by Kiefer, Lena
»Natürlich.« Ich nickte und bog in einen leeren Seitengang ein. »Worum geht es?«
»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, sagte er auf Französisch.
»Gibt es einen Grund für den Sprachkurs?« Ich wusste, dass er aus der Nähe von Lyon kam. Aber das erklärte nicht, wieso er plötzlich von seinem akzentfreien Englisch abwich.
»Die meisten deiner Kollegen sind keine Frankopäer.« Costard sah sich um. »Ich dämme das Risiko des Abhörens ein.«
Frag nicht weiter, zeigten meine EyeLinks an. Spiel mit.
»In Ordnung«, sagte ich. »Einen Gefallen also?« Meine zweite Muttersprache fühlte sich eingerostet an, wie ein Muskel, den ich lange nicht bewegt hatte. Lucien und ich hatten zwar manchmal aus Spaß Französisch gesprochen, aber … Verdammt. Ich spürte Druck in meinen Schläfen und konzentrierte mich wieder auf Costard. »Wie kommt es, dass Sie mir mehr vertrauen als den anderen? Ich bin erst seit einer Woche hier.«
Er lächelte. »Die Verbindung zu deiner Mutter lässt mich hoffen, dass du mir in dieser Angelegenheit helfen wirst. Der Kontakt zu Cécile ist vor einer Weile abgebrochen, aber ich habe sie immer sehr geschätzt.«
»Sie möchten hoffentlich nicht, dass ich Ihnen ein Date mit meiner Mutter besorge«, scherzte ich, auch wenn mir der Mann wirklich nicht geheuer war. Der Druck ließ langsam nach.
»Nein, nein, darum geht es nicht.« Costard lachte trocken und wurde dann ernst. »In dem Fach in meinem Safe befinden sich alle Informationen, die wir brauchen, um die OmnI in Betrieb zu nehmen. Aber dort sind auch andere Datenträger hinterlegt. Ich möchte, dass du sie zerstörst, ohne dass deine Kollegen etwas davon mitbekommen.«
»Warum sollte ich das tun?« Ich sah ihn aufmerksam an, damit mir keine Regung entging. Seit ein paar Tagen hatte ich neues HeadLock, das so gut wirkte wie keines zuvor. Wer immer in Maraisville neuerdings dafür verantwortlich war, beherrschte sein Handwerk ziemlich gut.
»Es sind sehr sensible Daten, die nicht in fremde Hände fallen dürfen.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage«, beharrte ich. Wenn Costard glaubte, dass ich blind seine Befehle befolgte, lag er falsch. Mir reichte es, dass eine Partei mich in der Hand hatte.
Er senkte seine Stimme. »Darin geht es um die OmnI, um Vorgängerversionen von ihr. Es sind Berichte über Zwischenstufen und Prototypen, Fehler und Verbesserungen. Ich habe diese Informationen aufbewahrt, um sie irgendwann zu verwenden, aber jetzt könnten sie mehr schaden als nutzen.«
Informationen über die OmnI? Ich dachte an den Bericht, den mir Leopold gezeigt hatte – über den Zwischenfall in Südkorea, als eine von Costard entwickelte künstliche Intelligenz eine komplette Fabrik in ihre Gewalt gebracht hatte. Sollte Exon Costard am Ende eine ganze Dokumentation über solche Zwischenfälle besitzen? Wenn ja, würde ich sie ganz sicher nicht zerstören. Das war die Chance, um endlich Klarheit zu bekommen.
Geh darauf ein. Maraisville schien das ähnlich zu sehen.
»Ich verstehe«, sagte ich folgsam. »Wenn es darum geht, die OmnI zu schützen, werde ich natürlich gerne helfen.«
Costard lächelte erfreut. »Ich wusste, dass du es verstehen würdest. Hier«, er drückte mir einen ovalen schwarzen Gegenstand in die Hand. »Das ist ein PurgeStick. Du musst ihn nur aktivieren und in das Fach legen. Dann löscht er automatisch alle Dateien.«
»Alles klar.« Einen Teufel werde ich tun. Trotzdem nickte ich und nahm den Stick an mich.
Als wir wieder zurückgingen, gab mir Costard zum Abschied die Hand. »Es hat mich sehr gefreut, Ophelia. Wir werden uns bald wiedersehen. Schließlich wirst du gebraucht, sobald die OmnI betriebsbereit ist.«
Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Ich? Wieso das denn?«
»Na, wegen deiner besonderen Verbindung zu ihr.« Er schien auf eine Reaktion von mir zu warten. Dann zeigte sich Unglaube auf seinem Gesicht. »Du weißt es nicht?«
»Offensichtlich nicht. Was –«
»Hier bist du!« Knox kam mit schnellen Schritten auf uns zu. »Ich habe dich gesucht. Alles in Ordnung?« Er sah besorgt zwischen mir und Costard hin und her. Der wirkte, als wäre er froh über die Unterbrechung – ganz im Gegensatz zu mir.
»Ophelia und ich haben uns nur unterhalten. Ich mache mich jetzt auf den Rückweg.« Er nickte Knox zu. »Nicholas.«
Der erwiderte es knapp. »Exon.« Dann sah er Costard hinterher, der aus unserer Sicht verschwand – genau wie das Wissen darüber, welche besonderen Umstände mich mit der OmnI verbanden. Was konnte er damit gemeint haben? Diese Schwäche für mich, die Troy im Bunker in Maraisville erwähnt hatte? Ich würde es nicht erfahren, bis Costard wieder auf der Insel auftauchte. Und nach dem Aufenthaltsort der OmnI hatte ich auch nicht fragen können.
»Was wollte er von dir?« Knox runzelte die Stirn.
»Nichts Besonderes«, winkte ich ab. »Du weißt doch, dass meine Mum für ihn gearbeitet hat. Er wollte nur hören, wie es ihr geht.«
Knox warf mir einen skeptischen Blick zu, aber ich hielt ihm stand.
»Wir sollten uns fertig machen.« Ich legte den Arm um seine Mitte, als wir in Richtung der Zimmer gingen. »Sag mal, warum nennt er dich Nicholas? Das sagt doch sonst niemand zu dir.«
»Nur meine Freunde nennen mich Knox.« Während wir liefen, schlang er seinen Arm um meine Schultern.
»Er ist also kein Freund?«
»Ich glaube nicht, dass Exon Costard Freunde hat. Aber wenn doch, gehöre ich sicher nicht dazu.« Knox schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns kurz vor einem Krieg und Costard ist ein starker Partner im Kampf gegen den König. Aber ich mag ihn nicht besonders und vertraue ihm auch nicht. Du solltest aufpassen, Phee. Er ist gefährlich.«
Ich lächelte und drückte Knox einen Kuss auf die Wange. »Keine Sorge. Ich passe immer auf.«
»Ja, das habe ich schon gemerkt.« Er sah zu mir herunter und blieb dann stehen. »Du hast dich verändert, seit wir uns vor meinem Clearing zuletzt gesehen haben.«
Ich versteifte mich. Merkte er, dass ich ihm etwas verschwieg? »Ich weiß, dass es zwischen uns nicht mehr so ist wie früher«, sagte ich schnell. »Aber –«
»Das ist kein Vorwurf, Phee«, unterbrach er mich, »sondern ein Kompliment. Du bist der unglaublichste Mensch, den ich kenne. Niemand außer dir könnte allein so lange in Maraisville überleben, dann dort hinausspazieren und weitermachen, als wäre nichts gewesen.« Er zuckte verlegen mit den Schultern. »Manchmal sehe ich dich an und weiß nicht, ob ich da mithalten kann. Früher ja, aber jetzt? Nach allem, was passiert ist?«
»Das ist Unsinn.« Ich lächelte. »Es ist egal, was passiert ist. Es ist nur wichtig, was noch passieren wird. Und das sind wir, du und ich.« Sanft strich ich ihm über die Wange. »Wir sind beide nicht mehr die Personen, die wir vor einem Jahr waren. Sieh dich an, du bist jetzt der Anführer einer ganzen Widerstandsbewegung. Ich müsste mir Sorgen machen, nicht mithalten zu können.«
Er wollte widersprechen, aber ich küsste ihn, um das zu verhindern. Der Plan in meinem Kopf entwickelte sich weiter und nahm klarere Formen an. Die Daten von Costard konnten nicht nur meine Zweifel beseitigen. Eventuell würden sie sogar Knox und Jye überzeugen, mir bei der Suche nach der OmnI zu helfen und ReVerse zu verlassen. Wenn ich das schaffte, musste ich niemanden mehr verraten. Es wäre Win-win-win.
Es durfte nur nichts schiefgehen.
9
Das ehemalige Haus von Exon Costard war ein riesiger weißer Klotz auf Stelzen, mit schwarz getönten Fenstern und schrägen Wänden. Unter diesem Klotz befand sich eine weiße Steinfläche von der Größe eines FlightUnit-Landeplatzes, darin eingelassen drei Pools in Formen, die jeden Mathematiker in den Wahnsinn getrieben hätten. Ein Streifen Rasen zog sich um diese Fläche herum und reichte bis zu der Mauer, die das ganze Anwesen umgab.
»Wer zur Hölle baut so etwas?« Jye schüttelte den Kopf. Wir standen auf dem Hügel oberhalb des Hauses, um uns ein Bild zu machen – ein sehr abstraktes Bild. Picasso hätte seine helle Freude daran gehabt.
»Archite
kten«, meinte Tatius. Es klang eher nach Terroristen.
»Dieser Architekt muss ein ernsthaftes psychisches Problem gehabt haben.« Ich verzog das Gesicht. Wir hatten die Grundrisse des Gebäudes gesehen, aber die Realität war ungleich schlimmer.
»Oder einfach einen beschissenen Geschmack.« Elodie zupfte an ihrem Oberteil, einem schwarzen Etwas aus Fäden, durch die ein BH blitzte. Dazu trug sie einen kriminell kurzen Rock und Schuhe, mit denen man jemanden töten konnte. Künstliches Blut und mehrere Schrammen vervollständigten das Bild. Ich war froh, dass nicht ich die Ablenkung war.
Knox warf dem Haus einen prüfenden Blick zu. »Immerhin ist alles so, wie wir es vermutet haben. Lasst uns loslegen, die Sonne geht bald unter.«
Wir gingen zurück zum Wagen, den wir hinter einer Reihe von Bäumen geparkt hatten. Dort zog Knox einen kleinen blauen Behälter aus seiner Tasche und gab ihn mir. Als ich ihn entgegennahm, dachte ich daran, dass mir jemand genau so ein Kästchen mal geklaut hatte. Sofort begann mein Kopf zu pochen. Hörte das denn niemals auf?
»Hier, temporäre Links für dich.« Knox lächelte mich an. »Du hast hoffentlich nicht vergessen, wie man sie einsetzt.«
Mein Gehirn sprang von den Gedanken an Lucien zu einem viel dringenderen Problem – den InterLinks, die man mir bereits implantiert und auf die Netzhaut gedampft hatte. Auf der Insel trugen alle permanent welche, aber ich hatte das bisher abgelehnt und es darauf geschoben, dass sie nach einer gewissen Zeit unter der Last meines Gehirns eh kaputtgehen würden. Doch jetzt sollte ich welche einsetzen, um mit den anderen in Kontakt zu bleiben. Verdammt. Ich setzte ein Lächeln auf. »Wie sollte ich das vergessen? Aber ich muss vorher noch kurz …« Ich machte eine unbestimmte Geste und verschwand hinter ein paar Büschen. Dort hockte ich mich hin.
»Was soll ich tun?«, fragte ich so leise, dass mich keiner der anderen hörte.
Wir arbeiten daran. Ich stellte mir vor, wie der diensthabende Schakal einen Techniker herbeizitierte, der in drei Sekunden eine Lösung finden sollte. Ich wünschte ihm viel Glück dabei.
Wir müssen die Verbindung kurz unterbrechen. Beweg dich nicht, sonst greift das InstantClear. Ich nickte und blieb in der Hocke, eine Minute, zwei. Angespannt wartete ich auf ein Zeichen.
»Scale?« Elodie rief durch die Büsche. »Wie lange kann man brauchen, um zu pinkeln? Wir müssen los.«
»Ich bin sofort da!«, antwortete ich. Dann senkte ich die Stimme. »Es wäre nett, wenn ihr euch ein bisschen beeilen würdet.«
Einen Moment noch. Elodie setzte sich wieder in Bewegung, ich konnte ihre Schritte hören. Eilig öffnete ich Knopf und Reißverschluss meiner Hose, kam aus der Hocke hoch und nestelte daran herum. In meinem Sichtfeld erschien bei meiner Bewegung ein roter Balken, der sich von links nach rechts zu füllen begann.
»Wird’s bald? Ich muss in diesen Schuhen den Hügel hinunterlaufen und nur Gott weiß, wie lange das dauern wird.« Elodie verschränkte die Arme, als sie sah, wie ich mit dem Reißverschluss kämpfte. »Es ist wirklich ein Wunder, dass man dich bei den Schakalen aufnehmen wollte.«
Ich hörte ihre Worte kaum, eine patzige Antwort hatte ich auch nicht parat. Meine volle Aufmerksamkeit galt dem Balken, der das Ende seines Rahmens bald erreicht haben würde. Sagen konnte ich nichts mehr, also starrte ich wie gebannt auf den anwachsenden roten Streifen. Bitte tut irgendetwas, flehte ich stumm.
Es fehlte nur noch ein Hauch, da stoppte er.
Du kannst die fremden Links jetzt einsetzen. Wir haben den Frequenzbereich angepasst, damit sie sich nicht gegenseitig stören. Ich nahm den Behälter mit den EyeLinks und schob die temporären Linsen mit unruhigen Fingern in meine Augen. Die EarLinks folgten. »Etwas weniger Drama wäre in Zukunft nett«, murmelte ich noch, bevor ich zu den anderen ging. Es kam keine Antwort.
Im Schutz der Dämmerung liefen wir den Hügel hinunter und postierten uns hinter dem westlichen Teil der Mauer. Jetzt mussten wir warten. Elodie war auf dem Weg zur Einfahrt des Hauses. Erst, wenn sie dort ihre Show abgezogen hatte – und damit auch die Wachen –, konnten wir loslegen.
Wir waren zu fünft, als wir uns auf den Boden hockten und eine halbwegs bequeme Position suchten. Tatius, Jye, Knox, ich und außerdem Martin, der schon dabei gewesen war, als sie mich aufgegriffen hatten. Meine Waffe drückte gegen meine Hüfte, als ich das Gewicht verlagerte. Es war merkwürdig, wieder eine zu tragen, fast schon unangenehm. Natürlich war es keine rein mechanische, wie bei dem Attentat auf Leopold, trotzdem erinnerte sie mich daran.
»Ich bin auf der Zufahrt«, sagte Elodie in meinem Ohr. »Melde mich, wenn ich am Haus bin. Erlaubt Scale bloß nicht, pinkeln zu gehen.«
Die Jungs grinsten und ich verdrehte die Augen.
»Ihr habt sie verzogen, das ist euch klar, oder?«
Tatius hob die Schultern. »Das ist wohl vor allem mein Verdienst.«
»Wieso nennst du sie eigentlich Schwester?« Das hatte ich schon seit meiner Ankunft fragen wollen und dann immer wieder vergessen. »Ihr könnt unmöglich aus dem gleichen Genpool sein.«
»Sind wir auch nicht. Meine Mutter hat Elodies Vater kennengelernt, als ich zehn und sie sechs war. Wir waren beide Einzelkinder, also hat es eine Weile gebraucht, bis wir uns zusammengerauft hatten. Aber seitdem sind wir unzertrennlich.«
»Hör auf mit dem Gesäusel, Tate«, sagte Elodie. »Die Prinzessin interessiert sich nicht für unsere Familiengeschichte, sondern nur für sich selbst.«
»Halt die Klappe, Lod.« Knox’ Tonfall war schneidend scharf. »Konzentrier dich lieber auf deinen Job.«
Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu. Obwohl ich niemanden brauchte, der meine Kämpfe ausfocht, war ich die Auseinandersetzungen mit Elodie mehr als leid.
»Es geht los«, gab sie wenige Minuten später das Startsignal. Dann begann sie herzzerreißend zu jammern. »Bitte helfen Sie mir! Mein Freund und ich hatten einen Unfall! Er stirbt, wenn Sie ihm nicht helfen!«
»Sie ist gut«, gab ich zu und zog meine Maske über das Gesicht. Nicht so gut wie ich, aber passabel. Außerdem hätte ich in diesen Schuhen nie laufen können.
Knox erhob sich. »Macht euch bereit.« Ich konnte seine Augen hinter dem verspiegelten Teil der Maske nicht mehr erkennen.
Jye, der am größten war, spähte über die Mauer. Lange sagte er nichts, dann gab er uns einen Wink. »Die beiden Typen hauen ab.«
Ich setzte einen Fuß in seine gefalteten Hände und stieß mich ab. Weich landete ich auf der anderen Seite der Mauer. Nacheinander folgten mir drei der vier Jungs. Martin würde zum Wagen gehen und sich bereithalten, um uns später abzuholen.
Die weiße Fläche hinter dem Haus lag einsam da, im Erdgeschoss brannte Licht, im oberen Stockwerk war es dunkel. Wir rannten geduckt über die hellen Steine, jeder mit der Waffe in der Hand. Neben der Terrassentür ging Knox in die Hocke und zog ein kleines Gerät aus seiner Tasche. Er schaltete es ein, drückte zwei Knöpfe und wartete, aber die Statusanzeige blieb beharrlich auf Rot. Er versuchte es noch einmal, während kostbare Minuten verstrichen.
»Verdammt, die haben etwas geändert«, fluchte er schließlich und nahm das Gerät herunter. »Costard hat gesagt, es wäre ein code-gesicherter Schließalgorithmus, den wir mit dem Gerät entschlüsseln könnten. Aber das hier ist ein WrInk-gesicherter Mechanismus. Dafür brauchen wir anderes Equipment.«
Ja, einen fremden WrInk mit fremder DNA daran, erinnerte ich mich schaudernd und sah auf die Uhr. Die Zeit rannte, wir hätten schon längst im Haus sein müssen. Elodie würde die Wachleute nicht ewig ablenken können.
»Wir müssen abbrechen«, sagte Jye. »Es bringt nichts, wenn wir nicht ins Haus kommen.« Wir konnten nicht auf die herkömmliche Weise einbrechen, denn jede Beschädigung am Haus hätte sofort einige Dutzend Soldaten auf den Plan gerufen. Phoenix wollte zwar, dass ich diese Daten in die Finger bekam. Aber er k
onnte nicht zulassen, das ReVerse glaubte, der König würde so einen Einbruch nicht ahnden.
Maraisville schaltete sich ein. Wir kümmern uns darum. Sorg dafür, dass es plausibel aussieht.
»Lass mich mal.« Ich nahm Knox das Gerät aus der Hand und öffnete das Gehäuse. Es war nur Show, man konnte es nicht zu einem WrInk-Imitator umfunktionieren. Allerdings glaubten die anderen, dass ich ein Technikgenie war. Vielleicht würden sie es schlucken.
Ich steckte die Connecter um und schloss das Gehäuse wieder, dann hob ich es an den WrInk-Abtaster. Erst passierte nichts, wir alle hielten die Luft an. Dann hörte man, wie die Verriegelung aufging. Gerade noch rechtzeitig: Als wir ins Innere des Hauses schlüpften, kehrten zwei der vier Wachleute zurück. Auf dem Rückweg würden wir uns etwas überlegen müssen, wenn wir nicht kämpfen wollten.
Das Erdgeschoss war hell erleuchtet, aber leer. Wir hielten uns links und steuerten die Treppe an. Nach oben wurde es dunkler, durch wabenförmige Einlässe in den Fenstern fiel Licht auf die Stufen. Es erinnerte mich an die Räume im Juwel, wenn der Mond durch die Fenster schien. Mein Kopf meldete einen dumpfen Schmerz. Nicht jetzt, flehte ich innerlich.
Tatius blieb am unteren Treppenabsatz, Jye am oberen. Knox und ich liefen durch den dunklen Flur zum Arbeitszimmer. Die Türen zu den anderen Räumen standen offen, ich erkannte ein Schlafzimmer, ein Bad und ein Kinderzimmer. Gut, dass wir einen Abend ausgesucht hatten, an dem die Familie des Funktionärs nicht zu Hause war. Ich verspürte keine Lust, meine Waffe auf ein Kind zu richten.
»Hier ist es.« Knox betrat einen großen Raum, dessen Fenster zum Meer zeigten. Der Mond ließ genug Licht herein, um den Safe zu erkennen: Es war ein Ungetüm aus Stahl, geformt wie ein Achteck und groß wie ein Mann. Knox zog die Maske vom Kopf, nahm seinen Rucksack herunter und holte das Equipment heraus. »Immerhin dieses Modell stimmt«, sagte er erleichtert.
Ich zog ebenfalls die Maske hoch, behielt meine Waffe im Anschlag und die Tür im Blick. Knox installierte währenddessen hinter mir akustische Sensoren an der Tür des Safes. Tresore wie dieser hatten ein mechanisches Schließsystem, das sich nur mit Geschick und Gehör überwinden ließ. Auch Maraisville hätte da nicht helfen können. Es war ein kluger Schachzug von Costard gewesen, einen solch altmodischen Safe zu wählen. In der Zeit vor der Abkehr hatte kaum noch jemand gewusst, wie man so etwas öffnete, während elektronisch gesteuerte Tresore lächerlich einfach zu knacken gewesen waren.