Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment

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Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment Page 8

by Julie Johnson


  Ich verdränge ihn aus meinen Gedanken und stürze mich in die Arbeit, um mich abzulenken. Es ist seltsam, das Nightingale so ruhig zu sehen. Carly ist vor ein paar Minuten verschwunden, dicht gefolgt von Jay und Adam. Da ich über der Bar wohne, bin ich in letzter Zeit so ziemlich immer die Letzte, die geht, wenn die Böden gewischt und die Stühle hochgestellt sind.

  In den ersten paar Wochen zwang Adam alle dazu, zu warten, bis ich fertig war. Als er mir dann schließlich vertraute, dass ich die Bar in seiner Abwesenheit nicht komplett ausrauben würde, hinterließ er mir einen Bund mit Zweitschlüsseln, damit ich abschließen konnte. Dem Rest des Personals stand es dadurch frei, nach Hause zu gehen. Mir macht das nichts aus. Sie alle haben eine zwanzigminütige Fahrt bis zu ihrem Zuhause in den Außenbezirken der Stadt. Ich muss nur eine Treppe hochsteigen, was gerade mal dreißig Sekunden dauert. Es ist nur fair, dass sie früher gehen dürfen, anstatt hier herumzuhängen und mir bei der Arbeit zuzusehen, um mir moralische Unterstützung zu leisten.

  Ich summe leise eine Melodie vor mich hin, an der ich seit ein paar Tagen arbeite, während ich den Rest der Tische in meinem Bereich abwische. Ich mache mir die Akustik der leeren Bar zunutze, in der niemand mehr ist, der mich hören könnte.

  »A break in the clouds, a crack in the sky.

  Everyone said lightning never strikes twice.

  There’s fire in my blood. A beat in my veins.

  Standing out in this field, my face up to the rain …«

  Nein, das ist nicht richtig. Die letzte Zeile passt noch nicht so ganz.

  Ich versuche es erneut.

  »Spinning out this storm like a damn weather vane …«

  Ich schüttle den Kopf. Das ist sogar noch schlimmer.

  Egal wie viele verschiedene Wortkombinationen ich ausprobiere, diese letzte Zeile fühlt sich immer falsch an, wie ein Puzzlestück, das jemand an eine Stelle gequetscht hat, an die es nicht gehört. Ich bin froh, dass niemand hier ist, um meine unbeholfenen Versuche zu hören. Ich singe nie vor Leuten, wenn ich es vermeiden kann. Es ist nicht so, als könnte ich keinen Ton halten. Tatsächlich liebe ich es zu singen. Ich habe nur einfach keinen Spaß daran, es vor Leuten zu tun. Die Vorstellung, im grellen Scheinwerferlicht auf einer Bühne zu stehen, während mich unzählige fremde Menschen anstarren …

  So bloßgestellt. So schutzlos.

  Ich erschaudere.

  Ich stelle die letzten Stühle auf die vorderen Tische und mache mich auf den Weg zu den Sitznischen an der gegenüberliegenden Wand. Ich summe die Melodie immer und immer wieder, während ich die Reihe der Tische methodisch abarbeite – ich sprühe die Oberflächen mit Reinigungsmittel ein, ich schwinge die Hüften und bewege den Wischlappen im Rhythmus vor und zurück. Die Musik übernimmt die Kontrolle über mich, und die Worte fließen nur so aus mir heraus.

  »A storm’s rolling in, black on the horizon.

  I take shelter in you but the rains keep on rising.

  There’s blood in my mouth. A scar on my soul.

  If this is called love, I’d rather go in alone.«

  Ich habe die Hälfte der Tische in den Nischen gewischt. Ich überspringe den Refrain und gehe stattdessen direkt zur nächsten Strophe über.

  »I wait for the dawn, a new day to break.

  Storm winds are gone but my heart still aches.

  I sort through the wreckage. You sit there crying.

  You said you’d protect me … are you even trying?«

  Jede Zeile dieses Lieds ist von Erinnerungen durchtränkt, die ich nicht auslöschen kann. Nach einer Weile brennen Tränen in meinen Augen, während ich singe. Ich blinzle sie fort und kehre zur ersten Strophe zurück. Das ist die Stelle, an der ich ständig stecken bleibe. Wenn ich diese Zeile nur richtig hinbekommen könnte, würde das Lied endlich fertig sein. Vielleicht könnte ich die ganze Sache dann ruhen lassen. Vielleicht könnte ich dann aufhören, mich zu fragen, was nach meiner Abreise passiert ist. Wie sie den Sturm ohne mich übersteht, nun, da ich nicht mehr da bin, um den größten Schaden auf mich zu nehmen.

  »There’s fire in my blood. A beat in my veins …«

  Ich verstumme.

  »Du könntest es mit: Laughing into the storm like I’m going insane versuchen.« Eine starke männliche Stimme schlägt das aus dem Nichts vor und erschreckt mich fast zu Tode. »Oder vielleicht mit: The winds are howling a haunting refrain.«

  Ich wirbele herum. Mein Herz schlägt mit doppelter Geschwindigkeit, während ich die Quelle der Stimme ausfindig zu machen versuche. Ich mache ein paar wütende Schritte zur letzten Sitznische in der Reihe und entdecke Ryder, der ausgestreckt auf der Sitzbank liegt und vollkommen vom Tisch verdeckt wird, sofern man nicht direkt neben ihm steht.

  »Du!«, kreische ich. »Was in aller Welt machst du hier?«

  Er setzt sich auf und schaut sich mit trüben Augen um. Sein Haar ist noch zerzauster als normalerweise – an einer Seite ist es ganz platt gedrückt, weil er darauf geschlafen hat. Er zuckt leicht mit den Schultern.

  »Ich war wohl für eine Weile weggetreten.«

  »Du … Aber …« Meine Wangen laufen rot an. »Du darfst nicht hier sein! Wir haben geschlossen.«

  »Verdammt. Dann habe ich wohl die letzte Runde verpasst«, murmelt er und wirkt niedergeschlagen, als er sich in der leeren Bar umschaut. »Wäre es zu viel verlangt, wenn ich dich bitten würde, mir einen Schlummertrunk einzuschenken?«

  Ich beuge mich vor, um die leere Whiskeyflasche aufzuheben, die neben seinen Füßen auf dem Boden liegt. Ich stelle sie mit einem dumpfen Klirren auf den Tisch. »Ich glaube, dass du mehr als genug hattest.«

  »Nicht mal ansatzweise.«

  Als ich seinen düsteren Tonfall höre, ziehe ich die Augenbrauen hoch. Ich will ihn fragen, warum er so schlechte Laune hat und welche Sorgen er so dringend ertränken will, doch ich halte den Mund. Ich weigere mich, auch nur ein Quäntchen Mitgefühl für den Mann zu zeigen, der mich erst vor wenigen Stunden so heftig beleidigt hat. Die Stille breitet sich eine ganze Weile lang zwischen uns aus, bis er schließlich die ungleichen blau-braunen Augen hebt und mich anschaut. Sein Blick ist vom Whiskey gerötet, aber als er mich mustert, ist der Ausdruck in seinen Augen unmissverständlich. Ich sehe Schmerz … und Mitleid.

  Von all den Leuten, die hätten hören können, wie ich dieses Lied singe … Warum musste es ausgerechnet er sein?

  Meine Reaktion ist körperlicher Natur. Ich weiche vor seinem Gesichtsausdruck zurück. Ich hasse es, dass er meine Worte gehört hat, dass er Zeuge eines so verletzlichen Moments geworden ist. Ich öffne den Mund, um ihm mitzuteilen, dass er verschwinden soll, bevor ich die Polizei rufe und ihn wegen unerlaubten Betretens und Vagabundierens anzeige, doch er kommt mir zuvor.

  »Wovon handelt das Lied?«, fragt er mit entwaffnend sanfter Stimme.

  »Das geht dich nichts an«, schnauze ich.

  »Es ist ziemlich gut.«

  »Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt.«

  »Es braucht einen Refrain.«

  »Es hat einen Refrain.«

  »Dann lass ihn mal hören.«

  »Auf gar keinen Fall!« Mein Puls donnert so laut, dass ich nicht überrascht wäre, wenn er ihn aus zwei Meter Entfernung hören könnte. »Ich wusste nicht, dass noch jemand hier ist. Ganz offensichtlich. Das war nicht für deine Ohren bestimmt!«

  »Ich konnte mir ja schlecht die Ohren zuhalten.«

  »Tja … Du hättest dich aber bemerkbar machen können, nachdem du aufgewacht bist. Du hättest mich am Weitersingen hindern können!«

  »Wenn ich das getan hätte, hätte ich nie erfahren, dass du so gut singen kannst.«

  Er klingt absolut unverfroren, als er hinter dem Tisch hervorrutscht und sich aufrappelt. Er schwankt ein bisschen, und ich strecke automatisch eine Hand aus und umfasse seinen Unterarm, um ihn zu stützen.

  Ich höre, wie er scharf einatmet, als meine kühlen Finger seine warme Haut berühren. Diese eine Stelle, an der unsere Körper mite
inander in Kontakt gekommen sind, ist mir schmerzlich bewusst. Ich merke, wie dicht wir beieinanderstehen, allein hier in diesem leeren Raum, mitten in der Nacht.

  Ich bin nicht die Einzige, die um Atem ringen muss, während der Moment andauert und sich keiner von uns auch nur einen Zentimeter bewegt. Wir sind zwei Schützen in einem Duell und haben unsere Waffen auf den jeweils anderen gerichtet.

  Keine plötzlichen Bewegungen.

  Ein Schuss, und du bist tot.

  Ich schaue in sein Gesicht hoch und stelle fest, dass er mit diesen faszinierenden zweifarbigen Augen auf mich herunterstarrt. Er richtet sie so fest auf meine wie einen Traktorstrahl. Ihre Anziehungskraft ist auf diese kurze Entfernung sogar noch stärker. Ich erinnere mich an den Fachbegriff, den ich im Biounterricht auf der Highschool gelernt habe: Irisheterochromie. Aber kein körniges Lehrbuchfoto könnte diesen Augen je gerecht werden. Das linke ist so durchdringend blau, das rechte beinahe vollkommen braun, abgesehen von einem winzigen blauen Fleck in der oberen Ecke seiner Iris.

  Auf diesem Planeten leben sieben Milliarden Menschen, und ich wette, dass nicht einer von ihnen Augen hat, die seinen ähneln.

  Ich spüre den Herzschlag der Zeit, als Ryder den Blick auf meinen Mund senkt. Seine Pupillen weiten sich, und der Ausdruck in seinen Augen erinnert an Begierde. Er schwankt nach vorn, nur den Bruchteil eines Zentimeters. Und vielleicht verliere ich den Verstand … Vielleicht ist er von dem ganzen Whiskey immer noch wacklig auf den Beinen … Aber wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich schwören, dass er versuchen will, mich zu küssen.

  Es ist ein so unerwarteter Zug, dass ich sofort von seinem Bann befreit bin. Ich lasse ihn los und weiche ein paar Schritte zurück.

  »Geht es dir gut?«, frage ich und erröte heftig. Ich konzentriere mich auf sein Kinn, damit ich ihm nicht in die Augen schauen muss.

  Er nickt und starrt mich mit einem undeutbaren Ausdruck an. Er sieht fast so verunsichert aus, wie ich mich in meinem Inneren fühle.

  »Toll.« Ich trage die leere Flasche Jack Daniel’s zur Theke und hoffe, dass er sich einfach in Luft auflösen wird, wenn ich ihn ignoriere. Ich sollte es besser wissen.

  Ryder Woods kann man nicht ignorieren.

  »There’s fire in my blood. A beat in my veins …«, singt er mit weicher, starker Stimme, die wie eine Klinge in mein Herz schneidet. »The forecast tonight calls for nothing but pain.«

  Ich erstarre auf halbem Weg zur Theke. Ich bin nicht sicher, ob es lediglich daran liegt, dass ich ihn Worte singen höre, die ich geschrieben habe, oder ob der Grund dafür die kleine Änderung ist, die er am Text vorgenommen hat … Aber es klingt absolut perfekt. Besser als je zuvor. Bevor ich mich davon abhalten kann, wirbele ich herum, um ihn anzuschauen. Ich habe die Augen weit aufgerissen, und mein Herz rast.

  »The forecast tonight calls for nothing but pain«, wiederhole ich und probiere die neue Zeile aus. Ich bin zu aufgeregt, um Befangenheit zu empfinden, weil ich vor ihm singe. »Oh mein Gott, das ist es!«

  Ich klemme mir die Flasche unter den Arm, ziehe den Bestellblock aus meiner Schürze und schreibe die Worte schnell auf, bevor ich sie vergesse.

  »Freut mich, wenn ich helfen konnte«, sagt Ryder gedehnt und kommt auf mich zu. »Wann kann ich mit meinem Vorschuss für die Beteiligung als Koautor rechnen?«

  Ich verdrehe die Augen.

  »Also gut – ich werde mich mit einer Erwähnung im Begleitheft deines ersten Albums begnügen.«

  Ich lache ihm direkt ins Gesicht.

  In seinen Augen leuchtet ein neckendes Licht auf. »Sorg nicht dafür, dass ich dich wegen Urheberrechtsverletzung verklage.«

  »Erstens bist du so betrunken, dass du dich morgen vermutlich gar nicht mehr an diese Unterhaltung erinnern wirst, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass du mir bei einer geringfügigen Textänderung geholfen hast.« Ich lege den Kopf schief. »Ich denke, dass ich das Risiko eines Gerichtsverfahrens eingehen werde.«

  Er gibt einen unbeeindruckten Laut von sich, widerspricht mir aber nicht. »Und zweitens?«

  Ich verstaue meinen Bestellblock wieder in meiner Schürze und gehe an die Theke. »Zweitens … Selbst wenn ich dich gut genug leiden könnte, um dich im Begleitheft zu erwähnen … was übrigens nicht der Fall ist … wird es kein Album geben. Ich singe nicht in der Öffentlichkeit. Niemals.«

  Die Stille ist beinahe ohrenbetäubend, als er meine Worte verarbeitet.

  Ich mache mich nützlich, werfe die leere Flasche in den Mülleimer, stelle das Putzmittel zurück an seinen Platz unter dem Spülbecken und schnappe mir den Schlüsselbund aus der Schublade an der Kasse. Als es für mich nichts mehr zu tun gibt, kann ich ihn nicht länger ignorieren. Ich drehe mich mit hochgezogenen Augenbrauen um und stelle fest, dass er an der Theke lehnt und mich mit undurchschaubarer Miene mustert.

  »Was?«, frage ich.

  »Ich versuche nur herauszufinden, warum eine Person wie du, die mehr Talent im kleinen Finger hat als die meisten Leute in ihrem ganzen verdammten Körper, nicht das machen will, wofür sie eindeutig geschaffen wurde.«

  »Glaub mir, ich wurde nicht geschaffen, um Sängerin zu sein.«

  »Warum nicht? Weil du deine wahre Bestimmung beim Kellnern gefunden hast?« Er schnaubt. »Ich bitte dich.«

  »Warum kümmert dich das überhaupt?« Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. »Was für eine Rolle spielt das für dich?«

  »Gar keine.« Er spannt den Kiefer an. »Es kümmert mich nicht.«

  Ich starre ihn an.

  Er öffnet den Mund, um mich etwas zu fragen, verkneift es sich aber in letzter Sekunde.

  »Spuck es einfach aus«, sage ich müde. »Was auch immer es ist. Spuck es aus, damit ich nach Hause gehen kann, bevor die Sonne aufgeht.«

  »Es … es tut mir leid.« Sein Adamsapfel hüpft in seiner Kehle, als wäre er nervös. Ich habe den Eindruck, dass ihm diese Worte nicht sehr oft über die Lippen kommen.

  »Was genau tut dir leid?« Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Dass du in der Bar weggetreten bist? Oder dass du dich vorhin wie ein Vollidiot aufgeführt hast?«

  »Nimm es ruhig als Pauschalentschuldigung für meine vielen Fehltritte.« Seine Lippen zucken nach oben und verziehen sich zu diesem typischen Grinsen, mit dem er überall in der Stadt die Herzen der Frauen bricht. Ich frage mich, wie viele Frauen er damit schon in die Knie gezwungen hat. Wie viele sind vor mir schon bei dem Anblick dahingeschmolzen und haben ihren Schmerz verdrängt, nur um ein paar weitere Sekunden seiner Aufmerksamkeit zu bekommen?

  Zur Torte damit.

  Ich presse die Lippen zu einer flachen Linie zusammen und erwidere sein Lächeln nicht. Auch seine Entschuldigung nehme ich nicht an. »Ich werde jetzt gehen. Wenn du also nicht die Nacht auf dem Boden des Lagerraums verbringen und dich morgen Nachmittag mit Adam anlegen willst, wenn er herkommt, um Inventur zu machen …« Ryder verzieht beim Gedanken daran das Gesicht. »… würde ich vorschlagen, dass du mir folgst.«

  Ich warte seine Erwiderung nicht ab, sondern gehe ins Hinterzimmer. Er stößt einen schweren Seufzer aus und trottet hinter mir her. Ich spüre seine Augen auf mir, als ich meine Schürze aufbinde und sie an den Haken in meinem Mitarbeiterschrank hänge. Ihm liegt etwas auf der Zunge – ich kann es spüren, wie man einen Blitz in der Luft spürt, bevor er einschlägt – elektrisch und ungestüm. Er hält jedoch den Mund, selbst als ich das Licht ausschalte und mich zum Ausgang am Ende des Flurs drehe.

  Ich bin nahezu davon überzeugt, dass er nicht mehr zu mir sagen wird. Erst als wir draußen im Dunkeln stehen – wir atmen in der warmen Sommerluft beide zu schnell und stehen an der Stelle, an der wir uns zum ersten Mal begegnet sind, halten aber vorsichtig ein wenig Abstand zueinander –, bricht er endlich das Schweigen.

  »Ich habe gelogen.«

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch.

  Er atmet geräuschvoll aus. »Was du vorhin mitbekommen hast – all dieser Mist, den ich über dich zu Lincoln gesagt habe. Das war gelogen. Ich meinte kein Wort davon.«
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  »Warum hast du es dann gesagt?«

  »Ich dachte, dass es Lincoln vielleicht entmutigen würde, wenn ich so täte, als wäre ich nicht an dir interessiert. Er ist ein toller Kerl, aber er wäre nicht gut für dich.«

  »Darüber hast du nicht zu entscheiden.«

  Er zuckt mit den Schultern.

  Ich starre ihn böse an. »Ist dir je in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht gerne von jemandem umworben werden würde?«

  Seine Augen werden dunkler. »Nicht von Lincoln.«

  »Ich bin ein großes Mädchen. Ich kann auf mich aufpassen. Du musst dich nicht in mein Liebesleben einmischen.«

  »Das muss ich eindeutig doch tun, wenn du Lincoln für eine gute Wahl hältst.«

  »Weil du mich so unglaublich gut kennst?« Ich schnaube. »Wir sind uns gerade erst begegnet. Du weißt nicht mal, wie ich heiße. Wenn ich mich richtig erinnere, wolltest du meinen Namen gar nicht erfahren. Du warst zu sehr damit beschäftigt, mich vor deiner Freundin herumzukommandieren.«

  »Ich habe keine Freundin, Süße. Das ist nicht so mein Ding. Viel zu viel Theater.« Er seufzt. »Aber ich gebe zu, dass das vorhin vermutlich ein wenig … unfreundlich war.«

  »Vermutlich? Du hast mich als billige Cocktailkellnerin bezeichnet!«

  »Ich bin ein Mistkerl, okay? Und du hast recht – ich kenne dich nicht. Aber ich kenne Lincoln. Er ist ein Frauenheld.«

  »Oh, und du bist natürlich ein Mönch, oder, Mr ›Freundinnen sind nicht so mein Ding‹?«

  »Das habe ich nie behauptet. Aber Linc …« Er stößt den Atem aus. »Ihm geht es nur darum, flachgelegt zu werden. Für ihn ist das so was wie ein Sport. Er behandelt Frauen, als wären sie wie diese kleinen Pappbecher, die man an Wasserspendern bekommt – einmal benutzen, leer machen, in den Müll werfen.«

  »Wie charmant.«

  »Ich versuche nicht, charmant zu sein. Ich versuche, ehrlich zu sein.«

  »Hör zu …« Ich kaue auf der Innenseite meiner Wange herum. »Ich weiß, dass du versuchst, Wiedergutmachung zu leisten. Aber ehrlich gesagt ist das nicht nötig. Ich brauche keine Entschuldigung von dir.«

  »Aber …«

 

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