Never Too Close

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Never Too Close Page 15

by Moncomble, Morgane


  Allerdings muss ich meinen Eindruck inzwischen revidieren. Denn die nächsten vier Tage sind noch grausamer. Jetzt macht sie keinen mehr auf beleidigt, sondern rückt mir geradezu auf die Pelle. Ehrlich. Das Schlimmste ist, dass ich nicht weiß, ob sie es mit Absicht macht. Keine Ahnung. Ihre Finger streifen mich, wenn ich ihr das Salz reiche. Sie streicht die Haarsträhne zurück, die mir über die Augen fällt, und sagt, dass ich wirklich bald zum Friseur muss. Sie kreuzt die Beine unter dem Tisch und lässt unter ihrem braven Rock weiße Strapse aufblitzen.

  Alles Kleinigkeiten, die eigentlich weder neu noch überraschend sind. Sie sind ganz normale Routine. Nur, dass ich sie plötzlich anders interpretiere.

  »Zoé kommt heute Abend sicher mit einem Kerl nach Hause …«, verkündet Violette mir am Freitagabend und schenkt sich ein Glas Wasser ein.

  Ich weiß, dass sie nichts Böses im Sinn hat, als sie mir das sagt. Schließlich handhaben wir es schon immer so. Aber mein Herz beginnt zu rasen.

  »Okay, nimm mein Bett. Ich schlafe auf der Couch.« Sie wirft mir einen schiefen, etwas beleidigten Blick zu.

  »Ich werde dich bestimmt nicht vergewaltigen, keine Sorge.«

  Nach meiner Schicht auf der Feuerwache lege ich mich auf die Couch. Natürlich kann ich nicht schlafen, erst recht nicht, als Zoé um drei Uhr morgens mit einem ziemlich lauten Kerl heimkommt. Immer, wenn ich kurz vor dem Einschlafen bin, muss ich daran denken, dass Violette allein und fast nackt unter meiner Decke liegt.

  Ich stehe also auf und gehe joggen. Mitten in der Nacht. Und alles, woran ich denken kann, ist: Seit wann ist Violette so scharf? Aber vor allem: Seit wann ist sie das, ohne dass ich es gemerkt habe? Dieses Mädchen ist gefährlich, flüstert mein Gewissen. Oh ja, darauf kannst du wetten. Weil es trotz ihrer offensichtlichen Ungeschicklichkeit genügt, dass sie ihr Gesicht in meine Halsbeuge kuschelt, um mich zu elektrisieren. Weil sich unter ihren oft braven Klamotten manchmal megaheiße Strumpfhalter verstecken, die mich anflehen, sie ihr abzureißen.

  Es hat mir besser gefallen, als ich das alles noch nicht wahrgenommen habe.

  »Was machen wir heute Abend?« fragt Violette, als sie nur in Jersey-Shorts und einem T-Shirt, das ihr über die Schulter gerutscht ist, ins Wohnzimmer kommt.

  Ich sitze auf einem Küchenhocker. Sie legt mir die Arme um den Hals und klettert auf meinen Schoß. Aber ich bin nicht in Stimmung. Die vergangene Woche war in jeder Hinsicht anstrengend, vor allem wegen ihr und ihrer bescheuerten Bitte. Obwohl wir seitdem nicht mehr darüber gesprochen haben, weiß ich, dass ihre Frage wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf schwebt und dass sie immer noch aktuell ist. Es bringt mich fast um.

  »Nichts«, antworte ich ruhig. »Ich bin mit den Jungs zu einem Xbox-Abend verabredet.«

  Ich kann die Wärme ihrer nackten Schenkel auf meiner Jeans nicht mehr ertragen. Sanft schiebe ich sie zurück und stehe scheinbar gleichgültig auf. Violette runzelt die Stirn und folgt mir den Flur entlang zu meinem Zimmer. Ich muss ihr widerstehen. Ich muss stark sein. Und ich muss ihr aus dem Weg gehen, wenn wir beide allein in der Wohnung sind. Jason, verdammt, beeil dich!

  »Was ist los?«, fragt sie mich misstrauisch.

  Ich antworte nicht und will gerade meine Hand auf die Klinke legen, als ich ihre auf meinem Rücken spüre. Ich erbebe, bleibe wie angewurzelt vor meinem Zimmer stehen und beiße die Zähne zusammen, um nichts zu sagen, was ich später bereuen könnte. Violette schweigt ebenfalls; es ist, als wäre sie gar nicht mehr da, würde ich nicht ihre Anwesenheit auf meiner Haut fühlen. Noch nie habe ich ein ohrenbetäubenderes Schweigen gehört.

  Als ich spüre, wie ihre Hand unter mein T-Shirt gleitet, schließe ich unwillkürlich die Augen. Langsam, sehr langsam, fahren ihre kalten Finger über meine Wirbelsäule. Ich unterdrücke die Schauder, die mich überkommen, aber ich kann meine immer schneller werdende Atmung nicht kontrollieren.

  Zwischen meinen Schulterblättern, nur Zentimeter von meiner Verbrennung entfernt, hält Violette inne. Ich will nicht, dass sie die Narbe berührt und sich vielleicht ekelt.

  »Violette, hör auf …«

  Sie muss aufhören. Jetzt sofort.

  Ich spüre ihre Stirn auf meinem Rücken und halte es fast nicht mehr aus. Die Berührung ist so leicht wie eine Liebkosung, so unschuldig und doch so verboten, dass ich meinen Herzschlag bis in den Kopf spüre.

  Als ich beinahe bereit bin, sie gewinnen zu lassen, in einer Stille, die nur durch unser Keuchen gestört wird, kommt ihre Hand meiner Verbrennung gefährlich nah. Sofort reiße ich die Augen auf. Das ist genau das Warnsignal, das ich gebraucht habe. Ich packe ihre Hand, drehe mich abrupt um und drücke sie gegen die Tür ihres Zimmers.

  »Ich habe gesagt, du sollst aufhören!«, fauche ich sie wütend an.

  Sie macht sich ganz klein, und es fällt ihr sichtlich schwer, meinen Blick zu erwidern. Ihre an mich gepresste Brust und ihr Mund, der meine Lippen streift, sind mir schmerzlich bewusst, trotzdem schaue ich ihr direkt in die Augen. Ich sehe, dass sie am ganzen Körper zittert, und frage mich, ob das an unserer Berührung liegt oder daran, dass ich ihr Angst mache.

  »Es tut mir leid«, haucht sie, während ich mit einer Hand ihr Handgelenk umklammere und die andere neben ihrem Ohr flach gegen die Tür presse. »Scheiße, ich bin wirklich blöd! Ich bitte dich um das alles, während du … Du fühlst dich nicht zu mir hingezogen, nicht wahr? Verdammt.«

  Sie blickt wieder auf und sieht mich verschämt an. Einen Moment lang überrascht mich diese Wendung. Sie glaubt also, ich lehne ihre Bitte ab, weil ich mich nicht zu ihr hingezogen fühle? Ernsthaft? Noch nie habe ich etwas so Dummes gehört.

  »Nein, das ist nicht der Grund.«

  »Schon okay, ich verstehe es, keine Sorge«, schnieft sie ein wenig verächtlich. »Violette riecht gut nach Veilchen, wir lassen sie auf unserem Schoß sitzen und wir lassen sie in unserem Bett übernachten, aber nein, nein, nein, auf keinen Fall lassen wir sie mit uns schlafen, was für eine Vorstellung, sie ist so hässlich, und außerdem ist sie auch noch blond, schon klar, fehlt nur noch, dass sie dumm ist – aber glaub mir, nicht alle Blondinen sind doof, danke für das Klischee!«

  »Du hast nichts verstanden«, schneide ich ihr das Wort ab und nehme ihr Gesicht zwischen meine Hände. »Ganz im Gegenteil, Violette.«

  Sie blinzelt. Zweimal. Ich muss mich zurückhalten, um meinen Mund nicht ein paar Zentimeter vorwärts zu bewegen, während mein Körper bei dieser köstlichen Idee kribbelt, als würde er vor Ameisen wimmeln.

  »Was hindert dich dann?«, flüstert sie besänftigt.

  Ich beiße die Zähne zusammen und hoffe, dass meine Stimme die aufsteigende Begierde nicht verrät. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass ihr das Hemd ganz über die Schulter hinuntergeglitten ist; ich kann leicht erahnen, dass sie keinen BH trägt. Wieder einmal.

  Es wäre so einfach … Ich müsste nur …

  »Du verdienst für das erste Mal einen Märchenprinzen. Einen sanften Mann, der dich wie eine Prinzessin behandelt. Aber dieser Märchenprinz bin ich nicht.«

  Lüge. Sie hebt eine Augenbraue und fordert mich mit Blicken heraus, was sie lieber nicht tun sollte, wenn ich ihr so nah bin.

  »Klingt gut, aber ich glaube dir nicht.«

  »Ok«, flüstere ich, mit einem Kloß im Magen und ohne den Blick von ihr abzuwenden. »Tagsüber werde ich dich immer wie eine Prinzessin behandeln, aber im Schlafzimmer ist das was anderes. Und so, wie du letzte Woche mit mir umgegangen bist, ist mir ganz und gar nicht danach, sanft zu sein.«

  Violette wird sehr blass. Mit jedem Quadratzentimeter meiner Haut sehne ich mich danach, sie zu küssen und zu erfahren, ob ihr Mund tatsächlich den Geschmack hat, den ich mir vorstelle. Unwillkürlich richte ich den Blick ein paar Sekunden lang auf ihre Lippen.

  »Willst du das etwa?«

  Ich kehre zu ihren Augen zurück. Ihr bezaubernder Blick fleht mich an, und ich versuche mit aller Kraft, stark zu bleiben.

  »Es geht doch nur um dieses eine Mal. Ich schwöre es dir. Nur einmal.« />
  Der Vorschlag ist verlockend. Zu verlockend.

  »Und was dann?«, höhne ich. Ich komme nicht dagegen an, weil ich das Gefühl habe, das Spiel zu verlieren. »Dann laden wir Clément vielleicht zum nächsten Grillabend ein? Na toll. Ich kann mir die Szene schon klar und deutlich vorstellen: Der Typ, der dich heimlich entjungfert hat, und der, der gerade dein Bett teilt, schütteln sich freundschaftlich die Hände. Wie süß.«

  Während ich spotte, wirft sie mir einen vernichtenden Blick zu. Ich will hier raus. Ich will raus, sonst werde ich noch schwach. Ich werde schwach, nehme diese flehenden Lippen mit in mein Zimmer und lasse sie nie wieder gehen.

  »Es bleibt bei meinem Nein, Violette«, erkläre ich kurz angebunden. »Ich überschreite diese Grenze nicht.«

  Ohne auch nur eine Antwort abzuwarten, laufe ich zur Wohnungstür und lasse sie hinter mir ins Schloss fallen. Ich bleibe nicht stehen, sondern renne die Treppe hinunter und schnappe nach Luft. Plötzlich zwingen mich meine Beine anzuhalten. Meine zitternden Hände und mein ungeheures Verlangen werden mir bewusst. Sie ist so zu schwer zu erklären … diese Anziehungskraft, die sie plötzlich für mich hat. Ich erinnere mich daran, wie ich mich ganz zu Beginn gefühlt habe.

  Damals, als ich noch mit Lucie zusammen war. Die Erschütterung, die ich bei unserem ersten unbeabsichtigten Kuss verspürt habe, war dieselbe. Danach brauchte ich ein paar Minuten, ehe ich nach Hause zu Lucie gehen konnte. Zu Lucie, die längst nicht mehr da ist.

  Im Kopf wäge ich das Für und Wider ab.

  Dagegen spricht: Ich riskiere, in das Spiel hineingezogen zu werden, ich riskiere unsere außergewöhnliche Freundschaft und ich riskiere, die Magie ihres ersten Mals zu ruinieren.

  Dafür spricht: Ich will es und sie will es.

  Ich weiß, dass die Vorteile in der Minderheit sind, aber mehr braucht es nicht, damit ich wieder umkehre und die Treppe immer zwei Stufen auf einmal nehmend hinaufstürme. Auf unserer Etage klingle ich Sturm an unserer Wohnungstür. Mein Herz hämmert in meiner Brust, meine Beine schmerzen und meine Atmung stockt bei dem Gedanken an das, was ich vorhabe. Mache ich vielleicht doch einen Fehler? Ich habe Angst, dass ich es später bereue.

  Als Violette jedoch die Tür öffnet, schwinden sofort alle Zweifel. Ihre großen Augen blicken mich überrascht an. Ich versuche, mein frenetisches Herzklopfen zu beruhigen, damit meine Stimme mich nicht verrät, als ich sage:

  »Nur einmal, richtig?«

  Eine lastende Stille antwortet mir. Wir stehen da wie hypnotisiert, unsere Blicke verhaken sich ineinander. Es ist das erste Mal seit jenem verfluchten Tanz, dass ich sie so sehr begehre. Mein Verlangen nagt so stark an mir, dass es fast schmerzt.

  »Im Prinzip schon. Es sei denn, du kriegst es nicht auf Anhieb hin«, scherzt sie leise mit einem traurigen kleinen Lächeln auf den perfekten Lippen.

  Ich lächle nicht, sondern komme ihr gefährlich nahe. Ihr Lächeln schwindet immer mehr, je kleiner unser Abstand wird. Ich schaue sie mit unerträglicher Intensität an. Ihre Nase berührt meine. Mein Herz bleibt fast stehen.

  »Glaub mir, ich kriege es hin.«

  Sie schaut mich an. Ich schaue sie an. Wir atmen schwer und im Gleichklang.

  Dann küsse ich sie.

  13

  Heute

  Violette

  »Glaub mir, ich kriege es hin.«

  Ich brauche nicht nach einer Antwort zu suchen, denn plötzlich legt Loan mir die Hand in den Nacken und presst seine Lippen hart auf meine. Endlich.

  Und mein Herz

  hört auf

  zu

  schlagen.

  Automatisch wölbe ich mich ihm entgegen, weil ich befürchte, dass meine zitternden Beine unter meinem Gewicht nachgeben. Anders als ich vielleicht erwartet habe, ist dies der süßeste Kuss der Welt. Sein Mund schließt sich um meine Oberlippe. Ich spüre, wie seine Zunge meine geschlossenen Lippen neckt, also gebe ich nach und lasse sie meine sanft liebkosen.

  Ich erwidere seinen Kuss und greife in sein braunes Haar. Er stöhnt in meinen Mund, drückt mich fester an sich und seine Finger streicheln meinen Rücken am Saum meines T-Shirts. Ich explodiere. Weil es der beste Kuss ist, den ich je bekommen habe, und weil ich Angst habe, sehr tief zu fallen, wenn Loan sich von mir löst.

  »Loan …«

  Er holt Luft, nimmt mein Gesicht in beide Hände, als wäre ich ein Kind, und drückt kleine Küsse rings um meine geschwollenen Lippen, ehe er sich an meinem Kinn entlang zu meinem Hals hinabbewegt … Jeder Quadratzentimeter Haut, den er mit seinen Lippen segnet, knistert bei seiner Berührung und elektrisiert meine sämtlichen Nervenzellen. Ich spüre einen heißen Schmerz im Bauch. Was zum Teufel ist das?

  Verlangen, Mädchen.

  Verdammt.

  Seine Finger gleiten an meiner Taille entlang und halten an meinen Hüften, die er verzweifelt packt. Ich fühle, dass er mich begehrt, der Beweis dafür drängt sich gegen meinen Unterleib, und das ist zu viel. Mir ist, als würde ich in tausend Stücke zerbrechen. Zum ersten Mal seit langer Zeit wird er wieder zu dem Loan, den ich kennengelernt habe, der mir gefiel, den ich anziehend fand. Fast so, als wäre er nie verschwunden.

  Ich schließe die Augen, während er mit den Fingern in meiner goldenen Mähne weiter meinen Hals mit brennenden Küssen bedeckt. Plötzlich wünsche ich mir, dass er mich überall berührt, mich von Kopf bis Fuß küsst, ich will seine nackte Haut an meiner fühlen. Ich gerate völlig außer Kontrolle, lege die Hände um seine Taille und ziehe ihn an mich, um ihn in mein Zimmer zu führen, als uns plötzlich Stimmen unterbrechen.

  Mir bleibt kaum Zeit zu spüren, wie Loan an meinem Hals erstarrt, als er sich auch schon einen guten Meter von mir entfernt hat. Jason und Ethan betreten die Wohnung, beladen mit Pizzas.

  »Wer hat Hunger?«

  Ich ignoriere mein Herz, das in meiner Brust hüpft und versuche, möglichst cool zu wirken. Nur, dass ich so rot werde, dass ich das Brennen auf meinen Wangen spüre. Loan vergräbt seine zitternden Hände in seinen Taschen und tritt seinen Gästen entgegen. Mit unbewegter Miene.

  »Hi.«

  Ethan und Jason geben uns ein Begrüßungsküsschen und stellen die Xbox in der Nähe des Fernsehers auf. Loan und ich bleiben stumm zwischen Wohnzimmer und Küche stehen. Ich werfe ihm einen verunsicherten Blick zu. Mein Herz setzt ein oder zwei Schläge aus, als ich feststelle, dass auch er mich betrachtet. Er ist so schön … Seinem braunen Haar sieht man noch an, dass ich eben mit den Fingern hindurchgefahren bin, und in seinen dunklen Augen liegt ein seltsames Glühen. Ich schenke ihm ein kleines, eher frustriertes als verlegenes Lächeln.

  Jason sitzt auf der Couch, wendet sich an uns und setzt ein falsches zerknirschtes Lächeln auf.

  »Tut mir leid, Vio, aber heute ist Männerabend. Xbox und Pizza.«

  Ich lächle. Okay, das hört sich ganz so an, als würde ich freundlich hinauskomplimentiert. Ich wünsche den Jungs eine gute Nacht und verkrieche mich in meinem Zimmer. Auf meinem Bett liegt mein Handy und kündigt eine neue Nachricht an. Sie kommt von Loan.

  »Ganz ruhig«, befehle ich meinem Herzen.

  Loan: Findest du nicht, dass es problematisch ist, wenn du Clément nicht wirklich vertraust?

  Ich: Ich vertraue ihm. Ich habe nur Probleme, mit meiner Unsicherheit umzugehen, okay?

  Ich warte und starre auf das Display meines Telefons. Im Wohnzimmer wird laut gelacht. Wieder vibriert mein Handy.

  Loan: Okay. Aber ich stelle zwei Bedingungen. Erstens: Wir machen es nur einmal. Zweitens: Unsere Freundschaft steht an erster Stelle.

  Ebenso erleichtert wie besorgt kneife ich die Augen zusammen. Er hat tatsächlich Ja gesagt. Wir werden es wirklich tun. Auf was zum Teufel habe ich mich da nur eingelassen?

  Ich: Einverstanden. Danke. Violan <3

  Leicht lächelnd warte ich auf seine Antwort. Zoé und Jason haben uns so getauft. Violan, so wie Brangelina. Ich finde es lustig, aber ich weiß, dass Loan es nicht mag. Ich erwarte, dass er mir ein grimmiges Smiley schickt, do
ch stattdessen erscheint auf dem Display:

  Loan: Violan.

  Am nächsten Morgen stehe ich wunderbarerweise früh auf. Also zumindest nicht zu spät. Okay, sagen wir einfach, ich stehe endlich mal pünktlich auf. Ich schleppe mich ins Bad, um mir die Zähne zu putzen, und bewege den Kopf im Rhythmus der Musik, die aus dem Wohnzimmer dringt. Offensichtlich ist Loan auch schon wach. Ich nutze die Gelegenheit, um zu ihm zu gehen.

  »Hallo.«

  Mein bester Freund sitzt in der Küche bei einer Tasse Kaffee und telefoniert auf dem Festnetz. Er hebt den Kopf, als ich ihm einen Kuss auf die Wange gebe, und zwinkert mir zu. Er ist für die Arbeit gekleidet; T-Shirt und marineblaue, in schwarze Stiefel gesteckte Hose. Seine Soldatenmarke hängt über seine Brust; er sieht verflucht sexy aus.

  Hör sofort damit auf, Violette.

  War doch nur eine Feststellung!

  Ich schenke mir ein Glas Orangensaft ein und setze mich Loan gegenüber, der seinem Gesprächspartner aufmerksam zuhört. Ich nutze sein vages Lächeln und versuche, ihm sein Schokocroissant zu klauen, aber er gibt mir einen so entschlossenen Klaps auf die Hand, dass ich ihm einen vernichtenden Blick zuwerfe.

  »Ja, Sie haben völlig recht«, lacht er in den Hörer und verdrückt sein Teilchen unter meinen neidischen Blicken. »Und außerdem haben wir Glück, dass es nicht jeden Tag so ist!«

  Nach der Antwort seines Gesprächspartners lacht Loan erneut auf. Weil ich erkenne, dass das Telefonat noch länger dauern könnte, gehe ich zurück ins Schlafzimmer und ziehe mich an. Dabei achte ich darauf, Zoé nicht zu wecken.

  Normalerweise bin ich unpünktlich. Ich versuche, mir die Zeit zu nehmen, mein Outfit auszuwählen, aber ich will mich beeilen. Tatsächlich bin ich nach weniger als zehn Minuten fertig. Ich knöpfe meine Taillenjeans zu und streife einen beigefarbenen Pullover über, ehe ich mir das Haar zu einem bewusst legeren Dutt hochstecke. Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, macht mir Loan mit dem Zeigefinger ein Zeichen, näherzukommen.

  »Kein Problem … Sie sollten uns irgendwann einmal besuchen. Ich bin sicher, sie würde sich freuen … Das mache ich doch gern. Warten Sie, sie ist gerade aufgewacht. Ich gebe sie Ihnen … Gleichfalls, auf Wiederhören.«

 

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