Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)

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Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition) Page 10

by Kiefer, Lena


  Aber etwas hinderte mich daran, es auszusprechen. Vielleicht, weil ich genau wusste, was das Projekt auf Korfu meiner Mutter bedeutete. Vielleicht auch, weil ich ahnte, dass es Grandma wahnsinnig ärgern würde, wenn das Kefi Palace ein Erfolg wurde. Die Gelegenheit, ihr in die Suppe zu spucken, konnte ich mir kaum entgehen lassen, ganz egal, wie stressig es werden würde. Und eine Lerngruppe musste ich mir dann auch erst mal nicht suchen. Verdammt, das waren wirklich zu viele Pluspunkte.

  »Unter einer Bedingung«, hörte ich mich also sagen.

  »Alles, was du willst.«

  »Du sorgst dafür, dass mir Grandma keine Heiratskandidatinnen mehr auf den Hals hetzt.«

  Meine Mutter lachte auf. »Ich habe gleich gesagt, dass das nichts wird mit Sophia Wilson.«

  »Du hast davon gewusst?«, stieß ich aus.

  »Nein, nicht von Beginn an. Moira hat mir irgendwann verraten, was sie vorhaben.«

  »Und du hast nicht daran gedacht, mir das zu sagen?« Die Frau war wirklich unglaublich. Wie konnte sie so etwas für sich behalten? »Die haben ihr vorgegeben, wie sie sich zu verhalten hat und was sie anziehen soll! Was, wenn ich mich tatsächlich in sie verliebt hätte?«

  »Dann hätte ich mich für dich gefreut, mein Schatz«, sagte meine Mutter in liebenswürdigem Ton. »Aber eigentlich war ich mir sicher, dass du selbst dahinterkommst und die Kleine dann in die Wüste schickst. Du bist schließlich schon groß. Und du riechst es hundert Meter gegen den Wind, wenn jemand nicht authentisch ist.«

  Ich hätte ihr die Zunge rausgestreckt, falls sie es hätte sehen können. »Eine kleine Warnung wäre trotzdem nett gewesen.«

  »Beim nächsten Mal.« Sie holte Luft. »Außerdem weiß ich doch, dass dein Herz nicht frei ist.« Es klang weich, aber ich ging nicht darauf ein. Ich wollte nicht über Kenzie reden. Ich wollte Abstand von ihr und allem, was mich mit ihr verband. Seit wir uns in Kilmore wiedergesehen hatten, verbot ich mir jeden Gedanken an sie – mal mehr, mal weniger erfolgreich.

  »Wann soll ich nach Korfu kommen?«, fragte ich stattdessen.

  »So schnell wie möglich. Je früher ich nach Dubai verschwinden kann, desto eher bin ich wieder da. Das Team ist hier gerade dabei, die Räume zu katalogisieren, und ich habe die grobe Ausrichtung mit ihnen besprochen. Die vorbereitenden Arbeiten sind erledigt, also geht es jetzt um den Innenausbau. Alles an Standard-Möbeln ist längst bestellt, genau wie das Material. Du musst also eigentlich nur die Leute koordinieren und dafür sorgen, dass jeder seine Arbeit macht. Aber die Details können wir besprechen, sobald du hier bist.« Sie schien sich das bereits überlegt zu haben, so als hätte sie gewusst, dass ich ihr helfen würde. Vermutlich kannte sie mich einfach zu gut.

  Ich ging ins Wohnzimmer und nahm meinen Laptop mit zum Sofa. »Ich buche gleich einen Flug.«

  »Das habe ich schon erledigt«, meldete meine Mum. »Morgen um 11 geht die Maschine, das Ticket liegt am Flughafen in Chicago für dich bereit. Keine Sorge, es ist Business Class. Ich weiß ja, du hasst die First.« Ich wartete auf einen Moment der Überraschung – oder Empörung –, aber er blieb aus. Wahrscheinlich war das die Gelassenheit, die man entwickelte, wenn man seit 22 Jahren der Sohn von Theodora Henderson war. So war Mum nun mal. Sobald sie mitten in einem Projekt steckte, gab es nichts Wichtigeres für sie – und danach hatten sich auch alle anderen zu richten. »Es ist toll, dass du herkommst. Du wirst sehen, es wird der erste Vorgeschmack darauf, wenn du erst im Team Henderson bist.«

  »Gerade weiß ich nicht, ob ich Teil deines Teams sein will«, murrte ich.

  »Nein, das sind die falschen Pläne. Schau mal da drüben auf dem Tisch.« Offenbar redete sie längst mit jemand anderem. »Liebling, wir sehen uns hier vor Ort. Ich schicke jemanden, um dich abholen zu lassen.«

  Sie legte auf, bevor ich etwas sagen konnte. Also nahm ich das Handy vom Ohr und lehnte mich wieder in die Kissen meiner Couch. Sollte ich noch mal ins Bett gehen? Nein, das war Quatsch. Also raffte ich mich auf und ging in den Flur, wo ich meine Reisetasche aus dem Schrank zog.

  Wenn ich eh wach war, konnte ich auch packen.

  12

  Kenzie

  »Oh Mann, wann hat denn hier zuletzt jemand aufgeräumt?«

  Ich sagte es zu mir selbst, denn ich stand vollkommen allein in der Werkstatt von Nikolaos, die von einer Messie-Wohnung kaum zu unterscheiden war. Eigentlich war ich auf der Suche nach einem scharfen Reinigungsmittel, um herauszufinden, ob die Flecken auf den gelieferten Fliesen ein Materialfehler waren oder einfach nur Dreck. Aber Cleas fröhliches »Guck mal in die Werkstatt meines Vaters, da gibt es alles« war wohl eher der Aufruf für ein Himmelfahrtskommando gewesen. Sicherlich gab es hier, was ich brauchte. Nur wo, würde ich nie erfahren.

  Trotzdem begann ich, ein paar der Metallregale abzusuchen, als das Walkie-Talkie an meinem Gürtel knackte. »Wer hat den Lieferschein für die Tapeten unterzeichnet?«, klang Marthas südafrikanischer Akzent blechern aus dem Lautsprecher. »Es fehlen dreißig Rollen.«

  »Ich komm runter«, antwortete Theodora nur wenige Sekunden später. »Das macht der Lieferant jedes Mal und hofft, wir merken es nicht.«

  »Okay.« Damit endete das Gespräch.

  Wir hatten uns nach einer Woche ganz gut zusammengerauft, die anderen und ich, obwohl das Projekt immer noch etwas chaotisch war und man das Gefühl hatte, jeder erledigte Punkt auf der To-do-Liste fabrizierte fünf neue. In den Zimmern im Haupthaus lief mittlerweile der Innenausbau, aber in den Villen hatte sich bisher gar nichts getan und die Fliesenarbeiten am Pool gingen nicht voran, weil die Firma, die Theodora dafür engagiert hatte, einfach nicht aufgetaucht war. Clea tat ihr Bestes, um einen Ersatz aufzutreiben, aber ihrem genervten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wenn man sie telefonierend irgendwo antraf, war das nicht einfach.

  »Kenzie, hast du die Kataloge für die Waschtische gesehen?« Meine Kollegin Bella steckte den Kopf in die Werkstatt. »Dora will eine Vorauswahl treffen, aber sie sind nirgendwo aufzutreiben.«

  Ich gab meine Suche fürs Erste auf und dachte nach. »Zuletzt hatte Elliott sie unter dem Arm, glaube ich. Er wollte sich Gedanken um die Badezimmer in den Villen machen.«

  »Wieso das denn?«, regte Bella sich auf und verlor dabei fast das Cap, das ihre schwarzen Locken bändigte. »Dora hat klar gesagt, zuerst das Haupthaus. Warum hört der Kerl eigentlich nie zu? Nur, weil er in New York studiert hat?«

  Ich musste grinsen. Bella war wirklich eine Marke für sich. Sie war so aufbrausend, wie man es bei einer Italienerin erwartete, dazu klein und zart, aber ziemlich zäh – gestern hatte sie mit Dionys eine ganze Lieferung Zementsäcke abgeladen, weil sie keine Lust gehabt hatte, ein paar Jungs darum zu bitten. Schon gar nicht Elliott, mit dem sie seit dem ersten Tag eine Art Hassliebe verband. Es war aber auch kein guter Start gewesen, dass er ihr Zimmer mit seinem verwechselt hatte, als sie halb nackt vor dem Spiegel »I am beautiful« gesungen hatte.

  Das Walkie meldete sich wieder, ebenso wie das von Bella. »Team-Besprechung und Mittagessen in zehn Minuten«, verkündete Theodora knapp.

  Bella nahm ihr Funkgerät zur Hand. »Und Elliott, bring die Bad-Kataloge mit«, fügte sie genervt hinzu.

  »Wenn du gestresst bist, Isabella, dann empfehle ich Yoga.« Elliotts nasale Stimme ließ genau hören, was er von der Anweisung hielt. Bella schnaubte und drückte schon wieder den Knopf, aber nach ihrem »Jetzt hör mal zu, du –« nahm ich es ihr einfach aus der Hand.

  »Ihr habt noch genug Gelegenheit, euch beim Mittagessen anzuzicken.« Ich grinste. Zum Glück hatte ich mit keinem der Anwesenden ein Problem. Sie waren zwar alle auf ihre Art speziell, aber ich war es gewohnt, mit unterschiedlichen Charakteren umgehen zu müssen. Im Prinzip war das hier auch nichts anderes als zu Hause. Nur dass ich niemandem sagen musste, er solle sein Zimmer aufräumen und die Wäsche in den Keller bringen.

  »Ich zicke ihn nicht an, ich sage ihm nur, was für ein unerträglicher Besserwisser er ist«, empörte sich Bella, während sie versuchte, mir das Funkgerät wieder abzunehmen. »Offenbar hat das noch nie jemand getan. Es ist also ein Dienst an der Menschheit.«

  »Ab zur Besprechun
g, du Wohltäterin.« Ich schob sie zur Tür hinaus. »Dora muss morgen nach Dubai, sie hat bestimmt eine ellenlange Liste von Dingen, die sie bis dahin noch besprechen will.« Sie hatte zwar eine Vertretung organisiert, wie sie uns gesagt hatte, aber ob der- oder diejenige tatsächlich alle Entscheidungen ohne sie treffen durfte, bezweifelte ich.

  Ich ließ Bella vorgehen, weil ich mir in meinem Zimmer noch schnell andere Schuhe anziehen wollte. Bei der Arbeit trug ich Boots mit Stahlkappen, aber die waren nicht unbedingt luftig. Es würde eine Wohltat sein, für die Dauer des Essens auf Flipflops umsteigen zu können.

  Man hatte uns in den Bungalows untergebracht, einzelnen Häuschen, die entgegen ihres Namens zweistöckig waren und jeweils vier Zimmer beinhalteten. Sie standen als Letztes bei der Renovierung auf der Liste, deswegen waren die Möbel und Bäder etwas abgewohnt, aber ich fand es dennoch gemütlich – und der Balkon zeigte zum Meer, was vor allem am Abend wunderschön war. Mein Aufenthalt hier war genau das, was ich mir erhofft hatte: viel Arbeit, kreativer Austausch und keine Zeit zum Nachdenken. Und wie ich bei unseren Telefonaten raushörte, kamen meine Schwestern bestens zurecht. Anders als letztes Jahr in Kilmore hatte ich kein schlechtes Gewissen, sondern genoss es, nur für mich sorgen zu müssen. Auch wenn mir die Berichte über die Ausflüge, die Eleni und Juliet mit Susanna und Dad unternahmen, immer wieder einen leisen Stich versetzten.

  Meine Flipflops standen direkt neben der Tür, und ich tauschte die Schuhe schnell aus, bevor ich den straffen Zopf löste, kurz auf mein Telefon sah und eine Nachricht von meinen Schwestern las, die doch tatsächlich den Dachboden aufgeräumt hatten und deswegen stolz in die Kamera grinsten. Ich schrieb zurück, dass das super war und sie gern herkommen und im Hotel weitermachen konnten, dann steckte ich das Handy weg, zog die Tür zu und beeilte mich, zum Haupthaus zu gehen.

  Als ich auf die Terrasse kam, war der Rest des Teams schon anwesend – alle außer Clea. Ich setzte mich dazu und nahm mir eine Portion von dem Essen, das in einer dampfenden Schüssel auf dem Tisch stand. Dionys kochte jeden Mittag und Abend für uns, was so hervorragend schmeckte, dass ich wahrscheinlich längst zwei Kilo zugelegt hatte. Auch das Moussaka, ein Auflauf mit Aubergine und Hackfleisch, das er heute gemacht hatte, ließ mich beim ersten Bissen genießerisch die Augen schließen.

  »Wieso machst du eigentlich kein Restaurant auf? Am besten in der Nähe von London oder so.« Ich sah ihn an und er grinste.

  »Ich glaube nicht, dass ich so viel Moussaka verkaufen kann, um die Miete für einen Laden dort zu bezahlen.«

  »Ach, das kriegen wir schon hin.« Ich winkte ab.

  Theodora sah immer wieder zur Tür, so als würde sie auf jemanden warten.

  »Sollten wir nicht besprechen, was in deiner Abwesenheit ansteht?« Elliott deutete auf das Tablet, das vor ihr lag.

  »Und wo ist eigentlich Clea?«, fragte Bella zwischen zwei Bissen.

  »Sie holt meine Vertretung vom Flughafen ab.« Theodora warf einen schnellen Blick zu mir, den ich nicht deuten konnte. »Ich hatte gehofft, sie wären rechtzeitig zum Essen hier, damit ich ihn euch vorstellen kann und wir direkt gemeinsam klären können, was in den nächsten zwei Wochen zu tun ist. Aber so wie es aussieht, müssen wir das auf später verschieben.« Im nächsten Moment hörte man, wie die Schiebetür der Terrasse aufglitt. »Ah, da sind sie ja doch.«

  Clea kam heraus, heute in normaler Kleidung statt Arbeitsklamotten. Wir alle schauten zu ihr, um zu sehen, wer da hinter ihr aus der Tür trat. Theodora hatte nur erwähnt, dass es jemand war, den sie schon viele Jahre kannte und dem sie voll und ganz vertraute, das ließ viel Raum für Spekulationen. Wir glaubten alle, sie hätte vielleicht einen berühmten Kollegen überreden können, für sie einzuspringen – und waren dementsprechend gespannt. Aber ich war die Einzige, die erschrocken Luft holte, als ich erkannte, wer es war.

  »Lyall«, entfuhr es mir leise, als wäre es eine Bitte, dass ich gerade irgendeine Art von Fata Morgana hatte und das hier nicht die Wahrheit war. Dass er nicht dort stand und in diesem Moment die Sonnenbrille abnahm, bevor er sich die dunklen Haare lässig nach hinten strich. Er war Theodoras Vertretung? Ausgerechnet er?

  Er schien mich gehört zu haben, denn es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis er zu mir sah – und in seiner Bewegung erstarrte.

  »Kenzie«, sagte er, im gleichen Tonfall wie ich. Es war völlig klar, dass er mit mir ebenso wenig gerechnet hatte wie umgekehrt. Wir schauten uns an, unfähig zu irgendeiner Regung, und ich sah, wie er seine Miene verschloss. Leider verfügte ich nicht über diese Fähigkeit, deswegen war wohl offensichtlich, dass sein Auftauchen mich völlig aus der Bahn warf.

  Theodora war bereits aufgestanden und begrüßte ihren Sohn. Ich blieb sitzen und fragte mich, wo dieses verdammte Loch im Boden war, wenn man es brauchte. Sollte ich verschwinden? Oder so tun, als würde ich Lyall nicht kennen? Ich hatte keine Ahnung.

  Er kam gemeinsam mit seiner Mutter zum Tisch, schüttelte die Hände der anderen aus dem Team, ließ sich erklären, wer woher kam – und sah mich dabei nicht ein einziges Mal an. Erst als Theodora ein lapidares »Ihr kennt euch ja schon« aussprach, trafen sich unsere Blicke erneut … und ich erkannte Wut. Es war die gleiche Wut, die ich selbst spürte, weil Theodora uns nichts gesagt hatte. Aber ich war immer noch in meiner Starre gefangen, da sich alles, was ich mir von diesem Projekt versprochen hatte, in Luft auflöste. Lyall war hier. Auf Korfu. Und hatte mich eiskalt erwischt.

  »Mum, kann ich dich kurz sprechen?«, fragte er nun. »Allein?« Ich sah auf, als er diese Worte aussprach. Es klang freundlich, aber ich hörte die leise Schärfe in seiner Stimme. »Entschuldigt uns kurz«, sagte er in die Runde, dann gingen sie gemeinsam zum Speisesaal und schlossen die Terrassentür hinter sich. Ich atmete aus.

  »Wow. Was war das denn?« Martha sah mich neugierig an.

  »Da fragst du noch?«, mischte sich Elliott ein. »Sie hatten mal was.«

  »Das ist mir auch klar.« Marthas Blick war sensationslüstern. »Du und Lyall fuckin’ Henderson, wie krass ist das denn? Erzähl mir alles .«

  Ich schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Wasser, weil mein Hals ganz trocken war. »Es gibt nichts zu erzählen. Das war nichts Ernstes.«

  Leider strafte etwas meine Worte Lügen – denn auch durch die geschlossene Glastür war deutlich zu hören, dass Theodora und Lyall stritten. Zwar war nicht genau zu verstehen, was sie sagten, aber er klang ziemlich wütend. Ich konnte es nachfühlen. Auch wenn ich fand, dass ich wütender sein musste als er – schließlich hatte ich ihn nicht nach Strich und Faden belogen.

  »Nichts Ernstes also, ja?«, fragte Elliott sarkastisch. »Das hört man.«

  Am Tisch herrschte Schweigen, alle spitzten die Ohren, ob man nicht doch ein paar Wortfetzen verstehen konnte, also stand ich auf. Es wäre einfach gewesen, jetzt zu verschwinden – es wusste eh jeder hier, dass diese Geschichte größer war, als ich behauptet hatte. Aber ich wollte nicht, dass sie Details erfuhren. Und wenn Lyall so weitermachte, würde das Team früher oder später doch noch etwas mitbekommen.

  »Ich gehe mal lieber hin«, murmelte ich. Dann stand ich auf und schritt auf die Tür zu, hinter der genau der Mann wartete, der mir das Herz in tausend Teile gebrochen hatte.

  13

  Lyall

  Was zur verfluchten Hölle läuft in meinem Leben eigentlich falsch?

  Das war mein erster Gedanke gewesen, als ich nach 14 Stunden Flug inklusive zweier Zwischenstopps und einer halbstündigen Autofahrt mit der gesprächigen Clea auf diese Terrasse getreten war und Kenzie dort gesehen hatte. Kenzie in Arbeitsklamotten und mit offenen Haaren, schöner denn je, und ebenso unerreichbar. Wer in drei Teufels Namen hatte beschlossen, dass alles nicht schon scheiße genug war und ich nun auch noch mit der Person konfrontiert wurde, die ich mir seit Monaten aus dem Kopf schlagen wollte?

  Und dann war mir die Antwort eingefallen: meine Mutter.

  Kaum war die Tür hinter uns zu, platzte meine Wut aus mir heraus.

  »Was stimmt nicht mit dir?!«, schnauzte ich sie an. »Du weißt, was zwischen uns passiert ist! Wie kannst du mir verschweigen, dass sie hier
ist?« Denn dass sie schon länger bei dem Projekt dabei war, hatte ich an ihrem Verhalten den anderen gegenüber deutlich erkannt. Genauso hatte ich aber auch ihre Überraschung, was mein Auftauchen anging, gesehen. Meine Mutter hatte keinem von uns etwas gesagt. Und sich damit wieder einmal über alle hinweggesetzt.

  »Wärst du gekommen, wenn ich es dir verraten hätte?«, fragte sie.

  »Natürlich nicht!«, rief ich aufgebracht. »Aber das ist doch kein Argument!«

  »Ich brauche euch beide für dieses Projekt, Lye!« Meine Mum reckte das Kinn. »Und außerdem … ich weiß doch, dass du immer noch in sie verliebt bist, du hast es mir selbst gesagt. Das ist die ideale Gelegenheit, damit ihr euch wieder annähern könnt. Hier gibt es keine Regeln für dich wie in Kilmore.«

  »Verdammte Scheiße, Mum! Kenzie und ich, daraus wird nichts mehr! Das Thema ist durch, ganz egal, was ich für sie empfinde.« Ich presste die Lippen aufeinander, um ihr nicht zu verraten, dass Kenzie über Ada Bescheid wusste. »Und du bringst uns beide in diese beschissene Lage, nur weil du die Kupplerin spielen willst?«

  Sie verschränkte die Arme. »Vielleicht weiß ich etwas besser als du, dass man nicht beim ersten Problem aufgeben sollte.«

  »Ja, sicher«, schnaubte ich. »Am besten rufen wir Dad an und fragen, wie gut das bei euch funktioniert hat.«

  »Es reicht, Lye!« Sie sah mich an, jetzt auch wütend. »Du tust seit Jahren so, als wäre dir wegen dieses einen Fehlers ein Leben in Einsamkeit sicher. Und dann lernst du ein tolles Mädchen kennen und willst nicht einmal um sie kämpfen?«

  »Es gibt nichts zu kämpfen, Mum! Ich habe ihr wehgetan, okay? Kenzie ist fertig mit mir!« Meine Mutter hatte keine Ahnung, wie sehr. Und ich konnte es ihr nicht sagen, wenn ich Kenzie nicht meiner Familie zum Fraß vorwerfen wollte.

  Meine Mum warf die Arme in die Luft. »Herrgott noch mal, Lyall, dann erklär es ihr! Sag ihr, dass Kilmore für dich wichtig war und du keine Wahl hattest. Sie ist klug, sie wird es verstehen.«

 

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