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by Nate Southard


  Er sah schwirrende Kauleisten und zornige, hungrige Pupillen, die vor der absoluten Dunkelheit in einem helleren Schwarz erglühten. Blitzlichtartige Momentaufnahmen von Höhlen und Wirbeln, von Männern, die im nahenden Wahnsinn Chiffren in Felswände ritzten, Löcher tiefer gruben und sich die eigenen Kehlen aufschlitzten, um dem Boden unter ihren Füßen Nahrung zu spenden, tauchten vor seinem geistigen Auge auf. Dabei wusste er, dass sie in Wahrheit nicht den Boden nährten, sondern diese Kreatur, die ihn anbleckte und verlangte, auf die Welt da draußen losgelassen zu werden. Tränen strömten über sein Gesicht. Er kniff die Lider zusammen, um den Horror auszusperren, und zog an Jens Arm. Sie fühlte sich unnatürlich schwer an, doch er kämpfte weiter, rang um jeden Zentimeter, als er sie von dem Schrecken in der Grube wegzerrte – dieser lebenden Dunkelheit, die sie beide verlangte, die alles verlangte.

  Er vernahm ein weiteres Geräusch, das ein wütender Schrei sein mochte, und dann sprang Dani ihm auf den Rücken. Ihr Gewicht schlug wie eine Abrissbirne gegen seine Rippen. Die Luft entwich aus seinen Lungenflügeln und verweigerte die Rückkehr. Ihre Klauen stießen an seine Seiten und gruben sich tief in sein Fleisch. Der Schmerz war heiß und unmittelbar. Er kämpfte, um Jens Handgelenke nicht loszulassen, und stellte sich die Frage, was passieren würde, falls Dani ihn tötete. Er betete, dass es ihnen erspart blieb, bei lebendigem Leib in diesen schäumenden Sturm aus Beißern und Finsternis geschleudert zu werden.

  Danis Klauen fühlten sich wie Rasiermesser an, die immer tiefer in seinen Oberkörper ritzten und nach allem Ausschau hielten, was sich zerstören ließ. Brennende Agonie lähmte ihn. Etwas, das ein Schrei sein wollte, steckte in seiner Kehle fest und hinderte ihn am Atmen. Noch immer umklammerte er Jens Handgelenk und tat sein Bestes, gegenzuhalten, während ihre Schwester ihn in Stücke riss.

  Ihm wurde schwarz vor Augen und er glaubte nicht, dass diesmal das Wesen aus Schatten und Reißzähnen dahintersteckte. Es war vielmehr die Ohnmacht, die gekommen war, um ihn in ihr Reich zu holen. Er biss sich auf die Zunge und der Schleier verzog sich ein wenig, bevor er zurückkehrte. Es war zwecklos. Sie würden beide sterben und er konnte nichts tun, um es zu verhindern. Jetzt nicht mehr.

  Tut mir leid, Jen. Tut mir leid, Dad.

  Doch dann fiel das Gewicht von seinem Rücken ab. Die Klingen in seinen Seiten bohrten nicht länger, sondern zogen sich abrupt zurück. Mit einem schmerzhaften Schwall aus Luft kehrte seine Sauerstoffzufuhr zurück. Seine Gedanken überschlugen sich, als er versuchte, zu beschließen, was zuerst zu tun war. Er entschied sich dafür, Jen aus der Senke zu ziehen, aber seine Kraft reichte nicht. Die Kreatur in der strudelnden Tiefe brüllte weiter. Der Lärm drohte ihm den Schädel zu sprengen. Einen schrecklichen Augenblick lang starrte er Jen in die Augen und befürchtete, sie könnte die Hoffnungslosigkeit in seinem Blick erkennen. Ihr Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst und ihre Augen standen voller Tränen. Nein, er konnte nicht loslassen. Noch nicht.

  Ein weiteres Paar Hände tauchte auf und tastete an ihm vorbei nach Jens Armen. Erschrocken drehte er sich um. Shannon war am Rand der Öffnung aufgetaucht. Ihr Gesicht wirkte schmerzverzerrt, während sie an der Gitarristin zog. Er setzte ein idiotisches Grinsen auf und half der Reporterin. Jen ließ sich nun deutlich leichter bewegen. Zentimeter um Zentimeter schleiften sie ihren Körper der Freiheit entgegen. Potter schlang seine Arme um das Mädchen und rollte sich mit ihr zur Seite ab. Schuldgefühle durchzuckten ihn, als sie unter Schmerzen aufschrie. Aber er hatte sein Bestes gegeben. Das konnte ihm niemand absprechen.

  Langsam wälzte er sich herum, um nach Dani Ausschau zu halten. Sie lag nur einen oder zwei Meter entfernt. Der Knochensplitter, der benutzt worden war, um Shannons Bein zu pfählen, steckte in ihrem Rücken. Ihre leblosen Augen glotzten ins Leere.

  »Danke«, brachte er heraus, obwohl er bezweifelte, dass ihn jemand hören konnte. Shannon legte ihm die Arme um den Hals, und er hatte das Gefühl, dass sie an seiner Wange hysterisch kicherte. Er berührte ihr Gesicht und wäre beinahe ebenfalls in Gelächter ausgebrochen. Doch es gab zu viel, was ihn davon abhielt. Das schreckliche Monstrum in der Tiefe, ganz zu schweigen von der Kreatur, die sie in der Nacht nach dem Absturz angegriffen hatte.

  Als er an die Kreatur dachte, weiteten sich seine Augen. Er hatte sie zuletzt bei der Senke gesehen. Wohin war sie verschwunden?

  Wie zur Antwort wurde Shannon aus seinen Armen gerissen und kreischte, als die Bestie sie hoch in die Luft hob.

  Einen entsetzlichen Moment lang wurde die Welt noch schlimmer als einen Augenblick vorher. Ihr Körper verließ plötzlich den Boden und sie wusste nicht, wie ihr geschah. Noch bevor sie nach dem anfänglichen Keuchen wieder zu Atem kam, begriff sie, dass das Monster sie erwischt hatte. Sie konnte spüren, wie seine gewaltigen Klauen sie durchbohrten. Dolche aus poliertem Stein. Sein heißer Atem umwehte sie, der widerliche Moschusgeruch seines Fells drängte sich ihr auf, als ob er sich ebenfalls mit Klauen in sie hineinbohrte.

  Als das Biest sie ruhig über den Kopf hielt, schien das Universum sich um eine Winzigkeit zu beruhigen. Das Brüllen, das die Lichtung ausgefüllt hatte, verstummte, und sie spürte einen so tiefen Atemzug, als ob alle Lebewesen der Erde auf einmal Luft holten. Dann stieg aus der Mitte der Senke ein Laut auf, der auf schreckliche Weise einem Jubeln ähnelte.

  Sie drehte den Kopf und vergaß, wie man schrie. Selbst in den Klauen eines Monsters hätte sie sich niemals etwas so Abstoßendes vorstellen können. Sie hatte Greg in die Senke stürzen sehen und einen verrückten Moment lang fragte sie sich, ob er in dem Augenblick, bevor ihn diese schwirrenden Zähne zerfleischten, das Bewusstsein zurückerlangt hatte. Sie stellte sich die Frage, was sie selbst empfinden würde, wenn sie in diese Schwärze eintauchen müsste. Dann entschied sie, dass ihr das scheißegal war und sie gut daran tat, nicht zu grübeln, sondern sich aufs Überleben zu konzentrieren.

  Sie drosch auf die Klauen ein, die sie festhielten, und kreischte vor Wut, während sie nach dem Biest trat. Sie spürte, wie ihre Füße die Unterarme der Kreatur trafen, doch die schien keine Notiz davon zu nehmen. Sie streckte die Hände nach den roten Augen aus, fest entschlossen, sie aus den Höhlen zu rupfen. Stattdessen wurde sie noch höher gehoben.

  Dann schrie das Monster. Der Laut, den es ausstieß, ließ keine andere Deutung zu, als dass ihm etwas unglaubliche Schmerzen zufügte. Es krümmte sich unter ihr und sie rauschte mehrere Meter weit dem Boden entgegen. Das gequälte Aufheulen verschmolz mit dem Triumphgeschrei, das aus der Dunkelheit heranströmte, zu einem durchdringenden Chor aus Lärm.

  Sie wand sich im Griff des Wesens und ihre Augen fanden Potter. Der Mann litt offenkundig, sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse purer Qual. Er hatte den geschärften Beinknochen, mit dem sie verletzt worden war – und den sie anschließend in Danis Rücken gerammt hatte – tief in den Oberkörper des Monsters gestoßen. Während sie gegen die Umklammerung ankämpfte, knurrte Potter das Monster an und riss den Knochen heraus, um erneut ins Schwarze zu treffen. Der Koloss winselte wie ein verängstigter Hund und sie trommelte mit den Fäusten gegen seinen Arm.

  »Jawoll! Fick dich!« Sie brach in schallendes Gelächter aus und schlug wieder und wieder auf ihren Peiniger ein. Ihre Fäuste taten weh, aber das Triumphgefühl machte alles wett. Potter war auf bestem Weg, die Kreatur zu töten. Es machte ihr nichts aus, dass es kein perfekter Sieg war. Sie brachten das Vieh um, das ihr Todesangst eingejagt und einen guten Mann weggenommen hatte. Damit konnte sie sich anfreunden.

  Doch dann segelte sie in hohem Bogen durch die Luft, noch ehe sie begriff, dass das Monster sie weggeschleudert hatte. Ein Schrei formte sich in ihrer Brust, doch sie schlug auf dem Boden auf, bevor er sich löste. Dann kugelte sie immer schneller über den Boden, bevor die abschüssigen Wände der Senke sie in die Tiefe beförderten.

  Nein!

  Die Hände bremsten ihren Sturz. Haut mit der Temperatur von Klärschlamm berührte sie und brüchige Nägel gruben sich in ihr Fleisch. Wie bei einem Rockkonzert wurde sie durch die Menge getragen, kaum behutsamer, als man ein B�
�ndel Wäsche behandelt. Ihr Körper hob und senkte sich, die vielen Hände betasteten, drückten und zwickten sie.

  Doch die Hände trugen sie nicht einer Bühne mit hellen Scheinwerfern und einer Nebelmaschine entgegen. Es gab auch keine Abtrennung – von Security-Leuten in gelber Montur bewacht, die bereitstanden, um diese Hände abzufangen und zurück in die Menge zu schicken. Stattdessen trugen sie Shannon auf eine Dunkelheit zu, die nach ihr rief, in der Zähne surrten wie Sägeblätter. Sie blickte nach unten und vergaß zu schreien. Es gab keinen Grund dafür. Sie brauchte nur hinzusehen und erkannte, was dort in der Tiefe lauerte, sich aus dem Loch erheben und in ihre Welt eindringen wollte. Sie kannte es und sie hasste es.

  »Erstick dran«, sagte sie.

  Und es zerstörte sie.

  Das schreckliche Ding, das Curtis und die Piloten entführt hatte, wich zurück. Potter sprang ihm gegen die Brust, riss den Knochen zum zweiten Mal heraus und versenkte ihn erneut neben einem Paar Wunden, aus denen bereits schwarzes Blut herauspumpte. Er bellte dem Bastard ins Gesicht und wollte über die Schmerzen lachen, die hinter seiner Iris aufflackerten. Doch er tat es nicht. Wut kontrollierte seine Handlungen und er riss den Knochen los und stach erneut zu, wiederholte die wuchtigen Stöße, bis seine Arme brannten und ihm nicht länger gehorchten.

  Er sackte zu Boden, rollte sich auf den Rücken ab und kippte den Kopf zur Seite. Das Brüllen der mächtigen Wesenheit in der Senke malträtierte weiterhin seinen Schädel, doch er konnte nichts dagegen tun. Er war zu erschöpft, um zu laufen, vielleicht nicht einmal in der Lage, aufzustehen. Mit Sicherheit würde er Jen nicht tragen können, die den toten Körper ihrer Schwester hin und her wiegte, wobei sie Worte mit den Lippen formte, die er als »Es tut mir so leid« identifizierte. Ein Teil von ihm fragte sich, ob sie wirklich in Sicherheit waren oder die Dunkelheit sie immer noch mit all diesen Händen oder etwas Schlimmerem erwischen und sie sich in den Mund stopfen konnte. Doch mehr als alles andere wollte er liegen bleiben und sich ausruhen. Sein Körper weigerte sich, etwas anderes zu tun.

  Langsam reckte er den Kopf und starrte in den Nachthimmel. Die Sterne funkelten. Es brachte ihn zum Lächeln.

  »Tut mir leid, Shannon«, sagte er. »Tut mir leid, Marie. Tut mir leid, Dad. Tut mir leid, ganze gottverdammte Welt.« Dann schloss er seine Augen.

  Dreizehn

  Nach einer Zeitspanne, die sich wie eine Ewigkeit purer, gleißender Folter anfühlte, begann das gottlose Brüllen, das aus der Senke drang, abzuebben. Zunächst wurde es nur ein wenig leiser, dann verwandelte es sich von einem wütenden, hungrigen Schrei in einen, der ängstlich, beinahe kläglich wirkte. Jen nahm es durch das Brummen in ihrem Schädel wahr und sie glaubte zu begreifen, was vor sich ging.

  »Ich glaube, es hat nicht genug bekommen«, murmelte sie, nachdem sich für einen Zeitraum, den sie auf etwa zehn Minuten schätzte, Schweigen auf der Lichtung ausgebreitet hatte. Die Tatsache, dass sie ihre eigene Stimme hören konnte, überraschte sie, obwohl sie ihr kaum lauter als ein statisches Knistern vorkam.

  »Was?«

  »Ich glaube, es hat nicht genug bekommen«, wiederholte sie. »Es brauchte mehr Leichen, mehr Blut … was auch immer. Ich glaube, es brauchte zwei Opfer – mich und Rolling Stone – aber es hat nur sie bekommen.«

  »Was ist mit Greg?«

  »Zählte vermutlich nicht, weil er schon anfing, sich zu verwandeln?«

  »Könnte sein. Ich hoffe es.«

  Sie wälzte sich von der Leiche ihrer Schwester hinunter. Es tat unheimlich weh und es würde so schnell nicht besser werden. Irgendwie wusste sie das.

  »Du solltest dich nicht bewegen.«

  »Wir sollten nicht mehr leben.«

  »Touché.«

  »Ich würd mich gern ’ne Weile hinsetzen.«

  »Das ist eine fürchterliche Idee.«

  Ächzend rollte Jen sich auf den Bauch und schleppte sich über die Lichtung. Es tat höllisch weh. Sie zischte, hielt aber durch, während Potters gedämpfte Stimme sie die ganze Zeit über mahnend verfolgte. Scheiß drauf. Ihre Schwester und ihr Liebhaber waren tot, zusammen mit dem Rest der Band. Sie würde auf absehbare Zeit nicht mehr laufen können. Hilfe würde eintreffen – oder auch nicht. Zumindest wollte sie das, was nun passierte, aus normalem Blickwinkel mitbekommen.

  Der nächste Baum fühlte sich wie kilometerweit entfernt an, aber sie erreichte ihn nach einigen zermürbenden Momenten, die sie an den Rand einer Ohnmacht trieben. Mit der Wange auf dem kühlen Waldboden atmete sie tief durch. Die Erde roch muffig und vermodert. Jen verzog angeekelt das Gesicht. Stöhnend rollte sie sich erneut auf den Rücken und streckte die Hände aus, um den Baum zu fassen zu kriegen. Unter Schmerzen zog sie sich Zentimeter für Zentimeter in die Höhe, wobei sich die Rinde des Stamms in ihren Rücken bohrte. So enthüllte sich ihr die Welt in hinkenden Etappen.

  Sie langte noch einmal hinauf und stieß auf eine ins Holz geschnitzte Krümmung. Stirnrunzelnd ertastete sie mit gespreizten Fingern die Konturen.

  Es handelte sich um ein Symbol.

  Dunkelheit raste heran und erfüllte ihren Geist.

  »Sie steigt empor.«

  »Die Story ist immer das Wichtigste«

  Christian Endres im Gespräch mit Nate Southard

  Hallo Nate. Hast du schon immer auf Literatur gestanden?

  Aber ja. Einen Großteil meiner Kindheit habe ich mit der Nase in irgendein Buch gesteckt verbracht. Meistens Mystery- und Geistergeschichten und Bücher über urbane Mythen. Als ich älter wurde, hatten es mir besonders Stephen Kings frühe Kurzgeschichten angetan. Das brachte mich zu Robert McCammon und Clive Barker. Seither ist meine Lektüre äußerst breit gefächert und ich lese so oft wie möglich über alle möglichen Dinge.

  Hast du noch mehr Lieblingsautoren?

  Sogar sehr viele. Peter Straub, Norman Partridge und Laird Barron sind vermutlich meine drei Favoriten. Ich lese alles, was sie schreiben. Nach den drei kommen Gillian Flynn, Tom Piccirilli und Sarah Langan. Sie alle verfügen über einen erstaunlichen Stil und du kannst beim Lesen ihrer Prosa beinahe spüren, wie viel ihnen jedes ihrer Worte bedeutet.

  Haben deine Lieblingsautoren Einfluss auf deine eigenen Werke?

  Natürlich. Ich versuche oft, die Geschichten zu schreiben, die ich selbst gern lesen möchte. Deshalb finde ich Bücher, die mir gefallen, sehr inspirierend. Die Autoren, die ich eben genannt habe, sorgen dafür, dass ich permanent an mir arbeite, damit meine Schreibe immer besser wird. Die von mir gelesenen Sachen sind der Standard, mit dem ich meine eigenen Werke vergleiche. Wann immer ich also etwas lese, das mir Freude bereitet, möchte ich selbst etwas schreiben, das mich genauso begeistert.

  Was hat eigentlich den Ausschlag dafür gegeben, dass du Autor werden wolltest?

  Lange Zeit wollte ich Comics und Drehbücher schreiben. Prosa zu verfassen hatte mich nicht besonders interessiert. Das kam erst, nachdem ich mehr und mehr Kurzgeschichten las. Dadurch erwachte in mir der Wunsch, selbst Erzählungen zu schreiben.

  Wie hast du härtere Horror-Stoffe für dich entdeckt? Nur durch Bücher oder auch durch Filme?

  Ehrlich gesagt, es waren hauptsächlich Bücher. Ich war noch nie ein großer Fan von Hardcore-Horror-Filmen. Was ich wirklich mochte, war der spanische Film Kidnapped, doch die meisten anderen Sachen ließen mich eher ziemlich kalt. Allerdings ist es toll gewesen, mich durch Jack Ketchums Werke zu wühlen. Dann fing ich an, Brian Keene und Edward Lee zu lesen, und ihr Sinn für Humor, der Hand in Hand mit ihren unglaublich grausamen Geschichten einhergeht, traf mich wie ein Blitz.

  Wie lange hast du gebraucht, deinen eigenen Ton zu entwickeln?

  Ich glaube, dass ich meinen eigenen Ton ziemlich schnell gefunden habe. Die Entwicklung hält aber noch immer an. Alles, was ich jetzt schreibe, erscheint mir stärker als das, was ich davor geschrieben habe. Permanentes Verbessern ist meines Erachtens etwas, wonach jeder Autor streben sollte.

  Hast du auch schon fertige Geschichten in den Papierkorb geworfen?

  Es gibt ein paa
r Storys, bei denen hab ich es aufgegeben, zu versuchen, sie in Magazinen oder Anthologien unterzubringen. Sie sind nicht so stark, wie ich es erhofft hatte, und ich habe keine Lust, Neufassungen von ihnen zu schreiben.

  Sind die Ideen dann ganz verloren?

  Wenn eine Idee nicht funktioniert, gehe ich sie meistens in Form einer ganz neuen Geschichte an, anstatt zu versuchen, die existierende Story umzuschreiben.

  Erzählst du uns ein bisschen mehr über deine Arbeitsweise?

  Die hängt natürlich vom Projekt ab. Ich fange gern mit einer Outline an, selbst wenn ich mich beim Schreiben nur selten eng an diese Outline halte. Viele Bücher werden geschrieben, indem man »es fließen lässt«, aber die mit dieser »Methode« verfassten Bücher brauchen viel mehr Überarbeitung als Bücher, die anhand einer Outline geschrieben werden.

  Weißt du immer schon am Anfang, welche Figuren überleben und welche nicht?

  Eher nicht. Jedes Mal, wenn ich eine neue Kurzgeschichte oder einen neuen Roman anfange, habe ich eine Idee, wer überleben könnte, doch die Todesrate ist dann immer deutlich höher als zu Anfang gedacht.

  Brauchst du eine besondere Stimmung oder irgendwelche Rituale, bevor du mit dem Schreiben loslegst?

  Kaffee. Viel davon. Ich wache gegen 4:30 Uhr am Morgen auf und schreibe, bevor ich zur Arbeit gehe. Aufmerksam und geistig anwesend zu sein, ist also der schwierigste Part. Allerdings bevorzuge ich es, morgens zu schreiben. Wenn ich mich reingraben und schreiben kann, bevor ich Interesse am Rest des Tages entwickle, ist das Geschriebene klarer und besser.

  Dieser klare Stil, den du hast, wirkt immer so einfach. Aber er macht beim Schreiben einige Mühe, oder?

 

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