellte er, als der Kellner an unseren Tisch trat. Spöttisch, fast jungenhaft, grinste er mich an und legte die Fingerspitzen aneinander. Sein Blick war so ehrlich und ließ meine Haut glühen. Wieso war es nicht verboten, dass ein einzelner Mensch so umwerfend war? »Hannah?«, fragte er mich und beugte sich in meine Richtung, sodass sein Pfefferminzatem in meine Lungen strömte. »Du starrst«, zog er mich zwinkernd auf. ›Rede dich heraus, Miss Stone. Na los!‹ Der imaginäre Engel auf meiner Schulter flatterte wie wild umher.