Feel Again

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Feel Again Page 15

by Mona Kasten


  »Was?«, fragte Dawn laut.

  »Verräter«, zischte ich.

  Isaac grinste bloß, stellte die vollen Gläser auf ein Tablett und brachte sie zu den Gästen an einem der Tische.

  Ich ging weiter auf die Suche nach der Schraube. Irgendwo musste dieses verdammte Ding doch sein. Langsam begann das Eis zu schmelzen, ganz zu schweigen von den Seitenwänden des Fachs, die völlig zugeeist waren, weil die Klappe nicht mehr richtig schloss.

  »Du hast Isaac nackt fotografiert?«, fragte Dawn nach einer Weile.

  »Wenn du die Bilder sehen willst, petze ich es Spencer.«

  »Der hat damit kein Problem, glaub mir. Manchmal gucken wir uns zusammen Fanvideos von One Direction an und führen ernsthafte Diskussionen darüber, wer am heißesten ist.«

  »Ihr seid so komisch.«

  »Ich weiß.«

  Ich blickte kurz hoch und sah sie verträumt grinsen.

  Es überraschte mich selbst, wie sehr ich mich darüber freute, dass sie glücklich war.

  »Ich will die Bilder von Isaac trotzdem sehen«, sagte sie unvermittelt.

  »Erst, wenn sie fertig sind. Vorher nicht.«

  »Werden sie auch ausgestellt? So wie die mit den Klamotten gerade? Die sind übrigens der Hammer.«

  »Danke, Dawn«, sagte ich, während ich meine Hände ausschüttelte und mit den Fingern wackelte, damit sie wieder durchblutet wurden. »Kommt drauf an, ob sie meiner Dozentin gefallen oder nicht.«

  »Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen.« Sie lächelte mich aufmunternd an, bevor sie ihre Kopfhörer aufsetzte und anfing, konzentriert in die Tasten zu hauen.

  Isaac kam währenddessen zurück an den Tresen und stellte sein Tablett ab.

  »Sorry, dass ich bisher keine große Hilfe war.« Ich deutete auf die Klappe. »Ich habe die verdammte Schraube noch immer nicht gefunden.«

  »Lass mich mal«, sagte er und kniete sich neben mich. Ich zog meine Hände aus dem Kühlfach.

  »Verdammt, Sawyer, deine Finger sind schon ganz blau.« Isaac sah mich erschrocken an. Er stand auf und griff unter meine Arme, um mich hochzuziehen. Mit einer Hand auf meinem Rücken schob er mich zur Spüle. Er drehte den Wasserhahn auf und prüfte die Temperatur, bevor er vorsichtig meine Hände darunter führte.

  »Du tust so, als müsstest du gleich den Krankenwagen rufen«, sagte ich schmunzelnd.

  Er schwieg und begann, meine Finger sanft unter dem lauwarmen Wasserstrahl zu massieren. Allmählich kehrte das Gefühl zurück. Ich zuckte zusammen. Autsch. Es fühlte sich an, als würden Tausende kleiner Nadeln in meine Fingerkuppen dringen. Ich wollte mich seinem Griff entziehen, aber Isaac ließ mich nicht los.

  Ich seufzte resigniert und sah an ihm hoch. Seine Locken waren genau so, wie sie sein mussten – wild, aber nicht zu wild. Die Tatsache, dass ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn ich meine Finger in ihnen versenkte, ließ meine Wangen warm werden. Ich betrachtete sein Gesicht, die Konzentration in seinen Augen, seine Nase, seine Wangenknochen. Er hatte eine Stelle an seinem Kiefer beim Rasieren ausgelassen. Am liebsten hätte ich mich auf die Zehenspitzen gestellt, um sie mit der Zunge nachzufahren.

  In dem Moment drehte er leicht den Kopf. Als hätte er meine Gedanken gelesen, ging sein Blick zu meinem Mund und verharrte eine Sekunde zu lang dort. Er betrachtete mich genauso innig wie ich ihn zuvor und schien mein Gesicht Zentimeter für Zentimeter in seine Gedanken aufzunehmen.

  Die kreisenden Bewegungen an meinen Fingern wurden langsamer, doch seinen Blick spürte ich überall. Besonders zwischen meinen Schenkeln.

  In der nächsten Sekunde platzte Al durch die Schwingtür. Isaac und ich zuckten zusammen und rissen die Köpfe herum.

  »Ist mit dem Eisfach wieder alles in Ordnung?«, fragte er. Als er uns vor der Spüle stehen sah, furchte er die Stirn. »Alles okay?«

  Ich entzog Isaac meine Hände und drehte den Hahn wieder zu. »Ja, Isaac sorgt sich nur um das Wohlergehen meiner Hände.«

  »Guter Junge. Also, soll ein Techniker kommen, oder bekommt ihr das wieder hin?«, fragte er ungeduldig.

  »Ich bekomme das hin«, sagte Isaac schnell.

  Ich nickte und lehnte mich rücklings gegen die Arbeitsfläche. Al verschwand wieder nach hinten. Ich spürte Isaacs Blick auf mir, wich ihm aber geflissentlich aus. Stattdessen machte ich mich daran, die schmutzigen Gläser zu spülen, die Isaac von den Tischen geräumt hatte.

  KAPITEL 14

  Zu sagen, dass Amanda und ich uns vor dem Cooper-Debakel gemocht hatten, wäre übertrieben gewesen. Wir hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt und uns die meiste Zeit ignoriert. Seit sie allerdings das Bild auf meinem Laptop gesehen hatte, machten sie und ihre beiden Freundinnen mir jeden Montag aufs Neue die drei Stunden in Robyns Kurs zur Hölle.

  Sie setzten sich immer in die Reihe direkt hinter mir und kommentierten alles, was ich tat, mal mehr und mal weniger laut. Sie waren so offensichtlich in dem, was sie taten, dass nicht nur der eine Kerl neben mir, sondern sogar Robyn mich darauf angesprochen und mir empfohlen hatten, mich wegzusetzen. Aber diese Genugtuung wollte ich ihnen nicht geben. Sollten sie sich doch weiter kindisch verhalten. Ich stand darüber.

  Während Robyn vorne irgendetwas anhand einer Präsentation erklärte, öffnete ich den »UNBEDINGT«-Ordner in meinem »Grant Isaac Grant«-Ordner und klickte mich langsam durch die Bilder. Ich war ziemlich nervös, weil ich sie Robyn heute zum ersten Mal zeigen wollte und nicht einschätzen konnte, wie sie sie finden würde. Dass sie technisch gesehen einwandfrei waren, wusste ich. Ich hatte eher die Sorge, dass Robyn meine Befürchtungen teilte und man Isaac seine Verwandlung nicht abnahm.

  »Guck mal«, flüsterte Amanda so laut, dass ich die Augen verdrehte.

  Ihre Freundin flüsterte genauso laut zurück. »Das ist der komische Typ, der Madison mal angemacht hat, weißt du noch?«

  »Ach, der.« Amanda lachte leise. »Der hat ›Jungfrau‹ quer über seiner Stirn geschrieben.«

  Ich fuhr herum und sah sie wütend an.

  »Oh«, machte Amanda. »Wohl nicht mehr.«

  Die drei kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Mit zusammengebissenen Zähnen drehte ich mich wieder um und konzentrierte mich auf meine Bilder.

  Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis Robyn alle Reihen durchhatte und zu mir kam. Ausgerechnet heute hatte sie hinten angefangen, aber wenigstens war Amandas Reihe schon dran gewesen, und sie und ihre Freundinnen hatten danach den Seminarraum verlassen dürfen.

  »So, dann zeig mal«, sagte Robyn freundlich. Sie zog sich einen Stuhl an meinen Tisch und ließ sich breitbeinig darauf nieder, beide Arme auf die Lehne gestützt.

  Ich öffnete die Bilder in der Reihenfolge, wie ich sie mir für das Projekt überlegt hatte. Dann schob ich Robyn den Laptop zu, damit sie sich selbst ein zweites Mal und mit ihrer eigenen Geschwindigkeit durchklicken konnte. Ab und zu runzelte sie die Stirn oder machte ein Brummgeräusch. Als sie fertig war, schob sie den Laptop zurück zu mir. Sie legte die gefalteten Hände an ihre Lippen und sah mich an.

  »Sie gefallen dir nicht«, sagte ich tonlos.

  Sie holte Luft und ließ die Hände wieder sinken. »Das ist es nicht. Sie sind nur …« Sie machte eine Grimasse und lehnte sich wieder über die Lehne, um die Bilder noch ein weiteres Mal durchzugehen. »Sie sind gestellt. Dein Model weiß, dass es fotografiert wird, und das merkt man. Ich kaufe ihm nicht ab, dass er ein cooler Typ ist, nur weil ihr hier an einer tollen Location steht und er eine Lederjacke trägt.« Sie deutete auf besagtes Bild. »Guck dir doch mal an, wie steif und gestellt das aussieht.«

  Ich senkte den Blick auf meine Hände. Nervös fing ich an, an meinem schwarzen Nagellack rumzupuhlen, der schon an manchen Stellen abgeblättert war.

  »Hast du auch andere Ansätze?«, fragte sie und schloss die Datei.

  Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich wollte eine Verwandlung zeigen und die Vorher-Nachher-Bilder als krassen Kontrast nebeneinanderstellen.«

  »Ich verstehe die Botschaft. A
ber die Bilder sind nicht echt genug. Ich spüre nichts hier drin.« Sie klopfte sich mit der flachen Hand auf den Brustkorb. »Das tue ich bei deinen Bildern sonst immer.«

  Ich biss mir auf die Unterlippe. Je länger ich mir die Bilder ansah, desto bescheuerter kam ich mir vor. Robyn hatte recht. Isaac wirkte wirklich steif. Ich hatte ihm all das aufgedrängt – nichts davon war seine Idee gewesen. Und das sah man. Gerade jetzt, wo ich ihn so viel besser kennengelernt hatte, kamen mir die Bilder noch viel dämlicher vor.

  »Vielleicht wäre es ganz gut, wenn du noch mal etwas anderes ausprobierst. Meinetwegen auch mit einem anderen Model. Manchmal hat man einen tollen Ansatz, der aber in der Umsetzung nicht so wirkt, wie man es sich eigentlich vorgestellt hat«, erklärte Robyn.

  Ich konnte nur entmutigt brummen.

  »Du bekommst das hin«, sagte sie zuversichtlich und nickte mir noch einmal freundlich zu, bevor sie sich erhob und mich mit meinem Laptop und den Bildern allein ließ.

  Eins nach dem anderen ging ich die Bilder noch mal durch und wurde dabei immer ratloser. Ich hatte so viel Arbeit in dieses Projekt gesteckt. Isaac hatte alles mitgemacht, sich auf jeden Vorschlag von mir eingelassen – und jetzt? Sollte ich zu ihm gehen und verkünden, dass sich die Sache erledigt hätte und ich mich auf die Suche nach einem anderen Model begeben würde? Dass er ab sofort wieder Hosenträger und Fliegen tragen sollte und unser Deal der Vergangenheit angehörte?

  Nein. Ich konnte nicht einfach nach jemand Neuem suchen. Ich glaubte an das Projekt, denn es gab Momente, in denen ich Isaac fotografierte und es sich vollkommen richtig anfühlte. Ich brauchte einfach mehr solcher Momente.

  Aber in erster Linie brauchte ich jetzt Isaacs Meinung.

  Nach einem kurzen Zwischenstopp im Wohnheim, wo ich meine Kamera holte, machte ich mich auf den Weg zu Isaac. Die Haustür stand offen, und so konnte ich direkt durchs Treppenhaus zu seiner Wohnung durchgehen. An der Tür stutzte ich. Italienische Musik dröhnte in den Flur, begleitet von so lautem Gebrüll, dass ich mich einen Moment lang fragte, ob ich womöglich vor der falschen Wohnung stand. Ich warf einen Blick auf das Klingelschild. Nein, ich war richtig. Ich drückte auf den Knopf. Als nach einer geschlagenen Minute keiner aufmachte und die Musik noch lauter wurde, schlug ich mit der Faust gegen die Tür.

  Isaac öffnete. Er sah aus, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen.

  »Was machst du denn hier?«, fragte er atemlos.

  »Hi. Ich wollte …« Ohrenbetäubendes Grölen unterbrach mich. Stirnrunzelnd sah ich an Isaac vorbei in den Flur. Jacken und Schuhe lagen wild verstreut auf dem Boden, dazwischen Kleidungsstücke, die eindeutig einer Frau gehörten. Außerdem konnte ich eine getrocknete Rose, eine Schneekugel und ein Plüschherz ausmachen. Fragend blickte ich Isaac an.

  »Regina hat sich wieder von Gian getrennt«, sagte er und trat beiseite, damit ich reinkommen konnte. »Ich kam nach Hause, da war er stockbesoffen und hat ihren ganzen Kram durch die Wohnung geschmissen. Er dreht total durch.«

  Im Flur war die Musik so laut, dass ich dem Drang widerstehen musste, mir die Ohren zuzuhalten.

  »Was hat sie mit ihm gemacht?«, fragte ich laut, um die Musik zu übertönen.

  »Ich weiß es nicht. Sie muss …« Seine restlichen Worte gingen unter, als Gian begann, voller Inbrunst das Eros-Ramazzotti-Lied, das aus dem Lautsprecher kam, mitzusingen. Oder besser gesagt: zu schreien.

  Eigentlich hatte ich Isaac von meinem Gespräch mit Robyn erzählen und ihn nach seiner Meinung zu den Bildern fragen wollen. Doch das konnte warten. Stattdessen machte ich einen Schritt auf die geschlossene Wohnzimmertür zu, unsicher, ob ich mich auf das, was mich dahinter erwarten würde, freuen oder mich davor fürchten sollte.

  »Wenn du da reingehst, dann ist es auf eigene Gefahr«, rief Isaac mir noch hinterher, doch ich hatte die Tür schon aufgestoßen.

  Gian stand auf dem Wohnzimmertisch. Er war oberkörperfrei, sein Shirt trug er wie einen Turban verknotet um seinen Kopf. In einer Hand hielt er eine halb geleerte Weinflasche, die er als Mikrofon benutzte.

  Ich sah mich nach der Anlage um und wollte gerade hingehen, um den Ton leiser zu stellen, da packte Isaac mich am Arm.

  »Als ich das versucht habe, hat er eine leere Flasche nach mir geworfen«, sagte er laut und deutete auf einen Berg dunkler Scherben, der vor dem Tisch lag, auf dem der Fernseher und die Anlage standen. Ich hob die Augenbrauen. Isaac hatte nicht übertrieben, als er gesagt hatte, dass sein Mitbewohner durchdrehte.

  Gian tanzte und schunkelte währenddessen weiter auf dem Tisch. Er hatte die Augen geschlossen und gab eine herzzerreißende italienische Ballade zum Besten, von der ich kein einziges Wort verstand. Ich ging zu ihm und zupfte am Stoff seiner Jeans.

  Er sah zu mir hinunter. »Bella!«, sagte er laut und prostete mir mit dem Wein zu.

  »Hey, Gian!«, rief ich über die Musik hinweg.

  »Komm und tanz mit mir!« Er legte den Kopf in den Nacken und setzte die Flasche erneut an.

  Ich dachte nicht lange darüber nach, sondern stieg zu ihm auf den Tisch.

  »Jaaa!«, rief er und drückte mir die Flasche in die Hand. Als der Refrain des Liedes einsetzte, brüllte er mit voller Kraft los. Ich hielt die Weinflasche hinter mich in der Hoffnung, dass Isaac den Wink verstand. Einen kurzen Moment später nahm er sie mir ab.

  »Was ist passiert?«, fragte ich Gian laut.

  Er hob nur die Hand und schüttelte den Kopf. Mit dem anderen Arm zog er mich an sich und fing an, mit mir auf dem Tisch zu tanzen. Es war ein Wunder, dass wir dabei nicht auf den Boden krachten, so nah wie wir dem Rand ein paarmal kamen.

  Als das Lied vorbei war, lehnte ich mich ein Stück von ihm weg und legte die Hände an sein Gesicht, damit er mich ansah. Seine braunen Augen waren blutunterlaufen.

  »Wie viel hast du getrunken?«, fragte ich.

  Er hob Daumen und Zeigefinger und rieb sie grinsend aneinander. »Solo un pochino.«

  »Was ist denn passiert, Gian?«, fragte ich und hielt sein Gesicht fest, damit er nicht wegsah. Rote Flecken hatten sich auf seinem Hals und seinem Oberkörper gebildet. Sein Gesicht war von einer Schweißschicht bedeckt. Er sah überhaupt nicht gut aus. Eher so, als würde er sich jeden Moment übergeben oder umfallen.

  »Io non voglio parlare«, sagte er. »Noch nicht.« Er ließ seinen Kopf nach vorne auf meine Schulter fallen. Ich tätschelte seinen Hinterkopf und fand Isaacs Blick. Er sah besorgt, überrascht und amüsiert aus – alles auf einmal.

  »Komm, Gian«, sagte er und griff nach seinem Arm. »Ich helfe dir runter.«

  Gian strauchelte, und einen Moment lang hatte ich Angst, dass er stürzen und er und Isaac in den Scherben landen würden. Aber er schaffte es heil vom Tisch und mit Isaacs Hilfe auf die Couch.

  »Sawyer«, murmelte er mit geschlossenen Augen und klopfte neben sich. Ich setzte mich neben ihn, und sofort ließ er sich zur Seite fallen. Sein Kopf landete auf meiner Schulter und ein Arm über meinem Bauch.

  Isaac nutzte die Gelegenheit und schaltete schnell die Musik aus. Ich atmete auf. Endlich.

  Gian schien es gar nicht zu bemerken.

  »Was ist mit Regina und dir?«, fragte ich.

  Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Isaac in der Küche verschwand und kurz darauf mit einem Handbesen zurückkam. Er fing an, die Scherben aufzufegen.

  »Ich hab es wirklich versucht. Aber …« Gian erschauerte.

  Ich erinnerte mich an das, was Isaac mir über Reginas und Gians Beziehung erzählt hatte.

  »Was hast du versucht?«, fragte ich.

  »Sie hat gesagt, dass sie mich liebt, aber dass sie noch jung ist und Sachen ausprobieren möchte.« Ich musste mich anstrengen, um zu verstehen, was er da an meiner Schulter lallte. »Sie wollte einen Dreier. Ich aber nicht. Also haben wir einen Kompromiss gesucht.«

  »Was für einen Kompromiss?«

  »Sie wollte …« Er verstummte.

  »Was wollte sie?«, hakte ich nach.

  Gian antwortete nicht.


  »Komm schon, Gian.«

  Er stieß die Luft aus. »Sie wollte, dass ich ihr beim Sex zusehe. Mit einem anderen Mann.«

  Ich starrte ihn an. »Sag nicht, dass du das gemacht hast.«

  Er stöhnte. »Was hatte ich denn für eine Wahl? Ich liebe sie.«

  »Du hattest die Wahl, ihr zu sagen, dass sie zur Hölle fahren soll.«

  Er atmete stockend ein. »Du verstehst das nicht.«

  »Scheiß auf Regina«, sagte Isaac plötzlich laut. »Sie ist es nicht wert.«

  Ruckartig löste Gian sich von mir. »Scheiß auf dich, Isaac. Du mochtest sie schon die ganze Zeit nicht.«

  »Aus gutem Grund, wie man sieht«, erwiderte Isaac trocken.

  »Du kannst das nur sagen, weil du keine Ahnung hast, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein.«

  Etwas Dunkles flackerte in Isaacs Augen auf. Wortlos drehte er sich um und ging mit der Schaufel voller Scherben in die Küche. Kurz darauf schepperte und klirrte es laut.

  Gian schluckte schwer. »Shit. Ich bin ein Arschloch.«

  »Und was für eins«, stimmte ich ihm zu.

  »Danke«, murrte er.

  »Aber mal ehrlich: Deine Ex hat sie nicht mehr alle. Hör auf, dir diesen Scheiß anzutun, und vergiss sie.«

  »Ich wünschte, ich könnte«, murmelte er so leise, dass ich mir ziemlich sicher war, dass er es mehr zu sich selbst als zu mir gesagt hatte.

  Nach einer Weile hob er seinen Kopf und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Sawyer, ich muss dir was beichten.«

  »Was?«, fragte ich.

  »Es könnte sein, dass ich doch ziemlich viel getrunken habe.«

  Meine Mundwinkel zuckten. »Was du nicht sagst.«

  »Doch, wirklich. Und das mit der Flasche und Isaac … Das war ein Versehen. Er wollte die Musik ausmachen, ich bin zu ihm rum«, er simulierte die Bewegung, »und dann ist sie aus meiner Hand gerutscht und mit voller Wucht gegen die Wand.« Er ahmte eine Explosion mit den Händen nach.

  »Ist ja nichts passiert«, sagte ich beruhigend. »Isaac lebt noch.«

  Er machte Anstalten, aufzustehen, hielt aber in der Bewegung inne und ließ sich wieder zurück auf die Couch fallen. »Shit. Ich kann nie wieder in meinem Bett schlafen.«

 

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