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Forbidden Royals 02 - Golden Throne

Page 16

by Johnson, Julie


  »Um ihn gekümmert haben?« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Und wie genau wird er sich um ihn kümmern? «

  »Darüber müssen Sie sich keine Gedanken machen.«

  Mein Mund klappt auf, doch ich schließe ihn sofort wieder. Ich will Einwände erheben, darauf bestehen, dass er mir mehr Einzelheiten nennt … Aber ich bin mir nicht mal sicher, wo ich anfangen und welche Fragen ich stellen soll. Und selbst wenn ich es wüsste, würde mir Simms vermutlich keine Antworten geben.

  Er hält mich immer im Dunkeln.

  Er schirmt mich immer vor der Wahrheit ab.

  Ich drehe den Kopf, um aus dem Fenster zu schauen, und fühle mich seltsam beunruhigt – und das nicht nur wegen der Spuckereste, die ich auf meiner linken Wange trocknen spüren kann.

  13. KAPITEL

  Die Tür zu meiner Suite fliegt auf, ohne dass jemand angeklopft hätte. Ich drehe mich gerade noch rechzeitig auf meinem Platz auf dem Balkon herum, um zu sehen, wie Chloe hereingestürmt kommt. Ihr Gesicht ist vor Sorge ganz verzerrt.

  »Oh Mann! Was zum Teufel war denn da los?« Sie lässt sich neben mir auf die Bank sinken und legt die Arme um meine Schultern, um mich so fest zu drücken, dass ich beinahe ersticke. Für eine so zarte Frau ist sie überraschend stark.

  »Dir auch Hallo«, sage ich und kichere leise, als ich ihre Umarmung erwidere.

  »Bist du in Ordnung?«

  »Warum sollte ich es nicht sein?«

  Sie lehnt sich zurück, um mir in die Augen zu sehen. »Ähm, vielleicht weil dich heute irgend so ein Spinner angegriffen hat?«

  »Woher weißt du davon?«

  »Sie berichten in allen Nachrichten darüber. Verrückter bespuckt geliebte Prinzessin. Land in Aufruhr. Sie haben sogar Videoaufnahmen von dem Vorfall. Er hat dich ziemlich ordentlich erwischt, soweit ich das beurteilen konnte.« Sie rümpft die Nase und mustert mein Gesicht – vermutlich sucht sie nach Anzeichen von Speichel. »Du hast danach doch geduscht, oder?«

  Ich verdrehe die Augen. »Deine Besorgnis ist wirklich rührend.«

  »Hör zu, ich will einfach nicht, dass du dir irgendeine seltsame, durch Speichel übertragbare Krankheit einfängst. Das könnte eine neue Form der biologischen Kriegsführung sein. Man kann nie wissen.«

  Ich schüttle entnervt den Kopf. »Ich habe geduscht, okay? Und ich bezweifle ernsthaft, dass der Spucker so beschlagen war. Vermutlich ist er einfach nur ein verärgerter ehemaliger Angestellter der Lancasters, der auf Rache aus ist, oder ein desillusionierter Expatriate, der zu viel Zeit hat.«

  »Trotzdem – er hätte niemals so nah an dich herankommen dürfen. Genau aus diesem Grund reden wir nicht mit einfachen Leuten, E.«

  »Du klingst wie Marie Antoinette.«

  Sie grinst. »Ehrlich gesagt denke ich, dass ihr die Leute unrecht tun. Sie wollte, dass sie Kuchen essen sollten! Ist das so schrecklich?«

  Ich stoße ihr meinen Ellbogen in die Seite. »Ich weiß, dass du Witze machst, aber das ist trotzdem nicht komisch.«

  »Ich versuche nur, dir ein Lächeln zu entlocken.«

  »Viel Glück dabei.«

  »Du bist in letzter Zeit ziemlich niedergeschlagen gewesen, wenn ich so darüber nachdenke.« Sie kneift die Augen zusammen. »Willst du mir irgendetwas erzählen? Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«

  »Nicht dass ich wüsste«, lüge ich.

  »Mmm. Moment! Ich weiß etwas, das dich aufmuntern wird.« Ihre Augen funkeln, als sie in die Tasche ihres bordeauxroten Pullovers greift und eine Handvoll Tabletten herausfischt. Es sind ungefähr zehn, und sie weisen alle unterschiedliche Formen und Farben auf. »Such dir eine aus.«

  »Chloe.«

  »Was? Schau mich nicht so an.«

  »Du läufst mit einer halben Apotheke in der Tasche herum! Weißt du überhaupt, was für Tabletten das sind? Was sie bewirken?«

  »Die kleinen weißen entspannen dich. Die kleinen orangefarbenen verschaffen dir Konzentration. Und die kleinen blauen …« Sie wackelt mit den Augenbrauen. »Tja, bei dir oder mir würden sie nicht viel bewirken, aber sie sind zweifellos sehr nützlich, wenn man sich mit einem älteren Mann trifft.«

  »Igitt.«

  »Mach es nicht schlecht, bevor du es überhaupt probiert hast, E. Silberfüchse sind im Bett deutlich besser als unerfahrene Jungs, das kann ich dir versichern.«

  »Ich denke, ich bleibe bei meiner eigenen Wahl, danke.«

  »Wenn du damit das Zölibat meinst …«

  »Hey! Schluss damit. Ich hatte allein diese Woche drei Verabredungen.«

  »Du meinst die inszenierten Treffen mit den Freiern, die Simms für dich arrangiert hat?« Sie schnaubt. »Ja – die zählen nicht.«

  »Meinetwegen«, murmle ich und wünschte, ich könnte das Gespräch von meinem Liebesleben ablenken. Leider weiß ich es besser – je mehr ich versuche, das Thema zu vermeiden, desto drängender wird Chloe nach Einzelheiten bohren. Ich seufze. »Es ist ja nicht so, als hätte ich hier viele Optionen, die mir zur Wahl stehen.« Ich deute auf den leeren Hof, dessen schneebedeckte Wege keinerlei Hinweise auf Leben geben – weder pflanzliches noch menschliches. »Dieser Ort ist eine Geisterstadt.«

  »Und wann hast du Alden das letzte Mal angerufen?«

  Ich presse die Lippen zusammen.

  »Mhmmm. Das dachte ich mir. Ich weiß, dass er dich angerufen hat. Er wollte zu Besuch kommen. Warum lässt du ihn nicht?«

  »Das ist kompliziert«, murmle ich, während Carters Gesicht unwillkürlich vor meinem inneren Auge aufblitzt.

  »Er ist scharf. Du bist scharf. Er ist Single. Du bist Single.« Sie zuckt mit den Schultern. »Wenn du mich fragst, ist das ziemlich einfach.«

  »Ich habe dich aber nicht gefragt.«

  »Du bist ganz schön schlecht gelaunt. Weißt du, eine dieser kleinen weißen Tabletten würde stimmungsmäßig Wunder bewirken.« Sie wackelt mit den Fingern. »Komm schon, versuch’s einfach mal.«

  »Nein danke.«

  Mit einem Seufzen steckt sie die Tabletten zurück in ihre Tasche. »Du weißt, wo du mich findest, falls du es dir anders überlegst.«

  Eine Brise setzt ein und schickt einen Schwall kalter Luft über den Balkon. Ich zittere und ziehe meine Jacke ein wenig enger um meinen Körper. Chloe, die nur einen dünnen Pullover trägt, steht abrupt auf.

  »Komm schon, lass uns reingehen, bevor wir erfrieren. Ich verspreche, dass ich dich nicht mit der Tatsache aufziehen werde, dass ich Nonnen kenne, die ein aufregenderes Sexleben haben als du.«

  »Du kennst Nonnen?«

  »Meine gesellschaftlichen Kreise sind weit gefächert und vielfältig.«

  Ich verdrehe die Augen, während ich aufstehe, ihr nach drinnen folge und die gläsernen Balkontüren hinter uns schließe. Als ich mich herumdrehe, finde ich sie ausgestreckt auf meinem Bett. Ihr rotes Haar liegt ausgebreitet auf der goldenen Bettdecke, und ihre Designerschuhe baumeln über die Kante, während sie durch den Inhalt des Tablets scrollt, mit dem man die Geräuschkulisse, die Temperatur und die Beleuchtung meiner Suite einstellen kann.

  »Fühl dich ganz wie zu Hause«, sage ich ironisch.

  Sie tippt auf den Bildschirm des Tablets, und Musik driftet aus den Bluetooth-Lautsprechern, die in die Decke eingelassen sind. Ich erkenne das Lied. Es stammt von meiner neuen Playlist – »Castle« von Halsey –, und ich kann nicht anders, als im Takt mit dem Kopf zu wippen, während ich zum Bett gehe und mich neben Chloe auf die Matratze fallen lasse. Für eine Weile lauschen wir einfach schweigend der Musik.

  »Ist es, weil du in ihn verliebt bist?«, fragt sie unvermittelt.

  Ich schaue sie an. Ihre Frage hat mich vollkommen überrumpelt. Mein Herz rast wie wild. »Was? Wen meinst du?«

  »Du hältst Alden auf Abstand. Liegt das daran, dass du heimlich in diesen Owen verliebt bist? Dein Kindheitsfreund. Der, den du nicht mehr siehst.«

  Ich schlucke schwer und bin mir nicht ganz sicher, ob ich erleichtert oder verärgert sein soll, dass sie so falschliegt. »Nein. Ich bin nicht in Owen verliebt.«

  »Warum hältst du Alden dann auf Abstand? Ich verstehe das nicht.«

  »Vielleicht ist er nicht mein Typ


  »Das ist nicht möglich. Hast du den Kerl gesehen? Er ist jedermanns Typ.«

  »Schön! Dann ist er also scharf!« Ich schnaube. »Das bedeutet aber nicht, dass ich mit ihm oder sonst jemandem ausgehen muss.«

  »Eigentlich …«

  Ich kneife die Augen zusammen und schaue sie an. »Was?«

  »Nichts.«

  »Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Das ist nicht nichts.«

  »Wenn ich es dir erzähle, wirst du nur bestürzt sein.«

  »Wenn du es mir nicht erzählst, verspreche ich dir, dass du die Bestürzte sein wirst.« Ich warte ein paar Sekunden. »Chloe Florence Thorne!«

  »Hey, hey, hey! Lass meinen zweiten Vornamen aus dem Spiel!«

  »Dann spuck es aus.«

  »Meinetwegen! Herrgott . Du tätest wirklich gut daran, eine dieser weißen Tabletten zu schlucken.« Sie setzt sich auf und seufzt theatralisch. »Ich habe zufällig mitbekommen, wie Octavia mit ihrem neuen Assistenten geredet hat. Es klang so, als würde sie …«

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Ja?«

  »Als würde sie noch mehr Verabredungen für dich planen.«

  »Noch mehr? Ich habe mich doch bereits auf drei ihrer verdammten Arrangements eingelassen …« Ich stöhne und presse meine Handballen auf meine Augen, als könnte ich so die schreckliche Realität ausblenden. »Gott, bitte mach dem ein Ende. Wenn ich mit noch einem einzigen Mann ausgehen muss, dessen Vorstellung von einer angeregten Unterhaltung darin besteht, mit welcher Strategie man eine Schachpartie gewinnt, werde ich mir die Augen mit einer Salatgabel ausstechen.«

  »Ich weiß nicht«, murmelt Chloe. »Ich denke, dafür solltest du besser einen Löffel benutzen. Damit könntest du den Augapfel einfach komplett aus der Höhle ploppen lassen, weißt du? Wie diese kleinen Melonenbällchen. Das wäre deutlich unblutiger als mit einer Salatgabel.«

  »Das hast du wirklich gründlich durchdacht.«

  »Ich habe jede Menge Freizeit.« Sie grinst. »Worüber haben wir noch mal geredet?«

  »Über schlechte Verabredungen.«

  »Nein, davor.«

  »Alden.«

  »Ah. Richtig. Keine Sorge, ich werde wenigstens ein paar Tage lang nicht mehr versuchen, dich mit ihm zu verkuppeln.«

  »Warum nicht?«

  »Er ist mit Carter auf einer Snowboardtour in den Bergen.«

  »Oh.« Mein Herz macht einen Sprung, als sie seinen Namen erwähnt. Einen Namen, den ich nicht mehr laut ausspreche und nicht mal denke, weil das normalerweise zu verquollenen Augen und Herzschmerz führt.

  »Ein paar andere Jungs aus ihrem alten Internat sind ebenfalls dabei. Erinnerst du dich an Westley Egerton, den Baron von Frenberg?«

  Ich nicke, obwohl ich kaum zuhöre.

  »Groß. Attraktiv. Du hast während der Krönungsfeier mit ihm getanzt. Klingelt da was?«

  »Ich erinnere mich dunkel«, murmle ich.

  »Warum siehst du plötzlich so komisch aus?«

  »Ich sehe nicht komisch aus.«

  »Du windest dich ja regelrecht.«

  »Stimmt ja gar nicht!«

  Chloe beäugt mich misstrauisch. »Erzähl mir nicht, dass dir nicht aufgefallen ist, dass Carter schon die ganze Woche über weg ist.«

  Oh, glaub mir … das ist mir aufgefallen. Ich dachte nur, dass er abends nicht nach Hause kommt, weil er sich durch die Betten der nationalen Damengymnastikmannschaft schläft … Und ich habe beschlossen, dass es für meine allgemeine seelische Verfassung besser wäre, diesen Verdacht nicht bestätigt zu bekommen.

  »Hallo?« Chloe wedelt mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. »Hörst du mir überhaupt zu?«

  »Tut mir leid.« Ich zwinge mich zur Konzentration. »Ich schätze, dass mir seine Abwesenheit tatsächlich nicht aufgefallen ist. Wir laufen uns eher selten über den Weg.«

  »Jetzt, da du es erwähnst: Er ist in letzter Zeit wirklich sehr viel unterwegs … Ich könnte schwören, dass er das Schloss meidet wie der Teufel das Weihwasser. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass er eine Freundin hat.«

  Ich erstarre.

  Sie schnaubt, als wäre die Vorstellung absurd. »Das möchte ich mal erleben. Bevor Carter sesshaft wird, würde Octavia eher freiwillig auf die Krone verzichten. Dieser Mann und Monogamie passen einfach nicht zusammen.«

  Ich versuche, ein Lächeln zustande zu bringen, aber es fühlt sich schwach an.

  »Ich bin ja nicht prüde. Aber einmal, auf der Hochzeit unserer Cousine Imogen, erwischte ich Carter im Garderobenzimmer, wo er nicht mit einer, nicht mit zwei, sondern gleich mit drei Brautjungfern zugange war. Gleichzeitig. Der Mann hatte mit einem Fingerschnippen sämtliche Brautjungfern verführt.« Sie schüttelt den Kopf. »Und das ist nichts im Vergleich zu …«

  »Das reicht! Ich hab verstanden.«

  Sie klappt den Mund zu und reißt die Augen auf, als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkt. »Oh Mann. Geht es dir gut?«

  »Alles in Ordnung.« Meine Nasenflügel beben, als ich versuche, meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. »Ich habe nun genug von Carters sexuellen Eskapaden gehört. Das reicht für den Rest meines Lebens. Okay?«

  Sie hebt abwehrend die Hände. »Tut mir leid. Mir war nicht klar, dass dir das so viel ausmachen würde.«

  »Es macht mir nichts aus«, widerspreche ich ein wenig zu vehement.

  »Eindeutig nicht.«

  Ich weiche ihrem neugierigen Blick aus und zermartere mir das Hirn, wie ich das Gespräch auf ein anderes Thema lenken kann. »Haben wir nicht gerade über Octavia geredet? Und ihre weiteren Pläne für meine sogenannte ›Brautwerbung‹? Du hast mir gar nicht erzählt, was genau du mit angehört hast.«

  »Das war ehrlich gesagt nicht viel. Nur etwas über irgendwelche Lords und Herzöge und Tee. Ich könnte dir mehr Einzelheiten nennen, wenn ich nicht die Angewohnheit hätte abzuschalten, sobald sich eine Unterhaltung hauptsächlich um mundgerechte Häppchen dreht.«

  »Dann kannst du mir auch nicht weiterhelfen.«

  »Vielleicht doch. Ich habe einen einschlägigen Namen gehört, bevor ich in ein von Octavias Schwafelei ausgelöstes Koma gefallen bin.«

  Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Und? Soll ich ihn dir etwa aus der Nase ziehen?«

  »Westgate.«

  »Ist das eine Person?«

  »Ein Ort. Ein Haus , um genau zu sein. Das du kennen solltest – du bist schon mal dort gewesen.«

  Ich blinzle irritiert. »Ach ja?«

  »Ja. Dort haben wir Alden und Ava letzen Monat abgeholt, als wir auf dem Weg zur Beerdigung waren. Es ist das Landhaus der Sterlings.«

  Ich erinnere mich an das Herrenhaus, das am Ufer eines Sees in einer wunderschönen Gegend direkt außerhalb der Stadt lag. Damals stieg ich nicht aus der Limousine aus, aber nach allem, was ich durch die getönten Scheiben des Fahrzeugs ausmachen konnte, handelte es sich um ein beeindruckendes Anwesen.

  Nicht dass ein schöner Anblick meinen Besuch dort auch nur ansatzweise erträglicher machen wird. Dazu gedrängt zu werden, mit Caerleons begehrtesten Junggesellen auszugehen, steht nicht unbedingt an erster Stelle auf der Liste meiner Lieblingsaktivitäten. Selbst dann nicht, wenn besagte Junggesellen wie Alden Sterling aussehen.

  »Erst du, jetzt Octavia … Gibt es da eine Art Verschwörung innerhalb der Thorne-Familie, die darauf abzielt, mich mit Alden zu verkuppeln?«

  »Glaub mir, der Tag, an dem ich gemeinsame Sache mit meiner Mutter mache, statt gegen sie zu arbeiten, ist der Tag, an dem die Hölle zufriert.« Chloe zuckt mit den schmalen Schultern. »Unsere Motive überlappen sich nicht. Zum Beispiel will ich tatsächlich, dass du glücklich wirst.«

  »Und was ist Octavias Motiv?«

  »Die Sterlings sind eine der wohlhabendsten aristokratischen Familien des Landes. Diese Tatsache allein genügte, um die königliche Familie in Begeisterung zu versetzen, als Henry Ava einen Antrag machte. Aber jetzt, da er im Krankenhaus liegt … ist es nur eine Frage der Zeit, bis Ava die Verlobung lösen wird. Sie ist nicht der Typ für Mahnwachen.«

  »Aber sie kann ihn doch nicht abservieren«, beharre ich. Der Gedanke entsetzt mich. »
Er liegt im Koma, Herrgott noch mal.«

  »Ja. Und ich bin mir sicher, dass sie unglaublich sauer ist, weil er so unverschämt war, so lange durchzuhalten und damit ihre Chancen auf eine Erfolg versprechende Verbindung zu ruinieren. Wenn er sofort gestorben wäre, befände sie sich jetzt nicht in dieser unangenehmen Zwangslage.«

  »Wie schrecklich.«

  »So ist Ava eben.«

  »Meine zukünftige Schwägerin, wenn Octavia ihren Willen bekommt.« Ich schnaube. »Jetzt ergibt alles Sinn. Mich in diese Familie einheiraten zu lassen ist für sie nur eine weitere Möglichkeit, mich zu quälen.«

  Chloe lehnt sich mit einem Seufzen gegen einen Haufen aus Kissen. »Vielleicht. Aber ich schätze, dass es weniger damit zu tun hat, dir das Leben zur Hölle zu machen, sondern vielmehr damit, den Reichtum des Königshauses zu vermehren. Octavia weiß, dass das Geld der Sterlings in ihrer Reichweite sein wird, wenn du Alden heiratest.«

  »Wow. Wie romantisch.«

  »Hast du es noch nicht gehört? Die Romantik ist tot.«

  »Und das von der Frau, die mich dazu drängen wollte, mich zu verabreden?«

  »Ich will nur, dass du dich ein wenig mit einem Mann amüsierst. Das ist ein Unterschied, denn dazu braucht es keine Verabredung.«

  »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Chloe, aber so leicht bin ich nicht zu haben.«

  »Dann entgeht dir etwas.« Sie zuckt mit den Schultern. »Denk mal einen Moment drüber nach: Mit Alden zu schlafen könnte der einzige Lichtblick sein, wenn du mit den Sterlings Gurkensandwiches auf ihrem Landsitz isst. Und wenn du ihn ohnehin heiraten wirst … kannst du ebenso gut schon mal die Ware prüfen …«

  »Ich kann ehrlich gesagt nicht mehr beurteilen, ob du Witze machst oder nicht.«

  »Das ist doch der halbe Spaß dabei, nicht wahr?«

  Ich seufze gequält.

  »Oh, Kopf hoch, Herzchen. Es könnte schlimmer sein.« Chloe grinst. »Sie könnte versuchen, dich an den Grafen von Cromwell zu verschachern – der Kerl, der dir während des Walzers auf der Krönungsfeier ständig auf die Füße getreten ist. Erinnerst du dich?«

 

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