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I want you, Babe (Catch me 2) (German Edition)

Page 16

by Emma Smith


  Blake sah aus, als würde er gleich auf Winter losgehen, bis Amber plötzlich das Tablett mit voller Wucht auf den Tisch stellte.

  Ihre Wut galt Winter. Ihr Blick war mörderisch und das bemerkte auch Winter.

  »Du bist echt gruselig«, murmelte Winter zu Amber und vertiefte sich dann wieder in sein Handy. Amber setzte sich neben Blake und gab ihm ein Sandwich. Sie lächelten sich an, als wären wir nicht an ihrem Tisch. Vermutlich war es für sie so. Die beiden waren frisch verliebt, alles was bisher zwischen ihnen stand, schien vergessen.

  »Stimmt es, dass Nick mit Kelly geschlafen hat?«

  Ich spürte, wie sie mich alle jetzt ansahen. Amber sah zu Winter und Blake, die ziemlich unschlüssig aussahen. Das war ja irgendwie Antwort genug.

  »Ernsthaft?«, hakte Amber bei Blake nach. »Nick auch?«

  »Ja, aber das war vor Jill«, verteidigte er Nick.

  »Kann ich bestätigen«, sagte Winter und wirkte ziemlich ehrlich. »Das muss auf dieser Schaumparty gewesen sein. Ich meine in unserem ersten Jahr. Nick war hackedicht und ...«

  Blake hatte eine seiner Krücken genommen und Winter in den Bauch gestoßen.

  »Hey!«

  Blake machte wilde Bewegungen mit seinen Augen.

  »Ihr sollt nichts beschönigen. Es war doch irgendwie klar, dass er was mit Kelly hatte«, seufzte ich und starrte auf mein Essen. Ich hatte mir viel zu viel gekauft.

  »Kelly hatte jeder Typ von hier bis L.A.«, lachte Winter und kassierte wieder einen Stoß von Blakes Krücke. »Aua!«

  »Wo er recht hat«, murmelte jetzt auch Amber und trank einen Schluck.

  Blake verdrehte die Augen, weil er die Spitze schon verstanden hatte.

  »Alles in Ordnung, Jill?« Amber sah mich fragend an.

  »Sicher.«

  Sie wusste, ich log. Aber gerade wollte ich nicht darüber reden. Ich wollte eigentlich gar nicht mehr reden.

  Amber winkte plötzlich jemandem zu. Ich sah hin. Es war Gin, ihre Mitbewohnerin. Sie lief an uns vorbei und grüßte zurück.

  »Hey, Sweetie!«, grüßte Winter sie, und prompt zeigte die ihm den Mittelfinger und ging weiter.

  Wir alle sahen ihn fragend an, der zuckte nur mit der Schulter.

  »Muss wohl das PMS sein«, murmelte er.

  Ich schnaubte. Sicher.

  Nick

  »Als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges gilt der Prager ...«

  Ich war gerade dabei etwas für mein nächstes Seminar vorzubereiten, als meine Eltern über Skype anriefen. Wieder mal.

  Seufzend nahm ich diesmal ab. Die letzten zehn Anrufe wollte ich mir einfach sparen.

  Dad tauchte auf dem Bildschirm auf. »Du lebst ja. Heißt das also, ich kann die Vermisstenanzeige zurückziehen«, schnaubte er. Mein Dad sah mir ziemlich ähnlich. Das bekam ich zumindest immer zu hören. Er war über 20 Jahre älter als ich und trotzdem noch gut in Schuss.

  »Ich hatte viel zu tun.«

  Dad beugte sich etwas vor, sodass praktisch nur noch seine Poren zu sehen waren.

  »Dad! Nicht so nah an die Kamera.«

  »Entschuldige, aber ich wollte mir deine Augenringe genauer ansehen.«

  »Meine?« Ich drückte mir den Nasenrücken. »Ich habe nicht so viel Schlaf bekommen, mehr nicht.«

  »Am Sport kann es nicht liegen. Ihr seid erfolgreich.« Er lächelte stolz, und wäre die Situation anders, würde es mich auch freuen. Aber nicht heute. Nicht jetzt. »Du trinkst nicht übermäßig viel, und du sorgst dafür, dass du genug Schlaf bekommst. Was ist los mein Sohn?«

  Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich es hasste, wenn er mich so nannte? Weil ich intuitiv ein schlechtes Gewissen bekam, wenn ich ihn anlog.

  »Ist Nick endlich rangegangen?«, hörte ich Moms Stimme rufen.

  »Er lebt und ist unverletzt«, berichtete er ihr und schon tauchte Moms Gesicht auf. Sie prüfte mein Äußeres.

  »Ich habe mich ein paar Tage nicht gemeldet, das ist doch ...«

  »Er sieht gar nicht gut aus, Darling«, befand Mom.

  »Sehe ich genauso«, antwortete Dad.

  »Hat er gesagt, was los ist?«, fragte Mom nach.

  »Er zögert. Vermutlich ist es ...«

  Seufzend drückte ich mir wieder auf den Nasenrücken. »Ich bin noch hier, falls euch das interessiert.«

  »Entschuldige, Schatz«, antwortete meine Mom. »Aber was ist denn los? Können wir dir irgendwie helfen?«

  »Mom, ehrlich, es ist nichts.«

  Sie schaute mich eine Weile ernst an. »Es ist ein Mädchen, oh nein, Schatz. Hast du es mit Jill vermasselt?«

  »Du hast es mit Jill vermasselt?«, fragte Dad überrascht. »Und was ist mit Thanksgiving? Wir wollten sie kennenlernen!«

  Ich wollte eigentlich erst mal mit Jill darüber reden, wie sie Thanksgiving feiern wollte, aber natürlich sahen das meine Eltern anders. Für sie war die Sache schon geritzt.

  »Jetzt lass ihn doch mal mit dem Thanksgivingessen in Ruhe, Victor. Du siehst doch, dass es deinem Sohn nicht gut geht.«

  Ich verdrehte die Augen, weil es jetzt losgehen würde. Wenn Mom meinen Dad bei seinem Vornamen ansprach, dann wurde es gefährlich für ihn.

  »Ja, deswegen frage ich ja nach!«, beteuerte Dad.

  »HEY!«, rief ich in die Runde.

  Beide wurden endlich still.

  »Jill und ich ... ich und Jill ...« Mir fehlten die richtigen Worte. Was wollte ich ihnen eigentlich sagen?

  »Ach Mensch, du bist ja völlig durcheinander«, seufzte Mom.

  »Es hat dich erwischt, mein Junge.« Dad hätte es nicht besser treffen können.

  »Och, ist das nicht romantisch. Wie wir auf dem College, Schatz. Erinnerst du dich noch?«

  »Als wäre es gestern gewesen«, murmelte Dad ihr zu und sie sahen sich verträumt an.

  »Gott, ich bin noch anwesend!«, gab ich gereizt von mir.

  Mom zuckte zusammen und sah wieder in die Kamera.

  »Entschuldige, ich bin wieder ganz bei dir und deinem Problem mit Jill. Was ist denn los?«

  »Mom, ich weiß nicht, was los ist!«, fuhr ich sie wütend an. Aber Mom wäre nun mal nicht meine Mom, wenn sie jetzt wegen meines Tonfalls genauso reagieren würde. Sie sah mich einfach abwartend an. Und ich knickte ein. Jetzt wurde ich wieder mal daran erinnert, warum wir früher immer nach Moms Pfeife tanzten, wenn sie Urlaub in den Bergen machen wollte oder einen Sommer in Norwegen durchsetzen konnte. Dad hatte bei ihr einfach keine Chance »Nein« zu sagen. »Wir waren da auf dieser Mottoparty.«

  »Oh, Mottopartys«, klatschte Mom aufgeregt in die Hände. Als sie meinen genervten Gesichtsausdruck sah, setzte sie sofort wieder eine ernste Miene auf. »Alles klar, fahr fort.«

  »Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Vor der Party haben wir, also wir sind ...« Verflucht. Ich sprach hier wirklich gerade mit Mom und Dad über Dinge, die ich eigentlich niemals mit ihnen besprechen wollte. Aber ich war verzweifelt. Mein Vorsatz, Jill in Ruhe zu lassen, wankte, aber ich wusste einfach, dass ein Gespräch momentan zwecklos war. Sie verhielt sich, wenn wir uns auf dem Campus trafen, wie ein Eisklotz. Und ich bin das Kreuzfahrtschiff, das immer wieder dagegen fährt ...

  »Deine Mom und ich können uns schon vorstellen, was ihr gemacht habt«, räusperte sich Dad. Wenigstens wollte er auch nicht darüber reden.

  »Wir hatten einen netten Abend, dann musste sie auf die Toilette und ...«

  »Und?«, hakte Mom nach.

  »Ja, sie war weg«, antwortete ich.

  »Wie weg?«, hakte Mom nach. »Sie kann doch nicht einfach verschwinden.«

  »So war es aber. Ich habe mich noch mit dieser Bitch, ich meine, ich habe mich unterhalten. Dann verging die Zeit, ich schaute nach und sie war weg. Ich hab Stunden nach ihr gesucht, bis sie endlich an ihr Handy ging und ... Scheiße, ich weiß bis heute nicht, was genau da passiert ist.« Ich fuhr mir frustriert durch mein Gesicht. Ich fühlte mich total fertig, obwohl ich momentan nicht mehr machte, als zu trainieren und in meinem Zimmer zu sitzen.

  »Es muss doch einen Auslöser gegeben haben«, fragte sich selbst Dad jetzt. Ich zuckte mit der Schulter
.

  »Jill ist oft unsicher und ...«

  Ich runzelte die Stirn. Winter war bis heute der Auffassung, dass Jill aus dem Toilettenfenster geklettert war, um unbemerkt aus der Halle zu kommen. Ich aber hielt das für Unsinn. Aber wohin war sie sonst gegangen? Die Toilettentüren hatte ich die ganze Zeit über im Blick. Wie hätte sie sonst abhauen können? Und warum hatte sie das getan? Es musste etwas gegeben haben, das sie ...

  Frustriert stöhnte ich auf.

  »Ich glaube, er hat es«, hörte ich Mom sagen.

  »Sie könnte etwas gehört haben, das sie vielleicht falsch verstanden hat«, seufzte ich.

  »Vielleicht?«, mischte Winter sich ein, der mit Blake in mein Zimmer kam. »Wir können dir definitiv sagen, dass sie etwas mitbekommen hat.« Winter sah meine Eltern. »Hallo Mr. O’Donnell, Mrs. O’Donnell.« Die anzügliche Betonung als er meine Mom begrüßte, entging niemanden. Mom fühlte sich wie immer geschmeichelt, Dad schüttelte nur den Kopf.

  »Corey, Blake. Oh je, Blake. Ich habe es schon gehört, wie geht's dir?«, hakte Mom nach.

  »Mir geht's gut. Danke Mrs. O’Donnell«, antwortete der ihr.

  »Er ist invalide, Mrs. O’Donnell, wie soll es ihm da schon gehen?«, grinste Winter.

  Blake verdrehte die Augen.

  »Was hast du mir jetzt sagen wollen?«, fragte ich Winter.

  »Jill hat uns gefragt, ob du wirklich etwas mit Kelly am Laufen hattest«, begann Blake und hatte so einen mitleidigen Ton für mich übrig, dass ich am liebsten frustriert aufgeschrien hatte. Entweder hatte Kelly es ihr allein gesteckt, oder aber sie hatte unser Gespräch vor den Toiletten gehört. Ich tippte auf Letzteres.

  »Egal wie, aber Kelly sorgt ständig für Ärger«, erklärte ich.

  »Wem sagst du das«, murmelte Blake.

  Hätte Kelly keine Lügen verbreitet und erzählt, dass Blake Amber mit ihr betrogen hätte, wäre Blake nie vor die Räder geflogen. Deswegen entschied Blake auch, mit dem Fooballspielen aufzuhören. Aber das war jetzt ein ganz anderes Thema.

  »Wer ist Kelly?«, fragte Mom jetzt nach.

  »Schatz«, murmelte Dad. »Ich denke, sie gehört zu den Mädchen, die damals schon sehr freizügig ... na ja, die eher für den Spaß da waren.«

  Ich wollte nicht wirklich wissen, von welchen Mädels mein Vater sprach. Für ihn gab es nur meine Mom, egal was vorher war. Etwas anderes wollte sich der eigene Sohn nicht vorstellen müssen!

  »Ähm, ich muss jetzt erst mal aufhören. Ihr versteht das sicher. Danke, dass ihr zugehört habt.«

  Bevor die beiden noch etwas sagen konnten, schloss ich den Laptop.

  Ich wandte mich Blake und Winter zu, die mich neugierig musterten.

  »Was?«, fragte ich nach.

  »Ich war wegen Amber oft verzweifelt, aber niemals würde ich mit meinen Eltern darüber reden«, erklärte Blake sich.

  »Du musst so ziemlich am Ende sein«, sagte Winter und sah sich dann in meinem Zimmer um. »So riecht es auch hier!«

  »Schnauze. Ihr habt sie also gesprochen?«

  »Ja, wenn du es nicht tust, müssen wir ja mal nachhaken«, verteidigte Winter sich und legte sich auf mein Bett, um es sich gemütlich zu machen.

  »Und?«, fragte ich ungeduldig nach. Warum musste ich ihnen alles aus der Nase ziehen?

  »Sie war sauer«, informierte Blake mich.

  »Oh ja«, lachte Winter.

  »Das war alles? Sie war sauer?«, fragte ich ungehalten.

  »Es ist besser, als wenn sie gar keine Gefühle zeigt«, sagte Blake. »Denn dann hast du es wirklich verkackt. Also, was ist jetzt los?«

  »Jill ist aus dem Toilettenfenster geklettert, weil irgendwas zwischen ihm und Kelly gelaufen ist«, sprach Winter und griff nach meinem Buch, das auf dem Bett lag. Er schaute es sich irritiert an.

  Blake stöhnte laut auf. »Ist das dein Ernst? Du willst wirklich, dass wir beide leiden, oder?«

  »Was hast du denn damit zu tun?«

  Blake schob Winter mit einer seiner Krücken zur Seite, sodass er Platz auf meinem Bett bekam. Dieser stellte mein Buch wieder weg, als hätte es die Pest. Idiot.

  »Wenn du Jill verletzt, verletzt du damit auch Amber. Und Amber ist meine Freundin, also ...«

  »Kelly hat ihre Spielchen gespielt. Sie hat davon erzählt, wie viel Spaß wir miteinander hatten und ...«

  »Tanya war auch recht erzählfreudig, was dich angeht, Nick. Wie war das? Du hast ihr immer erzählt, wie heiß du ihre Figur findest. Wie findest du meine? Ich trainiere viel, musst du wissen. Ach, das weißt du sicher. Du bist ja auch ein Sportler.«

  Kellys Erwähnung über meine bevorzugten Figuren war kein Zufall gewesen. Sie hatte mich bis dato nie darauf angesprochen. Das tat sie jetzt, weil sie wusste, sie konnte Jill eins reinwürgen. Und ich Idiot hatte es nicht verstanden. Ich hatte gedacht, das Problem Kelly losgeworden zu sein.

  »Lass mich raten. Sie hat irgendeinen Scheiß gelabert, damit Jill Dinge annimmt, die nicht stimmen«, vermutete Winter. Es war immer wieder überraschend zu sehen, wie gut er eins und eins zusammenzählen konnte. »Was ja auch nicht schwer war, immerhin hast du ihr ja immer noch nicht ganz die Wahrheit darüber erzählt, warum sie deine Freundin spielen sollte.«

  »Was?«, mischte sich jetzt Blake wieder ein. »Oh, shit, Alter, das will ich nicht hören. Wenn ich etwas weiß, was Amber nicht weiß, dann werde ich bald nichts mehr wissen, weil sie mir den Kopf mit einem ziemlichen dicken Stein zertrümmern wird.« Er wirkte so in dieser Fantasie gefangen, dass ich mir schon vorstellen konnte, dass Amber genau diese Worte zu ihm gesagt hatte.

  Ich stand vom Stuhl auf. »Ich muss mit ihr reden. Lange genug habe ich mich ferngehalten, weil ich nicht wusste, was ich ihr sagen soll.«

  »Gute Idee«, antwortete Winter und setzte sich auf. »Wenn du das Gespräch überlebst, such dir mit dem da ...«, er zeigte auf Blake, »… eure Eier wieder. Das ist kaum noch auszuhalten!«

  Ich rief Jill mehrmals an, während ich auf dem Campus nach ihr suchte. Jills Seminare waren für heute zu Ende, aber ich wusste, dass sie ab und an noch in die Bibliothek ging.

  Gerade war ich dabei aus dem Gebäude zu laufen, als mir jemand direkt in die Arme lief.

  Was zum Teufel ...?

  Ich sah hinunter und erstarrte. Tanya war in mich hineingelaufen.

  »Tanya?«

  Sie sah auf und lächelte.

  »Hey, Nicky-Boy!«

  Die Leute liefen an uns vorbei, aber ich brauchte erst mal einen Moment, um das hier, diese Begegnung, zu verarbeiten. Dann aber schob ich sie etwas von mir weg.

  »Was machst du hier? Du bist wieder auf dem College?«

  Tanya winkte ab. »Ich wollte dich nur besuchen. Meine Therapie ist beendet und ...«

  Darfst dich mir eigentlich nicht mehr als 25 Meter nähern.

  Aber diese Sache war jetzt eh hinfällig. Was sollte ich auch tun? Die Cops rufen?

  Ich zog sie etwas an die Seite, damit uns niemand belauschen konnte.

  »Du solltest nicht hier sein, das ist dir doch klar, oder?«, fragte ich sie und hoffte, dass sie etwas Verstand zurückerlangt hatte. Da sie aber gerade hier war, zweifelte ich sehr daran.

  »Ja, aber ich wollte dich sehen.« Sie machte einen Schmollmund. Ich seufzte. Es hatte sich nichts verändert. Sie trug wieder einen kurzen Rock, zu viel Make-up und hatte ihre Haare noch blonder gefärbt, wenn das überhaupt möglich war.

  »Tanya«, betonte ich so ruhig wie möglich. Der Schlafmangel wurde immer schlimmer, eigentlich hätte ich längst etwas essen sollen. Aber das zählte gerade alles nicht. Ich wollte zu Jill, musste sie dazu erst einmal finden ... und jetzt stand Tanya vor mir. Die Ironie dieser ganzen Geschichte war mir bewusst.

  »Dir ist doch klar, dass du etwas Falsches getan hast, oder?« Als sie nicht reagierte, sprach ich weiter. »Du hast dich in meine Wohnung geschlichen, auch wenn ich nicht mal da war. Du hast meine Sachen angezogen, sie gestohlen und ...«

  »Aber ich wollte ...«

  »Du bist in der Geschlossenen gelandet, Tanya, weil du etwas Falsches getan hast. Das muss dir doch klar sein.«

  »Ich dachte ..


  »Du dachtest, du kannst da weitermachen, wo du aufgehört hast? Tanya, ich habe mich bereits Wochen vor deinem Aufenthalt in der Klinik von dir getrennt.«

  Ihre Züge wurden härter, so als würde sie diese Aussage niemals akzeptieren können. Ich seufzte.

  »Stimmt es, dass du eine Freundin hast?«

  Woher wusste sie das jetzt schon wieder? Ich schloss kurz die Augen, um mich zu sammeln. Kelly nicht umbringen. Kelly nicht umbringen.

  Jill

  »Verdammt!«

  Ich bekleckerte meine Bluse mit einer dicken Portion Ketchup. Hier hinten würde mich sicher niemand finden, während ich eine Pause machte. Meine eigenen vier Wände konnte ich einfach nicht mehr sehen.

  Ich legte meinen Hot Dog auf die Serviette und versuchte den Fleck mit einer weiteren zu säubern. Wer Ketchup kennt, weiß welch hartnäckige Flecken das Zeug hinterlässt.

  Und da ich sowieso momentan eher schlecht auf Negatives reagierte, ließ ich es dann auch sein. Seufzend schüttelte ich den Kopf.

  Was würde wohl noch alles passieren?

  »Du hast da einen Fleck«, begrüßte Amber mich und setzte sich zu mir. Natürlich wusste sie, wo ich zu finden war. Ab und an saßen wir beide hier hinten, wenn sie Stress mit Blake oder zu Hause hatte. Ihre kleine Schwester war Autistin, ihre Mutter mit ihr allein ... da war Kummer vorprogrammiert. Jedes Mal, wenn es so weit bei ihr war, saßen wir einfach hier an unserem Baum und genossen das schöne Wetter. Wir brauchten nur wenige Worte in diesen Momenten, weil wir nicht hier waren, um über die Probleme zu reden. Wir wollten einfach ... zusammen sein.

  »Ich weiß«, murmelte ich und dann begann die Ruhe, von der ich gerade gesprochen hatte.

  Heute war es bisschen windig, und da wir uns etwas entfernt vom nächsten Gebäude befanden, war es dementsprechend menschenleer. Ein Schmetterling flog an uns vorbei. Wir beide sahen ihm lang nach.

  »Was ist los, Jill?«

  Ich schloss die Augen. Das war das erste Mal, dass einer von uns die Ruhe und Stille unterbrach.

  »Was soll los sein?«

  »Ach, komm schon«, herrschte sie mich an. »Ich hatte so viel im Kopf wegen Blake und meiner Mom und ...« Sie schüttelte den Kopf. »Darum geht es jetzt nicht. Was ist los bei dir, Jill? Was ist los bei dir und Nick?«

 

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