Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you Page 12

by Iosivoni, Bianca


  Bevor ich genauer über den letzten Punkt nachdenken konnte, teilte sich die Menge ein wenig und gab den Blick auf zwei Personen frei, die sich zu uns durchschlängelten. Eine davon war Alice, die ich zum Glück auch ohne ihr Alice-im-Wunderland-Cosplay erkannte, und die uns schon auf die Entfernung zuwinkte. Die andere war Teagan.

  Ich ließ meinen Blick an ihr auf und ab gleiten und schluckte hart. Scheiße, war sie hübsch. Und heiß.

  Teagan trug eine grau gemusterte Jeans, die wie eine zweite Haut an ihren Beinen und Hüften klebte, Boots mit Nieten und ein schlichtes schwarzes Top. Ihre ab Kinnhöhe lila gefärbten Haare fielen ihr in Wellen über die Schultern auf den Rücken, die dichten Brauen und dunkel geschminkten Augen ließen ihr Gesicht so faszinierend wirken, dass ich mich zwingen musste, den Blick abzuwenden. Auch wenn ich irgendwann noch herausfinden wollte, welche Farbe ihre Augen hatten. Weder in einem ihrer Livestreams noch heute, als wir uns persönlich gegenübergestanden hatten, hatte ich es deutlich ausmachen können.

  »Na, sieh mal einer an.« Ich stellte das Bier beiseite und stand auf. »Ihr habt es wirklich geschafft.«

  »Ja …«, erwiderte Teagan gedehnt und blieb einen Schritt von mir entfernt stehen. Der Blick aus ihren zusammengekniffenen Augen wanderte zu Alice, bevor er zu mir zurückkehrte. »Ich hatte quasi gar keine andere Wahl.«

  Meine Mundwinkel zuckten, da ich mir nur zu gut vorstellen konnte, wie Alice sie hierher hatte schleifen müssen – ähnlich wie heute Vormittag zu meiner Signierstunde. Zu der Zeit hatte ich jedoch keinen Gedanken daran verschwendet, wie ein Treffen mit TRGame aussehen könnte. Dafür war ich zu sehr mit den ganzen wartenden Leuten beschäftigt gewesen. Als Teagan dann plötzlich aufgetaucht war, war ich meinem ersten Instinkt gefolgt, zu ihr hinübergegangen und hatte sie umarmt. Und genau das war das Problem. Vor ein paar Stunden hatte ich nicht nachgedacht – jetzt schon. Und plötzlich wusste ich nicht mehr, was ich tun sollte oder wohin mit meinen Händen. Sollte ich sie noch mal umarmen? Ihr auf die Schulter klopfen? War eine Bro-Fist besser? Oder doch ein freundliches Nicken?

  Scheiße. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich mich verhalten sollte. Und das war eine völlig neue Erfahrung für mich.

  Teagan rührte sich nicht, wippte nur etwas auf den Fersen vor und zurück, bevor sie die Hände in die hinteren Taschen ihrer Jeans schob. Okay. Dann also keine Umarmung. Shit. Hätte ich mich bloß schneller entschieden.

  Glücklicherweise ersparte uns Linc eine längere peinliche Stille, indem er aufstand und den beiden nacheinander die Hand gab. »Hi. Ich bin Lincoln. Freut mich.«

  »Hey.« Teagan lächelte etwas angespannt. »Zockst du auch?«

  Lincolns Mundwinkel zuckten, aber er schüttelte den Kopf. »Nur ab und zu, um mich abzureagieren. Ich bin Parkers Mitbewohner. Genau wie der da.« Er deutete mit dem Daumen auf Cole, der sich nach einem lauten Räuspern meinerseits endlich dazu entschied, seinen Mund von seiner Freundin zu lösen.

  Blinzelnd sah er in die Runde, dann breitete sich Erkenntnis auf seinem Gesicht aus – zusammen mit einem fetten Grinsen. »Oh, hallo. Da seid ihr ja! Wir haben uns schon Sorgen gemacht, ob ihr noch kommt.«

  Wie bitte? Gerade eben hatte er noch felsenfest behauptet, dass Teagan hier auftauchen würde. Und jetzt das? Diese kleine Ratte.

  »Ich bin Cole und das ist Mallory – und Aufstehen ist gerade nicht möglich«, fügte er hinzu und hielt Mallory an der Hüfte fest, als sie genau das tun wollte. Sie kicherte und vergrub das Gesicht an seinem Hals.

  Ich schüttelte nur den Kopf, dann ließ ich mich wieder aufs Sofa fallen und rutschte zur Seite, um den beiden Neuankömmlingen Platz zu machen. Das endete damit, dass ich am äußersten Ende saß, Teagan direkt neben mir in der Mitte und auf ihrer anderen Seite Alice, schräg gegenüber von Lincoln, der es sich wieder auf dem Sitzsack gemütlich gemacht hatte.

  Als mich plötzlich etwas Warmes am Oberschenkel berührte, erstarrte ich. Mein Blick zuckte zu Teagan hinüber. Sie schien es im selben Moment zu bemerken, zog ihr Knie hastig weg und räusperte sich leise. All das, ohne mich auch nur eine Sekunde lang anzusehen.

  »Cole also …«, murmelte sie schließlich und schaute von ihm zu mir. »Ist das der Mitbewohner, der euch fast in die Luft gesprengt hätte?«

  Seine Augen wurden kugelrund. »Scheiße, du hast ihr davon erzählt?«, rief er entrüstet und warf dabei fast Mallory von seinem Schoß, die sich mit einem Quietschen an ihm festhielt.

  Ich zuckte nur mit den Schultern und verbarg mein Grinsen hinter meiner Bierflasche. »Ich hab nur die Wahrheit erzählt«, murmelte ich und trank einen großen Schluck.

  »Es war ein Unfall!«, rief Cole.

  »Das sagst du jedes Mal«, konterte Lincoln schulterzuckend und deutete auf unseren Kumpel, während er sich an Alice wandte. »Einmal hat er eine Tiefkühlpizza im Ofen vergessen, und als der Feuermelder anging, war die ganze Wohnung schon voller Rauch.«

  Bei der Erinnerung daran musste ich grinsen, auch wenn selbst jetzt noch, Monate später, ein Hustenreiz meinen Hals kitzelte. Den Gestank aus dem Haus zu kriegen hatte Ewigkeiten gedauert. Kurzzeitig hatten wir sogar befürchtet, dass Mr Oakley uns rausschmeißen würde – was er glücklicherweise nicht getan hatte, nachdem Eliza ein längeres Gespräch mit ihm geführt hatte, in dessen Folge wir uns nicht nur einen, sondern gleich zwei Feuerlöscher angeschafft hatten.

  »Wie bitte?« Mallory starrte ihren Freund mit offenem Mund an. »Du hast behauptet, das wäre Sophie gewesen!«

  Ich prustete in mein Bier, weil das bei unserer tollpatschigen Mitbewohnerin gar nicht so unwahrscheinlich war. An jenem Nachmittag war Cole allerdings ganz allein schuld an dem Chaos gewesen. »Unser Vermieter von unten, der schon über achtzig ist, hat die Feuerwehr gerufen, und die sind mit zwei Trucks angerückt«, erinnerte ich uns alle und sah zu Teagan hinüber. Sie lächelte ganz leicht, wirkte aber noch immer irgendwie angespannt. Selbst dann noch, als Alice und Lincoln anfingen, sich angeregt über irgendetwas zu unterhalten und Cole und Mallory zu ihrem Speichelaustausch zurückkehrten. Okay … vielleicht auch genau deswegen.

  »Hey.« Ich stieß ihre Schulter mit meiner an.

  Fragend zog sie die Brauen hoch, und ich kam nicht umhin, eine Spur von Misstrauen in ihren Augen lesen zu können. Augen, die bei den schlechten Lichtverhältnissen hier drinnen eher dunkel wirkten.

  Ich vermied es, auf ihren Mund zu starren, und konzentrierte mich stattdessen weiterhin auf ihre Augen. »Ich hab eine Idee.«

  »Muss ich mir Sorgen machen?«

  »Kein bisschen!«, behauptete ich, wiegte dann jedoch scheinbar nachdenklich den Kopf hin und her. »Ein bisschen vielleicht. Kommt drauf an, wie fit du bist.«

  »Wie … fit ich bin?«

  Ich sprang auf. »Genau. Komm mit.« Vielleicht war es gewagt, aber ich hielt ihr die Hand hin.

  Stirnrunzelnd sah Teagan von mir zu meiner ausgestreckten Hand und wieder zurück. Dann stand sie ohne meine Hilfe auf, was mich aus irgendeinem Grund grinsen ließ.

  »Wir sind gleich zurück«, informierte ich niemanden Bestimmtes und bahnte uns einen Weg durch die Menge. Beim Hereinkommen hatte ich nämlich schon entdeckt, dass es – wie es sich für eine After-Show-Party auf einer Games-Convention gehörte – außer der Tanzfläche noch ganz andere Möglichkeiten gab, Spaß zu haben. Neben so alltäglichen Dingen wie Dart und Billard hatten die Veranstalter auch ein paar Virtual-Reality-Games, Dance-Dance-Revolution-Maschinen und Konsolen für Just Dance, SingStar und Mario Kart zur Verfügung gestellt, an denen sich haufenweise Leute austobten.

  »Dance Dance Revolution?«, rief Teagan, als sie entdeckte, worauf ich zusteuerte – nämlich auf das blinkende Ding, das aussah wie ein Spielautomat aus den Neunzigern, allerdings mit Feldern davor, auf denen Pfeile und Symbole aufgezeichnet waren, und auf die man im vorgegebenen Takt zur Musik springen musste. Sie lachte auf. »Bist du irre?«

  Ich blieb vor der Maschine stehen, für die sich außer uns gerade niemand zu interessieren schien, und warf ihr ein herausforderndes Lächeln zu. »Hast du Angst?«

  Sekundenlang starrte sie mich nur mit offenem Mund an, da
nn gab sie mir einen Schubs gegen die Brust. »Rauf da! Und dann sehen wir, wer hier Angst hat.«

  Wir stellten uns nebeneinander auf die Matte, jeder auf sein eigenes Feld. Dann drückte ich ein paar Knöpfe und schon ging es los.

  »Ich hab das noch nie gemacht«, stieß Teagan hervor, als die ersten Bewegungen von uns verlangt wurden. Wir mussten nach vorne und zurück springen, dann zur Seite, während eine passende Melodie dazu lief.

  »Ich auch nicht.«

  Okay, das war nicht die ganze Wahrheit. Als Kind hatte ich das ständig gespielt, wann immer Mom und Dad mit mir in die Mall gefahren waren. Aber das war schon so lange her, dass es nicht mehr zählte. Richtig?

  Wir schafften das erste Level, das deutlich schwieriger war als in meiner Erinnerung. Am Ende atmeten wir beide schwer und hatten eine der schlechtesten Bewertungen überhaupt. Autsch.

  »Das ist furchtbar!« Lachend hielt sich Teagan an mir fest. »Wer hat sich das bitte ausgedacht?«

  Ich grinste. »Keine Ahnung. Wie wär’s, wenn …«

  Plötzlich packte sie meinen Bizeps so fest, dass ich nach Luft schnappte. »Oh mein Gott, spielen sie da drüben etwa Beat Saber?«, rief sie. »Das wollte ich schon immer mal ausprobieren!«

  Und schon war sie fort. Sekundenlang starrte ich ihr nur hinterher, während ich versuchte, das Mädchen aus unseren Chats mit dem im echten Leben in Verbindung zu bringen. Und stellte fest, dass ich noch lange nicht genug über Teagan wusste oder ausreichend Zeit mit ihr verbracht hatte, um das tun zu können. Also folgte ich ihr, schob mich an ein paar Leuten vorbei, begrüßte andere per Handschlag, die ich von früheren Conventions oder gemeinsamen Streams kannte, und erreichte schließlich den Virtual-Reality-Bereich der Party.

  Teagan hatte recht. Hier wurde Beat Saber gespielt – und das anscheinend gegeneinander, wenn mich die neben dem riesigen Bildschirm leuchtende Highscore-Tabelle nicht täuschte.

  Bei dem Game ging es darum, die direkt auf einen zuschwebenden Würfel mit zwei Lichtschwertern zu zersäbeln. Dabei gab es sowohl für die Lichtschwerter als auch für die Würfel zwei Farben, und man musste die Würfel mit dem Schwert in der richtigen Farbe und auch noch aus der angezeigten Richtung treffen. Als wäre das nicht schon anspruchsvoll genug, gab es zusätzlich Hindernisse, denen man während des Gameplays ausweichen musste. Die Geschwindigkeit hing von der Musik und dem Schwierigkeitsgrad ab. Ich hatte Beat Saber zwei-, dreimal bei Cole auf dem Campus getestet, wo er und noch ein paar andere Studenten ein Virtual-Reality-Studio betreuten und im Rahmen ihres Studiums an neuen Konzepten arbeiteten.

  Im Moment metzelte sich eine junge Frau durch die heranfliegenden Würfel. Sie stand mit dem Rücken zu uns, hatte eine schwarz-weiße VR-Brille auf dem Kopf und die beiden Move-Motion-Controller in den Händen. Sie sah alles durch die Brille, während das Spiel für uns auf den überdimensionalen Bildschirm direkt vor ihr projiziert wurde, sodass wir live dabei zuschauen konnten, wie sie die pinken und blauen Würfel zerschmetterte. Das Lied, das währenddessen in voller Lautstärke auf dieser Seite der Halle lief, kam mir irgendwie bekannt vor. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich es anhand der Stimmen als eine Nummer von den Backstreet Boys erkannte. Woher ich das wusste? Sicher nicht, weil ich die Band so liebte. Aber Sophie vergötterte sie und zwang die ganze WG dazu, ihre Songs mitzuhören, wenn sie sie mal wieder in Stadionlautstärke in ihrem Zimmer laufen ließ.

  Die aktuelle Spielerin schlug sich ziemlich gut. Ihre Punktzahl und Combos kletterten immer weiter in die Höhe, bis sie ein paar Schläge versaute, dann jedoch schnell wieder in den Rhythmus zurückfand.

  Teagan tauchte neben mir auf. »Das müssen wir spielen!«

  Ich sah sie mit hochgezogenen Brauen an. » Wir? «, rief ich gegen die Musik und Stimmen an.

  »Ja, wir .« Sie nickte entschieden. »Oder hast du etwa Angst, wieder von einem Mädchen fertiggemacht zu werden?«

  Ich lachte ungläubig auf. »Das hast du jetzt nicht gesagt.«

  Doch sie grinste nur herausfordernd. Und das, genau das war die Teagan, die ich in unseren Chats, gemeinsamen Gaming-Sessions und ihren Livestreams kennengelernt hatte.

  »Wie du willst.« Ich zuckte lässig mit den Schultern. »Aber sei hinterher bloß nicht traurig.«

  »Oh, ich werde gar keine Zeit haben, um traurig zu sein, weil ich nämlich meinen Sieg feiern werde.«

  Bevor ich etwas darauf antworten konnte, beendete die Playerin ihre Performance. Ohne Teagans Blick loszulassen, riss ich die Hand hoch. »Ich bin der Nächste!«

  »Welcher Song?«, rief jemand.

  »Das überlasse ich ganz euch.«

  Ein Kerl in einem neongrünen T-Shirt, mit dem ich heute schon während des Live Let’s Plays kurz zu tun gehabt hatte, als er unser Equipment überprüft hatte, winkte mich zu sich. Ich zwinkerte Teagan zu, dann trat ich nach vorne, ließ mir die VR-Brille geben und alles erklären. Ich hörte ihm aufmerksam zu, auch wenn das nicht mein erstes Mal in einem VR-Spiel war, aber das hier war schließlich sein Job. Dann gab er mir die beiden Controller in die Hände und wünschte mir viel Glück.

  »Hey! Wer hat die Schwierigkeit auf Hard gestellt?«

  Durch die Kopfhörer nahm ich nur gedämpftes Lachen wahr, dann begann auch schon der Song, und ich musste mich vollauf konzentrieren, die Würfel passend zum Rhythmus von MC Hammers U Can’t Touch This zu treffen. Wahrscheinlich sah ich nicht mal halb so grazil aus wie meine Vorgängerin, vor allem wenn ich beim Refrain so wild herumsprang wie jetzt, aber das war mir egal. Mir blieb überhaupt keine Zeit, darüber nachzudenken, wie lächerlich ich mich gerade machte. Und, ganz ehrlich? Nach ein paar Jahren Livestreams und Convention-Auftritten hatte ich eh kein Problem mehr damit, für ein paar Lacher zu sorgen. Also tobte ich mich aus, schnitt durch die heransausenden Würfel, riss die Arme hoch, wich den auf mich zukommenden Wänden und Bomben aus und sprang im Takt des Refrains hin und her. Und obwohl ich regelmäßig mit Linc ins Fitnessstudio ging, war ich ziemlich schnell außer Atem. Das hier war eindeutig kein Spiel für Anfänger oder Leute, die Sport hassten.

  Zum Glück dauerte es keine drei Minuten, bis ich die letzten Würfel zerschnitt und das Lied endete. Keuchend riss ich mir die VR-Brille runter und starrte auf den Highscore. Nicht übel. Definitiv nicht übel.

  Ein paar Leute jubelten, aber mein Blick suchte und fand Teagan, die breitbeinig dastand und klatschte. Ihr Lächeln hätte herausfordernder nicht sein können.

  »Nicht schlecht, Parker.«

  Ich schnaubte und griff nach der Wasserflasche, die mir irgendjemand hinhielt, nachdem ich Brille und Controller abgegeben hatte. »Nicht schlecht?«, echote ich und wischte mir über die Stirn. »Versuch das erst mal zu toppen, Süße.«

  »Du hast heimlich geübt, oder?«, entgegnete sie und trat an die Stelle, wo ich bis eben gestanden hatte. »Nur deshalb warst du so gut.«

  Einen Moment lang war ich zu abgelenkt von dem Tattoo auf ihrem Schulterblatt, um zu reagieren, doch dann breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus. »Also gibst du zu, dass ich gut war?«

  Sie schüttelte nur den Kopf, ließ sich die Einweisung für das Spiel geben und setzte die VR-Brille auf. »Ich wollte das schon seit Ewigkeiten testen, aber im Gegensatz zu dir hatte ich noch nie die Gelegenheit dazu.«

  Ich trank noch einen Schluck und beobachtete Teagan dabei, wie sie sich in Position brachte. Das dürfte interessant ­werden.

  Wieder wählten die Umstehenden das Lied aus, zu dem sie spielen würde, genauso wie den Schwierigkeitsgrad. Zu meiner Genugtuung erkannte ich, dass sie das Level auch auf der Schwierigkeitsstufe Hard durchstehen musste.

  Ihr Song war Escape , ein Lied, das extra für Beat Saber komponiert worden war. Es startete zunächst mit einer schnellen Melodie, die einen Vorgeschmack auf das gab, was einen später erwartete, mit Beginn des Gesangs jedoch deutlich langsamer wurde. Aber ich wusste genau, worauf Teagan sich da eingelassen hatte. Denn sobald der Refrain losging, wurde der Rhythmus immer schneller – und damit auch die Würfel, die plötzlich auf den Spieler zurasten.

  »Alter …« Ich hielt mit der Wasserflasche auf dem Weg zum Mund inne, da mein
e ganze Aufmerksamkeit auf dem Bildschirm lag, wo Teagan zwar ein paar Würfel verpasste, aber dennoch jede Menge Punkte sammelte, weil sie immer wieder traf und immer mehr Combos schaffte. »Willst du mich verarschen?«

  Das spielte sie doch nie und nimmer gerade zum ersten Mal. Dafür war sie zu schnell, wenn sie mit den Controllern ausholte und zuschlug, sich vor den Hindernissen duckte oder ihnen auswich und die Würfel dabei auch noch aus den korrekten Winkeln traf.

  Ich merkte nicht einmal, wie mein Blick vom Geschehen auf dem Bildschirm zur Spielerin wanderte. Sie wirkte mehr badass als jeder Cosplayer und Gamer, den ich heute und gestern auf der Convention gesehen hatte. Und das waren eine Menge gewesen. Ich hob erst den Kopf, als das Lied verklang – und Teagan die Runde mit einer Combo von über dreihundert ­beendete. Sie nahm die VR-Brille ab und lächelte atemlos, als um uns herum lauter Jubel ausbrach.

  »Du hast gesagt, du hast das noch nie gespielt!«, rief ich ihr entgegen, als sie zu mir zurückkam.

  Sie zuckte lässig mit den Schultern. »Hab ich auch nicht.«

  »Du hast gerade einen neuen Highscore aufgestellt!«

  »Anscheinend hab ich gute Reflexe.« Sie grinste breit und nahm mir die Wasserflasche aus der Hand, um ein paar Schlucke daraus zu trinken.

  In ihren Augen funkelte es gut gelaunt. Sie atmete schnell, war verschwitzt und ihr Mascara, Eyeliner – oder was auch immer Frauen sich auf die Augen schmierten – war etwas verlaufen. Aber sie war wunderschön.

  »Ich will noch mal!«, verkündete sie lachend.

 

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