Sie sind meinetwegen hier.
Meine panischen Gedanken überschlagen sich, während sie in meinem Kopf um die Vorherrschaft ringen.
Wer hat sie geschickt?
Und aus welchem Grund?
»Emilia Lancaster«, sagt der Anzugtyp, der uns am nächsten ist, mit tonloser Stimme.
Ich zucke zusammen. Ich lebe schon so lange unter dem Namen Emilia Lennox, dass ich beinahe vergessen habe, welcher Name auf meiner Geburtsurkunde steht.
Beinahe.
»Sie müssen mit uns kommen.« Die Stimme des Mannes ist ebenso ausdruckslos wie sein starrer Blick. »Auf der Stelle.«
Ich versuche zu sprechen, kann aber nicht mehr als ein Quieken über meine tauben Lippen bringen.
»Das können Sie vergessen«, knurrt Owen in meinem Namen und presst mich fester gegen die Ziegelmauer. Seine Rückenmuskeln spannen sich kampfbereit an. »Sie geht nirgendwo mit Ihnen hin.«
Der Anzugtyp legt langsam eine Hand an sein Holster – eine eindeutige Drohung. Als er wieder spricht, unterstreichen kleine Speicheltropfen seine Worte, während er sie mit tödlicher Klarheit artikuliert.
»Das ist die letzte Warnung. Treten. Sie. Von. Der. Frau. Weg. «
Owen bewegt sich keinen Millimeter. »Scheren. Sie. Sich. Zum. Teufel.«
Der Mann reagiert so schnell, dass seine Bewegung praktisch vor meinen Augen verschwimmt. Ich sehe nicht, wie er die Waffe aus dem Holster zieht, aber ich höre den entsetzlichen dumpfen Aufprall, als sie mit genug Wucht gegen Owens Kopf kracht, um ihn ins Wanken zu bringen. Ein Schrei entringt sich meiner Kehle, als ich mit ansehe, wie mein bester Freund auf dem Kopfsteinpflaster zusammensackt und dabei die Hände an seine Schläfe presst. Blut sickert zwischen seinen Fingern hindurch und tropft auf die Pflastersteine wie roter Regen.
»Owen! «
Zwei der Anzugtypen steigen über ihn hinweg, als wäre er ein Stück Abfall, und kommen auf mich zu. Ihre Begleiter schauen teilnahmslos zu, während sie meine Oberarme mit stahlhartem Griff umklammern. Ich versuche, Owen im Blick zu behalten und mich aus ihrem festen Griff zu befreien, während sie mich in die grellen Strahlen der Scheinwerfer zerren, als wäre ich ein Käfer, der auf eine Elektrofalle zuhält. Aber es hat keinen Zweck. Sie sind zu stark.
Innerhalb von Sekunden verfrachten sie mich auf den Rücksitz und drücken meinen Kopf nach unten, damit ich ihn mir nicht am Dach des Autos stoße, so, wie man es bei einem Verbrecher macht, wenn man ihn in ein Polizeiauto bugsiert. Das Letzte, was ich höre, bevor die Tür hinter mir zuknallt, ist Owens Stimme. Sie ist von Schmerz und Panik erfüllt und schallt in die Nacht hinaus.
»Emilia! «
Owens Schrei hallt noch lange in meinen Ohren wider, obwohl wir längst den Bürgersteig verlassen haben und die Straße hinunterrasen. Der Motor des Fahrzeugs brüllt wie eine eingesperrte Kreatur unter der Motorhaube. Ich bin allein auf dem Rücksitz. Ich kann kaum etwas sehen, da die Trennwand hochgefahren ist und mich von den Anzugtypen im vorderen Bereich des Fahrzeugs abschirmt.
Ich gebe mir Mühe, nicht in Panik zu verfallen – oh, wem zum Teufel mache ich etwas vor, ich bin schon längst in Panik verfallen –, und greife nach den Türgriffen, doch die Türen sind fest verschlossen. Das Gleiche gilt für die dunkel getönten Fenster. Ich schaue mich suchend nach meiner Handtasche und meinem Handy um … bis mir klar wird, dass ich beides auf einem Barhocker im Hennessy’s liegen gelassen habe, wo sie mir absolut nichts nützen.
Perfekt.
Ich taste unter den Sitzen herum, doch auch dort finde ich nichts Brauchbares. Keinen praktischen Montierhebel, den ich als Waffe benutzen könnte, keine spitzen Gegenstände, die ich den Bösewichten in die Augen rammen könnte, sofern ich die Gelegenheit dazu erhalten sollte. Ich bin ganz und gar auf mich allein gestellt.
Ich presse die Stirn an die Scheibe und versuche, nach draußen zu schauen, doch ich sehe nur Dunkelheit, während wir durch die Nacht auf ein unbekanntes Ziel zurasen.
»Lassen Sie mich hier raus!«, schreie ich und hämmere mit den Fäusten gegen die Trennwand. »Sind Sie verrückt? Das ist Freiheitsberaubung!«
Von der anderen Seite der Wand kommt keine Reaktion.
»Ich werde die Polizei rufen!«
Ich stelle das Hämmern ein, um zu lauschen, aber ich höre nichts. Nicht mal den kleinsten Hinweis darauf, dass sie mich wahrgenommen haben. Das Auto biegt mit einem schrillen Kreischen der Reifen ab, und ich fliege quer über die Ledersitze. Mein Ellbogen knallt mit genug Wucht gegen die Fensterscheibe, um mir einen blauen Fleck zu bescheren. Ich blinzle Tränen fort und reibe mir über den Musikantenknochen. Dann schnalle ich mich an.
Es hat keinen Zweck zu sterben, bevor sie eine Gelegenheit haben, mich um die Ecke zu bringen.
Wir fahren etwa zwanzig Minuten lang, bis das Fahrzeug schließlich abbremst. Als der Motor abgestellt wird, löse ich den Sicherheitsgurt und verharre vollkommen reglos. So warte ich auf den Augenblick, dass sich meine Tür öffnet. Ich warte darauf, dass sie mich aus dem SUV zerren, um … um … mich an den Ort …
Tja, ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wohin sie mich zerren werden, aber ich kann nur davon ausgehen, dass es kein Ort ist, an dem ich normalerweise meinen Freitagabend verbringen würde.
Eine Minute vergeht in vollkommener Stille.
Dann eine weitere.
Meine nackten Knie hüpfen vor Nervosität auf und ab, während ich warte.
Und warte.
Und warte.
Endlich höre ich draußen eine laute Stimme. Sie stammt nicht von einem der Anzugtypen – ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihre eiserne Kontrolle auch nur für eine Sekunde aufgeben könnten –, sondern von jemand anders, der wirr herumbrüllt, während er auf das Fahrzeug zubugsiert wird. Die wütende Stimme wird lauter, als sie sich nähern.
Ein weiterer Gefangener ?
Einen Augenblick sehe ich meinen Verdacht bestätigt, als die gegenüberliegende Tür aufgerissen wird. Ich stürze nach vorn, weil ich denke, dass ich mich vielleicht nach draußen winden kann, aber es gibt kein Entrinnen. Der einzige Ausgang wird von einer Wand aus Muskeln in maßgeschneiderten schwarzen Anzügen versperrt. Mein nutzloser Hilfeschrei erstirbt in meiner Kehle. Ich kann nur wie betäubt zusehen, wie ein Junge zu mir auf den Rücksitz gestoßen wird.
Ich korrigiere: kein Junge.
Ein Mann.
Ein extrem betrunkener Mann, wie mich der Geruch von Bourbon, der aus seinen Poren dringt, vermuten lässt. Ich glaube, dass sich mein Blutalkoholspiegel bereits dadurch erhöht, dass ich in seiner Nähe atme. Vielleicht ist dieses berauschende Gefühl aber auch einfach nur eine Nebenwirkung, die ein Blick in sein Gesicht mit sich bringt, denn, meine Güte, selbst im schummrigen Licht des Autos kann ich erkennen, wie unfassbar attraktiv dieser Kerl ist. Ich habe keine Ahnung, warum er hier bei mir auf dem Rücksitz ist, aber er sieht aus, als käme er geradewegs von einem Filmset.
Ein Blick auf ihn und schon gerate ich ins Schwärmen. Na toll.
Er scheint zwischen Mitte und Ende zwanzig zu sein, ist ausgesprochen muskulös und trägt ein schneeweißes Hemd sowie eine dunkelgraue Anzughose. Seine Züge sind wie gemeißelt und wirken wie etwas, das man normalerweise nur auf nachbearbeiteten Fotos in Zeitschriften oder auf Instagrambildern sieht, über die massenhaft Filter gelegt wurden. Seine Augen schimmern vor Alkohol und Lust und sind von dichten Wimpern umrahmt, für die jede Frau töten würde. Seine Wangenknochen sind so scharfkantig, dass sie ein Herz vermutlich sauber entzweischneiden könnten, wenn man dumm genug wäre, ihnen zu nah zu kommen. Verdammt, er könnte ebenso gut ein Leuchtreklameschild hochhalten, auf dem steht: LASST, DIE IHR EINTRETET, ALLE HOFFNUNG FAHREN. Es wäre eine fairere Warnung für jene armen Seelen, die versuchen, ihre Herzen in seiner Gegenwart zu schützen.
Reiß dich zusammen, Emilia.
Ich löse den Blick von dem umwerfenden Fremden und versuche, Augenkontakt zu einem unserer anzugtragenden Entführer herzustellen. Ich bin wirklich mehr als wütend auf mich selbst, weil ich mich so sehr habe ablenken lassen, dass ich nicht um Hilfe geschrien habe, als ich die Gelegenheit dazu hatte.
»Warten Sie!«, rufe ich und schaue einem der bewaffneten Wachmänner direkt in die Augen. »Bitte …«
Bevor ich mein Gesuch aussprechen kann, versetzt der Anzugtyp dem betrunkenen dunkelhaarigen Fremden einen heftigen Schubs und stößt ihn nach vorn in den SUV – und förmlich auf meinen Schoß. Ich höre die Tür hinter ihm zuknallen und das Schloss einrasten, schaue aber nicht in diese Richtung. Dafür bin ich ein wenig zu sehr mit dem zerzausten Schopf aus schwarzem Haar beschäftigt, dessen Besitzer momentan mit dem Gesicht voran zwischen meinen Knien gelandet ist.
Ernsthaft, könnte diese Nacht noch schlimmer werden?
3. KAPITEL
»Runter von mir!«, quieke ich und blinzle den Hinterkopf dümmlich an.
»Normalerweise gebe ich einer Frau einen Drink aus, bevor ich meinen Kopf zwischen ihre Beine stecke«, murmelt er. Seine tiefe Stimme wird vom Stoff meines Minirocks gedämpft. »Aber wenn du Lust drauf hast, Schätzchen …«
Mit einem Knurren schubse ich ihn grob von mir runter und schmunzle zufrieden in mich hinein, als er mit der Stirn gegen die Trennwand prallt.
»Verdammt!«, flucht er. »Wofür war das denn?«
»Musst du das wirklich fragen?«
Ich beobachte ihn misstrauisch, während er sich mit einem leisen Ächzen neben mir auf dem Sitz aufrappelt. Er hat die Augen fest zusammengekniffen, sodass ich ihre Farbe nicht erkennen kann. Aber ich ertappe mich dabei, wie ich im Dämmerlicht seine kantigen Gesichtszüge mustere: die hohen Wangenknochen, die unter seiner gebräunten Haut hervorragen; seine breite Kehle sowie die Hals- und Schulterpartie, von der jeder feste Muskelstrang bestens zu sehen ist, weil er den Kopf nach hinten gegen das Leder gelehnt hat; das dichte Haar …
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Ich zucke zusammen. »Wie bitte? «
»Du starrst mich an.«
Woher weiß er das?
Ich drehe ruckartig den Kopf nach vorn zur Trennwand und spüre, wie meine Wangen heiß werden. »Stimmt ja gar nicht.«
Ein leises Kichern dringt an meine Ohren. »Wie du meinst, Orchidee.«
»Orchidee? «, hake ich nach und schaue ihn wieder an, obwohl ich das eigentlich gar nicht will.
Er öffnet langsam ein Auge – es ist kristallblau, wie das ganze Karibische Meer in einer einzigen Regenbogenhaut –, um zu mir herüberzusehen. »Das lilafarbene Haar.«
Oh. Richtig.
Ich greife nach oben, um meine lavendelfarbenen Strähnen zu glätten, und fühle mich angesichts meiner aktuellen Farbauswahl ein wenig verunsichert. Letzten Monat war ich eine aschgraue Blondine. Davor war mein Haar marineblau. Davor … Ich erinnere mich nicht einmal mehr daran, wenn ich ehrlich bin. Meine natürliche Haarfarbe habe ich nicht mehr gesehen, seit ich alt genug war, um etwas dagegen zu unternehmen.
»Also, vor wem versteckst du dich?«, fragt er. Seine Worte klingen ein wenig undeutlich.
»Ähm …« Ich blinzle und bin vollkommen verwirrt. »Was?«
»Die Frage ist doch ziemlich einfach. Vor wem versteckst du dich?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
Er starrt mich einfach nur an. In seinen Augen liegt trotz der Tatsache, dass sein Gehirn vermutlich in einer Pfütze Johnnie Walker schwimmt, ein aufmerksames Funkeln. Selbst durch einen Nebel aus Trunkenheit ist es nervenaufreibend, direkt in sie hineinzuschauen. Ich frage mich flüchtig, wie dieser Mann wohl wäre, wenn er die volle Kontrolle über seine geistigen Fähigkeiten hätte.
Ich denke, dass du das nicht herausfinden willst, Emilia.
Ich unterdrücke den Drang herumzuzappeln, setze eine gleichgültige Miene auf und erwidere seinen Blick kühn. Er mag denken, dass er mich einschüchtern kann, aber ich weigere mich, mich einschüchtern zu lassen. In meinem Kopf nehme ich ihn Stück für Stück auseinander, analysiere ihn und hoffe, dass ich einen fatalen Fehler entdecken werde. Einen Riss in seiner Rüstung.
Es ist ein zweckloses Unterfangen – selbst seine Unvollkommenheiten sind auf verstörende Weise attraktiv. Der kleine Hubbel auf seiner Nase lässt vermuten, dass er schon in die eine oder andere Kneipenschlägerei verwickelt war. Die kleine Narbe, die seine linke Augenbraue zweiteilt, verleiht seinem Gesicht, das ohne sie zu perfekt wäre, Charakter. Und wenn sein dunkles Haar zerzaust ist, dann liegt das nur daran, dass eine Frau die ganze Nacht lang mit den Fingern hindurchgefahren ist – zumindest vermute ich das, denn auf dem Kragen seines Hemds befindet sich ein greller Lippenstiftfleck.
Was für eine Frau hat diesen pinkfarbenen Kuss hinterlassen? Diese Frage drängt sich mir einfach auf, während ich ihn betrachte. Was für eine Frau hat die Nacht mit ihm verbracht, ihre Finger in seinem Haar gehabt und ihre Lippen auf seine muskulöse Kehle gepresst? Was für eine Frau würde er sich aus einer Menge herauspicken und mit nach Hause nehmen, um sie vollkommen fertigzumachen?
Vermutlich eine Bilderbuchblondine mit Modelmaßen und umwerfendem Haar. Ganz sicher keine lilahaarige Katastrophe mit verschmiertem Augen-Make-up und einer Figur, die darauf schließen lässt, dass ihre Mitgliedschaft im Fitnessstudio bestenfalls dazu da ist, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen .
»Hast du vor, meine Frage in nächster Zeit zu beantworten?«
Ich zucke zusammen. »Vielleicht würde ich das tun, wenn sie Sinn ergäbe. Ich verstecke mich vor niemandem. Und ich verstehe wirklich nicht, warum ein vollkommen Fremder auf so eine Idee kommen sollte.«
Er legt den Kopf zur Seite und mustert mich. Als er wieder spricht, klingt seine Stimme sanft. Beinahe nachdenklich. »Dein Haar.«
Ich greife nach oben und berühre die beleidigenden Strähnen. Für einen Augenblick bin ich so verblüfft, dass ich nichts erwidern kann.
»Das ist entweder eine Tarnung oder ein Ablenkungsmanöver«, murmelt er. »Ich versuche nur noch herauszufinden, was von beidem es ist.«
Ich reiße die Augen ein wenig weiter auf und schnaube. Ich bin mir nicht ganz sicher, warum ich das Bedürfnis verspüre, meine modischen Entscheidungen einem Fremden gegenüber zu rechtfertigen – ich bin mir nicht mal sicher, warum ich überhaupt Zeit damit verschwende, mit diesem Fremden zu reden –, aber irgendwie kann ich mich nicht davon abhalten. »Nur damit das klar ist, das ist kein persönliches Statement. Mir gefiel die Farbe. Interpretiere da nicht zu viel hinein.«
»Es gibt nur einen Grund, warum eine Frau, die so aussieht wie du, so etwas tut: Sie versteckt sich. Entweder vor sich selbst oder vor jemand anderem.«
»N… nein«, stammele ich und werde blass. »Das ist …«
»Die Leute sehen nur dieses auffällige Lila und machen sich gar nicht erst die Mühe, genauer hinzuschauen. Genau darum geht es doch, oder?«
Ich blinzle hektisch. »Hör zu, Freud, so sehr ich die Psychoanalyse auch zu schätzen weiß, kannst du sie gerne für dich behalten.«
»Es braucht keinen Seelenklempner, um zu erkennen, dass du ein soziales Chamäleon bist.«
»Ich bin kein Chamäleon! «, zische ich und spüre, wie mein Blutdruck steigt. »Und für die Zukunft kannst du dir merken, dass es allgemein als unhöflich angesehen wird, Menschen mit Tieren gleichzusetzen. Vor allem Menschen, denen man gerade erst begegnet ist und über die man nicht das Geringste weiß!«
Sein Mund zuckt. »Ich kenne deinen Typ. Du machst dich unsichtbar. Mit diesem Haar und dem starken Augen-Make-up und diesen billigen Klamotten …«
Mein Mund klappt auf. »Nur zu deiner Information, dieses Outfit ist von Zara und …«
»Schätzchen, mir ist vollkommen egal, wo du einkaufst.«
»Dann tu uns beiden einen Gefallen und behalte deine unerwünschten Meinungen für dich, Arschloch!«
»Du gehst ganz schön in die Defensive für jemanden, der behauptet, dass ich mit meiner Vermutung vollkommen danebenliege, findest du nicht?«
Ich balle die Hände zu Fäusten und bemühe mich um einen gleichgültigen Tonfall. »Ich gehe nicht in die Defensive. Ich habe einfach nur kein Interesse daran, mir eine tiefgründige, von Bourbon durchtränkte Analyse meines psychologischen Profils von einem betrunkenen Idioten anzuhören, der mich seit schätzungsweise fünf Minuten kennt.«
r /> »Ich sage dir das nur wirklich ungern, aber ich habe dich schon nach etwa fünf Sekunden durchschaut, Liebes.«
Ich starre ihn eine Sekunde lang mit offenem Mund an, erhole mich aber schnell. »Bist du immer so arrogant?«
»Bist du immer so durchschaubar?«
»Du weißt gar nichts über mich! «
»Ich kenne Frauen.«
»Oh, da bin ich mir sicher .« Ich werfe einen sprechenden Blick auf den Lippenstiftfleck auf seinem Kragen. »Aber ich garantiere dir, dass ich nicht wie die Frauen bin, denen du bislang begegnet bist.«
Er zuckt mit den Schultern. »Jeder Swimmingpool hält sich für einen Ozean.«
»Und ich soll in diesem Szenario wohl der Swimmingpool sein, was?« Ich beiße mir auf die Unterlippe, um nicht empört aufzuschreien.
Er senkt den Blick zu meinem Mund und verweilt dort, ohne sich zu rühren. »Hör mal, nichts für ungut, aber jeder denkt, dass er ein großes Rätsel ist, das gelöst werden muss. Die Wahrheit ist jedoch, dass die meisten Menschen gar nicht so kompliziert sind.«
»Hast du diese Aussage gerade ernsthaft mit ›nichts für ungut‹ eingeleitet?« Ich knurre förmlich. »Willst du mich verdammt noch mal auf den Arm nehmen?«
»Ich bin im Allgemeinen nicht für meinen Humor bekannt.«
»Tja, das ist jetzt wirklich ein Schock!«
Leute mit seinem Aussehen – die genetisch Gesegneten sozusagen – entwickeln nur selten einen Sinn für Humor, weil sie sich im Gegensatz zu uns Normalsterblichen nicht um Anerkennung oder Zuneigung bemühen müssen. Sie bekommen das alles einfach von dem Augenblick an, in dem ihre perfekt geformten Gesichter Teil der irdischen Existenz werden.
Er zieht angesichts meines sarkastischen Tonfalls eine Augenbraue hoch, aber ich führe das nicht weiter aus. Ich habe nicht vor, sein eh schon gewaltiges Ego zu füttern, indem ich ihm mitteile, dass er wie ein griechischer Gott aussieht. Ich starre ihn einfach nur mit steinerner Miene an, schweige und wünsche mir, dass er sich in Luft auflöst .
»Weißt du …?« Er verzieht die Lippen auf einer Seite nach oben. »Frauen schauen mich normalerweise erst mit so viel Feindseligkeit im Blick an, nachdem ich ihnen mitgeteilt habe, dass ich kein Interesse daran habe, noch mal mit ihnen ins Bett zu gehen …«
Silver Crown - Forbidden Royals (German Edition) Page 3