Love is Wild – Uns gehört die Welt (Love-is-Reihe 3): Roman (German Edition)
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Der Abend zieht sich. Alles ist perfekt, alles ist wunderschön. Es könnte nicht gemütlicher sein. Aber meine Gedanken kreisen einzig um die eine Sache. Amory. Amory sehen. Amory spüren. Amory schmecken. Amory riechen. Amory hören. Amory vögeln. Ich sehe ihre Lippen und möchte dazwischen sein. Ich sehe ihre Brüste unter ihrem Kleid und möchte dazwischen sein. Ich sehe ihre Oberschenkel, wenn sie ihre Sitzposition verändert, und möchte dazwischen sein. Und all das, während Nicky mir in dem Lexikon, das ich ihm geschenkt habe, seine Lieblingstiere zeigt.
Seth bildet sich über das Internet und murmelt immer wieder Dinge wie »Das macht doch keiner« oder »Wozu sollte ich das wollen?«, und Agatha tätschelt ihm geduldig den Arm, während sie Weihnachtspost liest.
Um halb elf hat Nicky bereits sechsmal gegähnt. Seth dreimal und Agatha viermal. Amory und ich sind bei null. In der nächsten halben Stunde erhöht sich Nickys Frequenz auf einmal alle fünf Minuten.
Seth geht noch eine Runde über den Hof, um nach den Tieren zu sehen – und um Beowulf zu zwingen, sich noch mal zu erleichtern. Als er wieder zurück ist, sagt er: »Okay, Champ, ich glaube, wir gehen mal ins Bett.« Es ist das Schönste, was ich je gehört habe.
»Aber es ist Weihnachten«, gibt Nicky zurück, doch sein Tonfall ist so träge, dass es nicht einmal als Widerworte durchgeht.
»Ich mach mich auch mal bettfertig«, kündigt Amory an, und die allgemeine Aufbruchstimmung in den ersten Stock beginnt.
In meinem Badezimmer wasche ich mir das Gesicht und putze mir die Zähne. Ich entledige mich meiner Klamotten, ziehe mir aber ein frisches T-Shirt über – nur um sicherzugehen. Ich will schließlich nicht, dass Amorys Eltern auf falsche Ideen kommen, sollten wir uns aus Versehen in die Arme laufen. Dann stelle ich mich an meine Tür und warte. Lausche. Presse mein Ohr gegen die Tür. Halte den Atem an. Ich höre Geräusche, das Knarzen von Dielen, gedämpfte Stimmen. Sind sie in Nickys Zimmer? Im oberen Schlafzimmer? Ich kann sie nicht zuordnen.
Da fällt mir etwas ein. Ich haste zu meiner Tasche und fische in einem Seitenfach nach Kondomen, stecke zwei davon in den Bund meiner Boxerbriefs. Und dann noch eins. Man kann ja nie wissen. Danach kehre ich zurück zu meinem Wachposten an der Tür.
Ich versuche, so leise wie möglich zu atmen, um kein Geräusch zu verpassen. Aber mein Herz schlägt so laut, dass es alles andere übertönt. Wie lange stehe ich schon hier? Fünf Minuten? Zehn? Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren.
Da endlich öffnet sich eine Tür und gedämpfte Stimmen dringen zu mir herein. Agatha und Seth, die endlich aus Nickys Zimmer kommen.
»Gute Nacht, Amory«, sagen sie an Amorys Tür. Dann: »Gute Nacht, Curtis!«
Ich zucke zusammen und hechte auf mein Bett. Das ist völliger Blödsinn, denn sie würden nie einfach in mein Zimmer kommen, dennoch fühle ich mich ertappt.
»Nacht«, rufe ich zurück und höre im nächsten Moment, wie sie Stufe um Stufe nach oben gehen. Kurz darauf wird eine Tür geschlossen, und die Schritte ertönen über mir.
Sofort bin ich wieder auf den Beinen, schleiche mich zu meiner Zimmertür und öffne sie so leise wie möglich. Auf Zehenspitzen durchquere ich den dunklen Flur, auf dem es immer noch nach Weihnachten duftet.
Meine Hand liegt auf dem Türknauf zu Amorys Zimmer, und ich drehe ihn. Drehe ihn langsam und spüre gleichzeitig, wie er auch von innen gedreht wird. Die Tür fliegt auf, und ich stehe ihr gegenüber. Sie grinst. Strahlt. Zieht mich hinein und schließt die Tür mit einem leisen Klicken.
»War ja klar, dass ich gewinne«, sage ich mit einem nervösen Glucksen.
»Wobei?«
»Wer zuerst bei wem auftaucht«, sage ich.
»Hätte ich gewusst, dass das ein Wettbewerb ist«, sagt sie, »wäre ich schon vor einer halben Ewigkeit bei dir gewesen.«
»Glaub mir, nicht so früh wie ich«, gebe ich zurück.
»Und ich noch ein bisschen früher.« Sie zuckt mit den Schultern, die von ihrem flauschigen Bademantel bedeckt sind.
»Ich wäre vor Monaten schon bei dir gewesen«, sage ich.
»Von wegen.«
»Doch, wäre es nach mir gegangen …« Ich schlucke und ziehe am Gürtel ihres Bademantels. »… hätten wir nicht damit aufgehört.« Ich löse die Schlaufe und öffne ihn, in Erwartung von Amorys Schlafanzug. Aber sie ist vollkommen nackt darunter. Ich gebe ein Geräusch von mir, das klingt wie ein gieriges Knurren.
»Ich fand es überflüssig, mich umzuziehen, wo ich doch wusste, dass wir uns gleich … sehen würden«, sagt sie und lässt den Bademantel von ihren Schultern zu Boden gleiten.
Ich muss einen Schritt zurücktreten, um sie anzusehen. In ihrer ganzen Pracht. Sie sieht aus wie eine Göttin. Eine weiche, warme Göttin.
Amory überbrückt den Abstand wieder, fährt mit ihren Händen unter mein T-Shirt und hebt es an, schiebt es hoch. Ich helfe ihr und ziehe es mir über den Kopf. Dann pressen wir uns aneinander, spüren Haut an Haut, Hitze an Hitze und küssen uns. Nicht wie vorhin. Nicht wild und so, als würden wir von uns selbst übermannt werden. Unsere Lippen suchen einander, finden sich. Streicheln, saugen sanft, die Zungen erkundend, erst in ihrem Mund, dann in meinem. Meine Hände kriegen nicht genug von ihrem Rücken, ihrem Nacken, ihrem Haar. Zwischen meinen Beinen schwillt mein Penis an, zuckt, zittert vor Vorfreude auf sie. Auf Amory.
»Ich mache kurz das Licht aus«, flüstert sie, als wir unseren Kuss für einen Moment unterbrechen.
Widerwillig lasse ich sie gehen, lege mich schon mal auf ihr Bett. Auf das Bett, in dem alles angefangen hat. Das, was Glück in meinem Leben bislang am nächsten gekommen ist.
Ich ziehe die Kondome aus meinen Boxerbriefs und lege sie auf Amorys Nachttisch. Dann geht das Licht aus. Der Raum ist nur noch erhellt vom blassen Schein des Mondes, doch ich sehe Amory immer noch klar vor mir. Sehe alles an ihr. Sehe sie ganz. So wie sie ist. Schön und besonders. Selbst wenn sie still ist, ist sie noch laut.
Die Matratze senkt sich, als sie zu mir gekrabbelt kommt. Ich breite meine Arme aus und nehme sie in Empfang. Sofort sind unsere Lippen wieder vereint, unsere Zungen, unsere Körper. Ich spüre ihren, als wäre es das erste Mal. Als hätte ich sie nicht bereits Dutzende von Malen gehabt. Als hätte mich nicht die Erinnerung an sie manche Nacht beinahe den Verstand gekostet.
Wir küssen uns und kugeln uns übereinander, umeinander. Mal liegt sie auf mir, dann wieder ich auf ihr. Unsere Münder sind eins, passen so gut zusammen. Doch ich will mehr von ihr. Ich will sie verschlingen und beginne ihren gesamten Körper mit Küssen und sanften Bissen zu überziehen. Sie erschaudert unter mir, und das spornt mich noch mehr an. Ich werde sie zum Rasen bringen. Zum Wimmern. Zum Stöhnen. Allein beim Gedanken daran wird meine Erektion noch größer. Ich lecke über ihre Brüste, zwischen ihren Brüsten. Beiße in ihr weiches Fleisch, küsse ihren Bauchnabel. Meine Hände kneten sie, während mein Mund weiter wandert zu ihrer Vulva. Dann umfasse ich ihre Oberschenkel, ziehe sie näher zu mir. Fahre mit der Zunge durch ihre Spalte, sauge an ihrer Klitoris. Sie schmeckt himmlisch. Sie windet sich. Sie stöhnt leise, und ich weiß, dass sie sich zurückhält, weil uns nur ein Badezimmer von ihrem Bruder trennt. Vielleicht hätte ich doch auf sie warten sollen, aber dafür ist es jetzt zu spät. Ich bin in einem völligen Rausch. Einem Amory-Rausch. Und je mehr ich von ihr bekomme, desto mehr brauche ich.
Ich kralle meine Finger in ihre Oberschenkel, ihren weichen Bauch. Ihren warmen, weichen Bauch, der das Samtigste, das Perfekteste ist, was je ein Mensch gespürt haben kann.
Aus weiter Ferne höre ich mein eigenes Keuchen, weil ich es kaum noch ertrage, nicht in ihr zu sein. Doch als ich meine Augen von ihrem Geschlecht, das ich ewig weiterlecken könnte, auf sie richte, sehe ich, dass sie bereits ein Kondom aufreißt.
Sofort bin ich wieder bei ihr, küsse sie auf den Mund, auf den Hals. Ringe, tanze mit ihrer Zunge und versuche parallel meine Boxerbriefs loszuwerden. Ich strample sie von meinen Beinen, während ich ihr noch mal vorsichtig in die Brust beiße. Sie bäumt sich auf.
»Komm endlich«, flüstert sie und streift mir gekonnt das Kondom über. Ihre Berührung an meinem Penis macht, dass
ich fast platze vor Lust auf sie.
Ich positioniere mich über ihr, sehe sie an, ihr wunderschönes Gesicht, ihren blassen Körper, von dem es niemals genug geben kann, und dringe in sie ein. Mit einer langsamen Bewegung, die ihr ein Keuchen entlockt.
»Gott im Himmel«, sage ich, weil ich schon fast vergessen hatte, wie es ist, in Amory zu sein. Ich ziehe mich zurück und stoße noch einmal in sie. Fester diesmal. Sie beißt sich auf die Unterlippe, keucht erneut. Ihre Finger sind auf meinem Rücken, die Fingernägel schneiden auf betörende Weise in meine Haut.
»Du … hast mir … gefehlt«, sage ich, und bei jedem Wort bewege ich mich in ihr. Vor und zurück. Vor und zurück. Mein Gesicht vergrabe ich an ihrer Halsbeuge, zwischen ihren Brüsten. Was auch immer ich von ihr kriegen kann. Ich will es. Will es so sehr. Will das Feuchte, Warme, Weiche. Will sie um mich. Will sie überall.
»Das hier … hat mir … gefehlt.« Jeder Stoß in sie ist wie eine Erlösung, sich zurückzuziehen eine süße Qual.
»Tiefer«, raunt sie. »Mehr.«
Und sie bekommt alles, was wie möchte. Ich gebe ihr, was ich kann. Und ich weiß genau, wie sie es will. Ihre Brüste wogen unter meinen Bewegungen, ihr Atem wird zu einem leisen Stöhnen, wird zu meinem leisen Stöhnen, während wir uns wieder in einem Kuss verlieren.
Tiefer und tiefer, weiter und weiter. Ein Rückzug, um dann noch heftiger, noch fester in ihr zu sein. Ich will in ihr versinken. Mich in ihr verlieren. Spüre, wie sich alles, was ich imstande bin zu geben, in meinen Lenden sammelt. Wie sich mein gesamter Körper zusammenzieht, ich mich innerlich verkrampfe auf eine Weise, die so süß ist, dass sie beinahe schmerzt. Ich stoße und stöhne. Sie kommt mir mit ihrem Becken entgegen. Ich weiß nicht mehr, welche Geräusche ihre sind und welche meine. Ich komme so heftig, als wäre es das erste Mal in einer Frau, höre jedoch nicht auf, mich zu bewegen, bis ich spüre, dass auch Amory sich um mich herum zusammenzieht. Immer wieder, bis sie sich ein Kissen aufs Gesicht drückt und ein letztes erleichtertes Stöhnen ausstößt.
33
Amory
Curtis zieht mir das Kissen vom Gesicht, in das ich meinen Orgasmus geschrien habe, um meinen Bruder nicht zu wecken.
»Ich will dich sehen«, sagt er, während er immer noch auf mir und in mir ist.
Seine Worte berühren mich, und ich schlinge meine Arme um ihn. In diesem Moment wird mir bewusst, wie sehr Richards Kritik an meinem Selbstwertgefühl genagt hat. Früher hätte mich so eine Aussage nicht überrascht.
Curtis rollt sich von mir herunter, tastet auf meinem Nachttisch nach einem Taschentuch, um das Kondom darin zu entsorgen. Dann stützt er sich auf den Ellenbogen und beginnt mit der anderen Hand sanfte Kreise auf meinem Körper zu zeichnen.
»Ich liebe deine Haut«, sagt er und küsst mich auf meine Rippen unterhalb der Brüste. »Es gibt nichts, was ich lieber fühle.«
Mir entfährt ein Kichern, und ich bedecke mein Gesicht mit den Händen.
»Darf ich meinen Kopf auf deinen Bauch legen?«, fragt er, und mir fällt auf, dass er vorsichtiger wirkt als beim letzten Mal, als wir zusammen waren. Richtig zusammen. Nackt und eng umschlungen. Es ist, als wolle er meine Grenzen neu kennenlernen.
»Natürlich«, sage ich.
Ich lasse meine Finger durch seine Haare wandern, streiche sanft über seine Schläfe. Sein Atem kitzelt leicht meinen Bauchnabel, mit dem Daumen fährt er über meinen Oberschenkel.
»Ich glaube, langsam verstehe ich, warum ihr alle so scharf auf Weihnachten seid«, sagt Curtis.
»Es ist einfach magisch.«
»Das ist es.«
Das Gewicht seines Kopfs auf meinem Bauch macht mich ganz ruhig. Und froh.
»Verrückt«, sage ich.
»Was ist verrückt?«
»Dass du so wild auf mich bist. Und andere es nicht waren«, füge ich etwas leiser hinzu.
»Das Verrückte ist, dass andere es nicht waren. Wild auf dich ist man per default, Amory.«
»Du bist süß.«
»Das ist nicht süß. Das ist die Natur der Sache.« Er beißt mich liebevoll in den Bauch. »Ich habe es ernst gemeint, als ich gesagt habe, dass du keine Fehler hast.«
»Blödsinn«, sage ich und ziehe ihn leicht an den Haaren.
»Ist es nicht. Dafür habe ich die doppelte Menge abbekommen. Im Durchschnitt sind wir also normal.«
»Was für ein Quatsch! Erstens bist du ein toller Mensch, und zweitens würden mir sofort Hunderte von Fehlern an mir selbst einfallen. Das bedeutet nicht, dass ich mich weniger mag. Oder zumindest bedeutet es nicht, dass ich mich nicht wieder mögen werde. Aber ich leugne sie auch nicht. Jeder hat Fehler, Curtis.«
»Jeder hat Besonderheiten «, korrigiert er mich. »Und für manche sehen sie aus wie Fehler. Das sind die Leute, von denen man sich fernhält. Die Richards eben.«
»Also gut, dann hast du aber auch nur die doppelte Menge Besonderheiten.«
»Besonderheiten und Fehler schließen sich nicht aus. Ich habe von beidem reichlich. Glaub mir.«
»Also gut, dann sag mal: Was ist für dich das eine und was das andere?« Meine Finger wandern über seine Schulter, und ich spüre, wie sich unter meiner Berührung eine Gänsehaut bildet.
»Dass du laut lachst, ist eine Besonderheit. Eine schöne noch dazu. Dass dein Körper so weich ist, dass man darin versinken will: Besonderheit. Dass du besessen von einer Country-Sängerin bist: Besonderheit. Dass du dir nichts sagen lässt und in jedem Moment genau das tust, was du möchtest: Besonderheit.«
Fast will ich schnauben. Denn so habe ich mich früher auch gesehen. Bevor mein Selbstwertgefühl von gesäten Zweifeln angegriffen wurde. Und ich verstehe: Es ist leichter, mit sich selbst im Reinen zu sein, als mit sich selbst ins Reine zu kommen.
»Ständig in Schlägereien zu geraten: Fehler. Zu viel zu trinken: Fehler. Keine Gefühle zu haben: Fehler. Ein Mensch zu sein, mit dem es auf Dauer niemand aushält: Fehler.«
Es schnürt mir die Kehle zu, ihn so sprechen zu hören. »Ich halte es mit dir aus«, sage ich. »Sehr gern sogar.«
»Das sagst du jetzt«, erwidert er. »Gib der Sache noch ein bisschen Zeit.«
»Curtis!«
»Nein, lass. Das ist in Ordnung. Wirklich. Du musst es nicht beschönigen, damit ich mich besser fühle. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht einmal, dass ich mich besser fühlen kann als in diesem Moment. Also alles gut.«
Ich will gerade ansetzen, ihm noch mal zu widersprechen.
»Bitte«, sagt er, »lass es. Erzähl mir lieber was.« Mit diesen Worten dreht er sich um und bettet seinen Kopf so, dass er mich nun ansehen kann. Mit dem Finger zeichnet er die Umrisse meiner Brüste, meiner Brustwarzen nach.
»Was willst du hören?«, frage ich, während er seine Berührungen intensiviert und damit in meinem Innern erneut diese kribbelige Wärme entfacht, die – das wird mir gerade klar – mit Richard einfach Lust auf Sex war. Mit Curtis ist sie Lust auf Sex mit ihm.
»Was über dich. Über deine Besonderheiten.«
Ich lache leise. »Ich habe dich heute beobachtet«, sage ich. »Dein Gesicht. Den ganzen Tag. Und es sah nicht so aus, als hättest du keine Gefühle, wenn ich ehrlich bin.«
»Wie sah es denn aus?«, fragt er mit einem leisen Glucksen.
»Manchmal traurig, manchmal glücklich. Manchmal so entspannt, wie ich dich fast noch nie gesehen habe.«
»Ich alter Softie«, sagt er, und ich höre das Grinsen in seiner Stimme.
»Ich fand’s schön.«
»Ich glaube, ich auch.« Er klingt beinahe überrascht.
Und dann sprechen wir nicht mehr, sondern kommen uns wieder näher und noch näher. Reiben unsere Körper aneinander, küssen uns – an allen Stellen, die unsere Münder erreichen können. Mit jedem von Curtis’ Küssen verschwindet etwas von der Unsicherheit, die die letzten Monate in mir zurückgelassen haben. Mit jedem seiner Küsse werde ich wieder mehr zu mir. Nicht weil meine Selbstwahrnehmung von außen abhängig ist, sondern weil ich mit jeder Berührung wieder mehr zu mir selbst finde. Mehr zu dem Glauben zurück, dass ich gut genug bin. Stark genug. Schön genug. Sein Gesichtsausdruck, wenn er in m
ich eindringt, spiegelt Ehrfurcht vor mir und meinem Körper. Für ihn ist es ein Privileg, keine lästige Pflicht. Und ich merke, wie ich mit ihm komme und mit ihm heile. Noch zwei weitere Male.
»Ich glaube, ich gehe dann mal wieder in mein Zimmer«, sagt Curtis. Mein alter Radiowecker zeigt halb fünf Uhr morgens an.
»Bleib doch«, schlage ich vor. Ich möchte nicht, dass er geht. Würde gerne neben ihm aufwachen.
»Aber deine Eltern …«
»Glaub mir, wir sind aus dem Alter raus, in dem sie etwas dagegen haben, dass ich Jungs mit in mein Zimmer nehme.«
»Aber sie sind so großzügig zu mir. Ich will nicht, dass sie einen falschen Eindruck bekommen.«
»Was wäre denn ein falscher Eindruck?«, frage ich und verschränke unsere Finger ineinander.
»Dass ich keinen Respekt habe oder so was, schätze ich.«
»Dann komme ich eben mit in dein Zimmer.«
»Amory!«, sagt er leicht tadelnd, doch ich sehe, dass er lächelt. Und da er sich nicht weiter wehrt, ziehe ich mir meinen Bademantel über und schleiche auf Zehenspitzen hinter ihm her und in sein Zimmer.
Wir kuscheln uns unter seine Decke, umklammern uns, rücken so dicht zusammen wie irgend möglich und schlafen langsam ein – in völliger Ahnungslosigkeit, wo der eigene Körper aufhört und der des anderen anfängt. In dieser Nacht und in den folgenden sind wir eins.
»Komm mit unter die Dusche«, schlägt Curtis am Silvestermorgen vor. Er steht splitterfasernackt im Zimmer. Normalerweise schleiche ich mich in mein Zimmer zurück und dusche im angrenzenden Bad.
»Was ist aus der Sorge geworden, erwischt zu werden?«, frage ich grinsend. Curtis so vor mir zu sehen, hoffnungsvoll, mehr als bereit für mich, verursacht eine Glücksexplosion in mir.
»Wenn ich ehrlich bin, habe ich inzwischen noch größere Angst davor, keinen Sex mit dir zu haben.« Er sagt das einfach so, als wäre es das Normalste auf der Welt. Als hätte es keine Bedeutung. Ich strecke meine Hand nach ihm aus, will, dass er zurück ins Bett kommt. Er beugt sich zu mir und küsst mich. So, dass es kein Zurück mehr gibt.