Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

Home > Other > Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you > Page 33
Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you Page 33

by Iosivoni, Bianca


  Ich schüttelte den Kopf bei der Erinnerung daran, wie ich zum wiederholten Mal mit Callie im Sprechzimmer gesessen hatte. Meine beste Freundin hatte darauf bestanden, mich zu jedem einzelnen Termin zu begleiten, sei es in die Praxis oder ins örtliche Krankenhaus. Ein paarmal war ich auch mit nach Summerville gefahren und hatte in der Wohnung gepennt, die sie sich mit Keith teilte. Obwohl ich den Typen nicht wirklich gut kannte, schien er in Ordnung zu sein, und alles dafür zu tun, um Callie glücklich zu machen. Und das war meiner Meinung nach das Einzige, was zählte.

  Wie von selbst landete mein Blick wieder auf dem Handy, das auf der Matratze lag. Shit. Ich sollte Teagan schreiben. Das sollte ich wirklich. Aber … hatte es überhaupt noch einen Sinn? Ich hatte mich wie das letzte Arschloch verhalten, indem ich all ihre Nachrichten ignoriert hatte. Aber wenn ich es ihr erklärte … Fuck. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie reagieren würde. Oder ob sie überhaupt irgendeine Erklärung von mir hören wollte. Gut möglich, dass sie mich längst abgeschrieben und vergessen hatte. Das neue Semester hatte vor ein paar Tagen begonnen, und Teagan könnte jetzt sonst wo auf der Welt sein. Ich hoffte nur, dass sie an einem ihrer Wunschcolleges studierte und nicht an irgendeiner Uni irgendein beliebiges Hauptfach belegt hatte, nur um ihren Vater zufriedenzustellen.

  Gedämpfte Stimmen waren zu hören und lenkten meine Aufmerksamkeit Richtung Zimmertür. Ich war erst vor wenigen Minuten aus Alabama zurückgekehrt und da wie durch ein Wunder alle zu Hause waren, hatte ich meine Mitbewohner um ein kurzes Gespräch im Wohnzimmer gebeten. Wenn ich mich schon erklären musste – und das musste ich nach der Nummer, die ich abgezogen hatte –, dann fing ich am besten direkt bei ihnen an.

  Ich atmete tief durch, fuhr mir mit etwas zittrigen Fingern durchs Haar, dann setzte ich mich in Bewegung.

  Die gesamte WG hatte sich im Wohnzimmer versammelt. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal alle so zusammengesessen hatten. Eliza war mittlerweile aus Australien zurückgekehrt und lehnte jetzt an der Fensterbank, während Lincoln es sich im Sessel bequem gemacht hatte und Cole und Sophie sich die Couch teilten. Als ich hereinkam, blickten sie alle fast gleichzeitig auf. Erwartungsvoll. Fragend. Vielleicht auch etwas besorgt. Aber obwohl ich wochenlang verschwunden gewesen war und ihnen nur einen Zettel mit einer kurzen Nachricht hinterlassen hatte, sah ich keine Vorwürfe in den Augen meiner Mitbewohner. Und das gab mir den Mut, einen der Hocker heranzuziehen und mich so daraufzusetzen, dass ich sie alle ansehen konnte.

  »Es tut mir leid.« Das war das Erste, was mir über die Lippen kam. Auf der ganzen Fahrt von Alabama zurück hierher hatte ich darüber nachgedacht, was ich sagen, wie ich es ihnen erklären könnte, aber mir war nichts eingefallen. Womöglich war es gar nicht so schlecht, erst mal mit einer Entschuldigung zu beginnen. »Es war beschissen von mir, einfach ohne Erklärung abzuhauen.«

  »Was war überhaupt los?«, wollte Liz wissen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Hautton war um einiges dunkler als bei ihrer Abreise – offenbar hatte sie trotz Winterzeit in Australien ein bisschen Sonne abbekommen.

  Cole sah von ihr zu mir und kniff die Augen zusammen. »Parker hat uns einen hübschen Zettel in der Küche angepinnt und war dann einfach weg. Keine Erklärung. Kein Anruf. Keine weiteren Nachrichten. Nichts.«

  Ich verzog das Gesicht. Scheiße. Irgendwie hatte ich gehofft, dass mir das erspart bleiben würde – aber es war ja nicht so, als könnte ich Coles Wut nicht nachvollziehen.

  »Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht«, murmelte ich und merkte selbst, wie beschissen das klang.

  »Tja, dumm gelaufen, Kumpel«, konterte Cole. »Du hast ja vielleicht nicht damit gerechnet, aber wir haben uns Sorgen gemacht, als du plötzlich wie vom Erdboden verschwunden warst und nicht auf unsere Nachrichten reagiert hast. Nicht mal auf die von Sophie!«, warf er ein und starrte mich an, als würde er mir jeden Moment den Hals umdrehen wollen.

  Sophie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Cole …« Ihre Stimme war leise und warnend. Trotzdem schien er sich etwas zu beruhigen. Seine Schultern sanken ein Stück herab, und er riss den mörderischen Blick von mir los und richtete ihn demonstrativ auf die Wand.

  »Ich weiß, dass es scheiße von mir war«, erwiderte ich. »Und ich kann verstehen, dass ihr sauer seid. Ich … ich musste ein paar Dinge klären.«

  Lincoln lehnte sich im Sessel vor. »Und das konntest du uns nicht einfach sagen? Wir sind doch nicht bloß Mitbewohner, Mann. Wir sind deine Freunde.«

  Shit. Shit . Das wusste ich. In dem Moment war es … einfacher für mich gewesen, die Sache allein durchzuziehen. Wahrscheinlich hätte ich sogar Callie rausgehalten, wenn sie nicht bereits gewusst hätte, was bei mir zu Hause los war. Dass sie mich zu allen Terminen begleitet hatte, war ihre Entscheidung gewesen, nicht meine. Und niemand konnte Calliope Robertson aufhalten, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.

  Ich stützte die Ellbogen auf die Knie und ließ die Hände baumeln. Einen Moment starrte ich nur darauf, wartete und rechnete geradezu damit, dass die Unruhe zurückkehren würde, meine Beine auf und ab wippen würden oder ich gleich aufsprang, um diese Rastlosigkeit loszuwerden. Doch die Wahrheit war, dass ich einfach nur erledigt war.

  »Meine Mom ist krank«, sagte ich so leise, dass ich nicht sicher war, ob sie es überhaupt gehört hatten. »Und eine Weile dachte ich, ich hätte dasselbe wie sie. Deshalb bin ich gegangen. Ich war zu Hause und hab mich untersuchen lassen.«

  Stille. Geschocktes Schweigen.

  Schließlich war es Sophie, die bis an den Rand des Sofas rutschte und die Hände auf meine legte. »Was ist dabei herausgekommen?«

  Einen Moment lang starrte ich nur auf unsere Hände und musste absurderweise daran denken, dass Teagans Hände ganz anders aussahen und sich auch völlig anders angefühlt hatten, dann riss ich mich zusammen und hob den Kopf. »Ich bin krank«, stieß ich heiser hervor. »Aber es ist nicht das, was meine Mom hat. Es ist keine Form von Demenz, sondern Burnout.«

  Zum ersten Mal hatte ich die Worte nicht nur gedacht, sondern laut ausgesprochen. Und es fühlte sich auf seltsame Weise erleichternd an, auch wenn es mich noch immer ankotzte. Wie konnte ich gleichzeitig erleichtert und wütend über diese Diagnose sein? Ich kapierte es einfach nicht.

  Ich sah in die Runde, blickte nacheinander in die Gesichter meiner Mitbewohner und Mitbewohnerinnen und las Erstaunen, Überraschung, aber auch Besorgnis darin.

  Cole ergriff als Erster das Wort. »Was können wir tun?«

  Ich starrte ihn an. Zugegeben, ich hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie dieses Gespräch laufen würde, aber mit so einer Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Schon gar nicht von Cole, der bis eben noch so angepisst gewesen war, dass er mich nicht mal mehr hatte ansehen wollen. Und jetzt war ausgerechnet er derjenige, der mir Hilfe anbot? Womit zum Teufel hatte ich das verdient?

  »Ich könnte mich um die ganzen Mails kümmern, die du ständig bekommst«, bot Sophie an. »Du weißt schon, sie ­sortieren, die weniger wichtigen für dich beantworten, Termine arrangieren und so weiter. Dann hast du damit weniger Stress.«

  Cole nickte ihr zu, dann wandte er sich wieder an mich. »Du hast viel zu wenige Moderatoren in deinen Streams. Das ist mir schon früher aufgefallen, aber du hast nie etwas gesagt, also …« Er zuckte etwas hilflos die Schultern. »Ich kann das übernehmen, wenn du willst. Und ich kenne ein paar Leute aus meinem Studiengang, die das sicher auch gerne machen würden. Dann musst du dich nicht mehr mit irgendwelchen blöden Trollen herumschlagen und kannst auch anderen Orgakram mal abgeben.«

  »Gute Idee«, kam es von Liz, die jetzt die Arme herunternahm und sich mit den Händen auf der Fensterbank hinter ihr abstützte. »Ich glaube zwar nicht, dass du viel zu programmieren hast, was ich übernehmen könnte, aber deine Thumbnails auf YouTube sind echt nicht die schönsten, Kumpel.« Scheinbar bedauernd schüttelte sie den Kopf und deutete mit dem Daumen auf sich. »Also überlass das lieber dem Profi. Das ist so ein Zeitfresser, und am Ende kommt bei mir eh das bessere Ergebnis raus.«

  Ungläubig sah ich von einem zum anderen. »Das meint ihr n
icht ernst, oder?«

  »Und wie wir das ernst meinen.« Lincoln stand auf und klopfte mir auf die Schulter. »Du konzentrierst dich jetzt darauf, dass es dir besser geht, und wir kümmern uns um den Rest. Dein Zeitmanagement und die Buchhaltung zum Beispiel. Lass mich da mal ran. Ich bringe Ordnung in dein Chaos.«

  Shit. Ich hatte keine Ahnung, was ich dazu sagen oder wie ich darauf reagieren sollte. Ich war ohne jede Erwartung in dieses Gespräch gegangen und hatte lediglich gehofft, dass sie nicht bis in alle Ewigkeit sauer auf mich sein würden. Aber das? Das war weit mehr, als ich jemals erwarten, geschweige denn verlangen könnte.

  Langsam stand ich auf. »Ihr müsst das nicht tun, Leute. Wirklich nicht. Ich krieg das schon hin.«

  Zumindest mit etwas Hilfe von Dr. Russell und der Therapeutin, die er mir hier in Pensacola organisiert hatte und zu der ich nun regelmäßig gehen würde.

  Kopfschütteln auf allen Seiten.

  »Erzähl keinen Scheiß, Mann.« Auch Cole sprang jetzt auf. »Dafür sind Freunde schließlich da.«

  »Warum diskutieren wir überhaupt noch darüber?«, rief Liz von der Tür aus und war gleich darauf verschwunden.

  Sophie folgte ihr schulterzuckend, machte dann aber noch eine Kehrtwende und kam zu mir zurück. Obwohl sie kleiner und so viel schmaler war als ich, packte sie mich bei den Schultern und schüttelte mich. »Tu so etwas nie wieder! Verstanden?«

  Meine Mundwinkel zuckten. »Verstanden, Chief.«

  Sie musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, und was auch immer sie in meinem Gesicht fand, ließ sie zufrieden nicken. Dann ging sie, gefolgt von Cole, bis nur noch Linc und ich zurückblieben.

  »Eins noch«, sagte er und hielt mich auf.

  »Ja?« Ich drehte mich zu ihm um und hob fragend die Brauen.

  Lincoln zögerte, und ich konnte ihm ansehen, dass ihm das, was auch immer er gleich sagen würde, nicht leichtfiel. »Sie ist hier.«

  Ich erstarrte. Alles in mir erstarrte, sogar mein verdammtes Herz. »Was soll das heißen?«

  »Teagan ist hier.«, wiederholte er und betonte dabei jede einzelne Silbe. »Sie hat am WFMAC angefangen. Ich hab sie letzte Woche zufällig auf dem Campus getroffen, als …«

  Seine letzten Worte gingen in dem Rauschen in meinen Ohren unter. Teagan ist hier. Wieder und wieder spulte mein Kopf diesen Satz ab, bis seine Bedeutung langsam zu mir durchsickerte. Teagan war hier. In Pensacola. Am College. Sie studierte hier. Sie war hier. Und diesmal nicht nur für einen kurzen Besuch.

  Fassungslos starrte ich Lincoln an. Das war nicht sein Ernst, oder? Er verarschte mich gerade nur. Denn wenn er das ­wirklich so meinte, wie es klang und Teagan tatsächlich in der Stadt war, hier lebte und studierte, dann … dann … Heilige Scheiße.

  Parker

  Hey …

  Siebzehn Minuten danach

  Parker

  Ich kann verstehen, wenn du nicht mehr mit mir reden willst …

  Vier Minuten später

  Teagan

  Ich rede mit dir. Ich bin nicht die Art Mensch, die andere einfach fallen lässt und wochenlang anschweigt.

  Parker

  Shit

  Parker

  Es tut mir leid

  Parker

  Es tut mir wirklich, wirklich leid

  Nach einer halben Stunde

  Parker

  Können wir reden?

  Teagan

  Warum? Weil es dir jetzt auf einmal wieder in den Kram passt?

  Parker

  Bitte, Teagan

  Ein paar Minuten später

  Teagan

  Nein. Ich will dich nicht sehen. Ich will nicht mit dir reden. Ich will nicht mal an dich denken! Du hast mir wehgetan und auf eine Wiederholung kann ich echt verzichten.

  Teagan

  Also lass mich einfach in Ruhe.

  Level 26

  Parker

  Es war seltsam, nach so langer Zeit wieder die Rechner hochzufahren, die Monitore einzuschalten, Kopfhörer und Mikrofon zu testen und alles für den Livestream vorzubereiten. Seltsam, aber auch angenehm vertraut. Beruhigend. Selbst wenn ich mit einem ganzen Schwall an Fragen rechnete, auf die ich noch immer nicht vorbereitet war.

  Ich war der lustige Typ, der Kerl ohne große Sorgen, der gerne Witze riss und auf möglichst unterhaltsame Weise die unterschiedlichsten Spiele zockte. Ernste Themen lagen mir nicht. Mich anderen gegenüber zu öffnen erst recht nicht. Ich schuldete den Leuten da draußen keine Einblicke in mein Privatleben, auch wenn ich mich nach wie vor dagegen sträubte, sie mit irgendeiner erfundenen Geschichte abzuspeisen. Aber Teagan … Teagan hatte die Wahrheit verdient, und daher jedes Recht, wütend auf mich zu sein und mir nicht mehr zu vertrauen. Scheiße, ich an ihrer Stelle würde das genauso wenig. Aber ich würde es wiedergutmachen. Ich würde ihr Vertrauen zurückgewinnen. Ich musste einfach. Selbst wenn ich noch keine Ahnung hatte, wie ich das anstellen sollte. Aber ich weigerte mich, sie einfach aufzugeben. Diesen Fehler hatte ich bereits einmal begangen und nicht vor, ihn zu wiederholen.

  Wenige Minuten zuvor hatte ich auf allen Social-Media-Kanälen angekündigt, dass es gleich einen neuen Livestream geben würde. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Leute überhaupt dabei sein würden, schließlich war ich eine ganze Weile ohne jede Erklärung weg gewesen, und es gab genug andere Gamer, die verlässlicher streamten und guten Content lieferten. Verdammt. Wem machte ich hier etwas vor? Ich konnte froh sein, wenn heute nur ein Bruchteil meiner bisherigen Zuschauer auftauchte.

  Bevor ich den Stream startete, warf ich einen kurzen Blick auf den Chat. Ich hatte meine Moderatoren, zu denen neuerdings auch Cole und Lincoln sowie zwei Kommilitonen von Cole zählten, gebeten, nichts zu filtern. Zumindest nicht, bis ich mir nicht einen ersten Überblick verschafft hatte. Schon jetzt ging es dort drunter und drüber – und es wurden immer mehr Leute.

  Ich räusperte mich, atmete ein letztes Mal tief durch, dann ging ich live und winkte nach dem kurzen Intro in die Kamera. »Hey Leute. Lange nicht gesehen.«

  Und schon explodierte der Chat:

  Willkommen zurück!!

  JAAAA!!! Parker ist wieder da!!

  welcome home

  Wo warst du so lange??

  stimmt es, dass du und tr euch verkracht habt??

  jetzt lasst ihn doch erst mal richtig ankommen!

  »Sorry, dass ich mich so lange nicht hab blicken lassen«, sagte ich als Nächstes und sah wieder zur Kamera. »Privat war viel los, und ich musste mich um ein paar Dinge kümmern. Aber jetzt sind wir alle in alter Frische zurück und können wieder durchstarten. Ich bin sicher, ihr habt ganz viele Fragen … jepp, offensichtlich habt ihr die«, fügte ich mit einem kurzen Blick auf den Chat hinzu, »aber ich kann nicht wirklich viel sagen. Außer, dass so weit alles geregelt ist, was geregelt werden musste.«

  geht’s dir gut??

  hast du dich von TR getrennt?

  Was ist passiert, Mann?

  also ich mochte die schlampe ja noch nie …

  TRGame streamt auch nicht mehr die haben sich ganz sicher verkracht

  die tussi hat Parker gar nicht verdient

  Okay. Das war der Punkt, an dem ich das ganze Thema rund um Teagan und mich nicht länger ignorieren konnte. Vielleicht hätten wir die Kommentare dazu von Anfang an filtern sollen, damit sie gar nicht erst im Chat auftauchten, doch dafür war es nun zu spät. Ganz egal, wie Teagan und ich gerade zueinander standen – ich würde nicht zulassen, dass meine Zuschauer sie durch den Dreck zogen und irgendwelche Lügen über sie verbreiteten. Die ganzen Gerüchte im Netz waren schon schlimm genug.

  »Leute.« Ich sah geradewegs in die Kamera. Kein Lächeln. Keine Witzeleien. Nicht jetzt und nicht bei diesem Thema. »Hört bitte auf, gegen TRGame zu hetzen. Sie hat nichts Falsches getan. Ich bin derjenige, der Mist gebaut hat.«

  oh nein …

  Was ist passiert?

  ich ahne böses …

  Parker, alles klar?

  OMG

  was ist los??

  Shit. Eigentlich hatte ich die Leute damit beruhigen wollen, aber wie es aussah, hatte ich es nur noch schlimmer gemacht. Fant
astisch. Ich seufzte tief. Wie es aussah, kam ich aus der Nummer nicht mehr raus.

  Aber zum ersten Mal … wollte ich das auch gar nicht. Bisher war mein Privatleben immer genau das gewesen: privat. Doch jetzt hatte ich es vermasselt und würde dazu stehen. Nicht nur vor meinen Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen oder vor Teagan, sollten wir jemals wieder miteinander sprechen, sondern auch vor meinen Zuschauern. Ich schnaubte leise. Waren ja nur um die sechzigtausend heute Abend. Aber sie hatten die Wahrheit genauso verdient wie alle anderen.

  »Als ich TRGame das erste Mal getroffen habe, war sie nur irgendeine Gamerin, die mein Team im Guild Wars PvP zerfetzt hat. Vor allem mich«, fügte ich hinzu und musste bei der Erinnerung daran lächeln. Und das, obwohl ich damals so angepisst gewesen war und dieses verfluchte Todesstoß-Lama bis heute abgrundtief hasste. »Danach haben wir DbD zusammen gespielt, nicht nur im Stream, sondern auch außerhalb. Mit der Zeit hab ich TR besser kennengelernt und … ich hab mich in sie verliebt. Es war nicht geplant, ich hab nicht damit gerechnet, aber es ist einfach passiert. Und dann hab ich es versaut.«

  OMG

  was? wie??

  Parker …

  was ist passiert??

  Also ich bin ja immer noch skeptisch …

  Wie hast du es versaut?

  omg Parker das tut mir so leid

  Alles in mir wehrte sich dagegen, so offen über das zu sprechen, was passiert war. So offen über das, was in mir vorging, aber ich zwang mich dazu, es dennoch zu tun, weil es hier nicht mehr nur um mich ging, sondern um Teagan. Vor allem um sie. Und darum, den Gerüchten Einhalt zu gebieten und Teagan vor all diesen falschen Anschuldigungen und Unterstellungen zu schützen.

  Ich räusperte mich. »Wahrscheinlich ist es dem einen oder anderen schon aufgefallen, aber ich rede nicht gern über Privates. Schon gar nicht über Probleme. Solche Dinge hab ich schon immer lieber mit mir selbst ausgemacht. Kleiner Tipp am Rande: Tut das nicht. Lernt aus meinen Fehlern und redet mit den Menschen in eurem Leben, die euch wichtig sind, okay? Vor allem, wenn es um ernste Themen geht.« Diesmal vermied ich den Blick auf den Chat und sprach einfach weiter. Ohne Pause. Ohne nachzudenken. »Ich hatte ein paar gesundheitliche Probleme und dachte, ich könnte mit niemandem darüber reden. Ich habe so gut wie alle Menschen, die mir wichtig sind, ausgeschlossen und ihnen nichts gesagt. Und glaubt mir, das ist keine gute Sache. Vor einer Weile habe ich einem Mädchen versprochen, sie niemals im Stich zu lassen, mich niemals einfach so von ihr abzuwenden. Aber genau das habe ich in den letzten Wochen getan. Ich bin der Böse in dieser Geschichte. Ich bin der Arsch. Und es tut mir aufrichtig leid.«

 

‹ Prev