Feel Again

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Feel Again Page 30

by Mona Kasten


  Das war so typisch Isaac. Jeder andere hätte nicht die Geduld, aber er tastete sich vorsichtig nach vorne. Als wäre ich ein verängstigtes Tier, das er nicht verscheuchen wollte, indem er zu schnell auf es zuging.

  »Es war toll. Die Galerie ist der Wahnsinn. Sie haben sogar Bilder von Emmett Glasbury. Das ist einer der größten und besten Fotografen der Gegenwart, und anscheinend war Robyns Freundin Pat seine Lehrerin, was unfassbar ist, weil sie keinen Tag älter als vierzig aussieht, und …« Ich unterbrach mich selbst und biss mir auf die Lippe.

  »Und?«, fragte er sanft.

  Ich schluckte schwer. »Es war ein … guter Abend.«

  Er sah wieder an sich hinab. »Was jetzt? Socken oder Brille?«

  »Die Brille ist doch kein Kleidungsstück!«

  Er nickte. »Ist sie wohl.«

  »Spielverderber.«

  Ich genoss das hier mehr, als ich sollte. Vielleicht war es der Alkohol. Vielleicht aber auch die Angst, dass dieser Abend der letzte sein könnte, an dem wir so unbeschwert miteinander umgingen. Wenn ich ihm erst einmal gesagt hatte, dass ich das Projekt nicht länger mit ihm machen wollte, und er daraufhin keinen Sinn mehr darin sah, Zeit mit mir zu verbringen – dann war es vorbei.

  Isaac nahm seine Brille ab und legte sie auf den Wohnzimmertisch. Er sah mich aus funkelnden Augen an. Kurz darauf griff er nach dem Saum seines Shirts. Ich hielt den Atem an, als er es über seinen Kopf zog und es zu seiner Jacke auf den Boden warf.

  Ich seufzte leise. Zum einen, weil ich einfach nicht genug von seinem Anblick bekommen konnte, und zum anderen, weil ich auf eine seltsame Art und Weise stolz auf ihn war. Dass er das hier tat und mir dabei fest in die Augen sah, zeigte deutlich, dass er seine Unsicherheit zu großen Teilen überwunden hatte. Er hatte es verstanden.

  Als er sich nach vorne beugte, um sich ein weiteres Glas einzuschenken, bewunderte ich die Muskeln an seinem Arm und seinem Bauch. Meine Finger fingen zu kribbeln an. Ich wollte ihn berühren.

  »Ist irgendetwas mit deiner Dozentin vorgefallen?«

  Ich riss den Blick von seinem Körper und sah ihn an. Das war der Moment. Ich musste es ihm sagen. Jetzt. Weil ich es sonst gar nicht machen und früher oder später daran kaputtgehen würde.

  »Sie hat mir …« Meine Stimme versagte. Ich räusperte mich und versuchte, mich zusammenzureißen. Der Alkohol hatte mich noch verwirrter gemacht, als ich es ohnehin schon gewesen war. »Sie hat mir angeboten, ein neues Abschlussprojekt mit mir auszuarbeiten.«

  Isaac erstarrte mit dem Glas an seinen Lippen. Langsam ließ er es sinken. Ich konnte sehen, wie es hinter seinen Augen arbeitete. Einen Moment lang wirkte er, als hätte er sich verhört. Dann furchte er die Stirn. »Ein neues Abschlussprojekt?«, fragte er.

  Der Kloß in meiner Kehle wurde größer. Ich konnte bloß nicken.

  »Was … was soll das heißen?«, fragte er.

  »Wir können so nicht weitermachen, Isaac«, flüsterte ich.

  Sein Kiefer spannte sich an. Er öffnete den Mund, hielt sich dann aber zurück und schüttelte nur den Kopf.

  »Du weißt, dass es so nicht weitergehen kann«, sagte ich leise.

  Er sah mich ausdruckslos an. Seine Stimme war völlig ruhig, als er sagte: »Wann wolltest du mir das denn mitteilen? Bevor oder nachdem ich mich komplett ausgezogen habe?«

  Es wäre mir lieber gewesen, wenn er mich angeschrien hätte.

  »Ich möchte bloß Schlimmeres verhindern«, krächzte ich. Er sah mich an, als wäre ich eine Fremde. Ein schmerzhaftes Stechen machte sich in meinem Bauch breit. »Ich wollte dir schon Freitagmorgen sagen, dass das so nicht weitergehen kann, aber …«

  »Freitagmorgen«, unterbrach er mich tonlos. »Du wolltest mir am Morgen, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, sagen, dass du dir ein neues Abschlussprojekt suchst.«

  »Ich weiß nicht, wie du dir das vorstellst.« Kopfschüttelnd sah ich an ihm hoch. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Sein Gesicht war eine undurchdringliche Maske, einzig das Flackern in seinen Augen verriet, dass ihm meine Worte wehtaten. »Ich kann meinen Teil unserer Abmachung so nicht einhalten. Es tut mir wirklich leid, aber ich kann dir nicht beibringen, wie man Mädchen rumkriegt, und dir dann auch noch dabei zuschauen.«

  Er machte zwei lange Schritte auf mich zu. »Glaubst du wirklich, dass es mir darum geht?«

  Ich erwiderte seinen Blick. In meinem Magen tanzte alles auf und ab, und das lag mit Sicherheit nicht am Alkohol, sondern nur an Isaac. »Ich weiß es nicht, Isaac. Ich weiß überhaupt nichts mehr.«

  Er hockte sich vor mich und sah zu mir hoch. »Es geht doch schon lange nicht mehr um dieses dämliche Projekt.«

  Ich schloss die Augen. Ich hielt das nicht mehr aus. Denn das, was er da gerade gesagt hatte, war gleichzeitig meine größte Angst und meine größte Hoffnung. Und ich hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte.

  »Was hattest du denn vor?«, fragte er leise. »Mich einfach aus deinem Leben zu streichen, als wäre ich nie da gewesen?«

  Ich konnte nichts antworten.

  »Sawyer«, sagte er eindringlich. Ich liebte es so sehr, wenn er meinen Namen sagte. »Hör auf, uns zu boykottieren. Wovor hast du denn Angst?«

  Verletzt zu werden.

  Nicht gut genug für dich zu sein.

  Dir wehzutun.

  Dich zu verlieren.

  Ich fühlte, wie Isaac noch ein Stück näher kam. Er legte seine Hände sanft auf meinen Beinen ab. »Willst du das, was zwischen uns ist, wirklich aufgeben?«

  »Nein«, flüsterte ich. Und weil ich fürchtete, dass er es nicht verstanden hatte, schüttelte ich den Kopf und wiederholte lauter: »Nein.«

  Isaacs Hände fuhren langsam über meine Oberschenkel zu meinen Fingern, die ich in den Saum meines Hemds gekrallt hatte. Er löste einen nach dem anderen sanft und nahm meine Hände in seine.

  Ich öffnete die Augen, und sein Blick brannte sich in meinen. Dieser Moment zwischen uns war so überwältigend, dass mir schwindelig wurde. Es machte mir Angst, so viel gleichzeitig zu empfinden. Doch ich war machtlos gegen das, was er mit mir anstellte. Ich war ihm völlig ausgeliefert.

  Ich wusste nicht, wer sich zuerst bewegte. Wir küssten uns unendlich sanft und vorsichtig, als könnte das, was gerade zwischen uns geschehen war, bei der kleinsten ruckartigen Bewegung wieder kaputtgehen.

  Isaac zog mich in seine Arme und hielt mich fest. Seine nackte Haut fühlte sich warm unter meinen Fingern an. Gemeinsam sanken wir zu Boden, und ihm so nahe zu sein, war jetzt vollkommen anders als noch vor wenigen Minuten. Nicht hektisch und verzweifelt, sondern sicher und genau richtig. Ich flüchtete mich nicht in seine Berührung, um etwas zu verdrängen, sondern wollte mich von ihm ganz bewusst an den Ort führen lassen, wo nur noch er und ich existierten.

  Er schob seine Hände unter mein Hemd, zog es mir über den Kopf und ließ es zu Boden gleiten. Danach stützte ich mich mit einem Arm neben seinem Kopf ab. Ich strich ihm mit der freien Hand eine widerspenstige Strähne aus der Stirn und umfasste dann sanft seine Wange.

  Er legte seine Hand über meine und schmiegte sich einen Moment in die Berührung, dann zog er mein Handgelenk an seinen Mund und küsste es. Mein Atem stockte, als er seine Zunge über die empfindliche Haut gleiten ließ.

  Ich beugte mich über ihn. Er kam mir auf halbem Weg entgegen, schloss eine Hand um meinen Nacken, und dann küssten wir uns. Tief und langsam und so, dass es mir den Atem raubte. Der Boden unter meinen Knien fühlte sich wie Wasser an. Ich war wie hypnotisiert, nur Isaacs Mund und seine Hände hielten mich im Hier und Jetzt.

  Ich wusste nicht, wann mein BH verschwand, aber irgendwann lagen wir Haut an Haut aneinander, und ich keuchte in seinen Mund. Isaac rollte sich auf mich und küsste eine Spur an meinem Hals entlang. Langsam. Gemächlich. Als hätten wir alle Zeit der Welt.

  Er strich mit den Lippen und der Zunge über meine Haut, immer weiter nach unten, bis ich mich ihm entgegenbäumte. Er schob die Finger unter den Bund meiner Strumpfhose und zog sie mir aus, da
nn half er mir dabei, seine Jeans auszuziehen.

  »Du bist wunderschön«, flüsterte er, und seine Lippen streiften mein Ohr. »So schön.« Er rollte sich wieder auf mich und stützte sich auf einem Ellenbogen ab, um mich anzusehen. »Keine Ahnung, womit ich das verdient habe.«

  Bei seinen Worten machte mein Herz einen Satz. Isaac schaffte es, dass ich mich in jeder Minute, die ich in seiner Gegenwart verbrachte, wertgeschätzt fühlte. In seinen Armen war ich immer wertvoll.

  Unser nächster Kuss war zunächst bittersüß, wurde aber heiß, als unsere Zungen aufeinandertrafen. Isaac drängte sich gegen mich, verzweifelter diesmal, und ich konnte durch den Stoff seiner Boxershorts spüren, wie hart er war. Es war nicht genug. Ich wollte ihn spüren, ohne auch nur eine einzige Lage Stoff zwischen uns. Ich schob meine Hände unter den Bund seiner Boxershorts und zog ungeduldig daran. Isaac verstand und rollte sich von mir, um sie auszuziehen. Danach hob ich auffordernd mein Becken, und sofort streifte er auch mir den Slip von den Beinen.

  Sein Blick ging flammend heiß über meinen Körper, bevor er Küsse auf den Innenseiten meiner Beine verteilte, über meine Leiste und meinen Bauch weiter nach oben, bis ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte.

  Ich streichelte seine Schultern, seinen Hals, seine schönen Arme. Als er sich auf mich legte, schlang ich wie automatisch die Beine um ihn. Ich fühlte ihn heiß und hart an meiner Mitte und drückte mich gegen ihn, bis er ein Stück in mich eindrang.

  Wir atmeten beide zischend ein.

  »Sawyer …«, brachte er mühsam hervor.

  »Ich bin gesund«, flüsterte ich und nahm sein Gesicht in meine Hände. »Und ich nehme die Pille.«

  »Bist du sicher?«, fragte er und sah mich eindringlich an. Seine Augen waren so dunkel, und in seinem Blick konnte ich das beinahe schmerzhafte Verlangen erkennen, das ich in meinem ganzen Körper spürte.

  »Ganz sicher«, gab ich zurück und küsste ihn. Gleichzeitig hob ich mein Becken an, was ihn tiefer in mich gleiten ließ.

  Isaac stöhnte leise in meinen Mund. »Wow. Oh, wow«, raunte er.

  Ich wagte es kaum, zu atmen, so überwältigend war es, ihn auf diese Weise in mir zu spüren. Einen Moment lang bewegte sich keiner von uns, und meinetwegen hätte es ewig so bleiben können.

  Ich wollte mich für immer daran erinnern. An die Art, wie sich sein Körper auf meinem anfühlte, wie sein Atem stockte, wenn er in mir war. Ich wollte mich an die Röte auf seinen Wangen erinnern, die in diesem Moment völlig anders aussah, als wenn ihm etwas peinlich war. Ich wollte mich daran erinnern, wie es war, wenn seine Haare meine Schläfe kitzelten oder seine Lippen auf meinen lagen.

  Isaac fing an, sich in mir zu bewegen, zog sich zurück und stieß wieder zu. Ich strich mit den Fingern über seinen Rücken und hielt mich an seinen Schultern fest.

  Das Gleiten von Haut an Haut, ohne dass etwas zwischen uns war, fühlte sich besser an, als ich es mir jemals erträumt hatte. Ich hätte nie gedacht, jemals irgendjemandem so nahe zu kommen, dass ich das wagen würde – aber wie immer hatte Isaac es unwissentlich geschafft, dass sich alle meine Ängste in Luft auflösten, so als wären sie nie wirklich da gewesen. Es fühlte sich schön an, ihm so nahe zu sein, und dieser Moment war so bedeutend für mich, dass es mir beinahe die Tränen in die Augen trieb.

  Ich schlang ein Bein um seine Hüfte, was den Winkel so veränderte, dass er noch tiefer in mich drang. Ich konnte die Geräusche, die sich aus meiner Kehle befreiten, nicht unterdrücken, aber Isaac war genauso laut. Ich spürte, wie sehr er sich bemühte, sanft zu sein, doch sein Griff um mein Bein war ebenso fest wie seine Stöße in mir, die immer schneller und unkontrollierter wurden.

  Ich liebte es, dass ich das mit ihm machen konnte. Dass ich ihn dazu bringen konnte, wild zu sein, ohne Selbstbeherrschung, einfach, weil er mit mir zusammen war.

  Ein unglaublicher Druck bildete sich in mir, bis ich kaum noch Luft bekam.

  »Sawyer …«

  Ich war ihm hilflos ausgeliefert, als er meinen Namen flüsterte, immer und immer wieder, während er in mich stieß und mich festhielt. Wir erschauerten gemeinsam, und obwohl mir Tränen in die Augen schossen, zwang ich mich, sie offen zu halten. Ich wollte mich für immer an seinen Gesichtsausdruck erinnern. Er gehörte nur mir.

  Denn auch wenn das einer der schönsten Momente meines Lebens war, ahnte ich tief in meinem Inneren, dass es nicht so bleiben konnte.

  KAPITEL 28

  Riley hatte es tatsächlich ernst gemeint und Isaac zu ihrer Hochzeit eingeladen. Es war mir ein Rätsel, wie sie ihn kontaktiert hatte, weil Isaac keinen einzigen Social-Media-Account besaß und die E-Mail-Adressen der Uni nicht an Fremde herausgegeben wurden. Aber sie hatte es geschafft, und Isaac hatte zugesagt.

  Der Vorteil an der Sache war, dass wir so mit Isaacs Auto nach Renton fahren konnten, und ich nicht um vier Uhr nachts am Bahnhof stehen und auf den Zug warten musste. Der Nachteil: Seit jenem Abend, an dem wir das Projekt offiziell abgebrochen hatten, war die Stimmung zwischen uns zum Zerreißen angespannt. Irgendwas hatte sich verändert, noch während wir schwer atmend auf dem Boden von Isaacs Wohnzimmer gelegen hatten.

  Isaac war danach höflich gewesen, aber unnatürlich still. Und auch während unserer Schicht bei Al am nächsten Tag hatte ich das Gefühl nicht abschütteln können, dass er versuchte, Abstand zwischen uns zu bringen. Ich wusste nicht, was das zu bedeuten hatte, und verbrachte die gesamte Fahrt nach Renton damit, durch das Autofenster in den schwarzen Himmel zu starren und nicht wahnsinnig zu werden. Aber ich traute mich auch nicht, ihn darauf anzusprechen. Riley würde in wenigen Stunden heiraten, und es war schwer genug, die Fassung zu behalten und Isaac nicht zu sagen, dass er bitte sofort wieder umdrehen sollte.

  Als wir in Renton ankamen, fuhr Isaac langsamer und schaute sich um. Falls er erschöpft von der kurzen Nacht und der vierstündigen Fahrt war, ließ er es sich nicht anmerken. Wir fuhren durch das Wohngebiet, vorbei an Vorgärten, vor denen uns Kürbisse mit wilden Grimassen entgegengrinsten, und Häusern, deren Fassaden mit bunten Lichterketten behangen waren. Auch in Woodshill wurde für Halloween dekoriert, aber auf dem Campus sah das ganz anders aus als hier. Ich genoss den Anblick und stellte mir für einen kurzen Moment vor, später auch mal ein für die Feiertage üppig geschmücktes Haus zu haben und Süßigkeiten aus riesigen Schüsseln an kleine Geister und Gespenster zu verteilen. Ich konnte mich nur an ein einziges Halloween erinnern, das ich mit meinen Eltern gefeiert hatte. Ich war als Zombie verkleidet gewesen, und Mom hatte mein Gesicht weiß angemalt und lauter schwarze Narben auf meinen Wangen verteilt. Ich sah Dads Grinsen vor mir, als er einen Kürbis mit uns ausgehöhlt hatte.

  Wie jedes Mal, wenn ich es mir erlaubte, an meine Eltern zu denken, spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen in meinem Brustkorb. Ich war froh, dass wir nicht an dem Haus vorbeifuhren, in dem wir gelebt hatten, bevor wir zu Melissa gekommen waren. Meine Haut fühlte sich ohnehin schon kribbelig und zu eng für meinen Körper an, und ich wollte auf keinen Fall, dass es noch schlimmer wurde. An diesem Wochenende ging es nicht um meine Unfähigkeit, mit meiner Vergangenheit fertigzuwerden. Es ging um meine Schwester und ihre Zukunft mit dem Mann, den sie liebte.

  Wir kamen um acht Uhr bei Rileys und Morgans Haus an. Es lag am Rand der Stadt, neben einem Wald mit hohen Bäumen, der im Dunkeln ziemlich gruselig aussehen konnte, jetzt bei Sonnenaufgang aber wunderschön beleuchtet war. Durch die Baumwipfel wurden orange- und pinkfarbene Strahlen auf die Auffahrt geworfen.

  Ich nahm einen tiefen Atemzug der frischen Luft, als ich ausstieg und meine Arme über dem Kopf ausstreckte. Gerade als Isaac die Taschen aus dem Kofferraum holte, wurde die Haustür aufgerissen. Ich sah noch Rileys lila Haar, das mit etlichen Lockenwicklern auf ihrem Kopf befestigt war, da fiel sie mir bereits um den Hals und kreischte irgendetwas.

  »Ich freue mich auch, dich zu sehen«, erwiderte ich und schlang die Arme um sie. Es tat so gut, meine Schwester zu umarmen. Nach allem, was in der letzten Woche mit Isaac geschehen war, und all der Angst, die ich seit Monaten vor d
em heutigen Tag gehabt hatte, war ich in diesem Moment emotional völlig ausgehöhlt. In Rileys Nähe ging es mir augenblicklich besser. Sie fühlte sich nach Zuhause an.

  »Du bist hier. Du bist wirklich gekommen!« Sie packte mich bei den Schultern und schüttelte mich, bis mir ganz schummrig wurde.

  »Nur, weil Isaac mich gezwungen hat«, sagte ich trocken und deutete über meine Schulter zu Isaac, der neben dem Auto stand und zwischen uns hin- und hersah.

  »Oh mein Gott!«, rief Riley atemlos und fiel dann auch Isaac um den Hals. Er erwiderte die Umarmung und tätschelte meiner Schwester den Rücken.

  »Danke für die Einladung, Riley. Es ist schön, dich kennenzulernen.«

  Sie ließ ihn los und strahlte ihn an. Dann musterte sie ihn von oben bis unten. »Sawyer hat so ein riesiges Geheimnis aus dir gemacht.« Sie warf mir einen Blick zu, und auf ihrem Gesicht erschien ein breites, glückliches Lächeln. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dich endlich kennenzulernen.«

  Ich unterdrückte das unangenehme Flattern in meinem Magen. »Lasst uns reingehen«, sagte ich und hob meinen Rucksack auf, den Isaac neben dem Kofferraum auf dem Boden abgestellt hatte. »Riley, du hast nicht mal Schuhe an.«

  Sie blickte an ihrem Bademantel hinab zu ihren nackten Füßen. »Oh Gott. Du hast recht.« Sie zog eine Grimasse. »Mist. Janice hat mir gerade erst die Zehennägel lackiert, jetzt meckert sie bestimmt gleich. Ich bekomme eh die ganze Zeit zu hören, dass ich viel zu entspannt bin dafür, dass ich gleich heirate.«

  Ich sah sie regungslos an, während ihre Worte in meinem Kopf nachhallten.

  Heiraten. Riley würde heiraten.

  Ich wusste seit Wochen, dass dieser Tag kommen würde. Und trotzdem spürte ich, wie mein Puls bei ihren Worten in die Höhe schnellte und meine Kehle von einer Sekunde auf die andere wie zugeschnürt war.

  Ich wollte etwas antworten, aber ich konnte einfach nicht.

  Plötzlich spürte ich Isaacs Hand zwischen meinen Schulterblättern. Selbst durch den Stoff meiner Lederjacke fühlte sie sich warm an, und die Berührung holte mich runter und ließ die Panik in mir abebben. Er war bei mir. Ich war nicht allein. Heute nicht.

 

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