Love is Bold – Du gibst mir Mut: Roman (Love-is-Reihe 2) (German Edition)
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DJ s sind in der Musikszene von New Orleans nicht gerade hoch angesehen, weil sie sich als Einzelpersonen gut bezahlte Gigs unter den Nagel reißen und dabei oft einfach nur ihre Playlists runterlaufen lassen.
»Der DJ hat sich jedenfalls den Arm gebrochen und daher Mel – das ist die Cousine – ziemlich kurzfristig abgesagt.«
»Karma«, nuschelt Sal, und ich muss lachen.
»Sein Pech könnte unser Glück sein«, fährt Curtis unbeirrt fort. »Wenn ihr Interesse habt.«
»Was? Ja, natürlich«, sagt Link.
»Keine Frage«, kommt es sofort von Sal.
Auch ich nicke begeistert, und wenn ich Jaspers Miene richtig deute, ist er ebenfalls nicht abgeneigt. Allerdings denkt er mit Sicherheit schon über Babysitter nach.
»Die Sache hat einen Haken«, sagt Curtis.
»Sie zahlt scheiße?«, fragt Link.
»Sie wünscht sich Kuschelrock?«, stöhnt Jasper.
»Die Gage ist okay. Sie hat ein Budget von zweitausend Dollar. Und musikalisch lässt sie uns weitestgehend freie Hand. Sie hätte gern Jazz zum Empfang und ›etwas Tanzbares‹ für später. Das Problem ist eher … die Location.«
»Okay?«, sage ich.
»Also … es ist eine alte Plantage hinter St. Francisville. Kurz vor der Grenze zu Mississippi.«
»Echt jetzt?« Sal verdreht die Augen.
»Das ist ja scheußlich«, sagt Link. »Wer kommt denn auf so eine Idee?«
»Sieht vermutlich gut auf Instagram aus«, schlage ich vor, auch wenn ich selbst ebenfalls ziemlich genervt bin. Aber ich weiß, wie wichtig das Geld für Link und Jasper ist, deswegen will ich mich nicht querstellen.
»Amory hat aber auch dafür einen Plan«, nimmt Curtis den Faden wieder auf. »Sie hat eine Voodoo-Puppe gekauft, die sie dort vergraben möchte.«
Ich pruste laut los. »Manchmal wüsste ich wirklich gern, was in Amorys Kopf vor sich geht.«
»Also, was sagt ihr?«, fragt Curtis. »Für Kost und Logis ist natürlich gesorgt«, schiebt er noch hinterher.
»Ich könnte das zusätzliche Geld echt gut gebrauchen«, sagt Jasper und wird ein wenig rot. »Aber nur, wenn es für die anderen in Ordnung geht.«
»Ich bin auch dabei«, sagt Link.
»Also meinetwegen.« Sal zuckt mit den Schultern. »Aber die Voodoo-Puppe vergrabe ich höchstpersönlich.«
»Bonnie?«
Es steht für mich außer Frage, Jasper und Link zu helfen. Daher zögere ich nicht lange. »Ihr könnt auf mich zählen.«
Kurz berichtet Curtis uns von den Einzelheiten. Wir sollen Freitagabend anreisen und bis Sonntagmorgen bleiben, damit wir frühzeitig aufbauen und zum Empfang am Mittag und während der Party abends spielen können.
»Ich sage gleich Amory Bescheid, damit sie ihre Cousine beruhigen kann.« Mit diesen Worten geht er nach draußen.
Als Curtis wieder zurückkehrt, befinden wir uns im Aufbruch.
»Und? Hat sie sich gefreut?«, fragt Link.
»Jep«, sagt Curtis, »sie war ganz aus dem Häuschen.« Ich weiß nicht, ob noch jemandem der sarkastische Unterton auffällt. Das ist nicht gut. Gar nicht gut. »Habt ihr Bock, ein bisschen die Sau rauszulassen?« In seinen Augen blitzt etwas auf. Jedoch ist es keine Freude. »Unseren Erfolg zu feiern?«
Ich habe keine Ahnung, warum er das so seltsam gedehnt sagt, doch in mir schrillen die Alarmglocken.
»Sorry, Mann, aber ich muss nach Hause zu den Kids«, sagt Jasper und mit Blick auf die Uhr: »O ja, ich sollte schleunigst los.«
»Heute kann ich leider nicht. Datenight«, schließt sich Link an und wackelt mit den Augenbrauen.
Sal ist bereits zur Tür raus.
»Und was ist mit dir, Süße?«, fragt er mich. Ich hasse es, wenn er mir Kosenamen gibt, doch gerade bin ich auf der Hut. Und in dieser Stimmung lasse ich Curtis sicher nicht allein.
»Okay, was schwebt dir vor?« Ich blicke ihn aufmerksam an.
»Mal wieder richtig feiern. Alles vergessen. Wie früher.«
Wie früher. Nur, dass früher eben vorbei ist. Und in Curtis’ Fall hatte man gehofft, dass es so bleibt. Unterbrochen von dem ein oder anderen Rückfall – aber es sah gut aus.
»Ein paar Drinks und dann Funk House «, beschließt er. Es ist keine Frage.
Ich lasse meinen Bass in der Musikschule. Fünf Minuten entfernt gibt es eine Spelunke, in der abgestürzte Musiker und fertige Gewohnheitstrinker ein und aus gehen. Curtis holt an der Bar zwei Bier und zwei klare Shots – Wodka, vermutlich – und setzt sich dann zu mir in die hinterste Ecke der dunklen Kneipe.
»Cheers.« Er hebt das Shotglas und kippt es in einem Zug hinunter. »Wooohooo!« Er grinst mich an, doch in seinen Augen liegt nach wie vor dieses zornige Funkeln. »Was ist, Bonnie? Lass mich nicht hängen! Mach dich locker!«
Ich exe ebenfalls meinen Shot. Tatsächlich ist es Wodka, der in meiner Kehle brennt.
Curtis zündet sich eine Zigarette an und inhaliert tief. Eigentlich darf man drinnen nicht rauchen, aber hier, mitten in Tremé in der abgefucktesten Kneipe weit und breit, interessiert das niemanden.
»Also, Süße, erzähl mal«, sagt er. »Ist ja ’ne Weile her, seit wir das letzte Mal zusammen aus waren.« Mit einem Schwenk des leeren Shotglases signalisiert er der Frau hinter der Bar, dass er noch einen möchte.
»Kannst du nicht herkommen, wenn du was willst?«, ruft sie, doch Curtis grinst nur. Und tatsächlich, fünf Minuten später stehen zwei weitere Wodkashots vor uns. Curtis hat seinen sofort wieder heruntergekippt, ich bleibe erst einmal lieber beim Bier. Denn wenn das hier eskaliert, sollte wenigstens einer von uns seinen Kopf einigermaßen beisammen behalten.
»Ist das Leben nicht schön?«, sagt Curtis. »Geile Musik, kaltes Bier, schöne Frauen …« Bei Letzterem zwinkert er mir zu.
Ich lache. »Curtis«, ermahne ich ihn.
»Ist doch wahr, Bonnie. Ich check nicht, warum dich nicht jemand vom Fleck weg heiratet.«
»Vielleicht gehören dazu zwei?«, schlage ich vor.
»Oooooh, du willst richtiges Balzverhalten?« Er steht auf und beginnt einen übertrieben albernen Tanz aufzuführen. Dann nimmt er meinen Shot, kippt ihn hinunter und setzt sich neben mich.
»Du spinnst«, sage ich lachend.
»Die Welt spinnt.« Er legt den Arm um mich und zieht mich an sich. »Aber dich mag ich, Bonnie.«
Wieder muss ich lachen. »Ich weiß, Curtis.«
»Ich weiß, dass du das weißt. Trotzdem sag ich es dir.«
»Das ist lieb von dir.«
Einen Moment trinken wir schweigend, und Curtis rutscht wieder ein Stück von mir weg.
»Ich glaube, du solltest heute Abend Sex haben«, sagt er dann.
Wieder muss ich lachen. »Ich glaube, das ist meine Angelegenheit.«
»Ich glaube, ich suche dir einen attraktiven Kerl aus.«
»Ich glaube, das lässt du besser.«
»Ich glaube, ich sollte vielleicht Sex haben. Suchst du mir jemanden aus?«
Ich sehe mich um. Abgesehen von der rundlichen Frau hinter dem Tresen und zwei alten Männern, ist die Bar leer.
»Nicht hier, Puppe. Später.«
»Nenn mich nicht so.«
Curtis bestellt zwei weitere Shots und zündet sich noch eine Zigarette an.
»Verrätst du mir, was los ist?«, frage ich.
»Was soll los sein?« Sein Blick ist nicht mehr ganz so fokussiert. Der Alkohol beginnt zu wirken.
»Warum auf einmal der Drang, einen draufzumachen?« Ich lächle ihn unschuldig an.
»Darf man nicht Lust auf einen Abend mit einer guten Freundin haben?« Er nimmt meine Hand und deutet einen Kuss an.
»Du bist albern.«
»Du bist albern.«
»Du bist alberner. «
»Ich wehre mich nicht gegen dich, Bonnie«, sagt er und kippt erst seinen, dann meinen Wodka hinunter.
Als wir gegen halb elf ins Funk House aufbrechen, ist Curtis schon ziemlich betrunken, und ich habe fast die Hoffnung, dass sie uns nicht mehr reinlassen. Doch mein Onkel Trevor arbeitet heute und winkt uns sofort rein.
Drinnen ist es
noch dunkler als in der Kneipe. Und es ist laut. Eine Funk-Band spielt auf der Bühne, davor tanzen ein paar Leute. Es ist noch zu früh, in ein bis zwei Stunden ist die Tanzfläche gerammelt voll. Curtis steuert zielsicher die Bar an und setzt sich auf einen der Hocker.
Eigentlich habe ich Lust zu tanzen. Die Band ist gut, ich habe sie schon etliche Male gehört. In ein paar Jahren werden sie es sicher von der Vorband zum Main Act geschafft haben. Aber ich kann Curtis nicht allein lassen.
»Was willst du trinken, Babe? «, fragt er.
»Wasser«, sage ich, weil ich die drei Pints bereits spüre.
»Ach was! Wir sind nur einmal jung. Zwei Bier«, ruft er dem Barmann zu.
Aus dem Augenwinkel studiere ich Curtis’ Gesicht. Der Rausch lässt ihn die Selbstkontrolle ein wenig vergessen, sodass ab und zu eine echte Emotion durchblitzt. In meinen Augen sieht es aus wie Schmerz, doch bei Curtis weiß man nie.
»Komm, wir tanzen«, sagt er und zieht mich von meinem Barhocker.
Curtis bewegt sich gut. Als Drummer hat er ein sagenhaftes Rhythmusgefühl. Und nicht nur das – er weiß seinen Körper zu bewegen. Es hat mich nie gewundert, dass er bei Frauen gut ankam, auch wenn sein Gesicht ein bisschen grob aussieht. Nicht schlecht, im Gegenteil. Aber er hat etwas Raues, Wildes an sich, das mich abschrecken würde und das in diesem Moment noch deutlicher sichtbar ist.
Wir tanzen zusammen. Mal enger, mal weiter auseinander. Und ich merke, wie ich mich entspanne, weil ich sehe, dass es Curtis guttut, sich zu bewegen. Er ist ausgelassen, und das Grinsen in seinem Gesicht wirkt weniger angespannt und gezwungen als noch vor zehn Minuten.
»Und, Babe? Gefällt dir jemand?«, fragt er, sein Mund dicht an meinem Ohr.
»Ich bin nicht auf der Suche, Babe. Was ist mit dir?«
»Alle«, ruft er und wirft die Arme in die Luft. Er ist beinahe ekstatisch, und ich bin es mit ihm. Die Musik reißt mich mit, lässt mich Sorgen und Nöte vergessen, die sonst meinen Kopf auf Trab halten.
Curtis trinkt erst sein Bier, dann meins. Anschließend holt er uns Nachschub. Ich habe längst aufgehört zu zählen, wie viel er inzwischen intus hat. Solange er tanzen kann, ist alles gut, auch wenn sein Blick glasiger und seine Aussprache verwaschener wird. Dennoch war es eine gute Idee, hierherzukommen. Alles hinter uns zu lassen, egal, was auch bei Curtis gerade los ist. Es hat mir gefehlt, loszulassen.
Die Tanzfläche ist inzwischen ziemlich voll, und wir werden immer wieder aneinandergepresst. Es ist heiß, wir sind verschwitzt, aber ausgelassen und fröhlich. Die Band heizt die Stimmung an, heizt den Tanzenden ein. Als ihre eigene Interpretation von Express Yourself erklingt, grölt der ganze Club mit. Und Curtis und ich mittendrin. Er nimmt meine Hände, und wir hüpfen und taumeln und singen und jubeln. Bis auf einmal die Stimmung kippt.
Curtis macht einen ausladenden Schritt nach hinten und stößt mit einem bulligen Kerl zusammen, der ihn wieder zurückschiebt.
»Hey«, ruft Curtis und dreht sich zu ihm um. In diesem Bruchteil einer Sekunde sehe ich, wie sich der Ausdruck in seinem Gesicht komplett verändert hat. Er ist finster geworden. Wütend.
»Pass ein bisschen auf, ja?«, sagt der Typ und will sich wieder abwenden.
»Pass du ein bisschen auf, Alter«, ruft Curtis.
»Wir wollen hier alle nur Spaß haben.«
»Dann sei kein Arsch und lass mich in Ruhe.«
»Curtis?« Ich berühre ihn an der Schulter und werfe dem Mann einen entschuldigenden Blick zu.
»Wie hast du mich gerade genannt?«
»Wisch dir die Tränen aus dem Gesicht«, sagt Curtis.
»Hey, Mann, lass den Scheiß«, versuche ich es.
»Mach mich nicht an, du Pisser.« Auch bei dem Kerl ist die Stimmung umgeschlagen.
Curtis baut sich vor ihm auf, das Kinn nach vorne gereckt. Es ist eine Drohung. »Pass auf, was du sagst, Wichser.«
»Mach dich nicht lächerlich.« Der Mann, der mit Sicherheit einen Kopf größer ist als Curtis und ungefähr doppelt so breit, schiebt ihn von sich. Doch Curtis schlägt seine Arme weg. Ich weiß ganz genau, wenn niemand einschreitet, eskaliert das hier schnell zu einer ausgereiften Schlägerei. Es ist nicht das erste Mal, dass ich Zeugin davon werde.
»Okay, das reicht, Curtis«, sage ich und trete mit dem Mut einer Wahnsinnigen zwischen die beiden Streithähne.
»Lass mich, Bonnie. Das ist meine Sache.«
»Ist es nicht. Du hast mich mitgeschleift.«
»Hör besser auf deine Alte«, empfiehlt der bullige Typ.
»Vorsicht«, sage ich an ihn gewandt, denn auch mir gefällt sein Ton nicht. Obwohl Curtis angefangen hat. Und vermutlich mit voller Absicht. Ich versuche hier gerade zu schlichten, da kann er sich ein bisschen zusammenreißen.
Mit einem Satz ist Curtis an mir vorbeigesprungen und hat dem Kerl eine verpasst. Allerdings ist er so betrunken, dass er ihn nicht richtig trifft. Doch sein Widersacher ist nüchtern genug und streckt ihn mit einem gezielten Faustschlag nieder. Ein paar Leute kreischen.
»Kannst du bitte abhauen?«, schreie ich den Typen an. Er muss kapiert haben, dass es mir ernst ist, denn er wendet sich ab und ist im nächsten Moment in der Menge verschwunden. »Hast du jetzt endlich genug?«
Curtis reibt sich den Unterkiefer, der in den nächsten Tagen in den schönsten Farben leuchten wird. »Ichbringihnum«, nuschelt er und versucht sich aufzurichten.
»Nein, das tust du nicht.« Ich war selten so froh darüber, Trevors Gesicht zu sehen.
Als wiege er nichts, hebt mein Onkel Curtis auf die Beine und schleppt ihn nach draußen.
»Für heute Abend ist Schluss für dich«, erläutert er ihm draußen. »So einen Zirkus brauchen wir hier nicht.«
»Aberderandere …«
»Hör auf zu sprechen, Curtis, sonst erteile ich dir Hausverbot.«
»Aber …«
»Bring ihn nach Hause, Bonnie. Schaff ihn hier weg. Ich hab keinen Bock, dass die Bullen hier auftauchen.«
Ich lege mir Curtis’ Arm um die Schulter und versuche ihn aufrecht zu halten.
»Kannst du laufen, Curtis?«, frage ich.
»Meineleichtesteübung.«
Wir schwanken bedrohlich, doch nach einer Minute scheint er sich gefangen zu haben. Wir laufen zwar beeindruckende Schlangenlinien, bewegen uns aber einigermaßen aufrecht fort.
»Du schläfst heute bei mir«, beschließe ich.
»Istdasweit?«
»Fünfzehn Minuten. Zwanzig in deinem Tempo.«
»Okeh.«
Wir entfernen uns vom Funk House. Die Musik und die Stimmen werden leiser, die Beleuchtung spärlicher.
»Siebringteindatemit.«
»Was?«, frage ich.
»Amory.«
»Was ist mit Amory?« Ich habe kein Wort von seinem besoffenen Genuschel verstanden.
»Amory … Sie bringt ein Date mit.«
»Wohin?«
»Zur Hochzeit.«
Daher weht also der Wind.
»Und das verletzt dich?«
»Bist du bescheuert? Es könnte mir nicht egaler sein.«
Ja, genau. Deswegen besäuft er sich und fängt völlig willkürlich eine Schlägerei an.
»Du weißt, dass es okay ist, jemanden zu mögen?«, frage ich vorsichtig, während sein Gewicht auf meiner Schulter immer drückender wird.
»Pfff«, macht er.
»Ich meine ja nur. Du kannst auch mal durch den Wind sein, wenn eine Frau wie Amory mit jemandem auf eine Hochzeit geht, der nicht du ist.«
»Sie kann machen, was sie will.«
»Ich weiß. Natürlich kann sie das. Schließlich seid ihr nicht zusammen.«
»Näh.« Er spuckt es beinahe aus.
Ich wünschte so sehr, Curtis könnte aus seiner Haut und einfach mit Amory zusammen sein. Glücklich sein. Mit der Frau, die es geschafft hat, ihn runterzubringen.
Wenig später bugsiere ich ihn so leise wie möglich ins Haus und die Treppe hoch in mein Zimmer. Mein Bett ist groß genug für zwei, und ich habe kein Problem damit, es mit meinen Freunden zu teilen.
»Alter, Bonnie, was ist mit den ganzen Gläsern?«, fra
gt Curtis und lässt sich mit halb geschlossenen Augen aufs Bett plumpsen.
Er meint meine Erinnerungen, die fein aufgereiht in meinem Regal stehen.
»Das ist so eine komische Angewohnheit von mir«, sage ich.
»Erzähl es mir.« Er schließt die Augen und dreht sich zur Wand.
»Wenn du deine Schuhe ausziehst«, sage ich, denn morgen hat er es ohnehin wieder vergessen.
Tatsächlich setzt er sich mühsam auf und versucht die Schleifen seiner Schuhe zu lösen. »Kannst du mir helfen?«, fragt er und lässt hilflos die Arme sinken.
Ich knie mich aufs Bett und ziehe ihm die Schuhe aus. Währenddessen macht er sich an seinem T-Shirt zu schaffen.
»Mir ist warm«, sagt er als Erklärung. »Und jetzt erzähl von deinen Gläsern.«
»Also. Immer, wenn etwas passiert, das ich nie vergessen will, fülle ich kleine Gegenstände in ein Glas, die mich daran erinnern sollen.«
»Klingt schön«, sagt Curtis und lässt sich mit nacktem Oberkörper auf mein Bett zurückfallen. Seine Augen sind wieder geschlossen, und ich nutze den Moment, um mich meiner verschwitzten Klamotten zu entledigen und in ein Schlafshirt zu schlüpfen. »Was für Erinnerungen?«
»Zum Beispiel unser erster Gig«, sage ich und hebe ein Glas hoch. Darin befinden sich die zusammengefaltete Setlist und die Telefonnummer von irgendeinem Typen.
»Das war ein Abend … Was noch?«
»Als ich mit meinem Dad und Lula im Zoo war. Da war ich neun.« In dem Glas befindet sich die Eintrittskarte, der Stiel von meinem Eis und das getrocknete Blatt von irgendeiner Pflanze, die ich interessant fand.
»Du hast einen Dad?«
Ich lache. »Jeder hat einen Dad.«
»Ich nicht.«
Kurz schlucke ich. »Du hast auch einen Dad. Nur ist er nicht mehr da.«
»Wo ist deiner?«
»In North Carolina.«
»Das ist näher als meiner. Was noch?«
Ich schalte das Licht aus und lege mich neben Curtis. »Mein erster Tag an der Highschool.« Das Glas enthält unter anderem mein Namensschild und einen Radiergummi, den ich auf dem Boden gefunden habe.
»Was noch?«
»Schlaf jetzt, Curtis.«
»Kuscheln wir?«
Ich lache leise. »Du kannst deinen Arm um mich legen, aber das war’s.«
»Danke.«