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Midnight Chronicles 02 - Blutmagie

Page 21

by Bianca Iosivoni u . Laura Kneidl


  »Ein Blitz?«, fragte sie skeptisch.

  »Nein, das glaub ich nicht.« Es war zwar eine bewölkte Nacht, aber die Luft war nicht erfüllt vom Knistern eines bevorstehenden Gewitters.

  Angespannt hielt ich den Atem an, als das Licht – ein bläulicher Schimmer – erneut aufflackerte, gefolgt von einem tiefen Knurren, das jemand Ahnungsloses womöglich für das Fauchen einer Katze gehalten hätte. Doch Cain und ich wussten es besser. Wir wechselten einen raschen Blick, dann rutschten wir so schnell es ging vom Dach auf den darunterliegenden Balkon, von dem aus wir zu Boden sprangen. Das feuchte Gras platschte unter unseren Stiefeln. Gemeinsam stürmten wir die Straße entlang in Richtung des aufblitzenden Lichts. Querfeldein folgten wir dem schnellsten Weg, sprangen über Zäune und durch Büsche hindurch und ignorierten die Kratzer, die deren Dornen und Zweige auf unseren Armen hinterließen. Ich zog eine der Macheten hervor, die auf meinem Rücken befestigt waren, und sah aus dem Augenwinkel, wie auch Cain ihre Waffen zückte.

  Wir kamen dem Licht, das eindeutig magischen Ursprungs war, näher. Das bläuliche Flackern erinnerte an die Magie, die von einem Amulett der Stufe 5 oder 6 erzeugt wurde. Das Fauchen und Zischen wurden allerdings nicht lauter, sondern zunehmend schwächer, bis es schließlich vollkommen verstummte, kurz bevor Cain und ich die Quelle des Lichts erreichten. Wir wurden langsamer, setzten unsere Schritte vorsichtiger, damit man uns nicht kommen hörte.

  »Du durchsuchst die beiden, ich übernehme die hier«, erklang eine tiefe Stimme.

  »Warum muss ich immer die Ekligen anfassen?«, fragte eine Frau.

  »Weil ich es dir sage, und jetzt hör auf zu jammern und beeil dich«, folgte ein schroffer Befehl.

  Ich konnte die Stimmen keinen mir bekannten Huntern zuordnen. Fragend sah ich Cain an, die den Kopf schüttelte. Auch sie war den beiden offensichtlich noch nie begegnet. So leise wie nur möglich schlichen wir an die Fremden heran, bis wir sie sehen konnten.

  Ich hielt den Atem an. Auf offener Straße lagen vier tote Vampire. Zwei von ihnen wirkten friedlich schlafend, die beiden anderen Leichen waren von der Magie bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt worden. Lediglich der zarte Duft nach Rosmarin verriet mir, was sie gewesen waren. Neben den Leichen knieten eine Frau und ein Mann. Er war blond, sie hatte schwarze Haare. Freie Hunter? War das möglich?

  »Und, hast du was gefunden?«, fragte der Mann.

  Die Frau erhob sich, die Hände voller Blut. »Nur ein Handy, aber das ist im Kampf kaputtgegangen.«

  Sie reichte das blutverschmierte Gerät ihrem Kollegen, der es kurz begutachtete, bevor er es einsteckte. »Vielleicht lassen sich die Daten noch retten. Und jetzt lass uns verschwinden, bevor uns jemand sieht.«

  Die Frau, die eindeutig niedriger in der Rangordnung stand, nickte.

  Ich spannte die Muskeln an und trat aus dem Schatten, um die beiden zur Rede zu stellen, da sie offenbar nicht planten, ihre Sauerei aufzuräumen. Mir lag bereits eine sarkastische Begrüßung auf der Zunge, als Cain mich am Arm packte und zurückhielt, denn im selben Moment hob der blonde Typ die Hand. Die Luft vor seinen Fingern begann zu wabern, und ein leuchtender Riss bildete sich, der die Welt zu teilen schien.

  Ein Portal. Er war ein Hexer.

  Ich löste mich von Cain und spurtete los, doch bevor ich meine Waffe heben oder die beiden ansprechen konnte, traten sie durch das Portal und verschwanden ins Nichts. Der Weltenriss schloss sich hinter ihnen, und die Schatten, die das Leuchten des Portals erschaffen hatten, wurden von der Dunkelheit verschluckt.

  Fuck! Schwer atmend blieb ich stehen, während über meinem Kopf die Straßenlaterne, die durch irgendeine Magie blockiert worden war, wieder zum Leben erwachte und mich in ihrem Lichtkegel erfasste.

  »Ich hab mir das gerade nicht eingebildet, oder?«, fragte Cain, die mir hinterhergekommen war.

  Ich schüttelte den Kopf. Der Regen war in den letzten Minuten stärker geworden, und der dunkle Stoff der Hunteruniform klebte förmlich an ihrer Haut. Es war ein Anblick, den ich unter anderen Umständen ziemlich genossen hätte, aber ich brannte innerlich. Nicht nur, dass uns die Chance durch die Lappen gegangen war, diese Vampire zu befragen – die einzigen, die sich in dieser Nacht hier überhaupt herumgetrieben hatten. Nein, wir hatten uns auch diese verdammten Hexer entgehen lassen. Was war auf dem Handy, das sie mitgenommen hatten? Und wohin waren sie verschwunden?

  Ich ging neben einer der Leichen in die Hocke. Vorsichtig berührte ich die verbrannte Stelle in der Kleidung des Vampirs, wo die Magie des Hexers oder der Hexe ihn erwischt hatte. Bei dem Mann handelte es sich höchstwahrscheinlich um einen Meister, denn soweit ich wusste, konnten nur diese Portale erschaffen.

  »Ich versteh das nicht.« Cain trat an die Stelle, an der sich wenige Sekunden zuvor das Portal geschlossen hatte. »Warum machen Hexen Jagd auf Vampire?«

  »Weil Baldur es ihnen befohlen hat.«

  Verständnislos sah Cain mich an. Sie hatte ihre Dolche weggesteckt und berührte nun das Amulett an ihrem Hals, um uns vor neugierigen Blicken zu schützen. »Warum sollte er das tun? Der letzte Krieg zwischen Hexen und Vampiren liegt Jahrhunderte zurück, wenn wir den Aufzeichnungen glauben können. Seitdem leben sie friedlich nebeneinanderher. Mit Ausnahme der Fehde um 1920 in Ungarn. Vielleicht –«

  »Isaac möchte Baldur töten, und offenbar versucht dieser gerade, ihm zuvorzukommen.«

  Cain runzelte die Stirn. »Woher weißt du das?«

  Ich seufzte und richtete mich auf. »Lass uns dafür ins Trockene gehen.«

  Dagegen hatte Cain keine Einwände.

  Ich informierte Wayne über die toten Vampire, damit er als Mittelsmann die Putzkolonne herschicken konnte. Anschließend machten wir uns auf den Weg zurück in die Innenstadt, wo wir uns in ein Fast-Food-Restaurant setzten, das als einziges um diese Uhrzeit noch geöffnet hatte. Cain, die manchmal eine genauso große Gesundheitsfanatikerin war wie Wayne, bestellte sich einen überteuerten Salat, ich entschied mich für eine kleine Portion Pommes – das günstigste Gericht auf der Speisekarte. Ich brauchte dringend einen Job, der mal wieder etwas Geld einbrachte, aber zwischen der Suche nach Jules, der Jagd nach Isaac und meinen Bemühungen, den Ghostvision für Roxy funktionstüchtig zu machen, blieb einfach keine Zeit, mir etwas Neues zu suchen.

  »Also, was hat es mit Baldur und Isaac auf sich?«, fragte Cain und nahm einen Schluck von ihrem Wasser.

  Ich schob mir eine Pommes in den Mund. »Was weißt du über meine Zeit in London?«

  »Nicht viel. Als ich dich an Halloween danach gefragt habe, hast du abgeblockt.«

  Das hatte ich ganz vergessen. Kaum zu glauben, dass das noch keine vier Wochen her war.

  »Tut mir leid, ich war an dem Abend wirklich gereizt, weil du meinen Vampir getötet hast und die Tage vorher echt viel Scheiße passiert ist«, erwiderte ich, und – oh Wunder – dieses Mal widersprach Cain mir nicht, dass es sich um meinen Vampir gehandelt hatte, sondern hörte mir geduldig zu. Ich erzählte ihr von meinem Abstecher nach London, davon, wie ich Roxy und Shaw kennengelernt und mich unser Weg nach Frankreich geführt hatte. Ich berichtete ihr auch von Amelia, dem Schicksalsblick, ihrer Vision und ihrem Tod. Nur Dominique erwähnte ich nicht. Außer meiner Mum hatte ich bisher niemandem von ihr erzählt; und obwohl ich jetzt wusste, dass es ihr in der Geisterwelt gut ging, fühlte ich mich noch immer nicht bereit, über sie zu sprechen.

  »Und ihr glaubt Amelia?«, fragte Cain, als ich schließlich schwieg. Ich hatte so lange geredet, dass sie ihren Salat längst aufgegessen hatte und meine Pommes kalt geworden waren.

  »Ich hatte zuerst auch meine Zweifel, aber Roxy glaubt ihr, also tu ich es auch.« Ich zuckte mit den Schultern und griff nach Cains Wasser. Von all dem Reden fühlte sich meine Kehle ganz trocken an. »Und nach dem, was wir heute Abend gesehen haben, scheint tatsächlich etwas dran zu sein. Irgendwas kocht da zwischen Vampiren und Hexen.«

  »Du denkst also, dass Baldur nach Isaac suchen lässt, um ihn umzubringen?«

  Ich nickte, auch wenn mir der Gedanke nicht gef
iel, dass jemand anderes als ich Isaac töten könnte. Doch offensichtlich hatte Amelia in Kontakt mit Baldur gestanden. Vermutlich war er es auch gewesen, der ihr ihre Kräfte verliehen hatte. Sie war viel zu stark für eine einfache Magic Huntress gewesen. Wenn dem so war, und die beiden tatsächlich zusammengearbeitet hatten, lag es nahe, dass Amelia Baldur auch von ihrer Vision erzählt hatte, um ihren Meister zu schützen. Und gewiss würde der mächtigste aller Hexer nicht tatenlos herumsitzen und gemütlich auf seine Hinrichtung durch den Vampirkönig warten.

  Cain gab ein nachdenkliches Brummen von sich. »Wenn das alles stimmt, und so hört es sich an, sollten wir unsere Strategie dann vielleicht ändern?«

  »Was schwebt dir vor?«

  »Bislang waren wir nicht wirklich erfolgreich damit, den Vampiren zu Isaac zu folgen. Vielleicht sollten wir uns stattdessen an die Hexen dranhängen.«

  »Du meinst, damit sie uns zu Isaac führen?«

  »Ja, vielleicht … Keine Ahnung, aber im Regen auf Dächern zu sitzen und irgendwelchen Vampiren aufzulauern, war bisher nicht wirklich die effektivste Taktik.«

  »Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.«

  »Komm schon«, sagte Cain. »Was haben wir zu verlieren? Wir sollten zumindest mal eine andere Herangehensweise ausprobieren. Oder hast du einen besseren Vorschlag?«

  Bedauerlicherweise hatte ich den nicht. Ich war kein Spezialist im Töten von magiebegabten Kreaturen, und das beunruhigte mich. Ginge es nur um mich, hätte ich das Risiko, ohne mit der Wimper zu zucken, in Kauf genommen, aber ich war nicht länger allein. Cain war bei mir, und ich wollte sie nicht noch einmal so verletzt sehen wie in der Gasse, nachdem diese Vampire uns angegriffen hatten.

  »Vielleicht klappt es nicht und wir verschwenden unsere Zeit«, fuhr Cain fort, bevor ich ihr antworten konnte. »Aber es ist ja nicht so, als hätten wir sonst irgendwelche Erfolg versprechenden Hinweise. Wenn wir merken, dass Baldurs Leute auch keinen Plan haben, können wir immer noch zu unserer alten Methode zurückkehren. Aber im Moment scheint es so, als würden wir Jules erst finden, wenn wir Isaac finden, und umgekehrt. Warum also nicht Baldur die Arbeit für uns erledigen lassen?«

  Mein Blick zuckte zu dem einsamen Mitarbeiter, der seit gut zehn Minuten mit einem Mopp durch den Laden wischte und immer wieder zu uns hinüberschielte, vermutlich in der Hoffnung, dass wir bald gingen und er dicht machen konnte. Ich sah wieder zu Cain, die mich hoffnungsvoll beobachtete, und auf einmal verspürte ich das irrationale Verlangen, über den Tisch nach ihrer Hand zu greifen. »Einverstanden. Aber mit Hexern ist nicht zu spaßen. Wenn die Sache zu heikel wird, verschwinden wir.«

  »Warden Prinslo, hast du etwa Angst?«

  Ja, um dich.

  »Seine eigenen Grenzen zu kennen hat nichts mit Angst zu tun«, erwiderte ich trocken.

  Magie bekämpfte man am besten mit Magie, und die besaßen weder Cain noch ich. Ich hatte schon mehrfach versucht, mit höheren Amulett-Stufen zu trainieren, aber ich war dafür einfach zu ungeduldig, ebenso wie Cain, auch wenn sie sich das selbst niemals eingestanden hätte.

  »Wow, so viel Selbstreflexion hätte ich dir gar nicht zugetraut.«

  »Du hast mich schon immer unterschätzt.«

  Cain schüttelte den Kopf. »Du irrst dich, aber lass uns lieber über die Hexen reden. Wir haben da ein Problem.«

  Ich schnaubte. »Nur eins?«

  »Okay, ganz viele, aber das wohl wichtigste: Wie finden wir sie? Sie könnten durch das Portal überallhin verschwunden sein, und ich hab keine Ahnung, wo sich Baldurs Leute für gewöhnlich rumtreiben.« Es tat ihr vermutlich weh, das einzugestehen, denn es gab nur wenig, was Cain nicht über die Kreaturen der Nacht wusste.

  »Ich auch nicht«, gab ich zu. »Aber ich kenne jemanden, der es weiß.«

  21. KAPITEL

  Cain

  Warum hatten wir diesen Besuch nicht bereits letzte Nacht hinter uns bringen können? Und warum hatte ich darauf bestanden, Warden zu begleiten? Nicht nur, dass wir von allen angestarrt wurden wie eine Attraktion im Zoo, während wir gemeinsam durch die Flure des Quartiers marschierten. Bei der Vorstellung, mit Harper zu reden, wurde mir zusätzlich mulmig, da ich nicht ausblenden konnte, wie sie Jules behandelt und wie oft sie seine Gefühle verletzt hatte. Und nun sollte ausgerechnet sie uns dabei helfen, den Hexern auf die Spur zu kommen, die uns vielleicht zu Jules führen könnten? Wenn das keine Ironie des Schicksals war … Doch sie war die einzige Magic Huntress, der wir vertrauen konnten. Holdens und ihre leiblichen Eltern waren von einem Hexer getötet worden, als sie noch Babys waren. Harper jagte diesem Hexer bis heute nach, was offenbar eine verkorkste Freundschaft zwischen Warden und ihr hatte entstehen lassen – weshalb er davon überzeugt war, dass sie uns nicht verraten würde. Und auch wenn ich ihr gegenüber misstrauisch war, ich vertraute Warden. Was der einzige Grund dafür war, dass ich nun neben ihm vor ihrer Tür stand.

  Warden klopfte.

  Schritte waren zu hören, und kurz darauf wurde uns geöffnet.

  Eine Woge der Verachtung erfasste mich, als ich in Harpers dunkle Augen blickte. Sie trug eine schwarze Leggings und ein Crop Top, das ihre zierliche Figur betonte. Obwohl sie eine Magic Huntress war, die von Natur aus ein Talent für Magie hatten, lag ein Amulett der Stufe 1 um ihren Hals. Warum das so war, hatte ich mich immer gefragt, aber ich hatte nie gewagt, mich danach zu erkundigen.

  »Hi«, begrüßte uns Harper, wobei ihr Blick auf Warden ruhte.

  Er lächelte. »Hey. Können wir kurz mit dir reden?«

  Harpers Blick zuckte misstrauisch zu mir, als könnte sie meine voreingenommenen Gedanken lesen. Sie zögerte einen Moment, doch dann hielt sie die Tür auf und ließ uns rein.

  Ich hatte mir ihr Zimmer vollkommen anders vorgestellt. In meinem Kopf lebte Harper in einer Art Gruft mit düsteren Plakaten, Kerzen und Schädeln in den Regalen und Büchern, in denen rituelle Opferungen beschrieben wurden. Und im Hintergrund spielte jene grausame Musik, die sich Ella merkwürdigerweise so gern anhörte. Aber das hier war etwas völlig anderes. Zwar gab es tatsächlich Kerzen, die allerdings nur dafür sorgten, dass es in dem Raum angenehm nach Feuerholz roch. Auf dem Bett stapelten sich Kissen in den verschiedensten Creme- und Beigetönen; und an den Wänden waren Bretter, Äste und Baumstämme befestigt, deren Sinn sich mir nicht erschloss, bis ich auf einem der Äste eine Katze entdeckte, die sich zu einer Kugel zusammengerollt hatte.

  »Du hast eine Katze?«, fragte ich erstaunt.

  »Ja, Loki und Thor.« Harper schlenderte zu der Katze hinüber, die ihren Kopf – nein, ihre Köpfe hob, um sich streicheln zu lassen. Der eine Kopf war weiß, der andere schwarz, und auch der Körper war zweigeteilt, als hätte man je die Hälfte zweier Katzen miteinander verschmolzen, doch statt zwei Schwänzen besaß die Katze drei. Der rechte, weiße Kopf gähnte, während der linke, schwarze sich von Harper hinterm Ohr kraulen ließ. Es war irgendwie süß, obwohl das Vieh eindeutig in die Unterwelt gehörte.

  Harper lächelte das Tier an, dann sah sie wieder zu uns. »Also, was verschafft mir die Ehre?«

  »Cain und ich brauchen deine Hilfe.«

  »Seid ihr wieder Kampfpartner?«

  »Nur temporär«, antwortete Warden, ohne mich dabei anzusehen. »Wir suchen nach Jules.«

  Harpers Augenbrauen zuckten in die Höhe. »Ich dachte, er ist tot? Ich war auf seiner Trauerfeier.«

  Das ließ mich aufhorchen. Warum war sie dort gewesen? Zu seinen Lebzeiten hatte Jules sie auch nicht interessiert. Es lag mir auf der Zunge, genau das auszusprechen, aber Warden kam mir zuvor.

  »Cain glaubt, dass er noch lebt. Sein Körper wurde nie gefunden.«

  Harper gab ein Brummen von sich, das deutlich machte, dass sie von dieser Theorie alles andere als überzeugt war, aber sie sagte nichts, sondern ließ Warden die Situation erklären. Erneut erzählte er von Paris, Amelia und Baldur, wobei er ein paar Details ausließ. Anschließend berichtete er von den Hexen, die wir keine zwölf Stunden zuvor beobachtet hatten, und unserem Plan, ihrer Spur zu fol
gen.

  »Und was wollt ihr jetzt von mir?«, fragte Harper, als Warden geendet hatte. Sie saß inzwischen auf ihrem Bett, Loki und Thor hatten es sich auf ihrem Schoß gemütlich gemacht.

  »Einen Tipp, wo wir anfangen können, die beiden zu suchen«, antwortete Warden. »Sie haben den Vampiren, die sie überfallen haben, ein Handy abgenommen.«

  »Wie sah der Hexer aus, der das Portal erschaffen hat?«

  »Er war groß. Kurze, blonde Haare. Schmales Gesicht. Die Frau war deutlich kleiner, mit sehr dunklem Haar.«

  »Der Kerl hatte ein markantes Profil. Seine Nase war ziemlich spitz«, ergänzte ich.

  »Klingt nach Tarquin. Er gehört zu Baldurs innerem Zirkel.« Harper schob den Kater von ihrem Schoß und stand auf, um zu ihrem Schreibtisch zu gehen. Sie klappte ihren Laptop auf, klickte darauf herum, und kurz darauf öffnete sich ein Foto. »War das der Mann, den ihr gesehen habt?«

  Warden und ich betrachteten das Bild. Es war unscharf und musste der Qualität nach mindestens zwanzig Jahre alt sein. Dennoch war eine jüngere Version des blonden Hexenmeisters deutlich darauf zu erkennen.

  »Ja, das ist er«, bestätigte ich. Neben ihm auf dem Foto stand nicht die Frau, sondern ein anderer Typ. »Und wer ist das?«

  »Das ist Kane. Ebenfalls ein Hexer aus Baldurs innerem Zirkel. Von dem hat man schon lange nichts mehr gesehen. Vermutlich ist er tot.«

  »Weißt du, wo wir Tarquin finden können?«, erkundigte sich Warden.

  Harper lächelte grimmig und klappte ihren Laptop zu. »Wenn ich das wüsste, wäre er schon lange nicht mehr am Leben. Ihr könntet euer Glück in Leith versuchen. Da treiben sich Baldurs Leute öfter herum. Vielleicht findet ihr dort einen Hinweis auf Tarquin.«

  Warden nickte. »Danke, das hilft uns sehr.«

  Ich nuschelte ebenfalls ein Danke und machte auf dem Absatz kehrt, um das Zimmer zu verlassen, als mich Harpers Stimme noch einmal innehalten ließ.

 

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