Never Too Close

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Never Too Close Page 32

by Moncomble, Morgane


  »Violette …«, flüstert Loan. Seine Stimme ist voller Qual.

  Ich spüre, wie seine Hände langsam die Träger meines Tanktops hinunterschieben. Ich schließe die Augen, um nicht in Tränen auszubrechen, während ich an Ethans lächelndes Gesicht denke. Als ich sie wieder öffne, betteln mich die tränenverschleierten, geröteten Augen meines besten Freundes an, während mein Oberteil zu Boden fällt.

  »Bitte … Ich … ich brauche dich …«

  Es zerreißt mir immer mehr das Herz. Ich umschließe sein Gesicht mit den Händen, nicke und streichle seine Wangen. Er flüstert ein ersticktes »Danke«, das sich in dem Kuss verliert, den er mir gibt. Seine Hände packen gierig meine Hüften. Ich lasse ihn gewähren. Meine nackten Brüste pressen sich gegen seine Brust. Ich weiß, dass er es braucht, und ich weiß auch, dass es alles ist, was ich ihm im Moment geben kann.

  Ebenso, wie ich es brauche. Um sicherzugehen, dass er wirklich und nicht tot ist. Aber auch, um zumindest für ein paar Minuten diejenigen zu vergessen, die es sind.

  Wir sprechen nicht mehr. Unsere Seufzer und unsere bebenden Herzen kommunizieren für uns. Ich ziehe ihm das T-Shirt aus, während er fieberhaft meinen Hals küsst, beißt, leckt und ihn skrupellos misshandelt. Ich weiß, dass man es morgen sehen wird. Loan hört nicht auf, sondern verschlingt meinen Mund mit so viel Hunger, dass es fast schmerzt. Ich weiß, dass er in diesem Moment seine gesamte Wut und Verzweiflung in diese Umarmung legt. Ich mache mit. Mitten im Wohnzimmer verflicht sich meine Zunge in einem fieberhaften Tanz mit seiner, während meine Hände nach seinem Gürtel greifen. Ich öffne ihn. Mit einem dumpfen Geräusch fällt er zu Boden.

  »Du bist wirklich«, flüstert Loan und streichelt meine Brust. »So wirklich …«

  Ich erbebe und stöhne, als er eine meiner Brüste in den Mund nimmt. Seine Zähne schließen sich darum und beißen leicht zu, was eine explosive Welle der Begierde in mir auslöst. Er küsst weiter meine Brust, während er mir schnell die Shorts und den Slip auszieht. Ich weiß sofort, dass die Umarmung nicht lang dauern wird. Er muss nur abladen und den Ballast seiner Wut, seiner Trauer und all jener Gefühle abwerfen, die dafür sorgen, dass er jetzt einfach am Ende seiner Kräfte ist.

  »Ich werde immer für dich da sein, Loan … immer«, verspreche ich ihm.

  Ich knöpfe seine Jeans auf und ziehe sie samt seinen Boxershorts zu den Knöcheln hinunter. Er schiebt sie mit dem Fuß beiseite und presst sich an meinen Körper. Meine Hände berühren ihn. Sein perfekter Körper besteht nur aus schwellenden Muskeln. Seine Haut elektrisiert meine, mein Herz pocht wie wild unter seiner Berührung. Ich lege die Hand auf seine Brust, um seinen Herzschlag zu spüren.

  Sein Herz rast mit irrer Geschwindigkeit unter meinen Fingern.

  Als ich seine Erektion spüre, packt Loan meine Schenkel und hebt mich ohne jegliche Anstrengung hoch. Ich lasse mich in sein Zimmer bringen, das nur vom Mondlicht erhellt wird. Mein bester Freund legt mich auf die Laken und öffnet seine Nachttischschublade, um ein Kondom herauszuholen. Keuchend sehe ich zu, wie er es über seinen Penis streift. Mein Herz blutet, aber mein Körper brennt vor Verlangen nach Loan. Ich weiß ganz genau, dass es fragwürdig und irgendwie eigenartig ist. Eigentlich sollten wir weinen und sonst nichts – einfach nur weinen. Trotzdem.

  Loan legt sich auf mich und küsst mich hart. Noch nie war er so leidenschaftlich … aber er war auch noch nie so am Boden zerstört.

  »Nur zu«, sage ich zu ihm.

  Er lässt sich nicht lange bitten. Er stützt einen Ellbogen neben mein Gesicht und versenkt seinen gequälten Blick in meinen, ehe er meine Schenkel spreizt und sich eines meiner Beine über die Schulter legt. Mit einer Hand streichle ich seine Hüfte, die andere lege ich auf seine Wange. Ich will, dass er erkennt, dass ich ihn liebe. Ich will, dass er es fühlt.

  Schließlich dringt er grob in mich ein. Ohne Vorspiel, mit einem tiefen, kalkulierten Stoß, der mir ein Stöhnen entreißt. Ich behalte meine Hand auf seiner Wange und verziehe vor Schmerz und Lust das Gesicht. Es ist gleichzeitig quälend und köstlich. Loan küsst meine Handfläche und zieht sich kurz zurück, ehe er noch tiefer eindringt. Seine Muskeln spannen sich an und sein Hintern zieht sich zusammen. Er ist überwältigend. Schöner denn je. Seine Stöße werden immer tiefer und stärker, bis ich vor unbändiger Lust aufschreie.

  Meine Glut wächst von Sekunde zu Sekunde, während er mich auf diesem Bett nimmt, in dem wir so viele Male einer in den Armen des anderen geschlafen haben.

  »Gleich explodiert mein Herz …«, flüstere ich außer Atem.

  Bald bin ich ebenso verschwitzt wie er. Wir bilden ein Ganzes. Zwei Körper, zwei Herzen und zwei Seelen, vereint in der gleichen Trauer. Unermüdlich bewegt er sich in mir, bis ich das Gefühl habe, dass ich mich um ihn herum zusammenziehe. Seine Finger graben sich in meine Haut, in seinen Augen stehen Tränen und seine Beine zittern so stark, dass ich es kaum glauben kann.

  Hastig umschlinge ich seinen Hals und küsse ihn, während uns inmitten unserer gemeinsamen Tränen ein gewaltiger Orgasmus überwältigt. Loan verharrt bewegungslos in mir und lässt sich von der Lust durchdringen, während ich leise »Ich liebe dich« in sein Ohr flüstere. Es ist wie ein unkontrolliertes Geständnis, das er nicht gehört hat – ich weiß es.

  Mit dem Abebben der Lust kommt die Trauer wieder hoch. Loan liegt schwer auf mir, eine Hand an meiner Taille, die Stirn an meiner Schulter. Ich weiß, dass er weint. Ich höre es. Ich streichle ihm mit einer zärtlichen Geste übers Haar und weine ebenfalls. In aller Stille.

  Lange bleiben wir reglos und ineinander verschlungen liegen und beweinen den Verlust eines gemeinsamen Freundes. Nur das herzzerreißende und ununterbrochene »Es tut mir leid« meines besten Freundes stört die Stille der Nacht.

  33

  Heute

  Loan

  Das ist das erste Mal, dass jemand stirbt, der mir nahesteht. Wirklich. Das erste Mal, dass ein winziger Teil von mir für immer erlischt. Der Teil, der einem meiner besten Freunde gehörte, ein Teil von mir, den ich mir zu teilen erlaubte, obwohl ich wusste, dass er mich eines Tages leiden lassen würde. Ich habe Ethan geliebt. Ich habe ihn respektiert. Ich hoffe, er wusste das.

  An diesem Morgen ziehe ich mich vor meinem Spiegel an und stelle mir die eine und einzige Frage, die mich seit mittlerweile vier Tagen am Schlafen hindert: Warum sollte man sich den Menschen öffnen, wenn sie einen schließlich doch zerstören?

  Weil es sich lohnt, meldet sich mein Herz.

  Stumm betrachte ich mich im Spiegel, als stünde ich neben der Wirklichkeit. Ich sehe ziemlich hinüber aus. Dunkle Ringe um meine Augen zeugen von den schlaflosen Nächten. Zum dritten Mal versuche ich, mir die Krawatte zu binden, bis ich vor Verzweiflung stöhne und aufgebe.

  »Soll ich dir helfen?«

  Ich drehe mich nicht zur Tür um, die aufgegangen ist, ohne dass ich es gemerkt habe. Ich erkenne Zoés niedergeschlagene Stimme. Sie stellt sich vor mich, ehe ich antworten kann, und verdeckt mein Spiegelbild. Ich lasse zu, dass sie mir sorgfältig die Krawatte bindet. Ihr Gesicht ist traurig. Ich habe sie noch nie so gesehen. Ihr Anblick ruft mir ins Gedächtnis, warum wir an einem so sonnigen Tag schwarz gekleidet sind.

  Scheiße.

  Ich habe Angst, nicht durchzuhalten. Seit vier Tagen ist er jetzt nicht mehr bei uns. Seitdem lebe ich in fast sakraler Stille. Das Schwierigste war, es den anderen zu sagen. Vor allem Jason und Zoé. Es war Violette, die sie gegen ein Uhr morgens anrief, um ihnen die tragische Nachricht mitzuteilen. Ich sah mich nicht in der Lage, es zu tun.

  Was Ethans Eltern und Ophélie anging, so hat sich unser Arbeitgeber darum gekümmert. Ich möchte mir ihre Reaktion nicht vorstellen. Ich versuche immer noch, meine eigene unter Kontrolle zu bekommen. Was nicht immer einfach ist.

  »Danke«, flüstere ich Zoé zu. Sie nickt.

  »Wir sind so weit.«

  Sie drückt mir die Schulter und wir gehen zu den anderen ins Wohnzimmer. Violettes Blick ist mir bewusst, aber ich ignoriere ihn. Ich habe nicht die Kraft, mich dieser Bauste
lle zu widmen, auch wenn sie in ihrem dunklen Kleid wunderhübsch aussieht. Jedes Mal, wenn ich ihr in die Augen sehe, muss ich an diese Nacht zurückdenken, und Gott allein weiß, dass ich alles tun würde, um sie zu vergessen. Erst heute fange ich ganz langsam an zu akzeptieren, was geschehen ist; aber mit großen Schwierigkeiten.

  Ich bin innerlich zerstört, und doch lebe ich weiter. Weil es nämlich das ist, was man uns hier beibringt. Zu überleben. Ethan und ich wussten, worauf wir uns einließen. Wir hatten keine echte Angst vorm Tod. Wir fürchteten ihn ein wenig, mehr aber auch nicht. Darauf hatte man uns konditioniert.

  »Wann geht es los?«, fragt Jason.

  Zoé antwortet, während wir ins Auto steigen. Ich setze mich auf den Rücksitz neben Violette. Die Atmosphäre ist sehr angespannt. Keiner spricht. Plötzlich spüre ich die kalte Haut meiner besten Freundin. Ihre schmalen Finger verflechten sich tröstend mit meinen auf meinem Oberschenkel. Ich zögere ein paar Sekunden, ehe ich sie so fest wie möglich drücke.

  Vor der Kirche stehen unzählige Autos. Zwei glänzende Leichenwagen parken in der Nähe. Ethans Eltern und Ophélie stehen dicht dabei. Mit einem Kloß im Hals bleibe ich ein paar Schritte entfernt stehen. Ich muss daran denken, dass mein Freund nicht der Einzige war, der in dieser Nacht sein Leben verlor. Auch Maxime hat es erwischt. Ich mochte ihn. Er war zurückhaltend, aber sehr kompetent. Meine Kollegen sind bereits da und begrüßen mich distanziert.

  »Wir suchen uns einen Platz«, sagt Jason. »Viel Glück.«

  Ich nicke langsam und beiße die Zähne zusammen. Zoé und er gehen vor, während Violette mich noch ein paar Sekunden lang traurig anschaut. Ich verziehe ein wenig das Gesicht und hoffe, das genügt. Schließlich dreht sie sich um und folgt den anderen.

  Natürlich spürt sie, dass ich ihr aus dem Weg gehe, sie ist nicht dumm. Und offensichtlich versucht sie, mich irgendwie zu trösten. Eigentlich müsste ich es ihr sagen. Ihr sagen, dass ich im Moment von Trauer erfüllt bin, aber dass ich es morgen vielleicht etwas weniger sein werde. Und übermorgen noch weniger.

  »Wir sind dran«, kündigt David an.

  Es dauert ein paar Minuten, bis ich wieder zu mir komme und mich kerzengerade aufrichte. Die Jungs öffnen den Leichenwagen und enthüllen den Sarg meines Freundes. Es ist ein sehr schöner Sarg aus glänzendem Holz, bedeckt mit der französischen Flagge. Ich helfe dreien meiner Kollegen, ihn zu tragen, während sich vier andere den zweiten Sarg auf die Schultern laden. Die Leute, die aus Platzmangel draußen stehen müssen, schauen uns mit traurigen Gesichtern zu.

  Es ist das Schwerste, was ich je getan habe.

  Und doch gehe ich vorwärts.

  Weil ich im Gegensatz zu Ethan das Glück habe, noch am Leben zu sein.

  Die Trauerfeier ist herzzerreißend.

  Vor allem die Reden der Verwandten sind schwer zu ertragen. Ethans Mutter kann ihren Text nicht beenden und lässt Ophélie für sie ausreden. Ophélie erweist sich als stärker als gedacht. Sie erzählt von ihrer ersten Begegnung und sorgt damit für ein leichtes Lächeln im Publikum. Mir kommt das Gespräch in den Sinn, das ich erst vor ein paar Wochen mit Ethan hatte. »Wozu warten, wo ich mich doch auf den ersten Blick in sie verliebt habe?«, hat er lächelnd zu mir gesagt. Es bricht mir fast das Herz.

  Bis zum Ende der Zeremonie halte ich den Blick auf den Boden gesenkt. Viel zu schnell wird es Zeit für den letzten Abschied. Mehrere Leute kommen nach vorne, um die Särge zu berühren. Sekundenlang zögere ich, bewege mich nicht vom Fleck. Plötzlich sehe ich Violette mit einer Rose in der Hand nach vorn kommen. Sie weint leise vor sich hin. Ich gehe auf sie zu.

  »Du wirst für immer in meinem Herzen sein, Ethan«, murmelt sie und legt die Rose nieder.

  Sie wischt sich die Tränen weg, ehe ich es tue. Im Bewusstsein der hinter mir wartenden Leute lege auch ich meine Hand auf den Sarg. Ich schaue ein letztes Mal auf das Foto von Ethan zu meiner Linken. Ein vages Lächeln huscht über meine Lippen.

  »Danke für alles. Du wirst uns fehlen.«

  Widerwillig wenden wir uns von ihm ab und machen Platz für die nachfolgenden Trauergäste. Violette will mich zum Ausgang ziehen, aber ich bleibe stehen.

  »Ich muss ihn noch tragen.«

  »Ach ja … richtig …«

  Nachdem sich alle von den Toten verabschiedet haben, tragen meine Kameraden und ich die beiden Särge wieder zu den Leichenwagen, während die meisten Leute schon auf dem Weg zum Friedhof sind. Meine Freunde warten auf der anderen Straßenseite am Auto auf mich. Ich nutze die Gelegenheit, um zu Ethans Eltern zu gehen und ihnen mein tiefstes Beileid auszusprechen.

  »Wenn du irgendwas brauchst, ganz gleich was«, sage ich zu Ophélie, »du weißt ja, wo wir wohnen. Komm vorbei, wann immer du willst.«

  »Danke, Loan«, sagt sie leise.

  Wir kennen uns nicht besonders gut, aber sie hat meinem Freund viel bedeutet. Sie muss nicht allein durch diesen tragischen Abschnitt ihres Lebens gehen. Ich frage sie, ob sie vorhat, nach dem Friedhof mit in unsere Wohnung zu kommen; wir haben einen kleinen Empfang organisiert, weil Ethans Eltern lieber einen bescheidenen Rahmen wollten.

  »Vielleicht ein andermal«, antwortet sie.

  Ich weiß, ich sollte mich meinen Freunden anschließen und zum Friedhof gehen. Aber was ich gerade sehe, überrascht mich so sehr, dass ich einige Sekunden wie erstarrt stehen bleibe. Tatsächlich hatte ich nicht erwartet, sie heute hier anzutreffen. Sie steht auf dem Gehsteig gegenüber und beobachtet mich von fern. Sie ist ganz in Schwarz, als würde sie ebenfalls trauern.

  Plötzlich steht Jason mit ernster Miene vor mir. An seinen geröteten Augen kann ich erkennen, dass er während der Trauerfeier geweint hat.

  »Kommst du?«

  Ich schaue hinüber zum anderen Bürgersteig. Dann blicke ich Jason an.

  »Geht schon mal vor, ich treffe euch dort.«

  Das Wohnzimmer und die Küche sind voller Menschen. Die meisten von ihnen sind Freunde von Ethan, einige kenne ich, manche auch nicht, außerdem sind einige Kollegen gekommen. Sogar unser Chef ist dageblieben. Die Atmosphäre ist herzlicher als auf dem Friedhof. Trotzdem flüchte ich nach einiger Zeit in mein Zimmer.

  Ich mache Licht, setze mich breitbeinig auf die Bettkante und genieße die Stille. Auf keinen Fall will ich wieder an diese Nacht denken … und doch verfolgt mich unser letztes Gespräch.

  Der Chef hatte mich ursprünglich mit ihm und Maxime zusammen eingeteilt. In letzter Minute jedoch wurden die Einsatzpläne wieder geändert. Ich erinnere mich, dass ich Ethan an der Schulter zurückgehalten habe, ehe er ging, und ihm sagte, er solle vorsichtig sein … Das Schlimmste war, dass ich in dem Moment, als ich zu Violette sagte, dass es schon gut gehen würde, genau wusste, dass das nicht stimmte. Aber ich wollte nicht, dass sie Angst hat.

  Plötzlich gerät ein Paar Pumps in mein Blickfeld. Violette hat aus Angst, mich zu stören, die Tür ganz vorsichtig nur einen Spalt geöffnet. Sie zögert einen Moment, ehe sie leise auf mich zustöckelt. Sie setzt sich rechts von mir aufs Bett, nimmt meinen Arm und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. Ihre Wärme geht auf mich über und ich fühle mich sofort besser.

  So bleiben wir einige Minuten, bis sie nach meiner Hand greift und sie öffnet, um etwas hineinzulegen. Überrascht schaue ich es mir an. Es ist meine Militärmarke. Ehrlich gesagt hatte ich vergessen, dass sie immer noch bei Violette war.

  »Hier … das ist deine.«

  Ohne lang nachzudenken, nehme ich ihre Hand und lege die Kette wieder hinein. Fragend blickt sie mich an. Diese Marke ist mir sehr wichtig, denn sie stammt von meinem Großvater. Jeden Tag erinnert sie mich daran, was es bedeutet, ein Held zu sein. Mein Großvater war einer, auch wenn ich die Gründe, die zum Krieg in Algerien geführt haben, nicht gutheiße.

  »Behalte sie«, flüstere ich und schließe ihre Finger darum. »Bitte.«

  Ich hebe ihre Hand an meine Lippen und küsse jedes einzelne Fingerglied. Violette starrt mich an, als wolle sie mich etwas fragen, aber wir werden unterbrochen. Jason und Zoé kommen herein und schlie�
�en die Tür hinter sich. Der Lärm aus dem Flur wird sofort gedämpft.

  »Hier findet also die richtige Party statt?«, witzelt Jason.

  Zoé bleibt mit verschränkten Armen vor uns stehen, während Jason sich im Schneidersitz auf den Boden setzt. Ich lächle, antworte aber nicht. Ich bin zu erschöpft. Nach ein paar endlosen Sekunden der Stille ist es mein bester Freund, der das Eis bricht:

  »Ob ihr es glaubt oder nicht, es war Ethan, der mich überzeugt hat, Zoé um ein Date zu bitten.«

  Wir alle blicken ihn erstaunt an. Mit einem frechen Grinsen fügt er hinzu:

  »Gut, eigentlich habe ich mit ihr geschlafen, statt sie um ein Date zu bitten, aber es lief auf dasselbe hinaus. Ich habe sie mir geschnappt.«

  Zoé versetzt ihm einen Tritt, dass er vor Schmerz aufstöhnt. Aber mein bester Freund erholt sich schnell und benutzt seine Hände als Schutzschild.

  »Schon gut, ich habe mich natürlich auch in sie verliebt.«

  Die Frau, um die es geht, scheint zufrieden, denn sie hockt sich vor ihn und gibt ihm lächelnd einen Kuss.

  »Ethan hat mir bewiesen, dass es auf dieser Welt tatsächlich noch süße Typen gibt«, sagt sie.

  Jason nickt, hört aber schnell wieder damit auf und runzelt die Stirn. Er betrachtet Zoé und scheint darüber nachzudenken, was ihre Aussage zu bedeuten hat. Zoé jedoch legt ihm ihre manikürte Hand auf den Mund, als er ihn gerade öffnen will.

  »Du bist nicht mehr dran.«

  Ich nehme an, dass nun Violette und ich damit an der Reihe sind, etwas Nettes über Ethan zu sagen. Ich überlege einen Moment, was ich sagen soll. Meine beste Freundin beginnt:

 

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