Kiss Me Once

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Kiss Me Once Page 39

by Stella Tack


  Leises Gelächter hallte durch den Raum. Nur Ivys Mutter sah immer noch aus, als hätte sie einen Besen verschluckt.

  Ivy räusperte sich leicht und schenkte dem Publikum ein zartes Lächeln. »Nichtsdestoweniger kann ich behaupten, in den letzten Monaten wohl mehr gelernt zu haben als in all den Jahren zuvor. Ich habe gelernt, was es heißt, zuzuhören, ich habe gelernt, Dinge zu hinterfragen und was es heißt, zu vertrauen. Am allermeisten mir selbst. Ich habe Freundschaften geschlossen und letztendlich habe ich auch gelernt … zu lieben.«

  Plötzlich war es mucksmäuschenstill im Raum und sämtliche Blicke waren auf Ivy gerichtet.

  »Ich habe viel Theoretisches gelernt. Aber ein …« Ihr Blick zuckte kaum merklich zu mir, bevor ein sanfter Ausdruck über ihre schönen Züge huschte, »… ein Freund von mir hat mir etwas für das Leben beigebracht. Vielleicht bekommen wir nicht immer das, was wir wollen, allerdings allemal das, was wir brauchen. Unser Leben ist keine gerade Linie, die immerwährend nach oben strebt. Nein, das Leben lässt uns fallen, bis wir am Boden zerbrechen. Immer und immer wieder, bis wir letzten Endes aus vielen kleinen Bruchstücken bestehen, die uns zu dem machen, wer wir sind. Wir alle sind zerbrochene Wesen, die danach streben, wieder ganz zu sein.« Als das letzte Wort ihren Mund verlassen hatte, sah sie mich an – nur mich. Ich glaubte, in diesem Augenblick hatte ich aufgehört zu atmen.

  »Sie müssen mir verzeihen, wenn diese Worte für diesen Abend unangemessen sentimental klingen«, sagte Ivy leise und doch gut verständlich. Ihr Blick bekam etwas Wehmütiges, während sich ihre Mundwinkel zu einem ironischen Lächeln hoben. »Doch ich denke, dass diese Worte nicht nur unsere eigenen, persönlichen Erfahrungen beschreiben. Sie spiegeln auch die aktuelle Situation von RedEnergies wider. Diese Firma ist wie das Herzstück, wie die zweite Seele meiner Familie. Und das Leben … nun, ab einem gewissen Punkt bricht es uns alle. Menschen genauso wie Unternehmen. Aber es liegt an uns, ob wir die Scherben wieder aufsammeln oder sie zerbrochen am Boden liegen lassen. Es liegt an uns, ob wir etwas Wundervollem, etwas, das seit Jahrzehnten besteht, zur Heilung verhelfen wollen. Es ist keine Frage des Mitleids. Es ist eine Frage des Stolzes, jemand anderem helfen zu können, wenn dieser die Hilfe am nötigsten braucht. Ich danke Ihnen.«

  Ivy verließ das Podium und das Publikum brach in tosenden Applaus aus. Nach und nach erhoben sich die Leute von ihren Sitzen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es bei einer solchen Veranstaltung regelmäßig Standing Ovations gab. Aber heute gab es sie. Mir lief ein Schauer den Rücken hinab und als Ivy auf ihren Platz zurückging, wusste ich genau, was ich zu tun hatte.

  Ivy

  Meine Hände waren feucht und mir war ein wenig übel. Mit aller Kraft unterdrückte ich das Zittern meiner Knie und ließ mich wieder auf meinen Platz sinken. Mein Vater stand auf, trat ans Rednerpult und der Blick, mit dem er mich bedachte, hätte nicht stolzer sein können. Die Erleichterung, es zumindest einmal richtig gemacht zu haben, ließ sämtliche Anspannung wie die Luft aus einem Luftballon aus mir entweichen. Das war mein Geschenk an ihn. Meine Hilfe für RedEnergies, bevor ich nach Kanada ging und nach meinen eigenen Vorstellungen lebte.

  Das Schlussplädoyer meines Vaters zog an mir vorbei, ohne dass ich ein einziges Wort mitbekam. Die Finanzierung war ihm ohnehin zugesichert. Die Luft im Saal war inzwischen so stickig, dass ich am liebsten nach draußen gegangen wäre, doch gleich würde das große Beglückwünschen und Networken beginnen. Ich musste also noch ein wenig durchhalten.

  Kaum war auch der letzte Applaus verklungen, steuerte ich direkt die Bar am anderen Ende des Saals an und nahm mir ein Glas Champagner. Es dauerte nicht lange, bis auch die anderen Gäste nachkamen. Als sie mich entdeckten, begannen sie sofort damit, mir begeistert die Ohren vollzuquasseln. Ich nickte höflich, nippte an meinem Getränk und wechselte von einem Bein aufs andere. Meine Füße brachten mich um. Wer hatte sich nur solche Folterinstrumente ausgedacht? Noch zwei Minuten und ich würde einfach die Schuhe ausziehen. Man konnte mir schließlich auch barfuß gratulieren.

  Gerade als ich dachte, es nicht mehr länger auszuhalten, begann die Band zu spielen. Inzwischen waren auch die Stühle weggeräumt worden, sodass sich die Menschenmasse nun wieder leichter verteilen konnte. Häppchen wurden herumgereicht und nach nur wenigen Minuten wagten sich auch schon die ersten Gäste auf die Tanzfläche. Ich musste grinsen, als ich Alex entdeckte, der gerade mit Mrs Bloomsbury einen flotten Walzer hinlegte.

  Er bemerkte meinen Blick, schnitt eine Grimasse und formte mit den Lippen die Worte: »Bitte hilf mir!«

  Ich schüttelte mit einem fiesen Grinsen den Kopf und lehnte mich gegen eine Säule.

  »Willst du ihn nicht retten?«

  Ruckartig sah ich hoch. Ryan hatte die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete mich.

  »Nein, der kann ruhig ein bisschen leiden«, sagte ich.

  Ryan lachte, wurde aber sofort wieder ernst. »Tun dir die Füße immer noch weh?«

  »Hast du seit Neuestem einen Fußfetisch oder warum interessiert dich das Thema heute so?«

  Ryan grinste und zuckte mit den Schultern. »Erwischt. Zu Hause habe ich mir sogar einen Ivy-Fußschrein errichtet. Jetzt fehlt mir nur noch das Originalexemplar.«

  »Ist das gerade eine Anspielung, dass du mit meinem Fuß einen auf Saw machen willst, oder reicht dir ein Gipsabdruck?«

  »Saw?«, fragte er perplex.

  Ich nickte ernst. »Du weißt schon, der Teil, wo sich der Typ den Fuß absäbeln muss.«

  Ryan starrte mich fassungslos an. »Ich glaube, du hast zu viel Zeit mit Jeff und seiner Horrorfilm-Sammlung verbracht.«

  »Eindeutig«, sagte ich. »In den letzten Wochen musste ich mir fast jeden Tag Bambie ansehen, um das zu kompensieren.«

  Ryan grinste. Das amüsierte Funkeln in seinen Augen ließ mein Herz höher schlagen. Aber gleichzeitig spürte ich auch einen Kloß im Hals. Was taten wir hier eigentlich? Ich fühlte mich in seiner Gegenwart so unbeholfen, so ratlos. Sollten wir ab jetzt einfach so tun, als wäre nichts gewesen? Als wäre er nicht meinetwegen angeschossen worden? Mein Blick wanderte zu seiner Schulter, die er sichtlich schonte. Ich konnte es kaum ertragen.

  Ryan schien meine Gedanken lesen zu können, denn sein Gesichtsausdruck wurde sanfter. »Mach dir um mich keine Sorgen. Das mit dem Schuss war nicht deine Schuld.«

  »Tut es weh?«, flüsterte ich.

  »Ein wenig.«

  »Ein wenig wenig oder ein wenig viel?«

  »Ein wenig … viel.«

  »Bist du denn überhaupt schon diensttauglich?«

  »Nein, eigentlich nicht«, murmelte er. »Erst in ein paar Wochen.«

  »Warum bist du dann hier?«

  Ryan sah mich an. Ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Weil ich … weil ich mich … entschuldigen wollte. Dafür, dass ich nicht auf deine Nachrichten geantwortet habe.«

  »Ach.« Ich winkte ab, als wäre das keine große Sache. Aber am liebsten hätte ich ihn geschüttelt. Auf diese Erkenntnis kam er jetzt? Vier Wochen später?

  »Du hattest Wichtigeres im Kopf. Größere Probleme.«

  »Nein …«, murmelte er. »Ich hatte … dich im Kopf.«

  »Oh«, brachte ich schwach heraus. »Das tut mir … leid?«

  Er lächelte. »Ja, ich habe mir auch ziemlich lang selbst leidgetan.«

  »Aber jetzt nicht mehr?«

  »Nein, jetzt nicht mehr.«

  »Warum?«

  »Weil ich endlich weiß, was ich will.«

  »Gatorade?«

  Er lachte. »Nein, ganz bestimmt nicht.«

  Unsere Blicke trafen sich und da war es wieder, dieses Herzklopfen. Das rasende Pochen, das Ziehen … Genau wie zu Beginn des Studiums, als er noch Ray war. Wir öffneten beide gleichzeitig den Mund.

  »Ivy, ich …« – »Ryan, ich ..«

  »Ivyyy!«

  Wir zuckten beide zusammen und mir sank das Herz in die Hose. Nicht die schon wieder.

  »Ivy«, flöte
te Chloé und kam auf uns zugeschwebt wie ein Teufel im Engelskostüm.

  Ryan starrte sie an, als würde er ihr am liebsten ihre Clutch in den Rachen stopfen.

  »Aber holla, was hast du da schon wieder für einen hübschen Mann an deiner Seite?«, rief sie begeistert, als sie Ryan entdeckte.

  »Das ist Ryan. Ein Security«, brachte ich mühsam hervor.

  Chloé musterte Ryan von Kopf bis Fuß. »Ein Bodyguard? Kennen wir uns schon?«

  Ryan straffte die Schultern. »Ich bin nur für Ivy zuständig«, stellte er klar. Ich verschluckte mich bei dem Satz fast an meinem Champagner.

  »Tatsächlich?«, sagte Chloé ungläubig. »Ivy scheint ja in letzter Zeit alle schönen Männer anzuziehen. Apropos, wo ist eigentlich dein Freund Alex?«

  »Weiß nicht, du kannst ihn gerne suchen gehen.«

  »Aber nein.« Sie riss gespielt entsetzt die Augen auf. »Ich kann mich doch nicht zwischen euch drängen. Alex ist schließlich dein Freund und ihr seid einfach wundervoll zusammen. Warum holst du ihn nicht her, während ich mich solange mit deinem Bodyguard unterhalte?« Sie wandte sich mit einem zuckersüßen Lächeln an Ryan. »Welche Körperteile trainierst du denn so?«, fragte sie.

  Ryan runzelte die Stirn. »Ganzkörper?«, sagte er platt.

  »Oh, ich liebe Ganzkörper«, sagte Chloé und hob vielsagend die Augenbraue. »Wie …«

  Doch Ryan unterbrach sie einfach. »Entschuldige, ein Notfall«, sagte er, packte meine Hand und schleifte mich auf die Tanzfläche.

  Chloé starrte uns einen Moment lang verblüfft hinterher, bevor sie ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkniff und die Lippen fest zusammenpresste.

  »Was machst du da?«, fragte ich panisch, als Ryan mich mit einem Schwung in seine Arme zog.

  »Dieser Nervensäge aus dem Weg gehen«, brummte er und fing an, mich im Takt zu bewegen.

  Ich war so verblüfft, dass ich ihm automatisch die Tanzführung überließ. Ich wusste gar nicht, dass Ryan tanzen konnte. Es waren zwar keine Standardschritte, aber er hatte offensichtlich Rhythmusgefühl. Wir wiegten uns zu der langsamen Musik und ich fühlte mich so glücklich wie schon lange nicht mehr.

  »Wir sollten damit aufhören«, flüsterte ich trotzdem. »Was, wenn mein Vater uns sieht?«

  »Dann wird er wohl sehen, wie ein Bodyguard mit seiner Tochter tanzt.«

  »Du kannst in Teufels Küche kommen!«

  »Wegen ein bisschen tanzen? Wohl eher nicht. Außerdem habe ich den Invalidenbonus auf meiner Seite.« Er zuckte leicht mit der Schulter. »Noch bin ich nicht offiziell wieder im Dienst, also kann er mich auch nur schwer feuern.«

  »Das kann er immer«, sagte ich düster und sah zu ihm auf. »Und ich will nicht, dass du wegen mir noch mehr Ärger bekommst.«

  Ryan seufzte. »Ach, Ivy. Wegen dir habe ich noch nie Ärger bekommen. Höchstens wegen mir selbst.« Vorsichtig legte er seine Stirn an meine. »Weißt du, warum ich mich in den letzten Wochen nicht gemeldet habe? Weil ich mich geschämt habe. Ich dachte, du willst nichts mehr mit mir zu tun haben.«

  »Wie kommst du denn auf so was?« fragte ich ungläubig und geriet kurz aus dem Takt.

  Ryan zögerte kurz. Als er schließlich antwortete, waren seine Lippen meiner Stirn so nahe, dass ich das Wispern praktisch fühlen konnte. »Damals, als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, bist du einfach gegangen. Mit Maxton. Ich dachte, du hättest mich ausgetauscht, aber das war nur … Ich habe mich selbst belogen. Ich wollte einen Grund haben, um sauer auf dich zu sein, weil ich mich sonst meinen Gefühlen hätte stellen müssen. Und davor hatte ich zu große Angst.«

  »Oh …«, brachte ich schwach hervor.

  Seine Hände streichelten sanft über meinen Rücken und bescherten mir eine Gänsehaut.

  Ich schloss kurz die Augen, bevor ich hinzufügte: »Ich bin gegangen, weil mich mein Vater praktisch dazu gezwungen hat«, murmelte ich und versuchte, den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken. »Außerdem dachte ich, du wärst ohne mich besser dran. Wenn ich daran denke, wie du angeschossen wurdest … Ryan, ich … ich kann mir das einfach nicht verzeihen! Ich habe Albträume davon, wache schreiend auf. Jedes Mal will ich dir helfen und kann nicht, und du … und du …« Eine Träne lief mir über die Wange.

  »Schhht …«, sagte er leise und wischte sie weg. In seinem Blick lag ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte.

  »Es tut mir so leid, Ryan«, brachte ich erstickt hervor. »Die letzten Wochen waren schrecklich ohne dich. Ich will nicht, dass du wieder weggehst.«

  Ryan seufzte und zog mich fest in seine Arme. »Ich war ein Idiot, Ivy«, sagte er leise. »Eigentlich bin ich immer noch einer und du hast etwas Besseres verdient, aber …«

  Grinsend sah ich zu ihm hoch. »Hast du gerade zugegeben, dass du ein Idiot bist?«

  »Ja«, sagte Ryan verlegen. »Ich sage viel dummes Zeug, wenn ich nervös bin.«

  »Ich auch …«

  Er lachte leise. »Ich weiß, ich habe die Piranhavögel nicht vergessen …«

  Sein Atem traf meine Lippen und jagte mir einen Schauder über den Rücken. Unsere Blicke trafen sich und in diesem Augenblick wurde Ryan zum Mittelpunkt meiner Welt.

  Ich schluckte und bevor ich mich doch noch zurückhalten konnte, purzelten die Worte ohne Filter aus meinem Mund. »Ryanichliebedich.«

  Auch wenn ich gewollt hätte, ich hätte sie nicht zurückgenommen. Er hatte es verdient, sie zu hören. Sie gehörten ihm, genauso wie ich, wenn er es wollte.

  Ryans Augen wurden groß, sein Mund klappte auf. »Was?«

  »Ähm, ich meine … Ich liebe dich … natürlich nicht, aber ähm …«

  »Tust du nicht?«, fragte er verwirrt, doch ehe ich noch mehr Blödsinn reden konnte, drückte er mich unvermittelt weg. Verletzt sah ich zu ihm hoch und bemerkte, dass er alarmiert auf etwas hinter mir starrte. »Deine Mutter kommt«, flüsterte er.

  Instinktiv zuckte ich zurück, wandte den Kopf und tatsächlich: Die hochgewachsene Gestalt meiner Mutter bahnte sich einen Weg durch die tanzenden Gäste. Enttäuscht und peinlich berührt wollte ich mich von Ryan lösen, doch der hielt mich fest und neigte den Kopf, sodass sein Atem meine Haut streifte. Als er sprach, jagte mir seine Stimme winzige kleine Schauder über den Rücken.

  »Dann würde ich sagen: Ich liebe dich auch«, flüsterte er. »Die ganze Zeit schon.«

  Erleichtert atmete ich auf und ich musste mich an seiner Schulter festhalten, um nicht einfach umzukippen. »Wirklich?«, hauchte ich.

  »Ivy! Was machst du da?«, fragte meine Mutter aufgebracht, während ihr Blick zwischen Ryan und mir hin und her schoss. Und – Holy Moly! Sie zog eine Miene, als hätte sie uns gerade bei etwas Unanständigem erwischt. Gut, zwei Sekunden später hätte sie das vielleicht auch.

  »Ich … er … wir …«, stammelte ich, doch Ryan schob mich nur sanft von sich und schenkte meiner Mutter ein unschuldiges Lächeln.

  »Ihrer Tochter war schwindlig, Mrs Redmond. Ich wollte sie gerade dazu bringen, eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken, damit sie nicht umkippt«, behauptete er, ohne mit der Wimper zu zucken.

  »Hast du vorhin nichts gegessen?«, fragte meine Mutter irritiert.

  »Nein, ich war zu nervös.« Hoffentlich glaubte sie Ryans Lüge.

  Meine Mutter sah mich einen Moment lang skeptisch an. Doch dann zuckte sie nur mit den Schultern und warf Ryan erneut einen schiefen Blick zu. »Sie sind Ryan, oder? Harrys Junge. Sollten Sie nicht mit einer Schussverletzung im Bett liegen? Oder habe ich da etwas missverstanden?«

  Kein Danke, dass Sie meine Tochter gerettet haben. Kein sorgenvolles Wie geht es Ihnen? Nein, meine Mutter doch nicht. Sie klang beinahe, als wäre sie enttäuscht, dass Ryan der Kugel nicht ausgewichen war. Schließlich hätte das jeder vernünftige Mensch gemacht.

  Ryan lächelte höflich und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, während ich die Luft anhielt. »Ich bin nur heute für Maxton eingesprungen, Mrs Redmond.«

  »Maxton?«, fragte sie und blinzelte irritiert. »Wer
soll das sein?«

  »Mein Security in den letzten Wochen, Mom«, half ich ihr auf die Sprünge. »Du hast ihn schon getroffen und ihn wegen seiner schlecht gebundenen Krawatte aus dem Teesalon geworfen.«

  Meine Mutter rümpfte bei der Erinnerung die Nase. »Ah, richtig. Wieso ist Matthew heute verhindert?«

  »Maxton«, verbesserte ich sie.

  Sie winkte ab. »Wie auch immer.«

  »Er hat eine Erkältung, soweit ich weiß«, sprang Ryan wieder ein. »Nichts, was in ein paar Tagen noch ein Problem sein sollte.«

  Meine Mutter nickte und presste die Lippen zusammen. »Gut, gut, wir werden ihm eine Genesungskarte schicken.«

  Würde sie natürlich nicht. Die Gesundheit von Angestellten war ihr vollkommen egal.

  »Kommst du, Ivy?«, fuhr sie beinahe im selben Atemzug fort. »Die Chainstons möchten sich gerne mit dir unterhalten.«

  »Um ehrlich zu sein, habe ich ein wenig Kopfschmerzen. Ich würde mich gerne hinlegen.« Ich vermied es, in Ryans Richtung zu schielen, als er sein Lachen hinter einem Hustenanfall versteckte.

  »Kopfschmerzen?«, fragte meine Mutter ungläubig. »Heute?« Alarmiert schoss ihre Hand nach vorn und griff nach meiner Stirn. »Papperlapapp, höchstens ein bisschen warm. Reiß dich einmal zusammen, Ivy. Noch vier Stunden und wir haben es geschafft. Du kannst ja dann später nach Hause fahren. Morgen haben wir übrigens eine Pediküre zusammen mit den …«

 

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