Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm

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Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm Page 9

by Peter Singewald


  „Nicht, dass ich vor lauter Holz nachher keinen Platz mehr für die Vorräte habe.”

  Ohnfeder besah sich ebenfalls die Mühen des Chuor, spürte dann aber den Blick Shaljels auf sich. Schließlich konnte sie nicht mehr an sich halten und begann zu lachen. Nach nur kurzem Zögern stimmte Shaljel in das Gelächter ein. Auf diese Weise lachten sie fast den ganzen verbliebenen Vormittag, während Streiter unbeeindruckt alle Übungen machte, die der Feen ihm auftrug.

  Gegen Abend verlor der Tag jedoch an Freude. Ohnfeder hätte blind sein müssen, um ihre Nachbarn nicht zu sehen, die sich abwechselnd in den Gebüschen rund um ihr Haus versteckten.

  Es hatte sich doch überraschend schnell herumgesprochen, dass sie Besuch hatte, und dass dieser Besuch sehr ungewöhnlich war. Die Aleneshi begann sich langsam Sorgen um ihren Ruf zu machen. Shaljel hingegen schien nichts von all dem zu bemerken, obwohl er zwischendurch immer wieder sehr nah an die Gebüsche herankam und die Lauscher mit unsinnigen Gebärden und allerlei Faxen erschreckt, um anschließend so zu tun, als ob nichts geschehen wäre. Ohnfeder konnte seine Albernheiten nach kurzer Zeit nicht mehr lustig finden und sagte ihm dies auch. Er jedoch blieb vergnügt und kümmerte sich nicht um ihre Einwände.

  Als die Onren in ihrer Hütte verschwunden waren kamen sie endlich aus ihren Gebüschen. Eine kleine Delegation aus den Hausherren der drei Nachbarhöfe. Hatten sie nichts Besseres zu tun gehabt, als sich über Ohnfeders Besuch zu ärgern?

  Ohnfeder hatte wie immer vor ihrer Tür gestanden und auf die Stille gewartet, während Shaljel hinter ihr im Haus noch schnell aufgeräumt und ein kleines Nachtmahl bereitet hatte. Den Tisch hatte er ebenfalls bereitet. Für sechs Esser.

  „Möge Emaofhias Freiheit auf dir Liegen”, begrüßte sie der erste der drei.

  „Und auf dir, lieber Saatleger, und auf dir. Auch euch beiden den Segen Emaofhias.”

  Die beiden anderen Aleneshi, Grundholz Erlfäller und Ausschwell Hanfträger, machte eine kleine Verbeugung vor ihr.

  „Wie geht es bei euch zuhause?”

  „Gut ... Gut. Und wie geht es dir?” Die anderen beiden nickten.

  „Sehr gut. Die Arbeit geht mir leicht von der Hand und dazu habe ich auch noch lieben Besuch. Das Leben kann manchmal so schön sein.” Ohnfeder lächelte etwas verkrampft.

  „Ja ..., da hast du wohl recht. Dein Besuch ... deshalb sind wir hier ... wir müssen mit dir Reden.”

  „Das habe ich mir doch gleich gedacht. Wollt ihr nicht hereinkommen?” Die drei sahen sich überrascht an. Ohnfeders Haus zu betreten, dieser Gedanke war ihnen in diesem Zusammenhang noch gar nicht gekommen. Insgesamt war ihnen nicht allzu viel dazu eingefallen, was sie hier eigentlich tun wollten. Nur dass etwas gegen diese Eindringlinge getan werden musste. Schon um Ohnfeders willen.

  „Nun ziert euch nicht so. Es wird bald dunkel sein und dann stehen wir hier und können uns kaum noch sehen. Und ihr wollt mir doch nicht erzählen, dass ihr nur kurz vorbeischauen wolltet.” In einer der vielen kleinen Pausen, die sie heute den ganzen Tag gemacht hatten, hatte Shaljel ihr geraten, die ganze Sache nicht zu ernst zu nehmen. Wenn sie den Empörten, die unter Garantie vorbeischauen würden, zuvorkommend und freundlich begegnen würde, dann würde alles schon gut werden.

  „Mhmm, wenn du meinst ...”

  „Ja ich meine, und nun kommt schon rein.” Sie machte einen kleinen Schritt zur Seite um den dreien Platz zu machen. Sie gingen zögerlich an ihr vorbei, und verharrten erst wieder, als sie im Wohnraum angelangt waren. Als Ohnfeder hinter ihnen herkam und die Tür verschlossen hatte, konnte sie gut verstehen, warum. Shaljel saß sehr entspannt und vergnügt auf seinem Stuhl, der Tür gegenüber. Neben ihm, kauernd und etwas verkrampft aber dennoch sehr fröhlich, saß der große Chuor. Beide sahen die Neuankömmlinge mit freundlicher Neugier an. Shaljel sprang schließlich auf und kam auf die anderen Aleneshi zu. Streiter stand eher langsam und vorsichtig auf, um sich nicht den Kopf zu stoßen.

  „Möge Emaofhias Freiheit auf euch liegen.” Shaljel sagte es, als wenn er guten Freunden wiederbegegnet wäre. Es bestand kein Zweifel, dass er diese drei kannte, denn sie waren bei der Karawane, der auch Ohnfeders Mann angehört hatte, dabei gewesen. Die drei Gäste sahen jedoch aus, als hätten sie einen Grubenottich gesehen. Vielleicht lag es aber auch eher an Streiter, der sich sehr höflich in ihre Richtung verbeugte und dazu „Moöuge Emaoffjass Frraihaitt ouf ourr liggen” sagte. Hätte Ohnfeder nicht direkt hinter ihnen gestanden, die drei hätten gleich wieder das Haus verlassen.

  Ohnfeder bemerkte mit einem gewissen Stolz, dass Shaljel und Streiter weiterhin höflich auf die traditionelle Antwort oder wenigstens eine kleine Verbeugung warteten, während die drei um ihr wohl und ihre Ehre besorgten Aleneshi kein Wort herausbrachten.

  „Na kommt schon. Es gehört sich doch wohl, darauf zu antworten. Oder soll man später einmal sagen, dass die Chuor höflicher seien, als die Aleneshi?”

  Saatleger blickte sich hilfesuchend zu ihr um. Als er ihr freundliches aber doch verschmitztes Lächeln sah, wandte er seine Blicke wieder den beiden zu, die seine Augen lieber nicht gesehen hätten. „Möge auch auf euch der Frieden Emaofhias liegen.” Dazu verbeugte er sich. Zuerst zu Streiter, dann zu Shaljel. Ohnfeder konnte nicht verhehlen, dass sie stolz auf ihre Nachbarn war, denn es war nur ein ganz kleines Zittern in Saatlegers Stimme zu hören gewesen. Vielleicht konnte Shaljel sie doch von der Ungefährlichkeit des Chours überzeugen.

  „Darf ich vorstellen: Dies sind meine Nachbarn Saatleger, Erlfäller und Hanfträger ...” Die drei zuckten merklich zusammen, als Ohnfeder sie mit den Rufnamen vorstellte, und sie meinte, die Röte ihrer Gesichtern noch im Nacken sehen zu können. „und meine Gäste sind Shaljel und Streiter. Sie bleiben vermutlich für etwa zwei Wochen bei mir und helfen mir ein wenig bei einigen Reparaturen am Hof und bei der Ernte. Wollen wir uns nicht alle Setzen?” Und damit ging sie zum Tisch und setzte sich auf ihren Platz. Die drei Besorgten blieben noch einen Moment stehen.

  „Nun kommt schon, die beiden beißen nicht.” Saatleger gab sich zuerst einen Ruck und ging zu dem freien Platz neben Ohnfeder, Shaljel gegenüber. Gerade als er sich setzte, konnte sich Ohnfeder nicht verkneifen hinzuzufügen: „Zumindest habe ich es noch nie gesehen.” weswegen Saatleger kurz stockte und ihr anschließend einen säuerlichen Blick zuwarf. Im Verhältnis zu seinen beiden Freunden nahm er es jedoch sehr gut auf, denn er wurde wenigstens nicht bleich.

  „Greift zu.” Mehr brauchten Shaljel und Streiter nicht zu hören, um mit großem Vergnügen nach dem Essen zu greifen. Die anderen zögerten jedoch erneut. Deswegen wies Shaljel seinen Schüler an, mit dem Essen aufzuhören, und hielt Saatleger die Schale mit den Früchten entgegen. Streiter tat es ihm nach, indem er Erlfäller und Hanfträger den Teller mit dem Käse reichte. Erneut ging Saatleger mit gutem Beispiel voran und nahm sich eine Handvoll Waldbeeren aus der Schale. Und nachdem schließlich doch jeder etwas auf dem Teller hatte, begann eines der lustigsten Essen, die Ohnfeder bisher erlebt hatte.

  Shaljel, der nie müde, befremdet, traurig oder wütend zu sein schien, verbreitete eine Freude, dass es für den Raum hätte ausreichen sollen. Die ganze Zeit schwatzte er, biss zwischendurch in irgendein Essen, das ihm gerade in die Finger kam und gestikulierte für zwei. Ohnfeder schätzte seine Klugheit, die nicht für jeden in der Menge der Worte, die er den ganzen Tag von sich gab, ersichtlich wurde. Manchmal sagte er etwas Weises, als wenn er über das Öffnen eines Eis sprechen würde. Manchmal sprach er vom Pellen einer Frucht wie von einem magischen Ritual. Und meist musste man den wirklichen Sinn aus ein, zwei hingeworfenen Worten erraten.

  Streiter hingegen saß einfach nur da, aß sein Essen, trank sein Wasser und beobachtete alle sehr auffällig, indem er ständig den verschiedensten Leuten den Kopf zudrehte. Er lächelte Ohnfeder mit seinem Zähnefletschen, an dass sie sich doch langsam gewöhnte, zu, wenn er bemerkte, dass sie genau dasselbe tat wie er. Anders als Ohnfeder war der Chuor jedoch immer wieder selbst der Anlass für Blicke der Aleneshi am Tisch, denn er Schmatzte ganz fürchterlich. Dazu stieß er ab und zu ein leises Japsen oder Knurren hervor, wenn jemand etwas
gesagt hatte, dem er zupflichtete oder das er ablehnte. Einmal entfuhr ihm sogar ein ziemlich lautes und unanständiges Rülpsen, dass Ohnfeders Nachbarn zusammenfahren ließ und dazu führte, dass alle bis auf Shaljel für einen sehr langen Augenblick still waren. Ohnfeder konnte sich nur mühsam daran hindern, laut aufzulachen.

  Saatleger, als inoffizieller Anführer der drei Neugierigen, hielt wacker in den Gesprächen mit, das musste die Gastgeberin einräumen. Er stand jedoch Shaljels Wortschwall reichlich hilflos gegenüber. Es wurde für ihn auch zusehends schwieriger, etwas gegen die vielen Argumente einzuwenden. Denn was sollte er auch gegen die Gewalttätigkeiten der Menschen und potentielle Bündnispartner im unausweichlichen Krieg sagen. Er hatte schließlich die Übergriffe schon erlebt. Auch war er nicht besonders gläubig, weswegen er kein so großes Vertrauen in die Allmacht Emaofhias hatte und wie viele befürchtete, dass die geheimen Enklaven der Aleneshi irgendwann entdeckt werden würden. Dennoch war er standhaft bemüht, Ohnfeders Ehre immer wieder in das Gespräch einzubringen, und darauf hinzudeuten, dass man doch Vorbereitungen hätte treffen können, bevor sie jemanden, der nicht aus dem Volk der Aleneshi war, in das Tal brachte. Er fiel fast rückwärts vom Hocker, als er hörte, dass Shaljel Streiter nicht einmal die Augen verbunden hatte, bevor sie hierhergekommen waren. Weder Shaljel noch Ohnfeder machten sich die Mühe darauf hinzuweisen, dass man Streiter auch Nase und Ohren hätte verstopfen müssen, um ihn wirklich daran zu hindern, den Weg später wiederzufinden.

  Erlfäller versuchte sich immer wieder einzubringen, wenn Saatlegers Argumente den Glauben an Emaofhia streiften. Erlfäller war, wie Ohnfeder auch erst bei diesem Gespräch erfuhr, der Bruder eines Propheten und außerdem seit kurzem Mitglied der Sekte der Dunklen. Die Dunklen waren eine von vielen, vielen Sekten, die die Diskussionen um die richtige Auslegung der Worte und Taten Emaofhias mit sich gebracht hatten. Sie waren noch eine sehr junge Sekte, die innerhalb der Priesterschaft noch nicht viele Anhänger gefunden hatte. Vielleicht lag es daran, dass sie nicht wirklich mit dem Leben der Aleneshi im Einklang stand. Denn die Dunklen glaubten, dass der Weg ins Licht nur ein Schritt in der Entwicklung der Aleneshi war, der sie nur auf eine erneute Verbannung unter die Erde vorbereiten sollte, indem ihnen bewusst wurde, dass die Einfachheit des Lebens unter der Erde frei von den Zahllosen Versuchungen des Lichtes war.

  Damit standen sie natürlich im Widerspruch zu den meisten anderen Sekten, die glaubten, dass das Licht die lang ersehnte und lang prophezeite Erlösung durch Emaofhia gewesen war. Die Lehre konnte jedoch auch nicht bei den Zurückgebliebenen populär werden, denn wie sollten sie sich fühlen, wenn man ihnen jegliche Erleuchtung absprach, da sie doch nicht einmal den Weg nach draußen gewagt hatten.

  Immer wenn Erlfäller etwas sagte, schwieg Saatleger, denn er war weit weniger bewandert in religiösen Dingen. Dabei sah er allerdings immer etwas verschämt nach unten, weil es ihm anscheinend peinlich war, ein weltliches Problem mit der Hilfe Emaofhias zu lösen, beziehungsweise den Gott überhaupt mit in das Gespräch einfließen zu lassen. Shajlel hingegen ergriff jede Gelegenheit, die Worte Erlfällers zu kommentieren oder meist sogar zu widerlegen. Dazu schöpfte er aus einem schier unerschöpflichen Schatz an Anekdoten, religiösen Sprichwörtern und einem immer wieder erstaunlichen Wissen der überlieferten Weisheiten. Vieles davon mochte auf Aleneshi, die weniger in den religiösen Dingen bewandert waren, wie Kindergeschichten oder zusammengereimte Halbwahrheiten klingen. Aber Ohnfeder, und ohne Zweifel auch Erlfäller kannten die meisten der angeführten Stellen und Worte, wenn auch oft in anderen Zusammenhängen. Streiter blieb davon vollkommen unbehelligt, denn ihm schien nicht viel an den Göttern zu liegen – Ohnfeder würde ihn dazu noch ein wenig ausquetschen müssen.

  Aber auch Hanfträger sagte nichts zur Religion. Dies war nicht verwunderlich, sagte er doch insgesamt kein Wort. Zumindest so lange, bis der gegorene Gluinbeerensaft serviert wurde. In diesem Moment taute er merklich auf und lobte Ohnfeder lauthals für ihre Gastfreundlichkeit. Danach war er wie ausgewechselt. Zu allem hatte er etwas zu sagen, meist wenig klug oder bedeutend, aber seine Einwürfe trugen merklich zu Geselligkeit bei, denn auch Erlfäller und Saatleger entspannten sich und begannen ebenfalls über andere Dinge zu sprechen, als nur über Ohnfeders Ehre.

  Ganz nebenbei, in einem Moment, als sich alle sehr amüsierten, offenbarte Shaljel seinen letzten Verstoß gegen die Gesetze der Aleneshi: Er hatte tatsächlich einen Menschen in die Enklave eingeladen.

  Einen Menschen!

  Ohnfeder wurde bleich, als sie dies hörte. Sie brachte keinen Laut mehr hervor. Streiter sah seinen Lehrer nur kurz an und griff anschließend zu seinem Becher, um mit seiner unbeschreiblichen Zunge das Wasser daraus zu schlabbern. Den drei Nachbarn stockte für einen Moment, der sich für Ohnfeder zu einer ängstlichen Ewigkeit zog, der Atem. Dann lachten sie fast gleichzeitig auf. Sie nahmen diese Gesetzesbrüche inzwischen sehr locker, was wohl nur bedingt an den Überzeugungskünsten Shaljels, dafür aber umso mehr am Gluinbeerensaft lag. Ohnfeder wurde erst viel später bewusst, dass weder sie, noch Streiter, noch Shaljel etwas von dem berauschenden Getränk zu sich genommen hatten.

  Im Moment war sie jedoch erst einmal erleichtert, dass, aus welchem Grund auch immer, die Drei ihre Furcht und Vorurteile verloren hatten, und Ohnfeder in nächster Zeit ihre Ruhe haben würde. Trotzdem sollte sich Shaljel auf ein Donnerwetter gefasst machen, dass er ihr nicht früher von dem zusätzlichen Gast berichtet hatte, der dazu auch noch einer der verhassten Menschen war.

  *

  Auf einem Hof, der dem Ohnfeders nicht unähnlich war, rief eine Mutter in diesem Moment ihre Kinder zum Abendessen herein. Nur widerwillig, wie wohl alle Kinder in allen Welten und zu allen Zeiten, fügten sich der vierjährige Shek und der fünfjährige Enki den Rufen ihrer Mutter. Wer wusste schon genau, wann sie das nächste Mal eine Babyschlange zum Spielen finden würden. Enki nahm Shek bei der Hand und gemeinsam hüpften sie, ohne große Eile, zum Haupthaus, wo ihre Mutter auf sie wartete. Breka, wie sie von fast allen genannt wurde, betrachtete ihre Kinder streng.

  „Ihr Wühlmäuse! Ab zur Tonne und wascht euch erst mal anständig.” Mit diesen Worten wies sie ihnen die Richtung zur Regentonne und gab ihnen gleichzeitig Waschlappen und Handtücher.

  „Müssen wir wirklich?”

  „Oh ja, ihr müsst, und jetzt kein Wort mehr, ab hinters Haus.” Breka hatte sich selbst sehr lange gegen diesen Brauch gewehrt, doch schließlich hatte ihr Gemahl sie von der Vernunft hinter dem unangenehmen ständigen Waschen überzeugt. Sie hatte auch sehr schnell gemerkt, dass es Darun viel mehr nach ihr verlangte, wenn sie nicht nach dem ganzen Dreck des Tages stank. Allein das war es wert. Bei dem Gedanken fuhr ihr ein wenig röte ins Gesicht und sie musste lächeln. Gut, dass ihre Kinder bereits um die Ecke gelaufen waren.

  Allerdings achtete sie darauf, dass möglichst wenig von ihren Gewohnheiten den Bauern und Dorfbewohnern in der Umgebung bekannt wurde. Sie waren bereits fremd genug. Oftmals reichte dies allein aus, um wie ein Ausgestoßener behandelt zu werden. Doch ihre Bräuche, ihre religiösen Handlungen und ihr Reichtum, trotz ihres Augenscheinlichen Unvermögens, den Hof anständig zu bestellen, sorgten für noch mehr Aufruhr und Getuschel in den Schenken und Stuben der Menschen dieser Gegend.

  An sich empfand sie es nicht wirklich als schlimm, durch was auch immer, aus der Menge der Bauern herauszustechen. Sie war immer etwas Besonderes gewesen, und wollte es auch weiterhin bleiben. Ihr Gemahl, hatte ihr jedoch klar gemacht, dass sie versuchen mussten, sich den anderen anzupassen, und wenn dies schon nicht möglich war, dann wenigstens beliebt zu sein. Denn beide waren schließlich nicht freiwillig zu Bauern geworden, wobei Darun dies Leben sogar zu gefallen schien. Doch sicher konnte man sich bei ihm nie sein, hatte er doch jahrelang ein Leben der Verstellung und des Betruges geführt. Nicht einmal Breka konnte in die tiefsten Tiefen seines Herzens blicken, auch wenn sie es bei dem Mann, den sie damals noch unter dem Namen Enk kennengelernt hatte, vermocht zu haben glaubte.

  Inzwischen kamen die Kinder wieder zu ihr vor die Tür und zeigten ihr Hände, Ohren, Hals und Gesicht.

/>   „Mhmm? ... Sehr schön. Und jetzt rein mit euch, Vater muss auch gleich kommen.” Dabei sah sie unbewusst in Richtung des Dorfes, wohin ihr Gemahl früh am Morgen aufgebrochen war, um einem der anderen Bauern bei einer Reparatur zu helfen. Darun war sehr geschickt mit seinen Händen und hatte einen klugen Kopf. Das hatte sie schon immer an ihm bewundert. Wäre er jedoch nicht auch sehr vorsichtig gewesen, hätte genau dies ihnen zum Verhängnis werden können. Klugheit ist eine Eigenschaft, die den meisten Menschen unheimlich ist. Und Darun konnte wohl jeden, selbst den Dorfältesten, mit seinem Wissen in seine Schranken weisen. Er tat es jedoch nicht. Denn er war nun mal vorsichtig, anders als Breka. Breka hatte ihr ganzes Leben lang Befehle gegeben und das konnte sie nicht so einfach ablegen, außer, wenn Darun bei ihr war. Er schaffte es immer wieder, ihren Hochmut in freundliche Bahnen zu lenken, auch wenn er ihr manchmal anschließend, wenn sie alleine waren, schwere und heftige Vorwürfe machte.

  Breka wusste, dass er dann Recht hatte, und dass andere Ehemänner härter mit ihr umgegangen wären. Dennoch wurde es für sie nicht leichter, ihr Verhalten zu verändern. Deshalb blieb sie auch immer auf dem Hof und begleitete ihren Gemahl nie ins Dorf oder traf sich mit anderen Frauen.

  Und das war das schlimmste für sie, nicht die niederen Arbeiten, die sie verrichtete, nicht die Trennung von ihrem Clan. Es war die Einsamkeit, die sie manchmal heimlich weinen ließ.

  Inzwischen hatte Sie das Essen bereitet. Der Tisch war nicht üppig gefüllt, aber es reichte und jeder hatte zu essen. Darun war großartig, wenn es darum ging, Essen zu besorgen. Selbst im tiefsten Winter, als sie im ersten Jahr ihrer Reisen durch ein Dorf gekommen waren, in dem die Menschen hungerten, hatten sie immer ausreichend zu Essen gehabt. Anfänglich hatte Breka noch gefragt, wo er all das Essen her bekam oder auch, um was es sich handelte. Darun hatte dazu immer nur mit den Achseln gezuckt und gesagt, dass sich dem sehenden das Essen förmlich in den Schoß werfen würde.

 

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