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Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)

Page 16

by Kiefer, Lena


  »Bereit, Miss Marple?«, fragte er mich mit einem vorfreudigen Funkeln in den Augen.

  »So bereit ich sein kann«, antwortete ich ehrlich.

  Lyall sah mich ernst an. »Bitte pass auf dich auf. Davidge ist ein Arschloch und hat Arschlöcher, die für ihn arbeiten. Wenn du in fünfzehn Minuten nicht wieder da bist, kommen wir rein.«

  Ich nickte und lächelte leicht unter seinem strengen Blick. »Mein Plan ist, mich im Notfall als Touristin aus den Staaten auszugeben, die noch nie in Europa war. Dann tun die mir bestimmt nichts.« Ich sagte es, betätigte den Türöffner und stieg aus dem Wagen, mein Telefon in der Hand. »Wir sehen uns in T minus 15 Minuten.« Ich salutierte, Finlay lachte, Lyall nicht. Dann machte ich mich auf den Weg zum Hotel.

  Niemand war in Sichtweite, als ich mich am Bauzaun vorbeischlängelte und zur linken Seite des Gebäudes ging. Im Prinzip sah es so ähnlich aus wie bei uns – mit dem Unterschied, dass das hier ein Neubau war. Mehrere Paletten mit Zement waren direkt am Zaun gelagert, daneben ein großer Müllcontainer, in dem ich vor allem Verpackungsmaterial und Verschnitt von Fliesen entdeckte. Ich lief weiter, bis ich schließlich einen schmalen Durchgang bemerkte, der ebenfalls mit Plastik verhängt war. Dahinter war es ruhig, also riskierte ich es und strich die Plane vorsichtig zur Seite. Niemand da.

  Ich schob mich ganz hindurch und stand in einem großen Raum, der sicherlich einmal der Speisesaal werden sollte. An einer Wand waren flache Kartons gestapelt, die Möbel enthielten, der Boden war mit Schutzteppich belegt und aus den Mauern hingen Leitungen für die Beleuchtung. Ich machte unauffällig ein paar Fotos mit dem Handy, auch wenn ich wusste, dass es uns nicht weiterhelfen würde. Nichts deutete darauf hin, dass hier irgendein Pfusch betrieben wurde – oder gar etwas, das zu einem Baustopp führen konnte.

  Ich schaute mich weiter um und machte noch ein paar Bilder, aber meine Euphorie sank, genau wie meine Geheimagenten-Vibes, denn auch in der Küche und der Lobby war nichts zu entdecken. Aber als ich schon durch die Plane wieder hinausschlüpfen wollte, kamen Stimmen näher. Sie sprachen Englisch, mit amerikanischem Akzent. Vielleicht war das ja jemand, der was zu sagen hatte? Die Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen. Schnell drückte ich mich an die Wand und hielt die Luft an. Wenn sie direkt an mir vorbeiliefen, würden sie mich sofort entdecken.

  »Ist die Sache mit dem Pool geregelt?«, fragte ein Mann, der eher älter und nach zwei Schachteln Zigaretten am Tag klang.

  »Schon längst«, antwortete eine Frau mit unangenehm schriller Stimme. »Wir haben letzte Woche grünes Licht gegeben, da kommen keine Hürden mehr auf uns zu.«

  Der Mann schien nicht überzeugt. »Was, wenn doch jemand etwas beanstandet? Du weißt doch, wie die Konkurrenz tickt. Die haben uns noch jedes Mal ausgestochen, wenn sie es wollten.«

  »Diesmal nicht«, sagte die Frau mit beruhigender Stimme. »Du weißt doch, dass wir vorgesorgt haben. Die alte Schachtel und ihr Hofstaat werden nichts dagegen tun können. Unser Hotel wird zuerst öffnen.«

  »Das geschieht Theodora Henderson recht«, sagte der Mann. »Was macht sie auch ein Hotel auf einer Insel auf, die im Premium-Segment von uns besetzt werden soll? Selbst schuld. Du meintest, sie hätte jetzt schon Zeitverzug?«

  »Unser Kontakt im Kefi Palace sagt, sie könnten niemals am 10. Juni eröffnen«, bestätigte seine Partnerin. »Nicht mit den wenigen Arbeitern, die noch da sind.«

  Moment mal. Ich schnappte nach Luft. Unser Kontakt im Kefi Palace? Das bedeutete, sie hatten jemanden bei uns, der sie mit Informationen versorgte? Ein paar Sekunden war ich vor Schock wie gelähmt, dann ging ich die Liste der Verdächtigen durch. Aber sie war lang, und ich konnte niemanden außer Lyall, Finlay und mir selbst auf Anhieb ausschließen. Ich war die schlechteste Miss Marple aller Zeiten.

  »Gut, das ist sehr gut«, sagte der alte Typ wieder. Ganz vorsichtig schob ich meinen Kopf aus der Ecke, um ihn zu sehen. Er stand mit dem Rücken zu mir, in einem dunklen Anzug, mit sorgfältig frisierten grauen Haaren. »Auch wenn sie das Projekt allein umsetzt, wird die Hotelgruppe früher oder später einsteigen. Ich kenne Agatha, sie hält ihre Kinder immer kurz, aber sie weiß, was ein gutes Geschäft ist. Deswegen darf Theodora auf keinen Fall vor uns eröffnen. Wenn sie das tut, bekommt sie alle Artikel in den Magazinen und wir werden auf ewig im Schatten davon stehen.«

  Die Frau lachte trocken. »So wie es aussieht, müssen wir uns da keine Sorgen machen. Und wenn wir jetzt noch die größeren Parkflächen genehmigt bekommen, sind wir dem alten Kasten sowieso überlegen. Es wird echt Zeit, dass dieser Frauenverein der Hendersons eins vor den Bug bekommt.«

  »Allerdings. Und das mit den Parkflächen haben wir spätestens morgen erledigt. Die Griechen sind so korrupt, die brauchen nur ein Geldbündel, dann genehmigen die alles.«

  Na, hallo Vorurteile , dachte ich. Er musste allerdings nur einen einzigen Beamten finden, auf den das zutraf. Denn Schlupflöcher für reiche, skrupellose Leute wie diese beiden gab es überall auf der Welt. Der Parkplatz würde uns also wahrscheinlich nichts bringen.

  »Dann brauchen wir nur noch die Abnahme durch den Hotelverband, wenn alles fertig ist«, sagte der Mann, bei dem ich mich fragte, ob es Davidge höchstpersönlich war oder nur ein hochrangiger Mitarbeiter seines Unternehmens. »Und die waren schon ganz aus dem Häuschen, bevor das alles hier angefangen hat. ›Oh Mister Davidge, wir freuen uns ja so sehr, dass Sie bei uns ein Hotel eröffnen wollen.‹ Das wird das reinste Kinderspiel.« Er lachte, was jedoch nicht wie bei einem James-Bond-Bösewicht klang, sondern einfach nur nach jahrelangem Rauchen.

  »Dann lass uns mal wieder gehen, damit wir rechtzeitig zum Essen kommen. Hier wird man ja eh nur dreckig.« Die Stimme der Frau hatte etwas Angewidertes. Ich hörte, wie sie über den Boden stöckelte und irgendwo die Planen raschelten, als beide die Baustelle verließen.

  Ich wartete noch einige Sekunden, dann schlich ich mich aus meinem Versteck und machte mich auf den Weg zum Pool, der unterhalb des Haupthauses entstand. Ein paar Bilder davon würden sicher nicht schaden, vielleicht konnten Lyall und Finlay prüfen, ob Davidge dort gegen irgendetwas verstieß. Denn ansonsten war nichts zu erkennen, das wir den Behörden melden konnten.

  Im Poolbereich arbeiteten mehrere Handwerker daran, die Grube mit einem Bagger auszuheben und das Erdreich wegzutransportieren. Damit ich nicht gesehen wurde, ging ich hinter ein paar Betonröhren in Deckung und hielt nur mein Handy oben über die Kante, um Fotos zu machen. Dann zog ich die Hand wieder zurück und besah mir das Ergebnis. Gar nicht so schlecht. Vielleicht konnte ich ja auch noch zu dieser Baumreihe dort –

  »Hey! Was tun Sie da?«, rief da plötzlich jemand.

  Oh, verdammt.

  21

  Lyall

  Als Kenzie zur Baustelle ging, mit festen Schritten, den Rücken gerade, zu allem entschlossen, zog die übliche Sehnsucht an mir. Ob sie eine Ahnung hatte, was es mit mir machte, wenn sie in meiner Nähe war? Wenn sie mit mir redete, wenn sie lachte, wenn sie sich zu mir beugte – und ich wusste, ich durfte sie nie wieder küssen, sie nie wieder umarmen, nie wieder hören, wie sie meinen Namen seufzte, weil ich etwas mit ihr anstellte, das ihr verdammt gut gefiel? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich hatte sie keine Ahnung, was sie mir immer noch bedeutete.

  »So schlimm?«, fragte Finlay mich. Offenbar hatte er mir meine Gedanken vom Gesicht abgelesen.

  Als Antwort hob ich die Schultern. »Ich hätte nicht gedacht, dass es so hart wird, mit ihr hier zu sein. Auf Korfu und im Hotel. Mit ihr zu arbeiten, zu reden, ohne …« Ich atmete aus. »Nein, eigentlich ist es gelogen, ich wusste, es würde hart werden. Aber nicht, dass es unerträglich wird.«

  »Du weißt hoffentlich, dass sie mit dem Thema genauso wenig durch ist wie du. Sie will dich immer noch, Mann.« Finlay schob seinen Sitz ein Stück zurück und streckte die Beine aus. »Ich weiß, wie sich Menschen verhalten, wenn sie scharf auf jemanden sind. Wenn du nach ›scharf auf Lyall‹ im Wörterbuch suchst, ist ein Foto von Kenzie daneben.«

  Ich schnaubte. »Halt die Klappe, Fin.«

  Das hatte bei meinem Cousin noch nie gewirkt. »Sag mir bitte nicht, dass
du diese Spannung zwischen euch nicht bemerkt hast. Kenzie gibt sich alle Mühe, es zu verbergen, aber sie versagt kläglich.«

  »Und wenn schon«, wehrte ich mich. »Es sind zwei verschiedene Dinge, ob ein irrationaler Teil von dir mit jemandem ins Bett will oder ob du, ob alles in dir mehr will als das.«

  »Du meinst, sie will mit dir vögeln, aber ansonsten nichts mit dir zu tun haben?«, feixte Finlay.

  Ich lehnte schicksalsergeben den Kopf an die Nackenstütze. »Wieso rede ich überhaupt mit dir darüber?«

  »Weil ich dein bester Freund bin, Alter. Und außerdem der Einzige, der dich versteht.«

  »Ich habe nicht den Eindruck, dass du mich verstehst«, sagte ich zweifelnd.

  »Nein, du hast recht, tue ich nicht.« Finlay grinste. »Aber ich verstehe Kenzie. Im Grunde will sie genau das, was ihr letztes Jahr hattet. Dieses ganze So-habe-ich-mich-noch-nie-mit-jemandem-gefühlt-Ding, nur ohne das schreckliche Ende.«

  »Ja, vielleicht«, sagte ich vage.

  »Und warum nutzt du das nicht, um die Sache wieder auf die Reihe zu kriegen? Ihr wohnt quasi gerade nebeneinander, du müsstest doch nur dafür sorgen, dass ihr mal allein seid und die Spannung zwischen euch eskaliert.«

  Ich warf ihm einen langen Blick zu. »Du erinnerst dich aber schon daran, was sie weiß? Und wie sie davon erfahren hat? Denkst du im Ernst, jemand wie Kenzie vergisst das wegen ein bisschen Bettakrobatik?« Niemals hätte ich so etwas forciert. Nach allem, was passiert war, gab es für mich nur eine Option: respektvoll Abstand zu halten.

  »Na, etwas Mühe geben solltest du dir schon, schätze ich.«

  »Danke für den Tipp«, sagte ich sarkastisch. »Schließlich gebe ich mir sonst nie Mühe.«

  Finlay lachte. »So oder so … ich glaube, du solltest das Ganze noch nicht abschreiben.«

  Ich antwortete nicht, sondern fixierte wieder den Eingang der Baustelle von Davidge und sah anschließend auf die Uhr. Kenzie war erst fünf Minuten weg, aber es kam mir vor wie fünfzig. Da sah ich etwas im Rückspiegel.

  »Duck dich!«, sagte ich schnell zu Finlay und beugte mich hinter das Armaturenbrett, wo wir einige Momente ausharrten, bis ich es wagte, wieder aufzuschauen. Weiter vorne sahen wir die Rücklichter eines Mercedes, der vor dem Gebäude parkte.

  »Oh fuck«, stieß ich aus, als ich sah, wer den Wagen verließ. »Davidge höchstpersönlich.« Längst hatte ich meine Hand am Türgriff. »Ich muss Kenzie da sofort rausholen.«

  Finlay hielt mich am Arm fest. »Mensch Lye, jetzt vertrau Kenzie doch mal. Sie ist schlau und tough, sie macht das schon. Und was soll Davidge denn auch tun, wenn er sie erwischt? Sie umlegen und irgendwo in den Beton eingießen lassen?«

  »Auf Netflix gibt es genug Serien, die dir genau das sagen würden.« Besorgt sah ich zum Eingang, wo Davidge und eine junge Frau nun auf die Plastikplane zugingen, die den Zugang vor Schmutz schützen sollte. Ich wusste, dass Kenzie auf sich aufpassen konnte, aber Davidge war ein grauenhafter Mensch, und ich wollte nicht, dass er sie dort erwischte und womöglich festhielt oder die Polizei rief. Ein paar Minuten schaffte ich es noch, im Wagen sitzen zu bleiben, aber dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich konnte nicht einfach darauf warten, dass sie wieder rauskam.

  Auf dem Rücksitz lag ein Basecap des Autovermieters, das ich aufsetzte, dann nahm ich meine Sonnenbrille. Der Aufzug war keine Garantie dafür, dass man mich nicht erkannte, trotzdem musste er reichen. Ohne auf Finlay zu hören, stieg ich aus dem Auto. Dann lief ich eilig, jedoch nicht zu schnell zu dem Hotel, mied aber den Haupteingang, weil Kenzie ebenfalls seitlich daran vorbeigelaufen war.

  Schon als ich auf Höhe der Terrasse war, hörte ich laute Stimmen.

  »Lassen Sie mich los«, forderte Kenzie in einem Ton, den ich von ihr noch nie gehört hatte – so als wäre sie ein 15-jähriges, bockiges Mädchen aus den USA, dem man Instagram gesperrt hatte. Das musste die Masche sein, von der sie vorhin gesprochen hatte. Also tat ich gut daran, mit auf diesen Zug aufzuspringen.

  »Babe?«, rief ich in dem breitesten Südstaaten-Akzent, den ich zustande brachte. Ich schritt hinunter zu der Baugrube und erkannte, dass ein großer, glatzköpfiger Kerl in Poloshirt und Arbeitshosen sie grob am Arm festhielt. Ich widerstand dem Drang, ihm dafür sofort eine zu verpassen, und sah stattdessen Kenzie an. »Babe, was machst du denn da?«

  Der Typ fuhr zu mir herum und musterte mich, als fragte er sich, was hier eigentlich los war.

  »Sorry, meine Freundin hält wirklich alles für eine Sehenswürdigkeit«, sagte ich zu dem Kerl und verdrehte die Augen. »Wir sind das erste Mal in Europa. Was hat sie jetzt wieder gemacht?«

  »Sie hat fotografiert«, beschwerte der Typ sich. Wahrscheinlich war er Davidges Bauleiter, aber zum Glück war ich ihm noch nie begegnet. »Das ist Privatbesitz, niemand darf hier sein.«

  Ich nahm die Brille ab, wechselte einen Blick mit Kenzie und sie stieg auf meine Vorlage ein. »Es tut mir sooo leid«, sagte sie mit großen Augen. »Officer, ich hatte keine Ahnung, dass das verboten ist. Ich dachte, das wäre eine dieser alten griechischen Tempel. Wie die Ako … Akiop …«

  »Akropolis?«, half der Typ ungläubig aus.

  »Ja, genau.« Sie lachte, viel zu hoch und affektiert. »Mein Baby hat gesagt, dass hier eigentlich alles antik ist, und nachdem wir den Ausflug zum Sissi-Palast verpasst haben, weil wir den ganzen Tag zusammen im Bett waren, wollte ich kurz raus und noch ein bisschen Kultur erleben. Da bin ich hier gelandet, tut mir echt leid.«

  Er musterte sie noch mal genauer und schien sich gerade vorzustellen, was man im Bett wohl alles mit ihr machen konnte. Eilig berührte ich sie am Arm.

  »Wir verschwinden dann mal von Ihrem Privatbesitz«, sagte ich zu dem Bauleiter. »Entschuldigen Sie bitte die Störung, es war wirklich nicht so gemeint.«

  »Schon gut«, murrte er. Ich legte vorsorglich einen Arm um Kenzies Schulter, um den Schein zu wahren, und sie schlang einen um meine Mitte, während wir in Richtung Gebäude liefen. Es fühlte sich nicht unbedingt vertraut an – wir waren im Sommer nie an den Punkt gekommen, gemeinsam Arm in Arm in der Öffentlichkeit herumzuspazieren – aber trotzdem so richtig , dass mein Magen eine unangenehme Drehung machte. Reiß dich zusammen.

  Wir waren schon fast am Gebäude vorbei und auf dem Weg zu Finlays Wagen, als ich plötzlich eine Stimme hörte, die ich kannte – ganz in der Nähe, sie kam auf uns zu. Blitzschnell zog ich Kenzie mit mir in eine enge Nische zwischen zwei Säulen, damit wir nicht entdeckt wurden.

  »Was …?«, begann sie leise, aber ich legte den Finger auf meine Lippen, um ihr zu signalisieren, dass sie sich ruhig verhalten sollte. Draußen waren die Schritte mehrerer Leute zu hören, die an unserem Versteck vorbeigingen. Und die Stimme von Davidge. Wenn er uns hier erwischte und mich erkannte, würde er einen riesigen Aufstand machen – von dem meine Familie garantiert erfuhr. Das durfte auf keinen Fall passieren.

  »Wieso sollte ich denn noch mal zurückkommen?«, bellte Davidge jemanden an. »Ich hoffe, es gibt einen guten Grund dafür!«

  »Hier war jemand, eine junge Touristin, die Fotos gemacht hat.« Das war der Bauleiter. »Ich dachte, das sollten Sie wissen.«

  »Und wo ist diese Touristin jetzt?«

  Kenzie und ich hielten die Luft an.

  »Sie ist gegangen, Sir. Ihr Freund hat sie mitgenommen.«

  »Aber Sie haben doch sicher ihren Namen? Und haben sie gezwungen, die Bilder zu löschen?«

  Der Bauleiter zögerte. »Nein. Erst dachte ich, sie spioniert, aber dann wirkte sie völlig harmlos.«

  »Harmlos?«, regte sich Davidge auf. »Niemand, der auf diese Baustelle kommt, ist harmlos. Was hat sie fotografiert?«

  »Den Poolbereich, Sir.«

  Wieder ein Fluchen. »Wie dämlich sind Sie eigentlich? Wenn jemand Wind davon bekommt, was wir hier gedreht haben, sind wir dran!«

  »Ich weiß doch, Sir, aber –«

  »Finden Sie dieses Mädchen!«, schnauzte Davidge ihn an. »Egal, wie lange Sie suchen müssen, Sie finden sie und bringen sie zu mir. Ich werde dann schon herausfinden, wer sie geschickt hat.«

  Kenzie drängte sich weiter in die Nische und d
amit noch mehr gegen mich, denn hier war kein Platz, um Abstand zu halten. Ihr Körper so dicht an meinem, die Wärme, die durch den Stoff unserer Kleidung drang, all das half nicht gerade, mich zu konzentrieren.

  »Keine Sorge«, flüsterte ich gegen die Hitze in meinem Inneren an. »Ich werde nicht zulassen, dass er an dich herankommt.«

  »Selbst wenn er irgendwann bei uns auftauchen sollte – er würde mich in meinen Arbeitsklamotten sowieso nicht erkennen.« Sie lächelte leicht, aber es erstarb schnell, als sie zu bemerken schien, wie nah sie mir war. Ich stieß ein stummes Gebet aus. Bitte mach, dass Davidge seinen dämlichen Hintern hier bald rausschiebt. Oder nein, vielleicht auch nicht. Denn wenn ich ehrlich war, genoss ich diesen Moment mehr als ich sollte.

  Plötzlich ertönte das Geheul einer Sirene, es klang wie die Alarmanlage eines Autos. Nein, die Alarmanlage mehrerer Autos. Es war ein ganzes Alarmkonzert.

  »Was zum Teufel ist denn da los?«, fluchte Davidge, und man hörte, wie er sich entfernte. Wir blieben trotzdem, wo wir waren, und die Zeit schien anzuhalten, während wir einander in die Augen sahen. Aber dann ging plötzlich ein leichter Ruck durch Kenzies Körper und ihr Blick wurde wieder hart.

  »Ich glaube, die Luft ist rein«, sagte sie leise. Ich spürte den Lufthauch der Worte auf meinen Lippen. Mit aller Gewalt riss ich mich aus dem Verlangen nach ihr heraus.

  »Hauen wir ab.«

  Wir spähten aus der Nische, bevor wir eilig das Gelände durch eine Lücke im seitlichen Bauzaun verließen und es im Schutz der parkenden Autos zum Jeep schafften, der bereits mit laufendem Motor hinter einem großen Transporter auf uns wartete. Kaum hatten wir die Türen geschlossen, fuhr Finlay bereits los.

  »Warst du das mit den Alarmanlagen?«, fragte ich etwas außer Atem, aber das kam nicht von dem kurzen Sprint. Herr im Himmel, wie soll ich Kenzie jemals vergessen? Indem du nicht mehr zulässt, dass es solche Momente gibt. Das war einfach gesagt. Ich wusste, ich würde nie einer Gelegenheit widerstehen können, ihr näher zu kommen, ganz egal, wie aussichtslos es war.

 

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