Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm
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Er räumte sein kleines Lager auf. Es wurde Zeit, aufs Feld zu gehen und bei der Arbeit zu helfen. Er wollte schließlich nicht von Almosen leben, auch wenn die Dorfbewohner ihm Unterkunft und Nahrung fast schon aufgedrängt hatten. Es wäre würdelos und unnatürlich gewesen, wenn er gebettelt hätte, wenn er doch gesund genug war, um zu Arbeiten. Sein Lager war schnell aufgeräumt, denn er besaß nicht viel. Den Weg zu den Feldern legte er mit einem kleinen Lied auf den Lippen zurück. Es war sehr melodiös und eingängig. Die Dorfbewohner hörten es gerne, auch wenn sie die Worte nicht verstanden, denn es war ein Lied, das Estron von zwei wandernden Feenlingen aus dem fernen Aich gelernt hatte. Es war ein fröhliches Lied und Estron sang es immer mit seiner lauten, wenn schon nicht wohlklingenden Stimme, als wenn jeder Tag aufs Neue Sonne und jede Wegbiegung eine freudige Überraschung bringen würde. Diese Einstellung hatte er auch von den beiden Feenlingen gelernt. Und er sang dieses Lied, obwohl er dabei war, wie Unie von einem Pfeil durchbohrt und Lesigo mit Äxten niedergehauen wurde. Unie starb in seinen Armen und er hatte ihm den Abschiedskuss gegeben.
Seit diesem Tag hatte er nie wieder geweint, aber sein Herz war nicht verwüstet und leer, vielmehr hatte er seitdem jede Freude noch viel tiefer gespürt. Aber in jenem Moment war eine Welt für ihn zerbrochen. Seine Liebe, seine Zuversicht, seine Glauben an das Gute waren erschüttert worden. Doch vielmehr noch war sein Glaube an sich selbst erschüttert worden, denn er hatte überlebt. Er hatte überlebt, weil er die Angreifer vernichtet hatte. Mit einem einzigen Wort. Er hatte nur ein Wort gesprochen, und die Angreifer waren dem Tode geweiht gewesen, auch wenn sie es nicht gleich gemerkt hatten. Denn auf Estrons Wort hatten sich die Pflanzen erhoben, waren die Käfer herangekrabbelt und die Vögel herbeigeflogen. Sie hatten die Angreifer festgehalten, zugedeckt, verschlungen, bis alles Fleisch von den Knochen genagt war. Während Estron auf dem Weg hockte und Unies Blut über seine Beine lief, hatte er die verzweifelten Schreie der Angreifer gehört und wie sie langsam verstummt waren.
Es bestand kein Zweifel, dass er sie getötet hatte, denn er hatte noch den Klang der Natur in seinem Körper gespürt, den er bisher nur hatte fühlen können, wenn er sich in Trance begab. Das war es, was für ihn die Natur ausmachte. Es war beängstigend, schön, mächtig und allgegenwärtig. Und erst in dem Moment, damals auf dem Weg, hatte er wirklich begriffen, dass auch er ein Teil dieser Macht war, der viele nur Respekt zollten, wenn eine Flutwelle sie hinwegspülte oder eine Windhose ihnen das Dach vom Kopf wehte. Jeder war ein Teil dieser Macht, aber er, Estron, konnte anders als alle anderen, sie auch in sich spüren und nutzen.
Estrons Begreifen ging aber darüber hinaus, denn er hatte damals auch begriffen, dass er anderen beibringen musste, mit dieser Macht in Einklang zu leben, und das die Völker endlich begreifen mussten, dass im Einklang leben nicht daraus bestand, dass man die Macht der Natur ertrug und sie ansonsten ausnutzte.
Estron sang sein Lied noch, als er bereits sein Essen auf den Feldern verdient hatte. Er sang es auch noch, als ein Unfreier aus einem Nachbardorf angerannt kam und nach ihm fragte. Der Unfreie musste sehr schnell gerannt sein, die Sätze wurden vom schweren Atmen häufig unterbrochen.
Sobald Estrons Name fiel, deuteten die Dorfbewohner, die den Unfreien entgegengegangen waren, auf den immer noch singenden Arbeiter. Alle zusammen kamen sie zu ihm gelaufen und umringten ihn.
„Iougo hier aus Brattall hat einige Priester gesehen, die nach dir suchen.” Hergel, der Dorfvorstand, sah besorgt aus, als er dies sagte. Iougo drängte sich jedoch nach vorne, um selbst zu erzählen.
„Herr, ihr müsst fliehen, Herr. Die Priester tragen Sonne und Schwert.”
Alle schwiegen für einen Moment. Sie kannten die Sonne und das Schwert, das Symbol Veshtajoshs. Der Gott der Sonne, der Gott des Lichts, der Gott der die Wahrheit zu Tage bringt. Der Gott, dessen Priester alles unternahmen, um die Tempel und ihre Macht zu schützen. Sein Bruder Veshtno, der Gott des Krieges, hätte nicht mehr Furcht in den Herzen der Dorfbewohner sähen können. Veshtajoshs Priester suchten nach Antworten, und wenn man sie ihnen nicht freiwillig gab oder die Antworten nicht die waren, die sie hören wollten, dann wurde das Fragen drängender, dann fragte nicht mehr nur die Stimme, sondern auch das Messer, oder die Streckbank, oder auch die Peitsche. Diese Priester suchten nach der Wahrheit, nach der Wahrheit, die ihrem Verständnis davon entsprach. Und das Entstehen einer neuen Religion, selbst wenn Estron es nicht so weit hatte kommen lassen wollen, entsprach nicht ihrer Wahrheit. Wenn sie nach ihm fragten, dann wussten sie etwas von ihm, dass ihnen nicht gefiel.
Estron wusste, in welcher Gefahr er schwebte, und er wusste, dass er, wenn er nicht alle gefährden wollte, schnell fliehen musste. Er lief in den Wald, zu seinem Lager zurück. Nun sang er nicht mehr. Er hätte nicht gedacht, dass es so weit kommen würde. Er wollte doch niemandem etwas zu leide tun. Er war doch kein Ketzer, der die Götter leugnete oder etwas über sie erzählte, was nicht mit den Lehren der Kirchen in Einklang stand. Er war nur ein Mann aus dem Wald, der seinen Mitmenschen Wissen vermitteln wollte. Aber wenn man von den Sonnenpriestern gesucht wurde spielte das alles keine Rolle. Sie würde seine wahre Absicht nicht interessieren und deshalb musste Estron von jetzt an auf der Hut sein.
Als er beim Lager ankam ergriff er sein Bündel und seine große Tasche. Vorsichtig bedeckte er noch die Feuerstelle, damit sie nicht sofort gefunden werden konnte. Er war gerade damit fertig geworden, da hörte er auch schon, wie jemand durch den Wald zu seinem Lager gerannt kam. Er versteckte sich hinter dem großen Baum, der neben seinem Lagerplatz stand.
Die Schritte kamen näher.
Aber als die Läufer endlich in Sichtweite kamen, waren es nur Kam-ma und Tro-ky, die beiden jungen Leute, die seine Schüler werden wollten. Er trat vor und rief sie an: „Geht zurück! Es ist jetzt zu gefährlich, mit mir zu reisen. Ich werde mich wohl erst einmal in die Wälder zurückziehen.”
„Meister Estron, wir wissen, dass Sonne und Schwert euch suchen. Das macht uns keine Angst.” Kam-ma stand breitbeinig auf dem Weg, während ihre braunen Flechtzöpfe beim Atmen hoch und runter hüpften. Bisher hatte er die junge Frau noch nie so bestimmt, selbstbewusst und schön erlebt. Auch der kleinere Tro-ky wollte nicht zurückstehen und fügt hinzu: „Wir werden euch auch in die Hölle begleiten, Meister Estron.”
„Oh bitte, nennt mich nicht Meister. Und in die Hölle, hoffe ich, werde ich wohl nie gehen müssen.” Er schaute zu Boden. Plötzlich meinte er eine Vision zu haben, wie die beiden in seine Fußstapfen traten und seine Lehre weiterverbreiteten. Er hatte selten solche Visionen und nahm sie auch nicht besonders ernst. Dennoch bekam er diesmal das Gefühl, dass es wichtig sein würde, die beiden bei sich zu haben. Ein letztes Mal versuchte er sie jedoch abzuweisen.
„Ihr wisst nicht, auf was ihr euch einlasst. Wir werden nur noch sehr selten in Häusern schlafen können. Jetzt, im Spätsommer ist die Natur noch freundlich und zuvorkommend. Es ist warm und Essen lässt sich überall finden. Wenn jedoch der Winter einsetzt, dann werden wir frieren, hungern und doch nicht in Herbergen einkehren können. Ich habe das alles schon viele Male gemacht, ihr jedoch seid noch zu jung und unerfahren.”
„Wir kennen die Winter und wir kennen die Wälder. Wir werden mit euch gehen, ob ihr wollt oder nicht. Ihr hattet uns versprochen, dass ihr uns lehren würdet.” Kam-ma wurde fast wütend.
„Na, ein Versprechen war es nicht. Aber ich habe es wohl gesagt.” Estron überlegte noch einmal. „Ich scheine euch wohl nicht davon abbringen zu können. Also gut. Ihr habt eure Sachen? Wir können in nächster Zeit nämlich nicht mehr zurück.” Damit drehte er sich um und ging in den Wald. Kam-ma und Tro-ky folgten ihm hintereinander. Sie hatten nichts gepackt. Aber sie würden schon etwas finden. Da vertrauten sie ganz auf ihren Meister und sein großes Wissen.
Alle Völker kannten die Energie, die man Magie nennt. In jedem Volk gab es jene, die diese Energie zu nutzen wussten, und jene die es nicht vermochten. Nur die Feen und die Aleneshi bildeten eine Ausnahme. Die Feen, weil ein jeder von ihn jeden Magier der anderen Völker übertraf. Die Aleneshi, weil sie als einzige niema
ls einen Magier hervorgebracht hatten.
Es gab jedoch andere Formen der Energie, die unwissende Ebenfalls als Magie bezeichneten.
Die Aleneshi kannten die Runen. Uralte Schriftzeichen, mit deren Hilfe sie jeder Feenmagie standzuhalten wussten. Einige Völker hatten Bruchstücke dieser Kunst von ihnen gelernt, konnten sich aber nicht mit ihnen Messen. Hätten jedoch die Ra-ula noch unter dem Ring gelebt, dann wären sie die Meister der Runenmagie gewesen, denn sie waren in der Lage gewesen, die Runen mit ihrem Verstand zu schreiben, schneller und genauer, als die Aleneshi es je vermocht haben.
Es gab auch die Energie, die von mir kam, die es den Priestern und Gläubigen ermöglichte, zu heilen, wahrzusagen und die Ungläubigen zu strafen. Seltsamerweise verwechselte niemand die priesterlichen Zauber mit denen der Magie, obwohl sie doch der Magie viel ähnlicher waren als die Runen. Wenn ein Gläubiger im Glauben stark genug war und der jeweilige Gott, der ich war, es wünschte, dann konnte dieser Gläubige so gut wie alles tun. Zweimal in meiner Zeit als Gott habe ich sogar Priestern erlaubt, einen Toten wiederzuerwecken. Doch waren die ins Leben zurückgekehrten nie glücklich oder dankbar für diese Gnade gewesen, denn wer einmal tot gewesen ist, der will und soll es auch bleiben.
Doch gibt es noch eine weitere Form der Energie, die viel zu erreichen vermag.
Sie ist so ganz anders als die anderen, die ich schon genannt habe, denn sie kommt ganz und gar aus dem inneren des Wesens und ist ein sehr seltenes Talent. So selten ist es, dass nur die Aleneshi und die Menschen darüber verfügen. Einst waren die Ra-ula die Meister dieser Energie und mit ihrer Hilfe konnten sie ihre Form der Runenmagie wirken. Sie gaben diesem Talent den Namen Drirelgli, und der Name beweist, dass auch die Ra-ula sich irren konnten, denn es bedeutet Magie des Verstandes.
Nur die Ra-ula von allen Völkern Sgayefarshs besaßen beides zugleich, Drirelgli und Magie. Wenn ein Mensch oder Aleneshi über das Drirelgli verfügte, so besaß er niemals die Fähigkeit, Magie zu wirken. Aber beide Völker hätten den unterschied nicht einmal bemerkt.
Denn die Magie war etwas Böses. Zu viele Menschen und Aleneshi waren in den Kriegen, die sie mit anderen Völkern geführt hatten, durch sie gestorben. Und so wurde die Zahl jener, die über ein solches Talent verfügten, immer geringer.
Ich muss gestehen, dass das Drirelgli wahrlich zu einer Gefahr für alle werden konnte, wenn der Geist, der dieses Talent besaß, ungeschult blieb. Doch konnte man davon ausgehen, dass er ungefährlicher wurde, wenn er sein volles Potential zu nutzen wusste? Ich verstand und verstehe die Furcht der Menschen, denn jeder, der den Geist eines anderen beherrschen kann, ist gefährlich. Aber diese Furcht hätten sie auch ihren Priestern entgegenbringen müssen. Denn sie beherrschten die Geister vieler Menschen, ohne Magie oder Drirelgli zu verwenden.
Aber trotzdem, trotz aller Furcht, trotz der Verfolgung und des Hasses, gab es Menschen, die all ihr Trachten dem Studium dieser Talente gewidmet hatten. Sie standen ganz am Anfang, denn Zuviel von dem alten Wissen war vergessen. Und der Kontakt zu Mitgliedern anderer Völker, die noch mehr Wissen bewahrt hatten, war riskant. Zu leicht konnte man an einen Spion der Drachen oder an einen Priester geraten.
Aber auch die Priester machten Fehler, und hielten manchmal eines dieser Talente für eine Manifestation meiner Gnade. So entstanden die Legenden von Wunderheilern, die mehr vermochten, als die einfachen Priester. Man konnte sagen, dass manche, die ein Talent besaßen, Glück hatten und nicht verbrannt wurden, weil ein Priester sie für Gottgeweiht hielt und andere einfach Pech, weil sie als Hexen auf dem Scheiterhaufen landeten.
Aber immer wieder schafften es Wissbegierige, ihre Fähigkeiten zu verbergen. Und einige Wenige von ihnen trafen mit anderen ihres Schlages zusammen und befruchteten einander in ihren Studien.
Es wäre wohl eines der größten Wunder gewesen, wären auf diese Weise tatsächlich mancherorts Schulen entstanden, hätten Shaljel und ich nicht unser Möglichstes getan. Dennoch stimmte mich die Ignoranz der Menschen immer wieder traurig, denn man konnte es fast nicht verstehen, dass sich so viel Potential immer wieder selbst fehlleitete.
Aus den Schulen
Pethen ging die dunkle Treppe in die unteren Höhlen hinunter. Bei seinem ersten Gang hatte er noch nicht so viel Angst gehabt wie heute, obwohl er damals zum ersten Mal diese dunkle und unvertraute Welt betreten hatte. Damals hatte das Unvertraute auch etwas Abenteuerliches und das Dunkel Geheimnisse enthalten. Aber inzwischen enthielt sie nur noch Düsternis. Bevor er hierher kam, hatte er die Dunkelheit nicht gefürchtet. Sie hielt keine Schrecken für ihn. Wenn seine Augen ihn nicht mehr sehen ließen, dann meinte er alles um sich herum spüren zu können, so deutlich, als wenn es ihn berühren würde. Als er dieses Gefühl zum ersten Mal gehabt hatte, war er fast wahnsinnig vor Angst geworden. Alleine in einem Wald. Und doch nicht allein. Denn um ihn herum hatte plötzlich alles zu leben begonnen, zu toben, zu drohen, zu streicheln. Sein Kopf hatte gedröhnt, sein ganzer Körper war von einem beängstigenden Zittern gepackt worden. Nichts hatte ihn zu retten vermocht außer der Ohnmacht.
Er hatte es damals seinen Eltern erzählt, so jung und unerfahren wie er noch war. Er hatte nicht geahnt, in welche Gefahr er sie alle mit diesen Anfällen bringen würde. Seine Eltern hatten ihn damals verprügelt, wie sie ihn noch nie zuvor verprügelt hatten. Zwei Wochen war er danach nicht mehr aus dem Haus gekommen. Der Ringfinger seiner linken Hand stand seitdem in einem unnatürlichen Winkel von der Hand ab. Er hatte nie mehr von diesen seltsamen Sichten gesprochen, obwohl viele im Dorf später noch von seinen Anfällen erfuhren oder sie sogar miterlebten.
Die Prügel seiner Eltern hatten die Entfaltung seines Talents nicht leichter gemacht, das wusste er jetzt. Seine Angst vor den nächsten Anfällen hatte ihn an den Rand des Wahnsinns getrieben und die Gefühle während dessen ließen ihn beinahe Selbstmord begehen. Aber gerade, als es so schien, dass das Maß dessen, was er auszuhalten vermochte, erreicht gewesen wäre, wurde plötzlich alles leichter. Er begann sich in das Gefühl zu versenken, Freude daran zu empfinden. Er konnte es nicht erklären, aber es schien ihm mit einem Mal, als wenn die Anfälle kein Fluch wären, sondern eine besondere Gabe. Noch heute fürchtete er manchmal, dass er an jenem Tag einen Teil seines Verstandes verloren hatte.
Kurz darauf war Meister Anún ins Dorf gekommen und hatte seine Eltern überzeugt, dass er Pethen wertvolle und wichtige Dinge beibringen könnte, mit denen er es weit in der Welt brächte. Soweit hatte er das Gespräch mitanhören können, bevor er weggeschickt worden war. Womit Meister Anún sie tatsächlich überzeugt hatte, wusste Pethen bis heute nicht, aber vermutlich hatte er ihnen einfach nur eine Heidenangst eingejagt. Pethen auf jeden Fall hatte sich immer vor ihm gefürchtet, auch wenn er eigentlich nur gutes von ihm erfahren hatte.
Meister Anún hatte ihm zum ersten Mal von der Macht der Magie und von ihren guten Seiten erzählt. Die Priester, die ab und zu in Pethens Dorf vorbeigekommen waren, hatten immer vor den Hexen gewarnt, aber der Meister hatte ihm gezeigt, dass die Magie viel Gutes bewirken konnte. Er hatte aber auch nicht verschwiegen, dass die Magie eine Macht war, die zu Bösem verleitete. Denn der Meister war fest davon überzeugt gewesen, dass ein Tag mit Macht ein ständiger Kampf mit den eigenen Dämonen sein musste, wollte man seine Seele nicht für immer an die Finsternis verlieren, die über einen hereinbrechen musste, wenn man den Verlockungen dieser Macht nachgab. Das Gesicht des Meisters zeugte von jenem Kampf, den er beständig mit sich führte und dessen Auswirkungen Pethen so manche Nacht über hatte hören können.
Meister Anún hatte ihn schließlich zu diesem Versteck der Magier gebracht, wo Pethen mit seiner Ausbildung begonnen hatte. Er hatte ihm noch einmal zum Abschied auf die Schulter geklopft und ihm aufmunternd zugerufen, dass er sich nicht unterkriegen lassen sollte und dass er immer mal wieder nach ihm sehen würde.
Einige Zeit später hatte Pethen erfahren müssen, das der Meister in einem Dorf unweit vom Versteck der Magier in einen Hinterhalt der Priester geraten war und noch auf dem Dorfplatz bei lebendigem Leibe verbrannt worden war.
Noch viel später hatte Pethen dann von einem der Dor
fbewohner gehört, dass der Meister sich nicht ohne Widerstand ergeben hatte. Zwei Priester waren in einem magischen Feuer umgekommen, ein weiterer hatte den Verstand verloren. Einer der Flammenstrahlen des Meisters hatte außerdem während des Kampfes eine Scheune und eine Hütte in Brand gesetzt. Die Frau, die dabei ums Leben gekommen war, hatte der Dorfbewohner nur aus Versehen erwähnt.
Hätte man ihn gefragt, Pethen hätte gesagt, dass er glücklich in dem Versteck war. So glücklich, wie man sein konnte, wenn man ein schlechter, unbegabter Schüler war und so gut wie nie aus dem Höhlenkomplex herauskam. Die Meister verachteten ihn ob seiner Schwäche und seine Mitschüler machten sich aus dem gleichen Grund über ihn lustig.
Pethen hätte nie zu sagen vermocht, warum er immer noch meinte, glücklich zu sein, und nicht einfach floh, um sein Glück andernorts zu versuchen. Besonders an Tagen wie diesen.
Für heute hatte ihr Meister angekündigt, dass sie weiter die Zauber der vier Elemente üben würden. Pethens Mitschüler hatten damit keine Probleme. Jedem von ihnen gelang es, wenigstens eine Pfütze zu beschwören oder sich an der eigenen Magie die Finger zu verbrennen. Nur Pethen brachte nicht einmal den kleinsten Funken zustande.
Er hätte schon lange Aufgegeben, wenn Meister Zelon nicht einmal in einer ihrer Stunden behauptet hätte, dass seine Magie anders als die seiner zwölf Mitschüler sei. Sie war sich sicher, dass sie es ganz genau in seiner Aura gesehen hätte. Aus irgendeinem Grund hatte ihr jedoch keiner der anderen Meister jemals Gehör geschenkt.