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Charisma

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by Michael G. Coney


  »Ich möchte Ihnen etwas sagen, Wal, um Ihnen unnötige Gedanken zu ersparen«, sagte Copwright plötzlich. »Es stimmt, daß wir auf der Forschungsstation die Möglichkeiten von

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  Zeitreisen untersucht haben. Das fällt zufällig in unsere Arbeitssphäre – als Angelegenheit akademischen Interesses, nicht als Aufgabe, für die öffentliche Gelder verschwendet werden. Wir haben uns kurz damit beschäftigt, einen Weg zu finden, der um die Paradoxa herumführt. Und festgestellt, daß es so einen Weg nicht gibt. Also war das Thema für uns gestorben.

  Es ist erledigt.« Aus der Art, wie er das sagte, erkannte ich, daß seiner Ansicht nach Mellors es ebenfalls fallen lassen sollte.

  »Ein Jammer…« Mellors zog ein Newspocket-Gerät aus der Tasche und verfolgte automatisch die Durchgabe der Marktprei-se. Selbst auf See, mit dem mysteriösen Abendlicht auf dem Wasser und den Schreien der Möwen aus ihren Nestern in den Uferklippen war es ihm unmöglich, den Rest der Welt zu vergessen. Er war immer Geschäftsmann. Ich vermute, daß dies eins der Geheimnisse seines Erfolges war, fragte mich jedoch gleichzeitig, ob es das wert war. Der kleine Bildschirm des Taschengeräts glühte bläulich im Zwielicht, die Ziffern flackerten.

  Er schaltete es aus und steckte es in die Tasche, einen zufriedenen Ausdruck auf seinem Gesicht. Offensichtlich war sein Imperium nicht zusammengebrochen.

  Er deutete auf die Starfish Bay. »Sehen Sie sich das an«, sagte er zu mir gewandt, aber – wie es seine Gewohnheit war – alle Anwesenden mit einschließend. »Hübsche, kleine Bucht. Ruhig und abgeschlossen. Es kommt kaum mal jemand her. Keine Straßen, müssen Sie wissen, nur ein Sandweg aus dem Landesinneren. Aber am besten erreicht man sie, wenn man von Falcombe aus über die Klippen steigt.« Sein Gesicht wirkte ruhig, beinahe traurig, als er uns eine weitere Facette seines Charakters vorführte: Mellors, der romantische Träumer. »Als Junge bin ich oft hier herausgekommen und geschwommen. Das Wasser ist tief und sauber; auf mehrere Meilen gibt es keine Zuleitung von Abwässern. Der Ausblick von den Klippen ist phantastisch…

  Niemand wird hier jemals bauen. Das Land ist öffentlicher Besitz.

  Geschützt. Als Gebiet hervorragender Naturschönheit.«

  Jean Longhurst stand vor mir, als ich auf die Bucht hinausblickte. Die Knöchel ihrer Hände traten weiß hervor, so hart

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  umklammerte sie die Reling. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Copwright erstarrte.

  »Neulich war ich zufällig im Büro des Stadtrates«, fuhr Mellors grüblerisch fort. »Vielleicht wollte ich die Kopie meines Pachtvertrages mit der Forschungsstation einsehen… Sie wissen doch, daß die Station auf meinem Land errichtet wurde, nicht wahr, Alan? Aber natürlich, das habe ich Ihnen ja schon früher gesagt. Auf jeden Fall, stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ich feststellte, daß die Falcombe Forschungsstation irgendwelche Rechte auf Land an der Starfish Bay erworben hatte. Und sehr seltsame Rechte… Weil es Landbesitz der Öffentlichkeit ist, verstehen Sie. Es gehört nicht irgendeinem Menschen, sondern uns allen, würde ich sagen. Sind Sie nicht auch der Ansicht, John?«

  Jetzt versuchte er, mich in irgendeine private Angelegenheit zu verwickeln. Ich schwieg.

  Er fuhr fort. »Es sieht so aus, als ob die Station kürzlich ausschließliche Rechte auf einen Teil dieses öffentlichen Grundbesitzes erworben habe. So wie ich die Dinge sehe, können sie diesen Teil vielleicht sogar einzäunen, wenn ihnen danach ist. Wissen Sie zufällig etwas darüber, Alan?«

  Wir haben Alans Antwort nicht gehört, weil in diesem Augenblick etwas geschah, das so unheimlich, so phantastisch war, daß ich im ersten Moment an meinem Verstand zweifelte. Doch als ich umherblickte, erkannte ich, daß die anderen es auch sahen…

  Die Wolken waren über uns hinweggezogen. Die schwarze Sturmfront stand noch immer am Horizont, schien aber nicht nähergekommen zu sein. Der Himmel über uns war fast wolkenlos: nebelfeine Zirren wurden von der sinkenden Sonne gelbrot getönt. Ich sah grasende Kühe auf den Weiden, und etwas weiter entfernt stieg Rauch aus dem Schornstein einer Kate senkrecht zum Himmel empor.

  Doch die beiden hohen Bäume an der Starfish Bay schienen von einem Hurrikan gepackt worden zu sein; sie wurden hin und

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  her geschüttelt, verstreuten Blätter nach allen Seiten und glänzten vor Nässe, während um sie herum die Luft still und unbewegt war…

  Ich hörte einen Ausruf von Copwright, der rasch unterdrückt wurde. Jean wandte den Kopf zu ihm, und sie schienen sich etwas mit Blicken zu sagen; die Augen des pferdegesichtigen Mädchens glänzten, und ihre Lippen öffneten sich vor Erregung.

  Mellors runzelte die Stirn. Pablo suchte meinen Blick. In seinen Augen stand Verwirrung – und Angst, wie ich glaubte.

  Dann starrten wir alle über das Wasser der Bucht auf die beiden Bäume, die schwankten und tanzten, als ob sie von einer riesigen Faust geschüttelt würden.

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  ES DUNKELTE, ALS WIR DAS letzte Stück der engen Flußmündung hinauffuhren, die den Hafen von Falcombe mit der See verbindet. Das Wasser war goldgesprenkelt von den Reflexen der Lichter der zahlreichen Hotels, die auf dem Hang des Hügels standen, der sich rechts von uns erhob; das andere Flußufer lag dunkel, bis auf die Lichtpunkte einiger, weniger Fenster. Dick steuerte einen langsamen Zickzack-Kurs um die aus dem Wasser ragenden Felsen herum, die in dieser Gegend reichlich verstreut sind. Er stand am Rad in der Bugkabine; wir anderen saßen im großen Salon und tranken. Niemand sprach viel.

  Wenig später verbreiterte sich der Fluß zum Hafen hin, und Dick nahm Kurs auf den Pier; um diese Jahreszeit waren die meisten Boote an Land gebracht worden, und es gab viel Platz.

  Wir fuhren an einer Reihe von Hausyachten vorbei, die unterhalb des Falcombe Hotels Bug an Heck verankert waren. Es war Ebbe und ein breiter Streifen ockerfarbenen Schlamms glänzte zwischen uns und dem Ufer. Vage weiße Schatten schossen durch die Luft: Möwen auf einer letzten Jagd nach Futter, bevor sie sich für die Nacht zurückzogen. Die Turbine heulte lauter, als Dick die Hubkraft verstärkte, dann glitt die Hausyacht über den Schlamm hinweg und senkte sich etwa acht Fuß von der Steinwand des Piers entfernt zu Boden. Dick trat an Deck und warf den Buganker aus; Pablo sicherte auf die gleiche Art das Heck. Bis Mitternacht würden fünf Fuß Wasser unter dem Boot sein.

  Pablo brachte eine Planke aus, befestigte sie an Deck, lief auf ihr zum Pier und machte das andere Ende an einem Poller fest.

  Ich sah, wie Dorinda Mellors einen mißtrauischen Blick auf das schmale Brett warf, doch Pablo hatte keine Lust, die Hausyacht gegen die alten Steine des Piers reiben und beschädigen zu lassen; deshalb die unorthodoxe Ankerprozedur.

  Ich glaube, wir waren alle ein wenig angetrunken, als wir vorsichtig über den dunklen Pier gingen und versuchten, den verschiedenen Fußangeln auszuweichen – Hummerreusen und

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  herumliegenden Fischnetzen. Wenig später erreichten wir Falcombes Hauptstraße; um diese Jahreszeit waren die schmalen Gehsteige fast menschenleer. Ein paar wenige Schaufenster waren erleuchtet; Katzen hockten in dunklen Hauseingängen. Ein Stück weiter begann die Straße anzusteigen und führte an den Waterman’s Arms vorbei zum Falcombe Hotel.

  Aus irgendeinem Grund waren Mellors und ich ein Stück hinter den anderen zurückgeblieben. Er umspannte meinen Arm.

  »John«, sagte er leise, »es könnte sich lohnen, morgen einen Blick auf die Starfish Bay zu werfen. Warum machen Sie nicht einen kleinen Spaziergang über die Klippen?«

  Alan und Jean waren ein paar Schritte voraus und unterhielten sich lebhaft mit Dorinda Mellors und Pablo. Ein Stück vor ihnen schritt Dick, allein und schweigend. Aus den Waterman’s Arms drangen gedämpftes Stimmengewirr und Lachen.

  Der Alkohol hatte mich mutig gemacht. »Ich sehe nicht ein, wozu das gut sein sollte.«

  »Muß es zu etwas gut sein? Es interessiert mich,
das ist alles.

  Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich feststelle, ein ziemlich gewichtiger Mann in dieser Gegend zu sein, stimmt’s? Ich bin der Meinung, daß ich gegenüber den Menschen hier eine gewisse Verantwortung habe.«

  »So?«

  »Und es gefällt mir nicht, daß die Bürokratie sie überrollt. So etwas ist wie die Schmalseite eines Keils. Als nächstes werden sie vielleicht die Wege sperren und Betreten-verboten-Schilder aufstellen und anderen Blödsinn machen, wenn sie es nicht schon getan haben. Allbright sagte mir, daß es zu einem Ausbruch von Myxomatose gekommen sei; überall tote

  Kaninchen, die stinken und verwesen und die Touristen vergraulen. Es würde mich nicht überraschen, wenn auch das irgendwie mit der Station zusammenhinge.«

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  Das war mir wirklich zu viel. »Kommen Sie, Wal. Allbright hat eine Farm dort oben. Wahrscheinlich hat er die Krankheitserre-ger selbst verbreitet. Zuzutrauen wäre es ihm.«

  Wir traten durch den opulenten Eingang des Falcombe Hotels; Carter, der Portier, lächelte und nickte respektvoll. Mellors und seine Frau grüßten ihn betont herzlich; sie legten immer großen Wert darauf, die Mitarbeiter höflich zu behandeln. Ich blickte Carter kühl an, als wir an ihm vorbeigingen. Ich hatte ihn im Verdacht, an den Lebensmitteldiebstählen aus der Küche beteiligt zu sein; seit einiger Zeit hatte ich Fehlbestände festgestellt, und das Zeug mußte an ihm vorbei hinausgeschafft werden – wenn man es nicht mit Booten abtransportierte.

  Mellors griff wieder nach meinem Arm, als wir uns der Bar näherten. »Sehen Sie sich morgen ein wenig bei der Starfish Bay um, ja, John? Ich würde das als einen persönlichen Gefallen betrachten.«

  Ich wußte, was das bedeutete.

  Für eine Weile beschäftigte ich mich in meinem winzigen Büro.

  Es war noch früh am Abend, doch spürte ich schon diese Taubheit um die Wangen, die, wie ich aus Erfahrung wußte, das erste Anzeichen für heranreifende Besoffenheit ist. Das Hotel war etwa zur Hälfte gefüllt – recht gut für diese Jahrszeit. Alles schien glatt zu laufen: Die Köche bereiteten das Dinner vor, die Kellner schliefen in ihren Zimmern, die Rezeptionistin beschwich-tigte einen schwierigen Gast, und der Buchhalter stellte die Tagesabrechnung zusammen – abzüglich seines stillen Anteils, überlegte ich düster. Ich warf einen Blick auf die Belegungsliste, fand ein freies Zimmer, nahm den Schlüssel und ging hinauf um mich zu duschen.

  Nach dem Dinner kehrte ich zu den anderen zurück und entdeckte sie in der Cocktail Lounge bei Kaffee und Likören. Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich. Sie waren inzwischen so weit fortgeschritten, daß sie meine Ankunft nicht bemerkten.

  Ich fühlte mich ein wenig fehl am Platz, da die Konversation

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  zusammenhanglos geworden war. Alan war in eine tiefe Diskussion mit Jean verstrickt, Mellors und seine Frau trugen ein neues Gefecht ihres ehelangen Krieges aus und knurrten einander mit giftigen Untertönen an, während Dick und Pablo über Boote sprachen. Sie wirkten noch verhältnismäßig nüchtern, gestikulierten jedoch ziemlich wild. Ich schob die Kaffeekanne beiseite und wandte meine Aufmerksamkeit Alan und Jean zu.

  »Hör zu«, sagte Alan undeutlich. »Ich habe in letzter Zeit keine Gelegenheit gefunden, mit Susanna zu sprechen. Das habe ich dir doch schon gesagt.«

  Etwas betroffen, in eine private Unterhaltung eingedrungen zu sein, war ich dennoch neugierig. Jeans Gesicht zeigte einen Ausdruck pferdehafter Besorgnis. »Also wissen wir nicht, was, zum Teufel, vor sich geht«, sagte sie. »Manchmal bezweifle ich, ob Stratton es weiß. Hast du jemals daran gedacht, daß unsere Experimente parallelisiert werden könnten?«

  Das klang interessant und ich rückte unauffällig etwas näher.

  Sie schienen meine Anwesenheit nicht zu bemerken. »Willst du damit sagen«, fragte Alan, »daß eine Art…« – er zögerte und verzog nachdenklich sein ziegenähnliches Gesicht – »… Kollision eintreten könnte?«

  Auch Jean war sehr nachdenklich. »Zusammentreffen wäre wohl eine treffendere Bezeichnung – obwohl nur Gott wissen mag, was das bedeuten kann. Aber diese Bäume… sie waren direkt im Fokalpunkt.«

  Ich hätte liebend gern mehr gehört, doch an diesem Punkt unterbrach Mellors das Gespräch, indem er einen fleischigen Arm um Jeans Taille legte. »Was ist denn mit Ihnen beiden? Sie können sich doch nicht von den anderen absondern. Dies soll schließlich eine Party sein, nicht wahr?«

  Als Mellors sich mit Jean zu befassen begann, wandte Pablo sich mir zu. »Muß mit dir reden«, sagte er abrupt.

  »Bitte.«

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  Er blickte umher. »Nicht hier. In der Toilette.«

  »In Ordnung.« Ich stand auf. »Entschuldigen Sie uns einen Augenblick.«

  Wir standen über die Handwaschbecken gebeugt. Pablo schwankte leicht. Er umklammerte meinen Arm. »Ich will dir einen guten Rat geben.«

  Dies ist nun eine Gesprächseröffnung, die mir überhaupt nicht gefällt. In meinem ganzen Leben ist mir nie ein Rat gegeben worden – wenn er als solcher etikettiert worden war –, der sich nicht als absolut wertlos und häufig auch als beleidigend herausgestellt hatte. »Schieß los«, sagte sie resigniert.

  »Nimm dich vor diesem Bastard Mellors in acht.«

  »Das tue ich immer«, antwortete ich mit gespielter Selbstsi-cherheit, spürte jedoch gleichzeitig einen Druck in der Magenge-gend.

  »Der will dich aufs Kreuz legen. Vielleicht mich auch.« Pablo starrte durch das Fenster der Herrentoilette, in dem eine der Milchglasscheiben zu meinem ständigen Ärger durch eine aus klarem Glas ersetzt worden war. Jedes Mal, wenn die Hotelin-spektoren vorbeikommen, kriege ich Kommentare darüber zu hören; anscheinend zieht eine kleine Scheibe Klarglas im Fenster einer Herrentoilette Perverse an wie ein Licht die Motten; das jedenfalls scheinen sie anzunehmen. Ich kann ihre Gedanken-gänge nicht nachvollziehen. Falls ein Perverser sich schon erregt, wenn er durch das kleine Fenster hereinlinst, um wieviel größer müßte dann sein Genuß sein, wenn er den Waschraum

  tatsächlich betritt, sein Inneres mit allen Sinnen in sich aufnimmt: den Geruch von Deodorant, das Rauschen von Wasser, der Anblick der in keuschem Weiß gekachelten Wände, der blanken Chromarmaturen. Das alles habe ich ihnen gesagt, doch sie sahen mich nur recht seltsam an.

  Ich blickte jetzt auch aus dem Fenster; hinter der kleinen Fläche mit den Mülltonnen konnte ich den mit Flutlicht beleuchteten Rasen am Flußufer sehen; die Tische und Stühle wirkten

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  verlassen, einige waren umgekippt. Ich machte mir eine gedankliche Notiz, das morgen früh in Ordnung zu bringen. Im Augenblick sah es so aus, als ob alle Menschen vor einer unmittelbar bevorstehenden Sturmflut geflohen wären. Jenseits des Rasens, kaum erkennbar auf dem dunklen Wasser, sah ich eine Kette weißer Rechtecke: Pablos Hausyachten.

  »Warum glaubst du, daß er uns aufs Kreuz legen will?« fragte ich.

  »Hat er schon irgend etwas unterschrieben? Natürlich nicht, dieser hintertriebene Bastard. Ich hätte diese verdammten Boote anderweitig verkaufen können, weißt du das? Ich hatte feste Kunden dafür. Aber weil du mich überzeugt hast, daß Mellors ernsthaft zum Abschluß kommen will, habe ich sie vertröstet. Ich habe ihnen etwas von Produktionsschwierigkeiten erzählt, daß ich die Boote erst in sechs Monaten liefern könnte. Dadurch habe ich das Vertrauen der Kunden verloren. Und Zinsen für das investierte Kapital.«

  »Das wissen wir doch längst. Ich tue alles, um die Sache hinzukriegen.«

  »Dann werde ich dir etwas sagen, was du noch nicht weißt.«

  Pablo wandte sich um und blickte mir ins Gesicht; seine Augen waren verquollen von Alkohol und Sorge. »Er versucht, dich auszubooten. Weißt du, was er mir beim Dinner vorgeschlagen hat? Er wolle mit mir direkt abschließen. Deine Provision ist zehn Prozent, nicht? Er bot mir Barzahlung bei fünf Prozent Rabatt auf den ganzen Betrag – direkt von ihm an mich. Das würde den Zwischenhändler ausschließen. Dich.«

 
»Du hättest dabei fünf Prozent gespart, Pablo«, sagte ich langsam.

  »Genau wie er.« Pablo lächelte bitter. »Aber sowas ist nicht meine Art, John. Wir kennen uns eine ganze Weile. Wir haben unsere Abmachung getroffen lange bevor wir Mellors kannten, und für mich ist ein Vertrag ein Vertrag. Du bekommst deine zehn Prozent, oder es wird nichts aus dem Geschäft. Einverstanden?«

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  Dazu gab es nicht viel zu sagen. Ich murmelte meinen Dank, und wir gingen zu den anderen zurück. In meinem Magen saß eine kalte Wut, doch als ich Mellors Zustand sah, wußte ich, daß dies nicht der richtige Moment für eine Auseinandersetzung war.

  Er würde nicht einmal wissen, wovon die Rede war – oder so tun, als ob er es nicht wüßte. Ich setzte mich.

  Mellors blickte mich kurz an, anscheinend ohne mich zu erkennen. Dann wandte er sich Jean zu. »Noch einen Drink. Und Sie auch, Alan. Kellner!« Köpfe wandten sich in unsere Richtung, als er nach der Bedienung schrie.

  »Ich hole die Drinks«, sagte ich, als ich sah, daß der Kellner beschäftigt war. »Was wollen Sie?«

  Mellors grinste breit. »Da sehen Sie einen tüchtigen Manager, Jean. Ein heller Junge. Hat eine großartige Zukunft. Und in der nächsten Saison nehme ich ihn als Partner in unser kleines Hausyacht-Charter-Geschäft auf. Stimmt’s John?«

  Ich murmelte irgendeine Zustimmung und ging, um die Drinks zu holen. Später nutzte ich die erste sich bietende Gelegenheit, um mich zu entschuldigen und ging. Ich beauftragte die Rezeptionistin und den Buchhalter, das Hotel um Mitternacht abzuschließen, holte den Mantel aus meinem Büro und ging zur Tür, dankbar, nicht im Hotel wohnen zu müssen.

 

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